Gandalf hat geschrieben:Es gibt auch 'kooperative Spiele'. Und wenn ich mich im Universum so umschaue, sind sie in der Mehrzahl - und die erfolgreicheren. Sonst wären wir nicht hier. Wenn ich mich an den Spielfilm mit Nash erinnere, wurde das "Nash-Gleichgewincht" mit iern Blondine erklärt, um die es mehrere Bewerber gibt. - Und nach der Theorie wären "alle glücklicher, weil gleicher", wenn die Blondine nicht da wäre. Nur- hat jemand die Blondine gefragt, warum sie nicht mitspielen darf? Warum sind Blondinen nicht ausgestorben? ..und wäre die Welt ohen Blondinen nicht 'ein-fältiger'?
Das Beispiel mit der attraktiven Frau in der Bar ist eine der bekanntesten Kritiken an "A Beautiful Mind", weil das Szenario genau
nicht ein Nash-Gleichgewicht darstellt. Der Film-Nash erklärt seinen Begleitern, dass sie, wenn sie sich alle um die Blondine bemühen, vermutlich alle leer ausgehen werden, und sich deshalb um die gleichmäßig weniger attraktiven aber trotzdem netten Frauen bemühen sollen. Ein Nash-Gleichgewicht ist aber, wie gesagt, dadurch definiert, dass keiner der Spieler einen Vorteil dadurch erreicht, von seiner Strategie abzuweichen. Wenn nun aber alle auf andere Frauen losgehen und die Blondine allein herumsitzt, entsteht sogar ein ziemlich starker Anreiz, von der Strategie abzuweichen und eben doch - konkurrenzlos! - der Blondine nachzustellen. Wenn alle die Blondine wollen und es nur eine Blondine gibt, dann ist das Nash-Gleichgewicht in dem Fall also, dass alle (nicht keiner!) sich um die Blondine bemühen, auch wenn der Film-Nash recht hat, dass die Erfolgschancen für die Gruppe insgesamt höher sind (also mehr Geschlechtsverkehr pro Gruppenmitglied an diesem Abend), wenn sie sich zusammenreißen und die Blondine links liegen lassen (oder vielleicht auslosen würden, wer sie anmachen darf). Aber solange man die Gruppenmitglieder als Einzelspieler betrachtet, gibt es beim einfachen Spiel keinen Grund, die Finger von der Blondine zu lassen.
Bei mehrfachen Spielrunden kann es dagegen sein, dass einzelne Mitspieler kapieren, dass es mehr bringt, die anderen sich auf die Blondine stürzen zu lassen und dafür im dann unterversorgten Bereich der etwas weniger attraktiven Frauen auf Partnersuche zu gehen, aber es werden sicherlich nicht alle vom Bemühen um den "Hauptpreis" lassen.
Gandalf hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:Wenn es aber so ist, dass der Raub in einer absolut freien Marktwirtschaft - da er mangels Polizei und staatlichem Gewaltmonopol nicht sanktioniert wird - unter Umständen eine Strategie mit höherem pay-off ist, weicht früher oder später irgendjemand vom geraden Weg ab und greift zur Waffe.
Dieses Argument wird übrigens bei fwf u.a. für die Abschaffung des Staat angeführt
(Pkt 4) und das Recht auf Waffen zur Selbstverteidigung begründet.
Ja, aber das funktioniert ja nur, wenn die Verteilung der Waffen annähernd symmetrisch ist. Da sich einzelne Raubritterclans auf das Raubmodell spezialisieren werden (so wie professionelle Kriminelle heute auch), wird es immer Gruppen oder Einzelpersonen mit deutlich überlegener Feuerkraft geben. Das kann auch ein äußerlich seriös erscheinendes Sicherheitsunternehmen sein, das aber de facto in einem bestimmten Gebiet eine Monopolstellung hat und dem man sich unterwerfen muss (so wie in Sizilien viele Geschäftsleute Schutzgelder mehr oder weniger freiwillig abführen, weil weder der schwache Staat noch die Selbstbewaffnung gegenüber der Mafia eine Alternative darstellen - auch wenn es sicherlich sehr leicht ist, sich in Sizilien eine Waffe oder zwei zu beschaffen). Auf diese Weise werden sehr schnell wieder proto-staatliche Gebilde entstehen.
