Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon stine » Fr 16. Nov 2007, 19:46

Seneca46 hat geschrieben:1. welches "religiöse zerrbild"? r. dawkins zitiert die bibel wortwörtlich (ich habe es nachgelesen, weil ich nicht glauben wollte, was da stand). es kann nicht angehen, daß sich die klerikalen aus der bibel nach belieben herauspicken, was ihnen gerade in den kram paßt, und die unflätigen passagen als "aus der zeit heraus zu verstehen" relativieren und verharmlosen. die passagen, die dawkins in seinem buch zitiert, sind nicht "auslegbar", sie sind ganz einfach nur scheußlich, unmenschlich, grausam. wer entscheidet, was wörtlich zu nehmen ist und was nicht? genau: die klerikalen nach belieben. das ist unanständig.

Ich möchte in einem atheistischen Forum keinesfalls religiöse Aufklärungsarbeit leisten, aber meine Begründung für das religiöse Zerrbild ist schlicht und einfach die Person Jesus. Er hat das alte Testament für uns "neue" Christen zur Geschichtsschreibung erklärt und uns ein neues Gottesbild vermittelt. Der strafende, zornige und eifersüchtige Gott ist durch seine Lehre, bzw. die Lehre der vier Evangelisten, adacta gelegt und wir können uns damit auf einen liebenden Gott verlassen. Die "modernen" Christen glauben einfach etwas anderes von Gott.

Seneca46 hat geschrieben:2. was soll der "glaube eines atheisten an irgendein politisches system" in diesem zusammenhang? das klingt ja gerade so, als sei atheismus automatisch mit dem glauben an ein politisches system verbunden??? als eine art ersatzreligion???

Du kannst aber nicht abstreiten, dass einige politische Systeme ganz bewußt die Religionen verboten haben, um ihre Alleinherrschaft nicht zu gefährden.
Nicht jeder Gläubige ist gut - aber auch nicht jeder der Gott leugnet ist nur deshalb gut, weil er keiner Religion angehört.

Seneca46 hat geschrieben:ich als atheist "glaube" nicht an irgendein system, sondern ich vertrete - statt religiöser - ethische grundsätze, als da etwa wäre: was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu. wie soll das gefährlich sein?

Naja, es gibt schon ziemlich unterschiedliche Schmerzgrenzen, nicht wahr?

LG stine
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon ostfriese » Fr 16. Nov 2007, 19:49

Seneca46 hat geschrieben:ich hoffe - wahrscheinlich vergeblich - daß sich mal ein klerikaler hierher verirrt und dann die fetzen um die ohren kriegt :lachtot:

Ja, es ist alles ganz einfach:

1. Papa Ratzi verirrt sich in unser Forum.
2. Wir überzeugen ihn argumentativ, dass er sich seit 80 (wahlweise 2000) Jahren irrt.
3. Einen Tag später löst er die Heilige Katholische Kirche sang- und klanglos auf.

Das ist unser Plan. Toll, nicht?
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon El Schwalmo » Fr 16. Nov 2007, 21:10

@jan
Danke für den Link, ich habe die Aufzeichnung herunterladen und auf meiner Festplatte abspeichern können.

Beim Betrachten der 'Diskussion' verstärkte sich mein Eindruck, den ich schon lange habe. Dawkins geht es eigentlich gar nicht um Gott, sondern um die Lebenseinstellung, dass man alles begründen können muss, was man vertritt. Implizit scheint er davon auszugehen, dass das, was man nicht mit dem Anspruch auf Geltung diskutieren kann (was für Dawkins vermutlich letztendlich auf die Verwendung der Methoden der Naturwissenschaften hinausläuft), nicht exisitiert. Das erinnert mich an eine abgewandelte Whorf-These: die Grenze meiner Methodik ist die Grenze meiner Welt. Allerdings ist der Schluss auf die Welt nicht möglich.

Und genau hier setzen die Theologen ein: es gibt angeblich noch einen Bereich, der eben nicht so erforschbar ist. Am Beispiel 'Liebe' hat man deutlich gesehen, dass Dawkins vermutlich die Frage gar nicht verstand, denn die Antwort war wenig sinnvoll.

