Richard Dawkins und Father George Coyne

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Re: Richard Dawkins und Father George Coyne

Beitragvon El Schwalmo » So 14. Dez 2008, 18:30

ostfriese hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Die RKK erkennt gerade das Spezifikum des Darwinismus, eben die Selektionstheorie als Zufallstheorie, nicht an.

Aber an dieser Stelle liegt Coyne mit ihr klar überkreuz, denn er äußert dezidiert, dass Theologen einen Fehler machen, wenn sie "Gott" irgendwie ins Bild wissenschaftlicher Explanationen zu mogeln versuchen.

nicht unbedingt, denn das Ganze ist etwas komplexer. Die RKK geht vom Wirken Gottes durch Zweitursachen aus. Ich kann mich jetzt nicht erinnern, ob er das Beispiel, dass Schiller im Wallenstein nicht mitspielt, obwohl jede Zeile von ihm ist, gebracht hat. Auf der Ebene, die wir sehen, sind das Zufälle, aber für Gott eben nicht. Coyne hat vollkommen Recht, dass es ein Fehler wäre, solche Gedankengänge als naturwissenschaftliche Explanationen zu missbrauchen, denn das wäre ein Kategorienfehler. Aus dieser Sicht genauso wie der, aus der Art und Weise, wie Naturwissenschaften funktionieren, etwas über Gott aussagen zu wollen. NOMA lässt grüßen.
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Re: Richard Dawkins und Father George Coyne

Beitragvon El Schwalmo » So 14. Dez 2008, 18:35

Myron hat geschrieben:Man kann die Wissenschaften, d.h. sowohl die Natur- als auch die Sozialwissenschaften, aber auch allgemein als Wirklichkeitswissenschaften auffassen, sodass alles, was Teil der Wirklichkeit ist, sei es natürlich oder übernatürlich, in ihren Zuständigkeitsbereich fällt.

das kann man. Muss man aber nicht.

Myron hat geschrieben:Wenn Gott existiert und er ein realer Faktor im Weltgeschehen ist, dann muss ihn die Wirklichkeitswissenschaft, die mehr ist als eine "bloße" Naturwissenschaft, als Explanans in Betracht ziehen.

Es kommt auf die Art und Weise seines Wirkens an. Coyne hat von Wundern gesprochen. Es gibt auch Menschen, die lassen Gott im Zufallsrauschen wirken. Eine Mutation hier, ein Kometeneinschlag dort, 'Schmetterlingseffekte' eben. Es wäre allerdings wenig sinnvoll, auf diese Art und Weise etwas 'erklären' zu wollen. Das wäre dann in Etwa wie der Eintrag in Totenscheinen im alten England, in dem 'Tod durch Gottes Gegenwart' das bedeutete, was man hier unter 'natürlichem Tod' versteht.
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Re: Richard Dawkins und Father George Coyne

Beitragvon ostfriese » So 14. Dez 2008, 18:57

Myron hat geschrieben:Wenn Gott existiert und er ein realer Faktor im Weltgeschehen ist, dann muss ihn die Wirklichkeitswissenschaft, die mehr ist als eine "bloße" Naturwissenschaft, als Explanans in Betracht ziehen.

Das sehen wir Naturalisten so, Coyne offenbar nicht. Für ihn gibt es "Wirksames", das der wissenschaftlichen Methode unzugänglich ist, über das wir bestenfalls spekulieren oder kulturhistorische Betrachtungen anstellen können. Während Coyne innerwissenschaftlich unkritisierbare Spekulationen ablehnt (z.B. die Multiversen-Hypothese* als unwissenschaftlich brandmarkt), lässt er sie außerwissenschaftlich nicht nur zu, sondern bekennt offen, dass sein gesamter Glaube eigentlich auf nichts anderem gründet.


