Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon Myron » Mo 17. Mär 2008, 02:41

PDF: "Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf" (von Viktor Weichbold)

(Der Autor ist einer von uns. Auf seiner Homepage bekennt er sich zu den Brights!)
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon ostfriese » Mo 17. Mär 2008, 06:36

Hab gerade auch mal kurz zu diesem ewig jungen Thema gestöbert und darf einen Artikel der EKD zitieren:

35 Werbemaßnahmen verletzten religiöse Gefühle von Bürgern

B o n n (idea) - 35 Werbemaßnahmen haben im vergangenen Jahr die religiösen Gefühle von Bürgern verletzt. Dies seien elf Prozent aller kritisierten Fernsehspots und Werbeplakate, teilt der Deutsche Werberat in Bonn mit. Mehr Proteste gab es nur gegen Frauendiskriminierung (108) und Gewaltdarstellung (40). Von insgesamt 305 beanstandeten Kampagnen habe der Werberat 99 als Verstoß gegen die Richtlinien der Werbewirtschaft angesehen. Von ihnen hätten 91 ihre Plakate zurückgezogen und fünf die Konzepte geändert. Drei Unternehmen, die die Kritik für ungerechtfertigt hielten, bekamen eine öffentliche Rüge wegen Frauenfeindlichkeit. Sie soll die Betroffenen - einen bayerischen Rettungsdienst, ein Energieunternehmen aus dem nordrhein-westfälischen Haan und ein Münchner Fitness-Center - zum Einlenken bringen.In 206 Fällen sprach der Werberat die von den Bürgern kritisierten Firmen frei. Auch in dem Slogan "Gott hat den Sonntag erschaffen, damit Sie sich in Ruhe ums Geld kümmern können” sah das Gremium keine unzulässige Vereinnahmung des christlichen Feiertags. Zurückgewiesen wurde ebenfalls die Beschwerde gegen die Opel-Werbung für ein Cabrio "Ohne Sonne gäbe es kein Leben auf dieser Erde. Beten Sie sie an.” Dies sei kein Verstoß gegen das Erste Gebot, wonach man niemanden außer Gott anbeten dürfe. Dagegen unterstützte der Werberat den Protest gegen eine Telefonauskunft, die mit Jesus warb. Auf der Schautafel über dem Haupt des Gekreuzigten stand eine Zahlenreihe. So merke sich der Messdiener die Nummer der Auskunft, lautete der Slogan.

Ist es nicht empörend? :lachtot:
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon stine » Mo 17. Mär 2008, 08:12

Ob man religiöse Gefühle verletzen darf? fragt sich der Autor dieses Essays und antwortet nach ausführlicher Darstellung mit der Gegenfrage: Warum nicht?
Richtig erkannt: Gefühle können ohne Bedenken verletzt werden, da ihre Verletzung nicht, wie beim Hals- und Beinbruch, nachweisbar ist. Davon abgesehen, dass Muslime den Glauben nur vorschieben, um ihre faschistoide Staatsform zu verteidigen, halte ich den Text von Goethe am besten geeignet, um zu erklären, was Glauben ist:

"Erfüll davon dein Herz, so groß es ist,
und wenn du ganz in dem Gefühle selig bist,
nenn es dann, wie du willst:
Nenn´s Glück! Herz! Liebe! Gott!
Ich habe keinen Namen dafür, Gefühl ist alles;
Name ist Schall und Rauch, umnebelnd Himmelsglut."