Aus meiner Sicht ist daher die These, dass sich ein geschaffenes Universum von einem nicht geschaffenen radikal unterscheidt, nicht haltbar. Das hängt ausschließlich davon ab, ob sich ein derartiges Wesen offenbart. Ein Gott, der sich im Zufall 'versteckt', würde niemandem auffallen. Dazu kommt noch das Problem, dass wir, um zu argumentieren, eine Logik voraussetzen müssen. Ich sehe kein Argument, dass diese für einen Gott gelten müsste. Dawkins hat allerdings vollkommen Recht, wenn er konkrete Gottesbilder so kritisiert. Selbstverständlich würde sich eine Welt, die 6.000 Jahre alt ist und auf der alle Grundtypen ('baramin') an zwei Tagen erschaffen wurden, fundamental von einer Welt, wie sie von den Naturwissenschaften gesehen wird. Wie sich eine Welt, in der ein Designer, wie ID ihn vertritt, eingreift, von einer unterscheiden würde, in der es keinen Designer gibt, scheint mir nicht so einfach zu zeigen.

Dawkins forderte immer Beweise ein, Argumente für die Existenz eines Gottes. Die andere Seite ging einfach davon aus, dass es einen Gott gibt, und hat dann weiter argumentiert. Die Frage, ob man eine Ethik ohne Gott letztbegründen kann, ist durchaus spannend.

Dawkins' Forderung nach Begründung hat natürlich auch einen Haken: man kann das selbstverständlich auch gegen ihn wenden. In jeder Wissenschaft gibt es noch so viele offene Fragen, dass man ihn wie jeden aufrechten Naturalisten zu jedem Thema schnell in einer Ecke haben kann. Dawkins vertritt beispielsweise eine Auffassung von Evolution, die, gelinde ausgedrückt, nicht top-aktuell ist. In seinen Ableitungen findet man, oft recht gut versteckt, meist eine Formulierung wie 'irgendwo muss man ja anfangen'. Aber genau da liegt der Hund begraben: hier fehlt ihm der Beweis. Sollte Dawkins einmal auf einen HardCore Evolutionsgegner wie Scherer treffen, der keine fachspezifischen Defizite hat, müsste er seine Argumentation gewaltig präzisieren, wenn er den Anspruch, den er an andere hinsichtlich der Gottesfrage stellt, an sich selber hinsichtlich einer naturalistischen Evolution, die für ihn fast so etwas wie ein negativer Gottesbeweis ist, stellen muss. 'Not enough evidence' könnte das Motto vieler Evolutionsgegner sein, vor allem solcher, die sich sehr gut in den fachwissenschaftlichen Details auskennen.

Der Übersetzer war grauenhaft. 'Physikalische Misshandlung' für 'körperlichen Missbrauch' hat schon was.

Lachen musste ich auch über Dawkins 'Plan B' (falls ihn postmortal ein Gott zur Rede stellen sollte), der ja auch in seinem Buch steht. Gould hat ein IMAO noch hübscheres Beispiel erzählt: ein Anwalt, bekennender Agnostiker, der dafür berüchtigt war, dass er in seinen Plädoyers kein Ende fand, meinte, er würde sich in diesem Fall vor den Geschworenen verbeugen und sagen: 'Gentlemen, I was wrong!'.
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon trazy » Fr 16. Nov 2007, 21:18

ostfriese hat geschrieben:Das ist unser Plan. Toll, nicht?

Oh yaeh. Plan , cool, so wie das A-Team. lol!

Warum spotte ich? Ich denke, dass es einen vernünftigen Plan bisher nicht gibt bei den Brights. Es gibt nicht einmal einen unvernünftigen Plan. Warum schreibe ich so? Ich argumentiere lieber gegen alle und jeden, gegen Brights und gegen Gläubige und gegen mich, so bekomme ich maximale Erkenntnis, wie in einem Spiegelkabinett-Labyrinth.

