Pablo hat geschrieben:Diese beiden Zufälle können aber nicht als Begründung für die Existenz des PC´s mit seiner Software herangezogen werden, d.h. er ist in die Naturgesetze fest eingebunden. Genau darauf läuft aber die Behauptung von vielen Atheisten hinaus, wenn sie sagen, das Universum sei zufällig entstanden.
Gut, falls unser Universum nicht ewig und damit unentstanden ist, dann macht es einen Unterschied, ob man sagt, es sei zufällig
aus nichts entstanden, oder ob man sagt, es sei zufällig
aus etwas, d.h. aus etwas Präexistentem, entstanden.
Ein Beispiel für Letzteres ist Edward Tryons Hypothese, unser Universum sei aus einer zufälligen Quantenfluktuation im Vakuum hervorgegangen. Die Präexistenz des Vakuums selbst sowie seiner Natur bleibt dabei freilich unerklärt.
Pablo hat geschrieben:Tatsache ist, dass die zentrale Frage nach der Formgebung von Lebewesen noch völlig offen ist.
Folgendes scheint Tatsache zu sein:
"[D]as Studium der Funktionsweise des [genetischen] Programms [bildet] den schwierigsten Bereich der Biologie. Die Übersetzung des genetischen Programms in Wachstumsprozesse und in die Differenzierung von Zellen, Geweben und Organen beispielsweise stellt heute die größte Herausforderung an die Entwicklunsbiologie dar." (Mayr, Ernst.
Eine neue Philosophie der Biologie. Übers. I. Leipold. München: Piper, 1991. S. 67+)
So weit, so gut; doch wer hat gesagt, Wissenschaft wäre ein einfaches Unterfangen?!
Pablo hat geschrieben:Da jede Zelle den gleichen Bauplan enthält, ...
Eigentlich enthalten Zellen nur besondere Moleküle, die für die Entwicklungsprozesse kausal maßgeblich sind.
Pablo hat geschrieben:... stellt sich die Frage, wo der übergeordnete Bauplan angesiedelt werden kann. Zum besseren Verständnis hier eine Aussage von DAVIES (aus Prinzip Chaos)
"(...) Das »Wunder« der Morphogenese verbirgt sich in der Beziehung zwischen der lokal gespeicherten Information und dem globalen, holistischen Eingriff, der erforderlich ist, um die entsprechenden Strukturen hervorzubringen." (PAUL DAVIES)
Da ich kein Biologe und schon gar kein Entwicklungsbiologe bin, kann ich dir leider auch nicht sagen, wie die Natur dies alles bewerkstellligt; doch es scheint, dass biologische Erklärungen prima ohne Annahme irgendeines "globalen, holistischen Eingriffs" auskommen, zumal du darunter anscheinend den Einfluss irgendeiner bewusst planenden hyperphysischen Entität verstehst.
"Morphogenese: Von manchen Autoren wurde behauptet, die Phänomene der Morphogenese und insbesondere der Embryonalentwicklung stünden im Widerspruch zum Darwinismus. Zwar sind viele Kausalzusammenhänge der Embryonalentwicklung noch nicht ausreichend geklärt, aber eines weiß man: Sie sind vollständig mit einer darwinistischen Erklärung vereinbar. Manche von denen, die hier Kritik üben, unterstellen offenbar, nur der ausgewachsene Phänotyp im letzten Entwicklungsstadium sei der Selektion ausgesetzt. In Wirklichkeit unterliegt ein entstehender Organismus in jedem Stadium von der befuchteten Eizelle (Zygote) bis ins hohe Alter ständig der Selektion. Nach Ende der reproduktiven Phase ist das weitere Schicksal der Individuen für die Evolution jedoch nicht mehr relevant."(Mayr, Ernst.
Das ist Evolution. Übers. S. Vogel. München: Goldmann, 2005. S. 330)
Aber er stellt auch zusammenfassend Folgendes klar:
"1. Die Verwendung der sogenannten teleologischen Sprache durch die Biologen ist gerechtfertigt; sie bedeutet weder eine Ablehnung physikalisch-chemischer Erklärungen noch eine nicht-kausale Erklärung.
2. Die Ausdrücke 'Teleologie' und 'teleologisch' sind auf höchst unterschiedliche Phänomene angewandt worden. Ich habe diese Erscheinungen in mehr oder weniger homogene Klassen einzuordnen versucht.
3. Es ist nicht gerechtfertigt, evolutive Vorgänge oder Trends als zielgerichtet (teleologisch) zu beschreiben. Die Selektion belohnt vorangegangene Phänomene (Mutation, Rekombination und so weiter), aber sie plant nicht für die Zukunft, zumindest nicht auf irgendeine spezifische Weise.
4. Vorgänge (Verhaltensweisen), deren Zielgerichtetsein durch ein Programm gesteuert ist, können 'teleonomisch' genannt werden.
5. Prozesse, die einen Endzustand erreichen, der durch die Naturgesetze (beispielsweise die Schwerkraft, den Ersten Hauptsatz der Thermodynamik), nicht aber durch ein Programm diktiert ist, können wir mit dem Ausdruck 'teleomatisch' bezeichnen.