LG stine
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon Baky86 » Mo 17. Mär 2008, 10:28

Ich bezweifel mal ganz stark das es sowas wie "religiöse Gefühle" überhaupt gibt! Wie soll das gehen?? "Ich fühle religiös...." lol, was fürn Bullshit.
Religion kann vielleicht Gefühle auslösen, wie bspw. Hass, Schmerz, Angst......vielleicht auch ein paar Positive :mg: , aber ein religiöses Gefühl an sich, dass man verletzen könnte gibt es nicht.
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon El Schwalmo » Mo 17. Mär 2008, 10:36

Baky86 hat geschrieben:Ich bezweifel mal ganz stark das es sowas wie "religiöse Gefühle" überhaupt gibt! Wie soll das gehen?? "Ich fühle religiös...." lol, was fürn Bullshit.
Religion kann vielleicht Gefühle auslösen, wie bspw. Hass, Schmerz, Angst......vielleicht auch ein paar Positive :mg: , aber ein religiöses Gefühl an sich, dass man verletzen könnte gibt es nicht.

hmmm, wie würde sich wohl ein Blinder darüber lustig machen, falls jemand von 'Farben' schwärmt, wo ihm doch schon 'Schwarz-Weiß' sehr merkwürdig vorkommen würde?
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon Baky86 » Mo 17. Mär 2008, 11:46

El Schwalmo hat geschrieben:
Baky86 hat geschrieben:Ich bezweifel mal ganz stark das es sowas wie "religiöse Gefühle" überhaupt gibt! Wie soll das gehen?? "Ich fühle religiös...." lol, was fürn Bullshit.
Religion kann vielleicht Gefühle auslösen, wie bspw. Hass, Schmerz, Angst......vielleicht auch ein paar Positive :mg: , aber ein religiöses Gefühl an sich, dass man verletzen könnte gibt es nicht.

hmmm, wie würde sich wohl ein Blinder darüber lustig machen, falls jemand von 'Farben' schwärmt, wo ihm doch schon 'Schwarz-Weiß' sehr merkwürdig vorkommen würde?


Keine Ahnung, aber Blinde vergleichen wahrscheinlich nicht Äpfel mit Birnen ;)
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon El Schwalmo » Mo 17. Mär 2008, 12:22

Baky86 hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:hmmm, wie würde sich wohl ein Blinder darüber lustig machen, falls jemand von 'Farben' schwärmt, wo ihm doch schon 'Schwarz-Weiß' sehr merkwürdig vorkommen würde?


Keine Ahnung, aber Blinde vergleichen wahrscheinlich nicht Äpfel mit Birnen ;)

wenn er klug ist.
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon Ari » Mo 17. Mär 2008, 12:30

stine hat geschrieben:Davon abgesehen, dass Muslime den Glauben nur vorschieben, um ihre faschistoide Staatsform zu verteidigen, halte ich den Text von Goethe am besten geeignet, um zu erklären, was Glauben ist:

Wann sind den die Gefühle vorgeschoben und wann nicht? Und wo sieht man den Unterschied? Ich hab da Gefühl deine christlichen Gefühle findest du richtig, aber muslimische sind vorgeschoben. Was nun wenn ich sag, dass beide benutzt werden um die eigenen Machtposition odr ansciht gesellschaftlich durchzudrücken? Zeig mir mal bitte auf wie du da zwischen verschiedenen Religionen unterscheidest.

el schwalmo hat geschrieben:hmmm, wie würde sich wohl ein Blinder darüber lustig machen, falls jemand von 'Farben' schwärmt, wo ihm doch schon 'Schwarz-Weiß' sehr merkwürdig vorkommen würde?

Darum geht es ja garnicht. Blindheit ist ein nachweisbaers faktum. Genauso wie ich nicht zu einem behinderten sagen würd "komm wir machen eine Wette wer schneller 100 Treppen steigen kann".
Aber religiöse Gefühle entstehen daraus, dass jemand sagt "da gibt es etwas das ich für ein Dogma halt und wenn jemand das irgendwie kritisiert/beleidigt/darüber etwas sagt was mir nciht passt dann bin ich eingeschnappt"
Natürlich kann man Gefühle jeglicher Art ob nun die eines religiöse, atheisten oder sonstwenn verletzen. Die Frage ist nur, wie man darauf reagiert. Ich ba auch schon gehört wie jemand "heiden" zu atheisten geagt hat da ihm das wort atheist nicht einviel. Ich hab über soviel dummheit in mich reingelacht. Toleranz geht halt leider vielen bei Religion völlig ab, und das doch das Problem. Sie setzen ihre Grenzen selbst was sie glauben und die sind eng und werden mit verbisserner Agression verteidigt.
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon El Schwalmo » Mo 17. Mär 2008, 13:13