Es stimmt allerdings, dass man an etwas glaubt, auch wenn es der Nihilismus ist oder man selbst. Die Brights in diesem Forum hier kloppen sich nur mit Gläubigen wie sich rechte mit linken und linke mit rechten kloppen, anstelle vernünftig Kritik zu vertragen. R. Dawkins hätte aber durchaus mehr boxen können (im übertragenem Sinn) in der Sendung. Was die Sendung verursacht hat ist hauptsächlich Polarisierung. Das ist eine gute Strategie für Menschen, die Inhalte spannend machen wollen.
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon ostfriese » Fr 16. Nov 2007, 22:27

El Schwalmo hat geschrieben:Aus meiner Sicht ist daher die These, dass sich ein geschaffenes Universum von einem nicht geschaffenen radikal unterscheidt, nicht haltbar. Das hängt ausschließlich davon ab, ob sich ein derartiges Wesen offenbart. Ein Gott, der sich im Zufall 'versteckt', würde niemandem auffallen.

Wenn er sich so versteckt, dass er nicht auffällt, fehlen ihm gewisse Eigenschaften, welche ihm die Christen (und andere) gern zuschreiben möchten.

Umgekehrt verliert aber die Unterstellung, hinter der "Schöpfung" stecke ein "Plan" oder "Zweck", mit jeder ausgestorbenen Kreatur an Plausibilität.

Sobald sich Religiöse für ein eigenschaftenbehangenes Gottesbild entscheiden, werden ihre Thesen empirischer Prüfung zugänglich. Und da fällt dann z.B. ernüchternd auf, dass der angeblich heilsame Gottglaube noch nie eine amputierte Gliedmaße nachwachsen ließ.

Eine jeglicher Kritisierbarkeit entzogene, bedeutungsentleerte Worthülse "Gott" ist zwar durch Wirklichkeitsaussagen nicht angreifbar, aber sie muss auch nicht angegriffen werden, da aus ihr nichts folgt.

In Diskussionen muss man Gläubige zwingen, Farbe zu bekennen. Gestern war -- wie so oft -- überdeutlich, dass Dennett völlig recht hat: Die meisten glauben nicht, was sie zu glauben vorgeben, sondern sie glauben an den Glauben. Ihre Argumente für den Glauben sind ausschließlich finaler, nicht kausaler Art: Sie möchten an einen fürsorglichen Gott und den Menschen als Krone seiner Schöpfung glauben, damit sie auf der uns von Gott geschenkten Würde ein sicheres Wertefundament errichten können und damit sie auf ein ewiges Leben nach dem Tode hoffen dürfen.

Was wir ihnen nicht durchgehen lassen dürfen, ist eine Doppelstrategie: einerseits die Gottes-Hypothese nur über diese Zwecke zu begründen, andererseits aber jene Gottes-Eigenschaften zu leugnen oder agnostisch zu relativieren, die aus diesen Prämissen notwendig folgen (wobei real beobachtbare Widersprüche zu diesen Prämissen auf nebulöse, intellektuell unredliche Weise wegerklärt werden).

Haben Atheisten ein Wertefundament? Natürlich nicht! Brauchen wir eines? Natürlich nicht! Menschen sind von der Evolution mit einer brauchbaren moralischen Intuition ausgestattet, und wo diese versagt, können wir rational argumentieren -- ausgehend von ethischen Minimalprinzipien (Leidenssminderung, Kategorischer Imperativ u.ä.). Zwar könnte man diese ablehnen, würde dann aber weit hinter den moralischen Zeitgeist und die Menschenrechts-Charta zurückfallen. Außerdem wäre jegliches transzendente Fundament ebenfalls hinterfragbar, sehr leicht sogar. Wir können den Theologen jederzeit nachweisen, dass auch sie bloß "irgendwo anfangen"...
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon El Schwalmo » Fr 16. Nov 2007, 22:52

ostfriese hat geschrieben:Menschen sind von der Evolution mit einer brauchbaren moralischen Intuition ausgestattet,

wenn das, was ich über Evolution weiß, zutrifft, sehe ich nicht, wie es möglich sein könnte, 'brauchbare moralische Intuition' zu erreichen. Denn die schließt Organismen ein, die nicht mit uns verwandt sind. Das wäre 'fremddienliche Zweckmäßigkeit', ein Sachverhalt, den Darwin expressis verbis als Falsifikation seiner Theorie angesehen hat.

ostfriese hat geschrieben:und wo diese versagt, können wir rational argumentieren -- ausgehend von ethischen Minimalprinzipien (Leidenssminderung, Kategorischer Imperativ u.ä.). Zwar könnte man diese ablehnen, würde dann aber weit hinter den moralischen Zeitgeist und die Menschenrechts-Charta zurückfallen.

