ostfriese hat geschrieben:Wieder der gleiche Denkfehler: Wenn Du a priori unterstellst, dass psychische Merkmale keine kausale Rolle spielen, dann kannst Du daraus nicht den Epiphänomenalismus ableiten, sondern hast eine tautologische Konstruktion.
Wenn sie eine kausale Rolle spielen, dann sind sie entweder mit physischen Merkmalen identisch oder das Prinzip der geschlossenen Naturkausalität ist falsch.
ostfriese hat geschrieben:Die Wirkungsfähigkeit ist nicht 'transphysischer Art'! Es gibt diese Grenze nicht, die Du unterstellst. Es gibt nur Strukturunterschiede zwischen unterschiedlich komplexen materiell-energetischen Systemen. Und diese Strukturunterschiede können wir nicht ohne Verlust auf beliebig tiefer liegende Modellebenen projizieren.
Es bleibt das Problem, wie höherstufige systemische Eigenschaften wie die psychischen in ihrem System "nach unten" wirken können (Stichwort: "downward causation"), wenn sie
nicht auf rein physische Eigenschaften reduzierbar sind, was dem Emergentismus zufolge ja der Fall ist.
Der Emergentist betrachtet die psychischen Eigenschaften als physikalisch irreduzibel und will keine nichtphysikalische Kausalität anerkennen, aber auch nicht die Epiphänomenalität der psychischen Eigenschaften. Das lässt sich zusammen aber nicht stimmig vertreten, denn letztlich gibt es für einen Naturalisten nur eine kohärente Alternative (im Hinblick auf psychische Eigenschaften):
Entweder reduktionistischer bzw. eliminativistischer Physikalismus oder epiphänomenalistischer Physikalismus!
ostfriese hat geschrieben:Myron hat geschrieben:Wenn nein, dann kann das Psychische als Psychisches allein nichts bewirken, sondern ist ganz und gar auf diejenigen kausalen Kräfte und Energieformen angewiesen, die die Physik kennt.
Das ist ein gänzlich reduktionistisches Argument. Du vermischt wieder Realität und Realitätsbeschreibung.
Ich denke nicht, denn ich vermag sehr wohl zwischen den psychologischen und physikalischen Prädikaten und den entsprechenden natürlichen Eigenschaften, die sie repräsentieren, zu unterscheiden.
ostfriese hat geschrieben:Ich gebe "die" Kausalität auf, aber nicht Kausalität. Sie ist eine Kategorie unserer Beschreibungen, nicht ein Wesenszug der Natur. Auf physikalischer Ebene können wir sie mit dem Energieübertrag identifizieren, ja. Aber das heißt nicht, dass eine solche Identifizierung auf allen Systemebenen Voraussetzung dafür ist, von realer Kausalität zu sprechen.
Aha, du berufst dich also auf eine andere Auffassung von Kausalität als die auf
physikalische Prozesse bezogene, bei der es um den Austausch von physikalischen Erhaltungsgrößen geht.
(
"A conserved quantity is any quantity which is universally conserved, and current scientific theory is our best guide as to what these are. For example, we have good reason to believe that mass-energy, linear momentum, and charge are conserved quantities."[
http://plato.stanford.edu/entries/causation-process/#ConQuaThe])
Was kommt da alternativ infrage?
Schauen wir mal:
"One finds analyses of causation in terms of nomological subsumption (Davidson 1980d, Kim 1973, Horwich 1987, Armstrong 1999), statistical correlation (Good 1961 and 1962, Suppes 1970, Spirtes, Glymour, and Scheines 1993, Kvart 1997 and 2004, Pearl 2000, Hitchcock 2001), counterfactual dependence (Lewis 1986a and 2000, Swain 1978, Menzies 1989b, McDermott 1995 and 2002, Ganeri, Noordhof, and Ramachandran 1996, Yablo 2002, Sartorio 2005), agential manipulability (Collingwood 1940, Gasking 1955, von Wright 1975, Price and Menzies 1993, Woodward 2003), contiguous change (Ducasse 1926), energy flow (Fair 1979, Castaneda 1984), physical processes (Russell 1948, Salmon 1984 and 1998, Dowe 1992 and 2000), and property transference (Aronson 1971, Ehring 1997, Kistler 1998). One also finds views that are hybrids of some of the above (Fair 1979, Dowe 2000, Paul 2000, Schaffer 2001, Hall 2004, Beebee 2004b), along with primitivism (Anscombe 1975, Tooley 1987 and 2004, Carroll 1994, Menzies 1996) and even eliminativism (Russell 1992, Quine 1966)."Zur Vereinfachung:
"Fortunately, the details of these many and various accounts may be postponed here, as they are variations on two basic themes. In practice, the nomological, statistical, counterfactual, and agential accounts tend to converge in the indeterministic case. All understand connection in terms of probability: causing is making more likely. The change, energy, process, and transference accounts converge in treating connection in terms of process: causing is physical producing. Thus a large part of the controversy over connection may, in practice, be reduced to the question of whether connection is a matter of probability or process."(
http://plato.stanford.edu/entries/causation-metaphysics)
Was davon schwebt dir vor?
Nehmen wir mal die allseits beliebte Theorie, die Verursachungen durch "counterfactual dependencies", also durch kontrafaktische Abhängigkeiten erklärt.
"The basic idea of counterfactual theories of causation is that the meaning of causal claims can be explained in terms of counterfactual conditionals of the form 'If A had not occurred, C would not have occurred'."(
http://plato.stanford.edu/entries/causa ... terfactual)
Beispiel:
Jemand hat so heftige Bauchschmerzen, dass er anfängt zu schreien.
Nun kann auch ich im Rahmen meiner epiphänomenalistischen Auffassung sagen, dass der Betroffene nicht angefangen hätte zu schreien, wenn die gefühlte Schmerzhaftigkeit des Schmerzes nicht da gewesen wäre. Denn wenn diese nicht da gewesen wäre, dann wäre der ganze Schmerz als ein psychophysisches Ereignis nicht da gewesen, welchem es wesentlich ist, dass es eine subjektive Seite hat, die unabtrennbar in ihm inbegriffen ist. Und wenn der ganze Schmerz nicht da gewesen wäre, dann hätte der Betroffene auch nicht geschrien (ceteris paribus).
Aber dass der Schmerz als eine physische Ursache von seiner erlebten Schmerzhaftigkeit kontrafaktisch abhängig ist, bedeutet nicht, dass die subjektive-phänomenale Seite des Schmerzereignisses eine Rolle bei der Hervorrufung der Schreie spielt, die man getrost als eine "kausale" bezeichnen kann.
Klar, man kann den Begriff der Kausalität so umdeuten, dass der Satz "Psychische Eigenschaften spielen eine kausale Rolle" wahr wird. Und wenn er bedeutet, "Das Wirken psychophysischer Ereignisse ist von deren psychischen Eigenschaften kontrafaktisch abhängig", dann stimme ich ihm sogar zu. Aber wenn ich behaupte, dass psychische Eigenschaften keine kausale Rolle spielen, dann meine ich damit etwas anderes.
(Siehe dazu:
http://plato.stanford.edu/entries/menta ... on/#AppCou)
ostfriese hat geschrieben:Außerdem muss sogar der Begriff "Energie" modellhaft verstanden werden.
Was meinst du damit?
ostfriese hat geschrieben:Es gibt keine "zwei Seiten einer Medaille", sondern nur emergente Eigenschaften unterschiedlich komplexer Systeme.
Dann sind es eben die ganzen Systeme, die sowohl eine subjektiv-psychische als auch eine objektiv-physische Seite haben.