*Übrigens kann diese Hypothese als Teil einer kosmologischen Theorie durchaus testbare Konsequenzen für unsere beobachtbare Welt haben, und eine solche Theorie könnte nicht nur erklärungsmächtiger, sondern sogar einfacher sein als eine konkurrierende, die ein singuläres Universum zu beschreiben versucht. Ich halte es daher für einen Ausdruck physikalischer Unkenntnis, wenn man die Multiversen-Hypothese aus rein wissenschaftstheoretischen Überlegungen heraus verwirft.
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Re: Richard Dawkins und Father George Coyne

Beitragvon Myron » So 14. Dez 2008, 19:41

Myron hat geschrieben:Wer den Glauben an göttliche oder menschliche Seelen aufgibt, der verabschiedet sich damit vom Theismus!


Wie ich zu meiner Überraschung soeben festgestellt habe, findet innerhalb der zeitgenössischen christlichen Theologie bzw. Religionsphilosophie in der Tat eine Debatte über den Substanzdualismus statt:

"Substance dualism is the doctrine that each human person is an immaterial substance, a soul—or at least, that each of us has a soul as a part of us. For nearly two millenia, dualism's defenders and opponents agreed that Christianity requires some form of this view. But many biblical scholars, theologians, and Christian philosophers now argue that dualism is not central to Christianity, that it is in fact a 'Greek import'."

(Zimmerman, Dean W. "Christians Should Affirm Mind-Body Dualism.” In Contemporary Debates in the Philosophy of Religion, edited by Michael L. Peterson and Raymond J. Vanarragon, 315-326. Malden MA: Blackwell, 2004. pp. 315-6)

Man könnte als Christ—besser als "Quasi-Christ"—freilich die These vertreten, dass Gott die einzige unkörperliche Seele, die einzige immaterielle Person sei, und dass alle menschlichen Personen irgendwie materieller Natur seien.
(Zum Beispiel argumentiert Lynn Rudder Baker in einem Aufsatz, dass menschliche Personen von menschlichen Körpern oder Tieren "konstituiert" werden, wobei allerdings unter den Philosophen umstritten ist, inwieweit sich die Relation der Konstitution von der Relation der Identität unterscheidet.)

Wenn die so weiter machen (gemeint sind vor allem die evangelischen Theologen), dann wird das Christentum immer weiter entchristlicht ...
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Re: Richard Dawkins und Father George Coyne

Beitragvon Myron » So 14. Dez 2008, 19:58

ostfriese hat geschrieben:Das sehen wir Naturalisten so, Coyne offenbar nicht. Für ihn gibt es "Wirksames", das der wissenschaftlichen Methode unzugänglich ist, über das wir bestenfalls spekulieren oder kulturhistorische Betrachtungen anstellen können. Während Coyne innerwissenschaftlich unkritisierbare Spekulationen ablehnt (z.B. die Multiversen-Hypothese* als unwissenschaftlich brandmarkt), lässt er sie außerwissenschaftlich nicht nur zu, sondern bekennt offen, dass sein gesamter Glaube eigentlich auf nichts anderem gründet.


Die Herren Theologen sprechen der Wissenschaft ja ab, dass sie ein Erkenntnisprivileg besitzt, d.h. dass ihr methodischer Zugang zur konkreten Realität der einzig wirklich objektive ist.
Dass die gesamte Theologie in ihrem theoretischen Teil spekulative Metaphysik ist, auf deren Thesen und Prinzipien keine Wissensansprüche im engeren Sinn erhoben werden können, wollen sie partout nicht eingestehen.
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Re: Richard Dawkins und Father George Coyne

Beitragvon ostfriese » So 14. Dez 2008, 20:29

Myron hat geschrieben:Dass die gesamte Theologie in ihrem theoretischen Teil spekulative Metaphysik ist, auf deren Thesen und Prinzipien keine Wissensansprüche im engeren Sinn erhoben werden können, wollen sie partout nicht eingestehen.

Coyne schon. Deshalb schrieb ich weiter oben, dass er mich in dieser Hinsicht als Priester enttäuscht. Kleriker, die nicht mal mehr im Ansatz versuchen, den eigenen Glauben über bloße Spekulation oder (partielle) Tradition (by cherry-picking) zu erheben, vernachlässigen ihren kirchlichen Auftrag. =)
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