Eigentlich kein großer Unterschied, denn göttliche Fundierung kann man auch ablehnen und dann zurückfallen.

ostfriese hat geschrieben:Außerdem wäre jegliches transzendente Fundament ebenfalls hinterfragbar, sehr leicht sogar. Wir können den Theologen jederzeit nachweisen, dass auch sie bloß "irgendwo anfangen"...

Natürlich, aber sie fangen, zumindest nach ihrer Überzeugung, bei etwas an, von dem berichtet wird "Im Anfang ...".

Das ist dann natürlich ein anderes Kaliber als 'ich muss mal irgendwo anfangen ...', falls die Offenbarung eine Offenbarung ist.
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon Andreas Müller » Sa 17. Nov 2007, 00:34

@ Trazy: Deine Kommentare sind unglaublich verworren, vom Kontext gelöst und schlecht argumentiert (wobei man sich außerdem fragt, wofür du überhaupt argumentieren willst). Du musst sich mal etwas mehr konzentrieren beim Schreiben, in der aktuellen Form kann ich das nicht akzeptieren. Weitere Beiträge dieser Art lösche ich. Formuliere deine Meinung, welche es auch ist, anständig.

@ostfriese:
Menschen sind von der Evolution mit einer brauchbaren moralischen Intuition ausgestattet


Ich denke, Menschen sind vor allem eigennützig, darum muss man ein System herstellen, dass gesellschaftlich unerwünschte Handlungen bestraft. Also der liberale Rechtsstaat in der einen oder anderen Form. Hobbes hatte im Grundsatz ganz Recht. Normale und anständige Menschen werden zu Bestien, wenn sie ungestraft handeln können, wie sie möchten. Ich erinnere nur an Abu Ghraib, an die Raubzüge und Vergewaltigungen von Soldaten aus eigentlich zivilisierten Ländern, etwa im Irak. Oder an die Stories von westlichen Frauen, die aufgeklärte Muslime heiraten, mit ihnen in ihr islamisches Heimatland ziehen und dort eine gravierende Veränderung ihres Partners erleben müssen. Eben weil er sich in dieser Gesellschaft der Gesetzgebung entsprechend anders verhalten muss und kann.

"Schädliches Verhalten darf sich nicht lohnen" sollte der erste Grundsatz der Ethik sein. Ich denke, wenn man uns mit einem Gewehr und Freikarte auf Raubzüge schickt, dann würden wir alle nach einer Weile diese Freiheit nutzen.
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon ostfriese » Sa 17. Nov 2007, 02:07

El Schwalmo hat geschrieben:wenn das, was ich über Evolution weiß, zutrifft, sehe ich nicht, wie es möglich sein könnte, 'brauchbare moralische Intuition' zu erreichen. Denn die schließt Organismen ein, die nicht mit uns verwandt sind. Das wäre 'fremddienliche Zweckmäßigkeit', ein Sachverhalt, den Darwin expressis verbis als Falsifikation seiner Theorie angesehen hat.

Unsere moralische Intuition ist, wie ich bereits im anderen Thread schrieb, leider nur kleingruppentauglich und erstreckt sich hauptsächlich auf Artgenossen.

Aber dass wir Tiere vermenschlichen und unser Mitgefühl auf sie ausdehnen, ist keine rein kulturelle Errungenschaft. Wenn ein Jäger seinen Wildbestand hegt oder ein Bauer sein Schlachtvieh gesund hält, dann bleibt der Eigennutz auf Seiten des Homo Sapiens und der Tod auf Seiten der Tiere, trotzdem profitieren diese von menschlicher Empathie (z.B. frei laufende Hühner). Ich halte das für eine überlebensdienliche Begleiterscheinung unseres Bewusstseins: Wir reflektieren und rekonstruieren das Verhalten von -- arteigenen wie artfremden -- Individuen (ermöglicht Kooperation, Schlichtung, Besänftigung, Jagderfolg, Zuchterfolg etc.). Unser Mitgefühl für Tiere ist also ein wohl unvermeidliches "Kreuzprodukt" aus Mitmenschlichkeit und Tierverständnis. Das widerspräche der Evolutionstheorie nicht.

