Quanten-Liebe? oder was

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Quanten-Liebe? oder was

Beitragvon Klaus » Fr 13. Okt 2006, 13:18

Die Liebe, das Universum und der Tod

Denken (glauben) Sie, dass virtuelle Teilchen aus Liebe enstehen? Soll heissen: Wenn man den physikalischen Weg zu Ende geht, trifft man auf den „Geist“ (Gott, Tao, ein universelles Prinzip oder was auch immer)? Sind sie eine Emanation von irgend etwas? Ein physikalisches Äquivalent zu Gedanken? Und wie stehen Sie zur Ähnlichkeit des Quantenschaums zur groben Struktur des Universums? Alles Sachen, die mich wach liegen lassen.


Offen gesagt, dachte ich zunächst: Was für eine abstruse Idee. Das eine ist ein Gefühl, das andere ein flüchtiges Quantenphänomen. Wie aber soll Liebe solche Teilchen hervorbringen? Schon wollte ich die Frage übergehen und mich der nächsten zuwenden.

Dann fiel mir ein Interview ein, das ich 1995 mit dem berühmten Hirnforschers Sir John Eccles (er erhielt 1963 den Nobelpreis für Medizin) führte. Er war fest überzeugt, dass es eine Verknüpfung von Quantenwelt und Gehirn geben müsse. Sogleich war mir die Diskussion mit ihm – wir setzten sie nach dem Interview noch zwei Stunden fort, bis die recht junge Frau des damals 92jährigen einschritt – wieder präsent, und fast ohne es zu merken hatte ich mit der Formulierung der Antwort bereits begonnen.

Der Gefühlssturm, den wir Liebe nennen, wird durch das Wechselspiel von Hormonen wie Oxytocin, Neurotransmittern, Endorphinen etc. ausgelöst. So besagt es jedenfalls die konventionelle Neurobiochemie. Diese Vorgänge laufen auf der Ebene von Biomolekülen ab, die aus vielen tausenden Atomen bestehen. Insofern gehören sie nicht der Quantenwelt an, sondern stehen an der Schwelle zum Makrokosmos.

Nichts plus nichts ergibt Materie

Virtuelle Teilchen sind, wie der Name sagt, nicht wirklich vorhanden. Sie entstehen als Teilchenpaare aus der so genannten Vakuumenergie, die das gesamte Universum erfüllt. Das Vakuum ist nämlich nicht leer, sondern enthält Quantenfelder (der so genannte Quantenschaum). Diese können sich durch zufällige „Fluktuationen“ in Materieteilchen umwandeln. In extrem kurzer Zeit zerfallen sie wieder und verschwinden aus dem Universum. Das erscheint reichlich verwirrend, aber der Prozess resultiert aus den Gesetzen der Quantentheorie, genauer: aus der Heisenbergschen Unschärferelation. Einige Experimente zeigen, dass virtuelle Teilchen nicht nur ein theoretisches Konstrukt sind, sondern dass es sie wirklich gibt.

Wie aber geht beides zusammen, die Liebe und die Quanten? Eigentlich gar nicht. Denn mit der Erzeugung virtueller Teilchen haben die neurobiologischen Prozesse im Gehirn, die uns Liebe empfinden lassen (und sei das Gefühl noch so intensiv) nach heutigem Wissen nichts zu tun. Zwar kann man die Geisterpartikel in ein reales Dasein zwingen. Aber dazu bedarf es extremer physikalischer Bedingungen, wie sie etwa am Rand eines Schwarzen Lochs auftreten.

Vesikel trifft geisterhafte Quanten

Dies wäre die einfache Antwort. Doch jetzt kommen Sir Johns Ideen ins Spiel. Sie lauten wie folgt: Mit dem Auftreten der Säugetiere vor rund 200 Millionen Jahren entwickelte sich die Großhirnrinde – und damit der Geist. Zuvor war die Welt „geistlos“. Eine Schlüsselrolle spielen dabei bestimmte Zellen der Großhirnrinde, die Pyramidenzellen. Sie besitzen bis zu 10 000 Schaltstellen zu Nachbarzellen: die Synapsen. Diese wiederum enthalten winzige Säckchen – so genannte Vesikel –, die gefüllt sind mit Neurotransmittern. Erreicht ein Nervenreiz die Zelle, öffnen sich die Vesikel und setzen diese Botenmoleküle frei. Sie durchqueren den Spalt, der die Synapsen zweier Nachbarzellen trennt, und leiten so den Reiz weiter. Dieser Prozess löst die Gedanken aus und schafft damit das Bewusstsein.

