von Manfred Bibiza » Do 9. Aug 2007, 18:58
Hallo Mario!
„Irgendwann begreifst auch du Feigling das Gott dich liebt“ - 0 Punkte
„Deine Seele gehört dem Teufel“ – 1 Punkt
„Du bist ein Kind des Teufels“ – 2 Punkte
„Du bist der Teufel“ – 3 Punkte
Das ist gut, sehr gut! Ich hab herzlich gelacht über diese Skala. Ist es nicht ein interessantes Gefühl, von einem Teufelsgläubigen für den Teufel gehalten zu werden? Dazu fällt mir eine Wortspielerei ein, die ich mal angestellt habe:
Die guten Menschen kommen zur Belohnung in den Himmel, die bösen in die Hölle. Wie? - die bösen werden mit der Hölle bestraft? Die Frage ist berechtigt, denn wäre die Hölle für den Teufel denn eine Strafe? Die Strafe für den Teufel muß der Himmel sein und deshalb müßten ja alle in den Himmel kommen: die Guten zum Lohn, die Bösen zur Strafe! Denn der Himmel ist für die Bösen die Hölle!
Now let's get serious...
Da du auf der Annahme beharrst, Religiosität beruhe auf einer "psychischen Notlage", ist dieses Thema vorerst einmal erledigt, möchte aber vermerken, daß ich es mir vorbehalte, hier nicht unbedingt ein kausales Verhältnis zu postulieren. Auch beschränke ich die Verwendung des Terminus "Geisteskrankheit" auf eindeutiger erkennbare Fälle als lediglich Dummheit (es wären mir dann einfach viel zu Viele geisteskrank). Außerdem ist überhaupt der Begriff des "Geistes" noch lange nicht gegessen, nicht umsonst gibt es eine schon sehr lange anhaltende philosophische Diskussion zu der Frage, was das eigentlich sein soll, - wobei ich persönlich am ehesten (zu einer eindeutig Meinung dazu bin ich immer noch nicht gekommen, obwohl mich das schon lange beschäftigt) eine Position für plausibel halte, die auf George H. Mead zurückgeht und die sich jenseits des Monismus-Dualsimus-Streites befindet. Aber das möchte ich jetzt nicht näher ausführen.
Zu deiner Meinung, die Welt wäre eine bessere, wenn alle Religiösen deinen Standpunkt übernehmen würden, möchte ich auch ein paar Bemerkungen machen.
Erstens einmal glaubt das so gut wie Jeder, ob religiös oder nicht, und auch hinsichtlich anderer Probleme, die mit Religion gar nichts zu tun haben. Jeder (auch ich) hält seinen Standpunkt für richtig und für den bestmöglichen und kann nur schwer, wenn überhaupt verstehen, wie es sein kann, daß Andere andere Standpunkte haben. Es muß auch so sein, es ist geradezu von existentieller Bedeutung, seinen Standpunkt für den richtigen, und wenn nicht das, zumindest für den besten zu halten. Man würde - ganz generell - nicht weit kommen, wenn man glauben würde, man hätte einen falschen oder schlechten Standpunkt. Das Glauben an den eigenen Standpunkt ist der Motor des Handelns. In Diskussionen mit Andersgläubigen führt das aber fatalerweise nie weit, da bald ein hitziges Patt erreicht ist und sich nur noch fruchtlos die Gemüter erregen. Du sagst selbst, daß bisher noch jeder Religiöse die Diskussion mit dir als sinnlos bezeichnet hat, und abgesehen von dem kurzen (und mag sein berechtigten) Überlegenheitsgefühls, das du danach verspürt hast, hat sich so gut wie nichts verändert, und der Andere geht nach wie vor überzeugt von seinem Glauben (ja vielleicht sogar noch darin gestärkt) von dannen.
Weiters wäre es, denke ich, ziemlich langweilig, wenn "wie durch ein Wunder" plötzlich alle Religiösen deinen Standpunkt übernehmen würden. Ich meine, ein paar würde ich dir ja gerne überlassen, aber einige würde ich schon für mich reklamieren wollen, ja ich wäre sogar bereit, diese wundersame Bekehrung (dir gefällt vielleicht "Heilung" besser) der Religiösen mit einer Menge Standpunkte anderer Naturalisten und Atheisten (sowohl solcher hier im Forum als auch anderer) zu teilen. Mach doch mal ein Gedankenexperiment und stell dir vor, alle würden das gleiche denken wie du. Wäre das nicht schrecklich?! Außerdem käme dann die kulturelle Evolution zum Erliegen, da für Evolution (nicht nur für die biologische) unter anderem Variabilität nötig ist.
Kirche: d'accord
Bürgerpflicht: nicht Einmischung ist oberste Bürgerpflicht, sondern Steuern zahlen. Spaß beiseite; ich möchte nicht, daß mir jemand die Pflicht auferlegt, mich einzumischen. Die Entscheidung hinsichtlich der Einmischung möchte ich mir souverän vorbehalten. Ansonsten kann ich dir grundsätzlich zustimmen, daß Politik insoferne beim Einzelnen anfängt, als seine Stimme zählt. Allerdings bekommt die Stimme des Einzelnen nur dann Gewicht, wenn es sich um viele einzelne Stimmen handelt, die gemeinsam (zB Bürgerinitiative, Unterschriftenliste, usw) auftreten. Ich hatte in meinem Post auch nicht von einem "Einzelnen" gesprochen, sondern davon, daß ich alleine nichts ausrichten kann, sondern nur mit dem Gewicht vieler anderer gemeinsam.
Atheismus und Feigheit: da einen Zusammenhang zu konstruieren erscheint mir sehr weit her geholt und wenn schon, ist es eher umgekehrt: es erfordert mehr Mut, Atheist zu sein als nicht.
Ob meinem Katholiken sein Weltbild peinlich ist, ... tja wer weiß, ich werd ihn nicht danach fragen, das muß er (zunächst) mit sich selber abmachen.
Zur teilweisen "Ehrenrettung" der Buddhisten möchte ich erwähnen, daß die im Allgemeinen nicht missionieren und wenn es einer tut, ist er irgendwas anderes als er selber glaubt. Übrigens achte ich den Buddha als Philosophen hoch: wenn man das liest, was halbwegs glaubhaft von ihm verbürgt ist (was im Falle des Buddha doch um einiges sicherer ist als etwa beim Nazarener), dann hat er damals, in einer noch durch und durch religiösen, ja geradezu magischen Welt, wie wir uns das kaum noch vorstellen können, ein Weltbild vertreten, das einem naturalistischen und atheistischen verblüffend nahe kommt (und weswegen er ja auch "der Erwachte" genannt wird).
Gruß, Manfred.
PS Das Hawelka? Ich war nur ein einziges Mal dort und das vor langer Zeit. Aber beim nächsten Kaffee irgendwo anders bestell ich dir einen virtuellen Einspänner.