Allerdings sind wir natürlicherweise nicht frei von Speziezismus, und nach strengen Maßstäben ist unsere angeborene Moral dann auch nicht "brauchbar". Aber für das fehlende Quantum haben wir ja, wie gesagt, den rationalen ethischen Diskurs...

El Schwalmo hat geschrieben:Das ist dann natürlich ein anderes Kaliber als 'ich muss mal irgendwo anfangen ...', falls die Offenbarung eine Offenbarung ist.

Nach welchen Kriterien wird denn aus einem schlichten Argument eine zwingende Offenbarung? Sind diese Kriterien publically available? Oder studierten Theologen vorbehalten? Oder gar Besteigern des Sinai? Komisch, ich war da oben, mir hat sich -- von jenseits meines Horizonts -- nichts mitgeteilt als erlösende Sonnenstrahlen nach einer durchfrorenen Nacht -- gilt das schon als Offenbarung?
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon emporda » Sa 17. Nov 2007, 05:28

ostfriese hat geschrieben:Aber dass wir Tiere vermenschlichen und unser Mitgefühl auf sie ausdehnen, ist keine rein kulturelle Errungenschaft. Wenn ein Jäger seinen Wildbestand hegt oder ein Bauer sein Schlachtvieh gesund hält, dann bleibt der Eigennutz auf Seiten des Homo Sapiens und der Tod auf Seiten der Tiere, trotzdem profitieren diese von menschlicher Empathie (z.B. frei laufende Hühner). Ich halte das für eine überlebensdienliche Begleiterscheinung unseres Bewusstseins: Wir reflektieren und rekonstruieren das Verhalten von -- arteigenen wie artfremden -- Individuen (ermöglicht Kooperation, Schlichtung, Besänftigung, Jagderfolg, Zuchterfolg etc.). Unser Mitgefühl für Tiere ist also ein wohl unvermeidliches "Kreuzprodukt" aus Mitmenschlichkeit und Tierverständnis. Das widerspräche der Evolutionstheorie nicht.?

Du hast einen Aspekt vollkommen unter den Tisch fallen lassen, das ist der typische Grund wie wir unseren Hund behandeln (Susi - siehe Avatar). Das Tier akzeptiert uns ohne jeden Vorbehalt und hat bedingungsloses Vertrauen. Für uns ist der Hund ein Teil der Familie, den wir nicht missen möchten. Wir versuchen dem Hund weitgehend seine Freiheiten zu lassen ohne irgenden einen Dressurdrill oder für ihn sinnlose Aufgaben.
Der Vorteil den wir daraus ziehen, das ist viel Freude und Lachen und ein sehr oft vergnügtes Miteinander. Bezeichne es als Ersatzkind, eins das keinen Roller, Computer, Klamotten will, das nicht in die Disco geht und das keine Drogen raucht. Das Susi jeden vom Acker bellt, der es wagt auf ihrer Strasse vorm Haus vorbeizufahren, mit der Macke können wir leben. Denn wir haben ganz sicher auch welche.
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon emporda » Sa 17. Nov 2007, 05:48

ostfriese hat geschrieben:In Diskussionen muss man Gläubige zwingen, Farbe zu bekennen. Gestern war -- wie so oft -- überdeutlich, dass Dennett völlig recht hat: Die meisten glauben nicht, was sie zu glauben vorgeben, sondern sie glauben an den Glauben. Ihre Argumente für den Glauben sind ausschließlich finaler, nicht kausaler Art: Sie möchten an einen fürsorglichen Gott und den Menschen als Krone seiner Schöpfung glauben, damit sie auf der uns von Gott geschenkten Würde ein sicheres Wertefundament errichten können und damit sie auf ein ewiges Leben nach dem Tode hoffen dürfen.