6. Programme sind teilweise oder völlig das Produkt der natürlichen Auslese.
7. Die Frage, ob es legitim ist, das Wort 'teleologisch' auf stationäre funktionale oder adaptive Systeme anzuwenden, erfordert eine weitere Analyse.
8. Teleonomisches (d.h. programmiertes) Verhalten kommt lediglich in Organismen (und vom Menschen manipulierten Maschinen) vor. Es bezeichnet einen deutlichen Unterschied im Niveau der Komplexität zwischen der lebenden und der unbelebten Natur.
9. Teleonomische Erklärungen sind streng kausal und mechanistisch. Sie sind kein Trost für die Anhänger vitalistischer Vorstellungen.
10. Der heuristische Wert der teleologischen Fragestellung macht diese zu einem wertvollen Instrument in der biologischen Analyse, von der Untersuchung der strukturellen Zusammensetzung der Makromoleküle bis hin zum Studium kooperativer Verhaltensweisen in gesellschaftlichen Systemen."(Mayr, Ernst.
Eine neue Philosophie der Biologie. Übers. I. Leipold. München: Piper, 1991. S. 79+)
Pablo hat geschrieben:Im Prinzip läuft es bei ZEILINGER darauf hinaus. Er schreibt in "Einsteins Scheier" Folgendes:
"In unserem Bild ist also Information der Urstoff des Universums... Der Vorschlag ist also, wegen unseres Postulats, dass kein Naturgesetz und keine Naturbeschreibung einen Unerschied zwischen Wirklichkeit und Information machen dürfen, die beiden als daselbe anzusehen... Unsere frühere Aussage, dass Information der Urstoff des Universums sei, ist nun auch im Sinne dieses gemeinsamen Begrifffs von Wirklichkeit und Information zu sehen." (ANTON ZEILINGER)
Da zu Beginn des Universums noch keine Materie vorhanden war, setzt ZEILINGER demnach "Information" noch vor der physischen Realisierung.
Falls das Universum einen Beginn hat, dann ist sein Urstoff, sein "Urkraftstoff", auch von Beginn an vorhanden gewesen, wenngleich es sich dabei freilich noch nicht um feste Materie gehandelt hat.
Zeilingers Aussage, der Urstoff des Universums wäre Information, ist mir leider unverständlich.
Ich gebe auch gerne zu, dass ich noch Schwierigkeiten mit dem Begriff der Information habe, der in derart vielfältigem und unterschiedlichem Sinne gebraucht wird, dass es mir schwerfällt, zu einem klaren Verständnis durchzudringen.
Das klassische Konzept von Shannon ist wohl am präzisesten definiert, wobei dessen Anwendung auf biologische Prozesse in keiner Weise den Rahmen rein physikalisch-chemischer Kausalprozesse sprengt (siehe:
http://plato.stanford.edu/entries/infor ... #ShaConInf).
Richtig kompliziert wird es offenbar, wenn man anfängt, von semantischer oder intentionaler Information zu sprechen und diesen speziellen Informationsbegriff auf biologische Prozesse anzuwenden.
Die Philosophen der Biologie streiten darüber, ob und wenn ja in welchem Sinne der Informationsbegriff innerhalb der Biologie, insbesondere der Genetik, anwendbar ist.
(Siehe:
http://plato.stanford.edu/entries/infor ... biological)
Besonders relevant ist dabei die Frage, ob es so etwas wie "semantische" oder "intentionale" Information ohne bewusst-geistige
Interpretation derselben überhaupt geben kann. Denn die elementaren biologischen Prozesse in Organismen, insbesondere die genetischen, scheinen keinerlei Grad an Bewusstsein bzw. -heit vorauszusetzen.
Mit der metaphysischen Auffassung, Information wäre ein Art Stoff, der den materiellen und energetischen Prozessen zugrunde liegt und diesen vorausgeht, kann ich jedenfalls nichts anfangen.
"In some writers, however, the idea that evolution is an informational process can be taken too far. For example, Williams (1992) argues that, via reflection on the role of genes in evolution, we can infer that there is an informational “domain” that exists alongside the physical domain of matter and energy.""Bei einigen Autoren führt die Idee, dass die Evolution ein informationeller Prozess sei, jedoch zu weit. Zum Beispiel behauptet Williams (1992), dass man über die Betrachtung der Rolle der Gene in der Evolution schlussfolgern könne, dass es eine informationelle 'Sphäre' gebe, die parallel zur physikalischen Sphäre der Materie und der Energie existiere."[@ meine Übers.]
(
http://plato.stanford.edu/entries/infor ... al/#InfEvo)
In ebendiese Richtung scheinst auch du zu argumentieren, nämlich, dass es eine hyperphysische Informationssphäre gäbe, die unabhängig von Materie und Energie, und damit wohl auch unabhängig von Raum und Zeit existieren würde.
(Eine solch mysteriöse Art von Information wäre natürlich ganz und gar unstofflich!)