Ari hat geschrieben:
el schwalmo hat geschrieben:hmmm, wie würde sich wohl ein Blinder darüber lustig machen, falls jemand von 'Farben' schwärmt, wo ihm doch schon 'Schwarz-Weiß' sehr merkwürdig vorkommen würde?

Darum geht es ja garnicht.

doch, genau darum ging es, wenn Du das Posting, auf das ich mich bezog, liest.

Ari hat geschrieben:Blindheit ist ein nachweisbaers faktum.

Genauso wie religiöse Gefühle. Und das war mein Punkt. Nicht gegen Dich, sondern gegenüber dem Menschen, an den mein Posting gerichtet war.
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon ostfriese » Mo 17. Mär 2008, 13:29

Es ist ja nun nicht so, dass ich um das Recht streite, vor dem versammelten Gottesdienst einem aufgeblasenen Jesus die Luft rauslassen zu dürfen.

Allerdings bestehe ich auf freier Meinungsäußerung in jedem nicht kirchlich gebundenen Medium. So lange in Nachmittags-Talkshows Kollektivbeleidigungen an der Tagesordnung sind (alle dicken oder dürren oder unrasierten oder langhaarigen oder zahngeschädigten Männer seien ja "so was von abartig") -- so lange möchte ich wenigstens leise andeuten dürfen, dass ich religiöse Weltanschauungen für undurchdacht halte.

Und falls sich jemand darüber empören zu müssen glaubt, poche ich im Gegenzug natürlich darauf, dass öffentliche Predigten meine Intelligenz beleidigen.

Wie bitte? Ich muss keine Kirchen besuchen? Stimmt. Moslems müssen auch nicht die Jyllands Posten lesen. Und Christen können das Fernsehprogramm wechseln, wann immer Dieter Nuhr oder Volker Pispers sich über sie lustig machen.

Kritik be-leid-igt immer, da sie sich ungut anfühlt. Gleiches gilt aus der Perspektive des Betroffenen für Ironie und Satire, Sarkasmus, Hohn und Spott. Aber wenn wir ehrlich sind, trifft uns all dies nur, wenn etwas "dran ist", wenn jemand eine unserer Schwächen entblößt.

Die angeborene Beißhemmung des Menschen funktioniert in den meisten Fällen gut genug um zu verhindern, dass wir auf den Schwächen anderer weiter herum hacken, wenn diese sich als verletzt zu erkennen geben. Wenn jemand allerdings seine Schwächen als Stärken zu verkaufen sucht und anstelle von zartem Gewimmer wildes Säbelrasseln erklingt, dann löst das bei mir eher einen Beißrausch aus. Denn zwischen echten Gefühlen und schlecht bemänteltem Machtmissbrauch vermag ich schon noch zu unterscheiden...
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon Baky86 » Mo 17. Mär 2008, 14:02

El Schwalmo hat geschrieben:
Ari hat geschrieben:Blindheit ist ein nachweisbaers faktum.

Genauso wie religiöse Gefühle. Und das war mein Punkt. Nicht gegen Dich, sondern gegenüber dem Menschen, an den mein Posting gerichtet war.


Was zu beweisen wäre.
Ich denke eher, dass sich Menschen in ihrer Existenz angegriffen fühlen, wenn man ihre Religion in irgend einer Art kritisiert. Schließlich müssen sie sich dann die Frage stellen, ob sie nicht einer riesigen Lüge anheim gefallen sind. Entweder akzeptieren sie diese Kritik und werden wenigstens zu Agnostikern oder sie blocken jegliche Kritik vollkommen ab.
Das löst natürlich Gefühle aus, aber dies als religiöse Gefühle zu bezeichnen, halte ich für fahrlässig.