Was wir ihnen nicht durchgehen lassen dürfen, ist eine Doppelstrategie: einerseits die Gottes-Hypothese nur über diese Zwecke zu begründen, andererseits aber jene Gottes-Eigenschaften zu leugnen oder agnostisch zu relativieren, die aus diesen Prämissen notwendig folgen (wobei real beobachtbare Widersprüche zu diesen Prämissen auf nebulöse, intellektuell unredliche Weise wegerklärt werden).

Haben Atheisten ein Wertefundament? Natürlich nicht! Brauchen wir eines? Natürlich nicht! Menschen sind von der Evolution mit einer brauchbaren moralischen Intuition ausgestattet, und wo diese versagt, können wir rational argumentieren -- ausgehend von ethischen Minimalprinzipien (Leidenssminderung, Kategorischer Imperativ u.ä.). Zwar könnte man diese ablehnen, würde dann aber weit hinter den moralischen Zeitgeist und die Menschenrechts-Charta zurückfallen. Außerdem wäre jegliches transzendente Fundament ebenfalls hinterfragbar, sehr leicht sogar. Wir können den Theologen jederzeit nachweisen, dass auch sie bloß "irgendwo anfangen"...

Das was Du da vorschlägst ist wie der Versuch eine Hand voll Schmierseife an die Wand zu nageln - unmögllch. Gläubigen sind die inneren Motive ihres Handelns nie bewußt, sie fürchten sich regelrecht davor diese zu kennen. Sie haben sich eine argumentative göttliche Scheinwelt geschaffen, die mit Händen und Füßen verteidigt wird. Wäre es nicht so, wie sollte man rational erklären auf Knieen rumzurutschen, albern anzogenen Puppen in meditativer Verzückung hinterher zu marschieren und 2000 Jahr alte Vorhäute zu verehren von jemanden, der offensichtlich mindesten 6 Pimmel hatte.

Noch keiner dieser Gläubigen hat erklären können oder wollen, wo Gott die Milliarden Jahre lang war bevor der Mensch lernte kreativ zu Denken und Gedanken schriftlich festzuhalten, und wo Gott bleiben wird, wenn sich alle Menschen gegenseitig ausgerottet haben. Das hat auch Stine nicht geschafft.

Denn das alle 10.000 und mehr fiktiven Götter nur menschliche Phantasien sind und nur in menschlichen Hirnen rumspuken, das wird vehement bestritten. Ebenso wenig gehen Regenwürmer in Gottesdienste, bauen Kakerlaken Kirchen und zahlen Flöhe und Läuse Kirchensteuern - weder heute noch vor 300 Millionen Jahren lange bevor es Menschen gab.
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon El Schwalmo » Sa 17. Nov 2007, 08:32

ostfriese hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:wenn das, was ich über Evolution weiß, zutrifft, sehe ich nicht, wie es möglich sein könnte, 'brauchbare moralische Intuition' zu erreichen. Denn die schließt Organismen ein, die nicht mit uns verwandt sind. Das wäre 'fremddienliche Zweckmäßigkeit', ein Sachverhalt, den Darwin expressis verbis als Falsifikation seiner Theorie angesehen hat.

Unsere moralische Intuition ist, wie ich bereits im anderen Thread schrieb, leider nur kleingruppentauglich und erstreckt sich hauptsächlich auf Artgenossen.

dann ist mir die Formulierung aus Deinem letzten Posting, auf die ich mich bezog ('brauchbare moralische Intuition') noch unverständlicher. 'Organismen, die nicht mit uns verwandt sind, war schlecht von mir formuliert, ich hätte Menschen schreiben müssen.

ostfriese hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Das ist dann natürlich ein anderes Kaliber als 'ich muss mal irgendwo anfangen ...', falls die Offenbarung eine Offenbarung ist.

Nach welchen Kriterien wird denn aus einem schlichten Argument eine zwingende Offenbarung? Sind diese Kriterien publically available? Oder studierten Theologen vorbehalten? Oder gar Besteigern des Sinai? Komisch, ich war da oben, mir hat sich -- von jenseits meines Horizonts -- nichts mitgeteilt als erlösende Sonnenstrahlen nach einer durchfrorenen Nacht -- gilt das schon als Offenbarung?