Mir scheint, dass es mittlerweile nicht nur eine scheinwissenschaftliche Art von "Quantenesoterik", sondern auch eine Art "Informationsesoterik" gibt, der sich allerlei Antimaterialisten unterschiedlichen Schlages (Spiritualisten, Idealisten, Vitalisten, Hylozoisten, Pantheisten, Panpsychisten) mit Wonne hingeben.
Aber einen Mann wie Zeilinger nehme ich durchaus ernst, und so werde ich mir sein Buch "Einsteins Schleier" demnächst zulegen (gibt's ja schon für 8,95€ bei Goldmann).
Vielleicht verstehe ich dann besser, was genau er mit "Information" meint.
Pablo hat geschrieben:Ohne Bauplan kein Haus.
Damit sind wir wieder beim guten teleologischen Gottesargument:
Zu jedem Haus gibt es einen Bauherren und einen Bauplan; folglich gibt es auch für das natürliche Weltgebäude insgesamt und insbesondere für lebende Organismen einen Bauherren und einen Bauplan.
Die Gretchenfrage ist jedoch bekanntlich, ob dieser Analogieschluss gerechtfertigt ist!
(Dass ich das als Atheist und Materialist bestreite, wird dich gewiss nicht überraschen.
Aber selbst ein Nichtmaterialist wie Kant kritisiert dieses Argument.)
Pablo hat geschrieben:Aber die Umsetzung des in der DNA gespeicherten Bauplans ist doch bereits eine zielgerichtete Umsetzung!
Siehe das Mayr-Zitat oben!
Nirgendwo findet sich bei genetischen oder molekularbiologischen Prozessen so etwas wie
Zielbewusstheit oder
mentale Intentionalität!
Von einer bewussten, geistigen Wesenheit ausgehende, gesetzte Zweckursachen (causae finales) spielen dabei allem Anschein nach keinerlei Rolle.
Pablo hat geschrieben:Da Materie alleine keine Informationen speichern kann, bleibt nur noch übrig, dass sich die Materie aufgrund einer Vorlage selbst organisiert.
"Mit der Einführung der Selbstorganisation als Grundeigenschaft der Materie ist aber auch gesagt, dass jede Materie apriori ideenträchtig ist. Sie hat die Idee ihrer Selbstorganisation, ihrer Entfaltung, aller Baupläne und Aus-Formungen in sich." (FRIEDRICH CRAMER—aus Chaos und Ordnung)
Am Anfang war demnach "Information". Und wenn wir den Zufall und den Gott als Träger dieser Information verwerfen, bleibt nur noch eine geistige Grundlage in Form eines zusätzlichen Feldes übrig.
Du unterschlägst eine ganze Reihe von möglichen theoretischen Alternativen!
Die Materie organisiert sich in der Tat vermöge der ihr innewohnenden Dynamik selbst und differenziert sich infolgedessen in unterschiedlichsten Erscheinungsformen aus—aber all dies tut sie absolut unbewusst—
zielunbewusst—und ohne einen präexistenten abstrakten "Masterplan" (sowie ohne die Mitwirkung eines göttlichen Geistes).
Und, wie ich schon betonte, die Rede von einem immateriellen, nichtphysischen Feld als einer "geistigen Grundlage" ist in sich widersprüchlich, weil ein (kosmisches) Feld per definitionem räumlich ausgedehnt, sprich 3-dimensional ist, wohingegen eine nichtphysische Substanz per definitionem unausgedehnt, sprich 0-dimensional ist!
Es ist eine metaphysisch notwendige Wahrheit, dass alle ausgedehnten Gebilde körperlich-stoffliche Gebilde sind!
Ebenso widersprüchlich ist die Rede von einem außerraumzeitlichen Feld, da sich etwas ja nur
innerhalb der Raumzeit ausdehnen kann (abgesehen von der Raumzeit selbst).
Es mag ja sein, dass du zugestehst, dass dein "Geistfeld" ein physisches Feld (und damit raumzeitabhängig ist!) ist, aber nichtsdestominder darauf beharrst, dass jenes psychische Eigenschaften besitze, vor allem bewusste Intentionalität, die das zukunftsgerichtete Entwerfen von Bauplänen für materielle Systeme ermöglicht.
Mal abgesehen davon, dass ich diese Idee für völlig abwegig halte, würde mich interessieren, woher dein Geistfeld stammt. Ist es ewig? Älter als die Raumzeit, von der es seinsmäßig abhängig ist, kann es ja nicht sein. Und vermöge welcher Kräfte schafft es dein Geistfeld, die abstrakten Baupläne in konkrete materielle Strukturen umzusetzen?
Müssen dafür nicht besondere nichtphysikalische Kräfte, sprich Geisterkräfte postuliert werden?
Außerdem, müsste ein Geistfeld nicht hinsichtlich seiner strukturellen und funktionalen Komplexität hochentwickelten Organismen, wie wir Menschen es sind, gleichen, um überhaupt intellektuelle Fähigkeiten besitzen zu können?