Um mal auf die Threadfrage zu kommen, ob man diese "Gefühle" (gehen wir mal davon aus, dass sie existieren) verletzen darf oder nicht: Natürlich darf man, wieso auch nicht? Ich lass mich nicht in meiner freien Meinungsäußerung einschränken, nur weil jemand an irgendetwas glaubt. Politische und weltanschauliche Einstellungen kann und sollte auch jeder kritisieren, hinterfragen etc...wieso sollte es da für die Religionen eine Ausnahme geben?
Dieses ständige religiöse "Beleidigtsein" kann einem da schon aufn Sack gehen.
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon El Schwalmo » Mo 17. Mär 2008, 14:12

Baky86 hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:
Ari hat geschrieben:Blindheit ist ein nachweisbaers faktum.

Genauso wie religiöse Gefühle. Und das war mein Punkt. Nicht gegen Dich, sondern gegenüber dem Menschen, an den mein Posting gerichtet war.

Was zu beweisen wäre.

Du hast eine Behauptung aufgestellt. Du bist beweispflichtig.

Baky86 hat geschrieben:Ich denke eher, dass sich Menschen in ihrer Existenz angegriffen fühlen, wenn man ihre Religion in irgend einer Art kritisiert. Schließlich müssen sie sich dann die Frage stellen, ob sie nicht einer riesigen Lüge anheim gefallen sind. Entweder akzeptieren sie diese Kritik und werden wenigstens zu Agnostikern oder sie blocken jegliche Kritik vollkommen ab.
Das löst natürlich Gefühle aus, aber dies als religiöse Gefühle zu bezeichnen, halte ich für fahrlässig.

Geh' davon aus, dass ich Agnostiker bin und mich über diese Zeilen köstlich amüsierte.

Hint: cuts both ways.
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon Baky86 » Mo 17. Mär 2008, 14:44

Gefühle bzw. Emotionen können einfach nicht religiös sein, weil Emotionen (in der Regel) als "psychischer Zustand" definiert werden.
Man kann sicherlich Gefühle gegenüber der Religion empfinden, welche auch immer, aber auch religiös empfinden? Das bezweifle ich stark.

Wenn wir diese wissenschaftliche Arbeit zur Grundlage nehmen: http://www.psychologie.uni-heidelberg.d ... motion.pdf

    (a) Emotionen sind aktuelle Zustände von Personen!
    Abgrenzung aktueller emotionaler Episoden (=Emotion; z.B. Angst) von emotionalen
    Dispositionen (z.B. Ängstlichkeit)
    (b) Emotionen unterscheiden sich nach Qualität und Intensität!
    Art der Emotion (Freude, Wut) versus starke und schwache Ausprägung einer bereits
    bestimmten Qualität
    (c) Emotionen sind in der Regel objektgerichtet!
    man freut sich über etwas, ist stolz auf etwas, etc.
    ! das „Etwas” muß nicht konkret existieren, sondern kann auch vorgestellt sein (z.B.
    zukünftiges Ereignis „Prüfung”)
    (d) Personen in einem emotionalen Zustand ...!
    ... haben normalerweise ein charakteristisches Erleben, häufig treten auch bestimmte
    physiologische Veränderungen und Verhaltensweisen auf

Wenn man sich diese Merkmale zu eigen nimmt, dann ist sicherlich verständlich, dass Religion als Gefühl nicht wirklich definierbar ist, genauso wenig wie: Ich fühle mich marxistisch/kapitalistisch/demokratisch/faschistisch...!

