folgsam hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ich postuliere nichts. Die genannten Erfahrungsvoraussetzungen lassen sich religionsphänomenologisch überprüfen. Die Anzahl der Webseiten, in denen Wirklichkeit und Offenbarung so gesehen werden, ist Legion.
Doch, natürlich postulierst du die Existenz übernatürlicher Wesen/eines personalen Gottes, allein aufgrund deiner subjektiven Eindrücke.
Wir sprachen über Erfahrungsvoraussetzungen. Als ich sagte, "ich postuliere nichts", bezog sich das auf die Realität von Erfahungssystemen, die auf bestimmten Voraussetzungen beruhen. Auch ein Naturalist kann unschwer feststellen, dass es mythische und religiöse Erfahrungssysteme gibt.
Jedes dieser Erfahrungssysteme, auch das naturwissenschaftliche, benötigt aller Erfahrung vorausgehende, postulatorische Grundannahmen. Insofern postuliere ich natürlich etwas, ganauso wie Du auch Dein Lieblingserfahrungssystem auf Postulate stützt. So what?
folgsam hat geschrieben:Wie bereits gesagt, Religion ist ein interessantes Phänomen, doch von der bloßen Sinnlichkeit religiöser Erfahrungen auf eine tatsächliche Realität diverser übernatürlicher, personaler Geistwesen zu schließen ist unzulässig.
Nur im naturwissenschaftlichen Erfahrungssystem, welches solche Wesenheiten methodisch ausschließt. Nicht im religiösen Erfahrungssystem.
folgsam hat geschrieben: Ich bestreite nicht, dass diese Erfahrungen gemacht werden, doch ist die religiöse Interpretation nicht richtig, nur weil jemand diese Erfahrungen hat.
Es ist immer ein wenig kurios, wenn jemand auf der Basis einer kontingenten Ontologie in Bezug auf eine andere Ontologie von Richtigkeiten spricht.
folgsam hat geschrieben:...also quasi in ein nicht von der Aussenwelt korrigiertes Glaubenssystem betritt,
Erfahrungssysteme, auch religiöse, können durchaus von der Außenwelt korrigiert werden, aber das ist ein mühsamer Prozess. Denn schließlich müssen sich dann
die apriorischen Voraussetzungen der Erfahrung ändern. Stell Dir mal vor, dass einzelne Wissenschaftler zu der Einsicht kommen, dass die Naturwissenschaft auf die Kausalität verzichten müsse. Was das für Folgen hätte!
folgsam hat geschrieben:Die mythisch-religiöse Erfahrungsebene die du annimst ist ein rein psychologisches Phänomen und ich denke die Werkzeuge werden eher früher als später bereitstehen um das zu zeigen.
Da sind wir uns ohnehin einig. Jede Erfahrungsebene, auch die naturwissenschaftliche, ist ein rein psychologisches Phänomen; auch das wird sich zeigen lassen. Zumindest stellt sich das Bild in dieser Weise aus der Sicht der Säule des wissenschaftsgläubigen Asketen dar, der sich weigert, eine andere Erfahrungsperspektive einzunehmen als eben die der Säule, auf der er als Stylit verharrt.
folgsam hat geschrieben:Die Rationalität im Mythos bestimmt Hübner folgendermaßen: Mythische Erfahrung kommt zustande, indem numinose Substanz in den Menschen eindringt, und dann kann diese Erfahrung in Basissätzen, die also von der Arché bestimmt sind, ausgesprochen werden. (Kuhn, Dieter. Metaphysik Und Geschichte: Zur Theologie Ernst Lohmeyers Berlin: de Gruyter, 2005. S. 61)
Du hast darauf nicht geantwortet, wie stellst du dir das vor?
Sollte es sich um einen Vorgang handeln, bei dem irgendein mystisches Signal aus der Anderwelt in das Bewusstsein eindringt und dort zu einem neurophyiologischen Phänomen wird, so müsste diese Schnittstelle naturwissenschaftlich erkannt, beschrieben und erklärt werden können. Irgendwo müssten bei mythischen Erfahrungen im Hirn Neurone feuern, deren Erregung keinen erklärbaren Ursprung zu haben scheint.
Du bekommst das mit den Unterschiedlichen Erfahrungsvoraussetzungen offensichtlich nicht auf die Reihe.
Wie bei allen Erfahrungen dürften auch bei mythischen Erfahrungen Neuronen feuern, und das ist alles, was es in naturwissenschaftlicher Hinsicht darüber zu sagen gibt. Mystische Signale aus Anderwelten sind methodisch unzulässig, insofern sie die Kausalität verletzen.
Auf der Basis mythischer Erfahrung geschieht Wahrheit (griechisch: a-letheia ="Unverborgenheit"), dh Götter treten aus ihrer Verborgenheit heraus und sind im Vorgang wirkend. Ich hab jetzt aber keine Lust, auch noch zu erklären, was Archai sind.
folgsam hat geschrieben:Kritisch-rationales Denken ist auch eine Kulturfrage, das bestreite ich nicht. Doch ist der naturreligiöse Indio oder das fromme katholische Großmütterchen mit ihren Erklärungen der sie betreffenden Weltphänomene wahrlich nicht näher an der Wahrheit als die Wissenschaftler und wenn doch, dann haben sie ausser unbewiesenen und größtenteils unbeweisbaren Behauptungen nichts an der Hand.