Vis pace para bellum ist kein Prinzip, das im sozialen Umfeld besonders gut funktioniert, dazu sind die sozialen Mikrostrukturen zu volatil, dynamisch und uneben. Messerstechereien geschehen tausendfach jeden Tag auf dem Planeten, aber einen Atomkrieg hat es bis dato noch nie gegeben. Ebenso hat es bislang nur ganz wenige Konflikte globalen oder kontinentalen Ausmaßes zwischen großen Armeen gegeben, darunter den römischen Bürgerkrieg, den Mongolensturm, den Dreißigjährigen Krieg, die Napoleonischen Kriege, und die beiden Weltkriege, wohingegen es lokale gewalttätige Konflikte von Nachbarschaftsstreitereien mit Schusswaffeneinsatz bis hin zu ethnischen Spannungen im Minuten- bis Monatstakt gibt. Der Grund ist, dass
vis pace para bellum seine Abschreckungsfunktion in erster Linie dann gut entfalten kann, wenn die Mitspieler eine überschaubare Zahl haben, ihre Handlungen und Motive vorhersehbar sind und das Vernichtungspotential ausreichend groß ist. Deshalb war der Kalte Krieg eine der stabilsten Phasen der Weltgeschichte. Das lässt sich aber nicht auf soziale Ebene übertragen, wo es durch permanente Fehlkommunikation, nicht-strategisches Handeln, die größere Rolle von Emotionen, die Beschränktheit der Konflikte auf kleine Bereiche zu einer viel niederschwelligeren Einstellung gegenüber Gewalt kommt. Es wird immer über die Gefahr für den Weltfrieden durch große politische Ereignisse gefaselt, aber die Massenmorde geschehen daheim durch individuelle Überforderung in Familien- und Eifersuchtsdramen, beim verantwortungslosen Autofahren, bei Streitereien zwischen Geschäftspartnern usw. und NICHT durch staatlichen Gewalteinsatz.
Wir sehen in Afrika, dass die massenhafte Verbreitung von Kleinfeuerwaffen bei gleichzeitiger Abwesenheit staatlicher Gewalt DER Weg zum Massentod schlechthin ist. Nein danke, es gibt es einfach zu viele erdrückende Indizien und auch kohärente theoretische Begründungen dafür, dass die Massenverbreitung von Waffen gewaltsteigernd wirkt, gerade weil wir eben nicht alle kleine Henry Kissingers sind.
Gandalf hat geschrieben:Hast du speziell hierfür etwas Hintergrundmaterial zu diesem Vebot, da ich mich bei fwf etwas mit der "Verbotsforderung" vorgewagt habe)
Nein, aber wenn ich über etwas stolpere, gebe ich es dir.
Gandalf hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:Das führt dazu, dass alle sich bewaffnen (müssen), was zu einem zivilen Wettrüsten führt. Theoretisch würde das eine neue Gleichgewichtssituation erzeugen, wenn jetzt jeder Spieler eine Waffe hat.
..und wenn diese erreicht wird, lässt jeder seine Waffen im Schrank - wo sie verrotten.
Ich habe nicht ohne Grund "theoretisch" gesagt. Die Realität sieht eher so aus, dass nicht nur der eine einen Benz fährt und der andere einen kleinen Fiat, sondern auch, dass der eine ein MG4 hat und der andere einen kleinen alten Revolver. Wer wird wohl bei einem stand-off stehen bleiben? Genau wie überall im Wettbewerb kommt es eben
nicht zu einer Gleichgewichtssituation, sondern zu einem permanenten Wettrüsten und Strategieändern, so wie heute zwischen Antivirenherstellern und Hackern, zwischen Kriminellen und Polizei, zwischen Rebellen und Armee, wie zwischen Antilopen und Geparden, zwischen BMW und Audi, nur mit unterschiedlichen Mitteln eben. Es ist ziemlich irrational und selbstwidersprüchlich, davon auszugehen, dass das Anheizen der Markttätigkeit, also das Dynamisieren einer Situation, in einem bestimmten Bereich zum vollständigen Stillstand (Waffenverrotten) führen würde.
Gandalf hat geschrieben:Ich denke eines sollte klar sein, "freie Marktwirtschaft" (das Gegenteil von Etatismus, Klüngel- Plan- oder Beziehungswirtschaft) kann es nur in einer freien Geselllschaft unterschiedlicher Menschen - mit gleicher Rechtsgrundlage geben. Eine Klassenlose Gesellschaft also. Nicht wie es derzeit immmer stärker geschieht: das bestehende Recht jeweils dem jeweiligen Menschen anzupassen und zu beugen (= Selbstkontrahierung der Herrschenden Parteien)
Ja, da sind wir uns ja sogar einig. Der Unterschied zwischen unseren Ansätzen ist, dass ich den Staatsapparat dahingehend optimieren möchte, neutraler und gleicher (im Sinne von Gleichberechtigung aller) zu entscheiden, während du ihn abschaffen willst.
Gandalf hat geschrieben:Ich hab das nicht vollständig durchdacht, aber Blankertz hat da ein Modell vorgestellt, wie eine (fremdherrschafts)freie Gesellschaft funktionieren könnte. Er nennt das
"segementäre Opposition" (ab Seite 53)
Muss ich mir noch ansehen.