Pfeifer hat geschrieben:Sich mit fremden Meinungen auseinanderzusetzen, ist ständiges Dazu-Lernen und perfektionieren der eigenen Meinung.
Genau so sehe ich das auch. Auch das Diskutieren hier im Forum (mit nicht völlig fremden sondern nur in Nuancen anderen Meinungen) ist unter anderem für mich deshalb so spannend, weil ich dabei ständig an meinen Ansichten herumfeile. Meistens sehe ich Bestätigungen (mag auch selektive Wahrnehmung sein) und manchmal auch Grund eine kleine Ecke abzufeilen und Details zu modifizieren. Aber ganz fremde Meinungen aufeinander prallen zu lassen, sagen wir, Naturalist kontra Kreationist, hätte meistens, so mein Eindruck, wenig konstruktive Effekte. Da schaltet man beim Zuhören doch zu schnell auf stur.
Insofern fand ich den Ansatz in der Lesch-Sendung eigentlich noch ganz logisch. Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Schöpfungsgeschichte und Evolution wurden heraus gearbeitet (ob da alle Argumente Hand und Fuß hatten, ist natürlich immer die Frage. In so einer Fernsehsendung geht ja so etwas auch immer nur im Schweinsgalopp und niemand hinterfragt oder hakt nach). Sich nicht zu weit voneinander entfernen (Wissenschaft und Religion bzw. die entsprechenden gesellschaftlichen Teile), um im Dialog zu bleiben, um die Meinungen nicht zu unterschiedlich aufeinander und dann destruktiv voneinander abprallen zu lassen, aber auch wieder nicht nicht zu harmomisch zu allem ja sagen. Dieser Balanceakt scheint mir da versucht worden zu sein, was ich eigentlich ganz gut finde. Insofern haben also auch obskure religiöse Aussagen einen Platz in einer Wissenschaftssendung, eben da wo es um die Grenze zwischen Wissenschaft und der anderen Seite geht. Und gerade beim Big-Bang haben eben viele Menschen, vermutlich die meisten, schon noch Abstimmungsbedarf zwischen Evolutionstheorie (an die hier in Deutschland wohl die meisten glauben) und der Schöpfungsgeschichte (an die wohl auch nicht wenige glauben wollen).
Die katholische Seite zu hören, bereitet aber auch mir ein wenig Unbehagen. Zuviel davon hört sich für mich einfach wie unhaltbarer Starrsinn und Unsinn an. Aber gut, den Lesch finde ich, trotz seiner agnostischen bis gläubigen Tendenzen, eben doch gerade noch sehenswert. (Deutlich mehr Spaß habe ich alelrdings, wenn er nicht auf religiöse Thematiken zu sprechen kommt, sondern bei seinen astronomischen Leisten bleibt).
Pfeifer hat geschrieben:Aber nun zum Schöpfungsmythos: Während die biologische Evolution die Entwicklung der körperlichen Welt nachvollziehbar belegt, gibt es meines Erachtens auch eine geistige Evolution (parallel zur kulturellen Evolution etc.) oder auch Bewusstseinsevolution. Die Anfänge dieser Geistes-Evolution sind z. B. im 1. Buch Mose 2,4b - 3 zu erkennen. Hier findet man keine Darstellungen der weltlichen Wirklichkeit.
Da widerspreche ich. Ich finde, die geistige Evolution wird eben auch genau in der biologischen Evolutionstheorie beschrieben. Inzwischen kann man ja recht gut extrapolieren, wie sich unser Gehirn im Verlaufe der Jahrmillionen entwickelt hat, welche Hirnregionen älter sind, welche später hinzu kamen, welche Auswirkungen das so ungefähr auf Verhalten, auf kulturelle und soziale Leistungen hatte. Es gibt, da bin ich nunmal Naturalist, auch nur diese weltliche Wirklichkeit. Moses Buch redet da, so mein Eindruck, eher von wirren Mythen und das brauche ich nun wirklich nicht, um eine angebliche zweite Ebene der geistigen Evolution zu beschreiben oder zu begreifen. Die Wissenschaft ist da völlig ausreichend. Im Rahmen von Kulturhistorik kann man natürlich wieder über Moses und seine Bücher reden, aber eben als betrachtete Objekte, nicht aus Quelle von Wissen.
Pfeifer hat geschrieben:Letztlich ist es genau dieser Gegensatz zwischen weltlicher und geistiger Weltinterpretation, der zu den Irritationen zwischen Religion und Wissenschaft führt. Es ist dabei nur wichtig zu bedenken, dass beide komplett unterschiedliche Welten sind und gesondert betrachtet werden müssen.
Ja, das könnte den Religionen so passen. Wie auch in der Sendung von dem katholischen Typen vertreten wurde. Beides hübsch trennen. Damit niemandem im direkten Vergleich auffällt, was für ein Hohlsinn die religiöse Seite da eigentlich vertritt. Nein, das sehe ich als billige Rückzugstaktik der Kirche, sich da auf eine Ebene zurückzuziehen, für die die Wissenschaft angeblich nicht zuständig sei. Von wegen. Die Religion bewegt sich im selben Ring wie die Wissenschaft, nur dass sie stur von einer atemberaubenden Prämisse ausgehen (es gäbe einen Gott) und dann den restlichen Weg wirres Zeug reden muss, um konsequent zu bleiben. Für mich ist die Wissenschaft klarer Sieger in diesem einen Ring (der Realität, der geistigen Welt, der menschlichen Vorstellungskraft, des Ganzen). Bei Wissenschaftlern wird erst geschaut und unverrückbare Prämissen werden tunlichst vermieden. Klüger sind sie eigentlich nicht, aber klarer Sieger durch richtige Taktik.