Ach, Du kennst die Wahrheit in Bezug auf Erfahrungsvoraussetzungen, jenseits von Religion, Mythos, Metaphysik, Freibier und Wissenschaft? Ich bin gespannt zu erfahren, auf welche Weise Du sie gewonnen hast.
folgsam hat geschrieben:Aphrodite, Aurora die Morgenröte, Thor, Vishnu, Gott,...jedes Phänomen das ausserhalb der natürlichen Welt steht und nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden erklärt oder beschrieben werden kann.
Was Du da nennst, sind mythische Substanzen, keine übernatürlichen Erfahrungen, die im Rahmen der Wissenschaften nichts zu suchen haben. Hier geht es aber um die Frage, was
Wirklichkeit ist, und zwar in dem übergreifenden Sinn, von dem aus Du zu argumentieren versuchst: Also Wirklichkeit jenseits aller Erfahrungsvoraussetzungen. Das hat mit übernatürlichen Phänomenen gar nichts zu tun. Sondern die Frage lautet:
Ist die Wirklichkeit (irgendwie beschaffen) - das würde auf ein Weltbild à Einstein/Podolski/Rosen hinauslaufen, oder
verhält sie sich? (-> Kierkegaard, Bohr).
folgsam hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben:Das mit den Erfahrungsvoraussetzungen hast Du noch nicht wirklich verstanden, stimmts? Ständig hebst Du auf Gefühlserlebnisse ab.
stimmt, hab ich nicht. Wie denn auch? Ich muss ja Glauben um diese speziellen Signale empfangen zu können.
Schon mal Kant, "Kritik der reinen Vernunft" gelesen? Der spricht auch über Erfahrungsvoraussetzungen. Brauchst Du dafür etwa Glauben?
folgsam hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben: Es ging um die Behauptung,
dass sich die Sonne nicht um die Erde drehe, sonst gar nichts!
Dh, da sind zwei Himmelskörper und die Frage, welcher sich um welchen dreht.
Myron hat sich zu der
Aussage verstiegen:
Von der Erde betrachtet scheint sich die Sonne um die Erdezu drehen, dh er hat den Bezugspunkt dieser relativen Bewegung genannt - die Erde - und diagnostiziert, dass es sich nur um eine
Scheinbewegung, eine Sinnestäuschung handele.
Vorher noch hast du gesagt, es sei egal ob das gesamte Sonnensystem mit allen PLaneten und sonstigen Boliden betrachtet wird.
Richtig. Weil die nämlich bei dieser Betrachtung völlig irrelevant sind. Dass Du sie immer wieder ins Spiel bringst und damit nur Verwirrung stiftest, zeigt nur, dass Dir an einer Lösung dieser doch einfach zu lösenden geometrischen Aufgabe, die in empririscher Hinsicht noch dazu täglich beobachtbar ist, nicht gelegen ist, sondern dass es Dir darum geht, vernebelnden, wissenschaftsgläubigen Weihrauch abzusondern.
folgsam hat geschrieben:Auf einmal sind es nur die Sonne und die Erde. Es spielt nämlich absolut eine Rolle was sich worum dreht wenn man das ganze System betrachtet: Für unser Sonnensystem macht es mit den bekannten Wirkmechanismen nur Sinn wenn sich alle Objekte in mehr oder weniger elliptischen Bahnen um die Sonne bewegen
Wieder produzierst Du vom Kern der Aufgabe ablenkenden Weihrauch: Über physikalische Wirkmechanismen habe ich selbst schon weiter oben geschrieben, das brauchst Du nicht zu wiederholen. Punkt ist, dass die Behauptung lautet: "
Wir wissen z.B. heute, dass die Sonne sich nicht um die Erde dreht." Und später verstieg sich Myron zu folgender Verschärfung: "
Von der Erde betrachtet scheint sich die Sonne um die Erde zu drehen; doch wir wissen ja mittlerweile, dass dieser Schein trügt."
Es geht hier nicht um physikalische Kräfte, sondern darum, eine Bewegung zu beschreiben. Und um Bewegungen zu beschreiben, braucht man Bezugspunkte. Wenn Du "das ganze Sonnensystem" betrachtest, so scheint mir, dass Du einen Bezugspunkt außerhalb des Sonnensystems wählen willst. Aber das ist hier nicht gefragt, sondern der Bezugspunkt "Erde". Und die Sonne, das Sonnensystem und die gesamte Galaxie drehen sich nun mal um die Erde, wenn man die Erde als Bezugssystem gewählt hat wie Myron oben. Dies ist keine scheinbare Bewegung, sondern eine tatsächliche - aber eben eine relative, weil es im empririsch messbaren Raum keinen euklidischen Punkt gibt.
Dass es physikalisch zumeist mehr Sinn macht, andere Bezugspunkte zu wählen, bestreite ich ja nicht. Aber das ist eine andere Baustelle.
Grüßle,
FF