Die Antwort steht in dem Posting, auf das Du Dich bezogst: Dawkins geht es weniger um Gott als um Ansprüche an einen Diskurs.
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon Andreas Müller » Sa 17. Nov 2007, 12:30

Wie du willst, Trazy. Wenn du deine Gedanken - EGAL WELCHE ES SIND - nicht EINIGERMASSEN klar formulieren willst, sondern lieber mit wilden Vorwürfen um die wirfst, bitte. Ich höre mir so etwas nicht an.

„Den Stil verbessern“, erklärte Nietzsche, „das heißt den Gedanken verbessern, und gar nichts weiter! - Wer dies nicht sofort zugibt, ist auch nie davon zu überzeugen!“

Da gibt es durchaus einen großen Toleranzbereich, aber dein unverständliches, zusammenhangloses Geschwurbel fällt nicht mehr darunter. Du kannst gerne komplett anderer Meinung sein als wir, oder bei der Abwägung der Argumente in der Mitte stehen, wie auch immer. Aber deine Posts sind so wirr und dabei auch noch offensiv und beleidigend, das geht zu weit.
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon ostfriese » Sa 17. Nov 2007, 12:35

El Schwalmo, mir ist unverständlich, was Dir unverständlich ist.

emporda, gegenüber El Schwalmo bin ich mit kühnen Behauptungen vorsichtig, besonders, wenn es um Evolution geht. Dass Jetztzeitmenschen mühelos in der Lage sind, starke Gefühle für Nicht-Artgenossen zu entwickeln, ist unbestritten. Fraglich ist nur, ob dies allein auf kulturelle Entwicklung zurückzuführen ist, oder ob Tierfreundschaft in der biologischen Evolution die Fitness erhöht. Wenn ich El Schwalmo richtig verstanden habe, schließt Darwin letzteres kategorisch aus. Und ich habe oben begründet, inwiefern Empathie mit Tieren sich dennoch evolutionär ausbilden konnte: als Nebenprodukt anderer überlebensdienlicher Eigenschaften des Menchen.
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon ostfriese » Sa 17. Nov 2007, 12:47

Andreas, der Beitrag von trazy, den Du eben gelöscht hast, war keineswegs verschwurbelt, sondern klar verständlich.

trazy warf uns Kreuzzug-Mentalität vor. Diese Einschätzung von einer/m Nichtgläubigen sollte uns zu denken geben.

Wenn Beiträge verworren sind, kann man nachfragen, wie's gemeint ist.
Wenn Beiträge am Thema vorbei gehen, kann man dies anmahnen.
Wenn Beiträge beleidigend sind, sollte man sie löschen. Jener von trazy aber war es nicht, die Löschung also ein Willkürakt.

Solltest Du dies hier als Angriff auf Deine Person fehldeuten, dann frage Dich, was Du hier gerade mit trazy getan hast. Sie/Er kann sich gegen Deine persönlichen Attacken in keiner Weise zur Wehr setzen, da jede Antwort, die Dir nicht passt, sofort getilgt würde. Miss bitte nicht mit zweierlei Maß, und vor allem: Missbrauche nicht Deine Macht als Admin!!
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon El Schwalmo » Sa 17. Nov 2007, 12:48

ostfriese hat geschrieben:El Schwalmo, mir ist unverständlich, was Dir unverständlich ist.

wie Du darauf kommst, dass wir Menschen aus der Evolution 'brauchbare moralische Intuitionen' mitbekommen haben. Das genaue Gegenteil scheint mir der Fall zu sein.
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon pinkwoolf » Sa 17. Nov 2007, 13:03

Trazy hat zwar schon bessere Beiträge geschrieben, aber trotzdem unterstütze ich ganz und gar, was Ostfriese gesagt hat.
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon ostfriese » Sa 17. Nov 2007, 13:06

El Schwalmo, vermutlich verstehst Du unter "brauchbar" was anderes als ich (ähnlich wie bei "bewährt").

