Das sind zu viele Fragen. Ich werde mir ein paar herausgreifen.
sley43 hat geschrieben:ich versteh dich nicht, was machst du überhaupt hier im Brights Forum als Anhänger einer Religion?
Konkreter Anlass war die Lektüre des Spiegel-Titels über die "kreuzzüglerischen Atheisten". Ich fragte mich, was da dran wahr, dh aus meiner Sicht erschreckende Wirklichkeit, und was reißerische Geschäftemacherei.
Dass von Dawkins und seinen Kumpels die Brights in Leben gerufen worden waren, war mir bekannt, aber nun wollte ich einfach mal die Gelegenheit nutzen und mir selbst ein Bild machen, nicht zuletzt über die vom Verband für sich selbst beanspruchte "Vernünftigkeit", und ich muß gestehen, daß in Meiner Beobachtung Anspruch (konsequenter Rationalimus) und Wirklichkeit (Vernunftglaube) auseinanderklaffen.
sley43 hat geschrieben:Was bringt dir, einem gebildeten Menschen, der lächerliche Glauben an einen Gott aus der Bibel?
Erfüllung.
sley43 hat geschrieben:Bezweifelst die Realität, aber nicht Gott?
Ich zweifle an der Realität nicht, wegen Gott. Damit erledigen sich die meisten Deiner Anfragen.
Ich fühle mich im Sinne von Gerhard Vollmers evolutionärer Erkenntnistheorie als hypothetischer Realist - darum stehe ich vielen von Euch im Grunde genommen sehr nahe (und nebenbei, ich schätze auch sehr den disziplinierten, weitgehend sachlichen Gesprächston in diesem Forum. So was sieht man selten!) - aber genau aufgrund der Vollmerschen Position halte ich - im Gegensatz zu Dir, der Du Gott für unwahrscheinlich hält - ein Unbedingtes als Garant für die Realität der beobachteten Wirklichkeit für sehr plausibel. Diese Annahme bekommt durch das, was ich auf spiritueller Ebene erfahren und insbesondere der christlich-religiösen Tradition entnommen habe, für mich noch mehr Evidenz.
sley43 hat geschrieben:Hyphothesen der Wissenschaft reichen dir als Christ nicht, um das Wesen der Welt zu verstehen
Ja, genau.
sley43 hat geschrieben:, und daher korrigierst du diesen subjektiven Mangel durch ein lustiges Fantasiebuch??
Also, das mit dem lustigen Fantasiebuch kann man ja mal in polemischer Weise behaupten, aber man sollte es nicht für bare Münze nehmen. Dafür ist IMHO die Wirkung dieser Schrift zu groß - im Schlechten wie im Guten.
Ich bin hier schon ermahnt worden, dass dies kein Religionsforum sei, darum hier nur so viel: Der Bibel liegt ein anderes bzw mehrere andere Paradigmen (als Verstehensschlüssel) zu Grunde, nicht das naturwissenschaftliche. Kein Wunder: Letzteres ist, sagen wir, 300 bis 400 Jahre alt, mit ein paar Vorläufern aus dem scholastischen Nominalismus. Die Bibel ist wesentlich älter. Darum kommt auch nichts dabei heraus, wenn man an sie einen rationalistischen Maßstab anlegt, und die Versuche gewisser US-Fundamentalisten, die Bibel auch als Hand- und Geschichtsbuch in rationaler Hinsicht einzusetzen, finde ich nur peinlich.
sley43 hat geschrieben:Wenn du nur irgend einen Glauben brauchst um das Wesen der Welt spüren zu können, musst du doch nicht direkt eine gesamte Religion beanspruchen.
Das ist eine interessante Frage, ob dieses Erspüren für mich auch in einer anderen Konfession oder Religiosität möglich wäre.
Ich denke schon. Im Islam wahrschinlich nicht - der Koran ist ein zu strammes Korsett, im Judentum vielleicht, die Alternative meiner Wahl wären wohl Quäker oder Mennoniten. (William Penn kommt bei mir, zusammen mit Franz von Assisi, ziemlich bald hinter Jesus) Vielleicht auch der Zen-Buddhismus. Aber ich bin nun mal in der evangelischen Tradition beheimatet, und sie gibt mir die Freiheit, die ich brauche.
sley43 hat geschrieben:Warum zweifelst du mehr an dem Wahrscheinlichsten (Wissenschaft) als an Unwahrscheinlichem (Gott)?
Ich zweifle nicht daran. Ich nehme sie als das, was sie ist: Ein hervorragendes Werkzeug um die Dinge der Welt abzubilden und Nutzen daraus zu ziehen. Aber eben nur ein Werkzeug.
sley43 hat geschrieben:Etwas tolles wie der Mensch braucht einen Sinn, also einen Schöpfer, aber ein dummer Affe nicht?
Ich glaube nicht, dass das Leben eines Menschen einen Sinn ergeben muss. Dafür gibt es mir zu viele grausame Schicksale, Ungerechtigkeiten, Unglück usw. Übrigens steht von einem "Sinn" des Lebens in der Weise, wie Du das Wort jetzt gebrauchst, kein Wort in der Bibel.
sley43 hat geschrieben:Das es durchaus naturalistische Antworten gibt auf den Sinn des Lebens wurde hier irgendwie ignoriert. Der naturalistische Sinn ist durch die Triebe ersichtlich,
Sorry, das hätte ich gerne mal näher erläutert: Inwiefern erhält das menschliche Leben von seinen Trieben her einen Sinn? Und vor allem: welchen Sinn?
sley43 hat geschrieben:Wie kannst du glücklich werden wenn du also die Wissenschaft und den Glauben nicht als wirklich überzeugend hinstellst für dich?
Doch, gerade gemeinsam wirken sie enorm überzeugend, grad wie in der
Geschichte vom Lahmen und vom Blinden.