Religion ist kein Zustand, Angst etc. schon.
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon stine » Mo 17. Mär 2008, 15:47

Ich glaube, ob jemand eines anderen Gefühl verletzt, wie auch immer, liegt daran, wie sehr man den anderen achtet oder toleriert.
Ich gebe zu, dass mein Katholizismus auf sehr, sehr wackeligen Beinen steht, ich aber die Menschen in meinem Umfeld, welche Bräuche und Riten ausleben wollen, respektiere. Wie sollte ich mich über ein altes Muttchen lustig machen, deren Hoffnung darauf basiert, das ewige Leben zu erfahren, wenn sie nur sonntäglich eine Kerze opfert und an der Eucharistiefeier teilnimmt?
Wie könnte ich mich über kleine Kinder lustig machen, die andächtig ihre Kommunionkerze an den Altar balancieren, um dem lieben Gott ein Lächeln abzugewinnen?

Es ist einfach nichts zu glauben und sich gescheit zu fühlen und es ist schwer zu tolerieren, dass andere anders ticken. Ich könnte mich auch als des Lesens- und Schreibensmächtiger über Analphabeten lustig machen oder als Abiturient über den Lehrling, als Professor über den Grundschullehrer und als Eventmanagerin über die Putzfrau. Lustig zu machen über das vermeintlich "Dümmere" oder Schwächere oder das Fremde ist halt aus Selbstschutz im Menschen angelegt. Dabei ist das noch die nette Form. Die brutale Form ist dann das Vernichten der Andersdenkenden.

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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon Jakob » Mo 17. Mär 2008, 15:58

Myron hat geschrieben:PDF: "Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf" (von Viktor Weichbold)


Na, jedenfalls war das mal ein äußerst interessanter Essay. Habe ihn gründlich gelesen und an ein paar Freunde weitergeleitet.
Danke, Myron! :up:

@ Schwalmo: Der Essay hat das eigentlich schön dargestellt. Es gibt keine "religiösen Gefühle". Es gibt bloß gefühle, die zufällig mit religiösen Inhalten zusammentreffen. Hast Du ihn gelesen?
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon Baky86 » Mo 17. Mär 2008, 16:13

@Stine

In dieser Diskussion darfst du das "lustig machen" nicht als einzige Art der Verletzung sehen. Manche fühlen sich ja schon angepisst, wenn man ihnen mit gute Argumenten entgegentritt oder satirisch auf religiöse Widersprüche eingeht.

Es geht ja in der ganzen Diskussion primär darum, inwieweit man Religion akzeptieren muss, vor allem bezogen auf die freie Meinungsäußerung. Wenn jemand an irgendetwas glaubt, dann soll derjenige das tun, ohne jedoch meine persönlichen (Meinungs-)Freiheiten einzuschränken!
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon El Schwalmo » Mo 17. Mär 2008, 16:27

Jakob hat geschrieben:Der Essay hat das eigentlich schön dargestellt. Es gibt keine "religiösen Gefühle". Es gibt bloß gefühle, die zufällig mit religiösen Inhalten zusammentreffen. Hast Du ihn gelesen?

nein.

Vermutlich gibt es dann nur Gefühle, die halt mit irgendwas zusammentreffen. Mir ging es darum, dass es Menschen gibt, die etwas empfinden, das sie als 'religiöse Gefühle' deuten und wagte zu fragen, ob jemand, der keine solchen Gefühle hat, darüber etwas aussagen kann. Ob es dabei besonders zielführend ist, zu hinterfragen, ob 'Gefühl' mit 'religiös' mehr oder weniger 'zufällig' gekoppelt ist, wage ich zu bezweifeln.
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon ostfriese » Mo 17. Mär 2008, 16:38

Jakob hat geschrieben:Es gibt keine "religiösen Gefühle".

Richtig. Man kann von Pathos ergriffen sein, "struck by pure awe", in Anbetung ergeben, zutiefst gerührt, fasziniert, bewegt und erschüttert -- ob man nun religiös ist oder nicht. Auch so genannte spirituelle Erfahrungen sind nicht das Privileg von Gläubigen, sondern werden geteilt von Menschen in ekstatischer oder meditativer Versenkung sowie von Konsumenten psychoaktiver Substanzen.