Unsere moralische Intuition bewirkt z.B., dass wir die im "sozialen Nahbereich" angesiedelten Individuen in aller Regel nicht töten. Das ist schon mal brauchbar nach meinem Verständnis. Weniger brauchbar ist, dass bereits der Nachbar aus dem Kreise der Nächsten ausgeschlossen sein kann und es daher nicht selten zu erbitterten Gartenzaunkriegen kommt.

Hinsichtlich globaler Problemlagen unbrauchbar an unserer moralischen Intuition ist auch, dass sie sich fast ausschließlich auf Individuen erstreckt, die wir sinnlich wahrnehmen. Wir können stundenlang das Leid von Hungernden oder Minenopfern beklagen, ohne dass uns dies zu Tränen rührte. Ein einziger Besuch in einem afrikanischen Dorf aber kann ganze Lebensentwürfe kippen.#

Unbrauchbar ist auch die starke gefühlte Asymmetrie zwischen Handlung und Unterlassung.

Aber zu sozialen Alltagsbewältigung reicht unsere moralische Intuition in aller Regel aus, jedenfalls leiten wir dort unsere moralischen Urteile eher selten aus rationalen Kriterien ab...
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon ostfriese » Sa 17. Nov 2007, 13:12

pinkwoolf hat geschrieben:Trazy hat zwar schon bessere Beiträge geschrieben, aber trotzdem unterstütze ich ganz und gar, was Ostfriese gesagt hat.

pinkwoolf, man darf nicht vergessen, dass Trazy den Beitrag im Zustand von -- für mich nachvollziehbarer -- Wut und Enttäuschung schrieb. Zugleich schloss sie vom Gebahren des Admins -- verständlicherweise, aber unzulässig -- auf alle Brights.

Eben deshalb sah ich mich genötigt, mich von der überzogenen Zensur-Maßnahme zu distanzieren.
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon Andreas Müller » Sa 17. Nov 2007, 13:19

Wenn Beiträge beleidigend sind, sollte man sie löschen


Ich werde mir nicht beleglos Fundamentalismus oder dergleichen vorwerfen lassen, ganz einfach. Es fällt mir überhaupt nicht ein, solche Ausfälle zu dulden.

trazy warf uns Kreuzzug-Mentalität vor. Diese Einschätzung von einer/m Nichtgläubigen sollte uns zu denken geben.


Wenn es er irgendwie belegt oder vernünftig dafür argumentiert hätte, ja. Aber in der Form waren es einfach blinde Vorwürfe. Das ist nicht das FGH, hier gibt es keine Trollerei.

Meine "Macht als Admin" ist überhaupt nur zustande gekommen durch den Unwillen aller anderen, Verantwortung in irgendeiner Forum zu übernehmen. Ich nehme eure Einwände ernst, das heißt aber nicht, dass ich zustimmen muss. Außerdem habe ich das vorher ja auch schon gemacht, ich war ja schon lange vorher Moderator und konnte Beiträge notfalls löschen.

Deine persönlichen Attacken


Welche persönlichen Attacken? Ich habe nur angemahnt, die wie auch immer geartete Meinung klar zu formulieren und zu belegen. Wenn wir Fundamentalisten sein sollen, in Ordnung. Dann will ich aber Belege und Argumente dafür sehen. Man geht nicht einfach in ein Forum, um alle dort zu beschimpfen, ohne jeden Sinn und Zweck. Wenn ich das Niveau hier nur künstlich durch Eingriffe erträglich halten kann, dann sei es so. Richard meinte ja bereits, dass Trazy nur ein Troll ist. Sollte dem so sein, dann werde ich mich nicht von ihm für dumm verkaufen lassen. Wenn nicht, dann will ich das auch an seinen Beiträgen erkennen können.
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Re: Dawkins am 15.11. bei Kerner um 23.15

Beitragvon El Schwalmo » Sa 17. Nov 2007, 13:34

Andreas Müller hat geschrieben:Ich werde mir nicht beleglos Fundamentalismus oder dergleichen vorwerfen lassen, ganz einfach. Es fällt mir überhaupt nicht ein, solche Ausfälle zu dulden.

zerschlägst Du gerne Spiegel?
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