El Schwalmo hat geschrieben: ich sehe eigentlich nur zwei nicht pejorative Alternativen:
1. Du kennst nur alte Arbeiten
2. Du erkennst nicht, was sich in der Neuzeit in der Argumentation der Religiösen geändert hat.
Du wirfst ständig mit dem Vorwurf der Dummheit um Dich. Das bedingt gewisse Anforderungen an Dein Argumentationsnievau, damit das nicht auf Dich zurückfällt. Ich hoffe, dass Dir das bewusst ist.
Vielen religiösen Menschen ist aufgefallen, dass gerade die modernen Atheisten den Religionen Positionen unterstellen, die sie längst verlassen haben. Das ist dann in etwa so, als würde man uns Naturalisten die Vorstellungen eines Moleschott unterstellen.
1.Die meisten Menschen, die an einen omnipotenten übernatürlichen Mann - den sie Gott nennen - glauben, haben diese alten Positionen, die wir ihnen "unterstellen" nicht "verlassen", da sie die unzweifelhafte Grundlage ihres Glaubens bilden, z.B. Texte wie dieser:
"Weiter wird bei uns gelehrt, daß nach Adams Fall alle natürlich geborenen Menschen in Sünde empfangen und geboren werden, das heißt, daß sie alle von Mutterleib an voll böser Lust und Neigung sind und von Natur keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott haben können, ferner daß auch diese angeborene Seuche und Erbsünde wirklich Sünde ist und daher alle die unter den ewigen Gotteszorn verdammt, die nicht durch die Taufe und den Heiligen Geist wieder neu geboren werden. Damit werden die verworfen, die die Erbsünde nicht für eine Sünde halten, damit sie die Natur fromm machen durch natürliche Kräfte, in Verachtung des Leidens und Verdienstes Christi."
http://www.ekd.de/bekenntnisse/augsburg ... ntnis.html
2. Die Weiterentwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse auf der Basis von Experimenten mit der willkürlichen Interpretation von Texten gleichzusetzen, verkennt die klaren Unterschiede dieser Herangehensweisen an das Verständnis der Welt und ist ein bekanntes Argument gegen die Religionskritik.
Es ist also ein Unterschied, wenn Christen das Strohmannargument Lamarckismus auffahren und wenn Naturalisten das Argument "Erbsünde" benennen. Das erstere gilt durch jüngere wissenschaftliche Erkenntnisse als überwunden, das andere ist nicht überwindbar, da es die Grundlage des "Opfers" Jesu bildet. Man stelle sich vor, wir wären nicht "voll böser Lust", wie überflüssig wäre dann das Selbstmordattentat* des christlichen Messias gewesen.
3. Die Richtigkeit oder Falschheit der Aussagen, die in Tora, Bibel, Koran und allen weiteren theologischen Schriften über das omnipotente, gasförmige, männliche Wirbeltier gemacht werden, sind nicht überprüfbar. Deshalb gibt es bei diesen Interpretationen kein Richtig oder Falsch, sondern immer nur Meinung, der durch die selbstgemachte "Erfüllung" des angeblich göttlichen Wunsches des überzeugten Gläubigen Nachdruck verliehen wird.
Man stelle sich die Groteske vor, wenn sämtliche Naturwissenschaftler begönnen, ab sofort sämtliche Experimente einzustellen und sich nur noch der Interpretation der bisher erschienen wissenschaftlichen Literatur zu widmen. Wie wichtig würde es dann plötzlich werden, welcher "Schule" man angehört, welchem Messias man nachfolgt. Personenkult wie in Kirche.
All dem entgeht man nur, wenn man seine Argumentation und seinen Glauben an die Welt auf test- und falsifizierbare Hypothesen aufbaut - anstatt auf Tradition, Inspiration und Autorität.
Im Ganzen ist also die Behauptung, ein Glauben - der fundamental auf einem(!) etwa tausendseitigen Buch beruht - sei im Grunde reformfähig, Augenwischerei.
Beruht der Glaube nicht auf den Inhalten irgendeines Buches, ist seine Überlebensfähigkeit stark eingeschränkt und sein Auftreten selten.
Kritik an diesem Buch und seinen Interpretationen, zu welcher Zeit auch immer sie angefertigt wurden, sind also immer korrekt, da es keine Kenntnis über Richtigkeit oder Falschheit dieser Interpretationen gibt. Null !
Diese Ambiguität wird von liberalen Christen auch häufig entsprechend mißbraucht, indem man entrüstet die Behauptung zurückweist, man verträte einen Steinzeitglauben, und sich anschließend in erstaunlich flexibler Rabulistik ergeht, wenn man Erbsünde, Jungfrauengeburt, Auferstehung und Himmelfahrt, sowie Aufforderungen zu Gewalt, Massenmord und Sklaverei in der Bibel erklären soll.
Also bleiben wir seriös! Theologie ist eine Frage der Interpreation. Interpretation ist ein Frage rhetorischer Gewandtheit, Tradition und Autorität von Personen. Jedem Fragenden der die Realitätsangemessenheit religiöser Annahmen infrage stellt wird hierbei höhnisch ins Gesicht gelacht.
* Selbsmordattentat: Die Opferung des eigenen Lebens für eine höhere Sache. Ein Selbstmordattentat ist ein Mordanschlag auf einen oder mehrere Menschen oder geschützte Objekte durch einen Täter, der den Verlust des eigenen Lebens planmäßig in Kauf nimmt. Für die Opfer des Attentats konsultiere man die "Kriminalgeschichte des Christentums" von Karl-Heinz Deschner.