Aber selbst wenn Gläubige Gefühle hätten, die größer sind als alles, was sich Atheisten vorstellen können, hätten sie nicht das Recht, hierfür einen besonderen Schutz zu reklamieren.

stine, das betende Kleinkind mag Dich persönlich anrühren wie uns beide das auf den Weihnachtsmann wartende. Da ich stark davon überzeugt bin, dass letztlich jedes Kind an Lebensqualität gewinnt, wenn es von der wahrscheinlichen Nichtexistenz strafender Götter erfährt, sehe ich eine solche Aufklärung nicht als Kränkung, sondern als Befreiung an.

Im Falle alter Menschen, die möglichst unerschütterlich an ein Weiterleben nach dem Tode glauben möchten, liegt die Sache etwas anders. Bildung und Erziehung muss zwar älteren Menschen nicht verschlossen bleiben, aber ich würde sie ihnen auch nicht mehr aufdrängen. Letzteres zu tun bin ich bei Jugendlichen von Berufs wegen ohnehin gezwungen, und da werde ich mir in Sachen philosophischer Bildung keinen Maulkorb umhängen...
Zuletzt geändert von ostfriese am Mo 17. Mär 2008, 17:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon El Schwalmo » Mo 17. Mär 2008, 16:51

ostfriese hat geschrieben:Aber selbst wenn Gläubige Gefühle hätten, die größer sind als alles, was sich Atheisten vorstellen können, hätten sie nicht das Recht, hierfür einen besonderen Schutz zu reklamieren.

ich denke, dass hier zwei Thread durcheinander gehen:

Thread 1: gibt es Gefühle, die Religiöse haben, die andere Menschen nicht haben?

Thread 2: genießen diese Gefühle einen besonderen Schutz?

Beide Threads bauen aufeinander auf: wenn es Thread 1 nicht gibt, braucht man sich über Thread 2 keine Gedanken zu machen. Man kann natürlich auch sagen, dass selbst wenn Thread 1 existieren würde, dennoch Thread 2 verneint werden kann. Ich tendiere dazu, Thread 1 zu bejahen, Thread 2 zu verneinen.

Wie stark die Emotionen bei Atheisten hochkochen, kann man dann bemerken, wenn ihnen unterstellt wird, dass ihr Unglauben darauf beruhe, 'ihr Knie nicht vor einem Gott beugen' zu wollen. Oder wenn man ihnen Lebensweisen vorschreiben möchte. Beispielsweise, wenn vom Stein in 'creatio' alle Formen außer der monogamen Ehe als nicht von Gott gutgeheißen wertet. Oder wenn man behauptet, eine Ethik ließe sich nur mit einem Gott begründen.

Kann sein, dass das dann Emotionen sind, die Relgiöse gut nachvollziehen können und ich mir meine Einschätzung von Thread 1 nochmals durch den Kopf gehen lassen sollte.
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Re: Über religiöse Gefühle und ob man sie verletzen darf

Beitragvon Myron » Mo 17. Mär 2008, 17:08

stine hat geschrieben:[Goethe:] "Erfüll davon dein Herz, so groß es ist,
und wenn du ganz in dem Gefühle selig bist,
nenn es dann, wie du willst:
Nenn´s Glück! Herz! Liebe! Gott!
Ich habe keinen Namen dafür, Gefühl ist alles;
Name ist Schall und Rauch, umnebelnd Himmelsglut."


Dem Religiösen mag sein Gefühl, seine Seligkeit im Zusammenhang mit seinem Glauben alles bedeuten; doch er hat kein Recht, von mir als Nichtreligiösem zu verlangen, dass auch mir sein diesbezügliches Gefühl und seine Seligkeit alles bedeuten—oder überhaupt etwas!
Wenn einer sein ganzes Herz an seine religiösen Überzeugungen hängt, was geht's mich an?!
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