Doch einzelne Vesikel können von den geisterhaften Quanten getroffen werden. Die winzige Einschlagsenergie genügt, um ihre Membran zu öffnen und die Neurotransmitter auszuschütten. So verbindet sich die Welt des Geistes mit der Quantenphysik. Allerdings ist dieser Prozess zufallsgesteuert. Doch Eccles geht noch weiter. Nach seiner Theorie sind mehrere Nervenfasern mit ihren Vesikeln zu „mentalen Einheiten“ zusammengefasst, von ihm „Psychonen“ genannt.

Liebe, Geist und Inspiration

Das Ensemble der Psychonen bildet das Bewusstsein. Unsere Selbsterfahrung geht über Feldwirkungen von den Nervenfasern in die Psychonen über. Diese wiederum beeinflussen die Synapsen. So wirkt der Geist auf das Gehirn ein. Umgekehrt beeinflusst das Gehirn den Geist. Der Zufallscharakter der Quanteneinflüsse auf das Denken geht dabei verloren. Die Liebe würde dann zwar keine virtuellen Teilchen hervorbringen, sie wäre aber umgekehrt, wie alle neurobiochemischen Prozesse, ein Resultat der Wechselwirkung von Quanten und Geist. Überdies werden auf diese Art auch neue Gedanken angestoßen, die außerhalb des gewöhnlichen Denk- und Erfahrungsspektrums eines Menschen liegen. Das Ergebnis sind ungeahnte Geistesblitze und Inspiration,

Der Körper stirbt, der Geist bleibt

Das dicke Ende kommt noch: Eccles (er starb 1997) war ein „Dualist“, der glaubte, Körper und Seele/Geist seien getrennte Einheiten. Der Geist, behauptete er, wird uns von außen gegeben, es sei der Geist Gottes. Die Frage nach der Herkunft des Selbst lasse sich deshalb nur religiös beantworten. Es könne auch Unsterblichkeit geben, weil die Psychonen nicht materiell sind. Sie bleiben bestehen, auch wenn die Nervenfasern nach dem Tod vergehen. Unser Gespräch damals beendete er mit folgendem Satz: „Die Kopplung mit den Quantenfeldern verbindet unser Bewusstsein womöglich mit dem „Weltgeist“, der das ganze Universum durchdringt – also mit Gott. Dies lässt sich aber wohl nie beweisen. Das Geheimnis unserer Existenz ist größer, als wir uns je vorstellen können.“

Damit hat Sir John zweifellos recht, auch wenn er mit seiner Psychonen-Theorie ziemlich einsam blieb. Allerdings ging er den physikalischen Weg konsequent zu Ende, und landete beim Weltgeist. Demnach wäre der Mensch bzw. sein Bewusstsein tatsächlich eine Emanation (Hervorbringung) Gottes. Dies mag man nun als verschrobene Hypothese eines wissenschaftlichen Sonderlings abtun. Doch in jüngster Zeit bemühen sich Forscher zunehmend, Ideen und Begriffe wie die Seele, Unsterblichkeit und Gott mit physikalischen Prozessen in Verbindung zu bringen.

Es gibt dazu einige phantastische Ideen. Natürlich sind alle hoch spekulativ. Dennoch sind es durchaus legitime Versuche, Antworten auf die letzten großen Menschheitsfragen zu finden: Wo kommen wir bzw. das Universum her? Haben wir eine Seele? Gibt es Gott (beides ist Glaubenssache, Beweise dafür fehlen)? Ist Unsterblichkeit möglich, oder ist sie nur ein menschliches Konstrukt, mit der wir uns über den Schrecken der Endlichkeit des Daseins hinweghelfen wollen? Ist das Universum unendlich? Das Grübeln darüber kann wirklich Schlaf kosten, dies gilt auch für mich. Noch können wir die Antworten nur um den Preis des Todes erfahren. Vielleicht gelingt es den Forschern aber eines fernen Tages, diese Geheimnisse zu enträtseln und sie so den Lebenden zugänglich zu machen.
http://focus.msn.de/wissen/odenwalds_universum/ifrage-von-gerry-jabbusch-i_aid_25330.html
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Klaus
 
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