Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon stine » So 5. Jul 2009, 16:45

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Es ist kein bloß grammtischer Dünkel dieses "nur" zu streichen. Wäre der Mensch n u r ein Tier, so gäbe es den Begriff Mensch nicht, da dann Mensch und Tier ja eines wären.
....
Kein konkretes Tier ist n u r Tier. Es gibt auch gar keinen Prototyp "Tier", um auch die semiotische Dimension von "Tier" durch die Protoypensemantik ein wenig anzudeuten. Es gibt kein e i n z e l n e s Realium zu "Tier". Jedes Individuum jeder Art ist immer mehr als Tier insofern es spezifische, von jener - nicht biologische Termini verwendend - Klasse unterschiedliche Eigenschaften innehat.


Erlaube mir, dass ich deine Formulierungen etwas gekürzt wiedergebe, um deutlich zu machen, was ich auch sehe.
Wenn auch der biologische Stamm "Tier" der gemeinsamen Abstammung gilt, so ist die nachfolgende Spezifikation die Bestimmung. Wenn ich die Frage dann erneut stelle, merkt man sogleich, dass eine Unterscheidung deutlicher nicht ausfallen kann: "Wann ist der Mensch kein Hund mehr?" ...oder kein Pferd mehr? ...kein Papagei mehr?
Der Mensch war es nie!!! Der Mensch ist Mensch und der Hund ist Hund uswusf.
Selbst der Menschenaffe ist noch derart anders, dass man von Gleichheit gar nicht sprechen mag.

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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon jackle » So 5. Jul 2009, 16:58

stine hat geschrieben: Wenn auch der biologische Stamm "Tier" der gemeinsamen Abstammung gilt, so ist die nachfolgende Spezifikation die Bestimmung. Wenn ich die Frage dann erneut stelle, merkt man sogleich, dass eine Unterscheidung deutlicher nicht ausfallen kann: "Wann ist der Mensch kein Hund mehr?" ...oder kein Pferd mehr? ...kein Papagei mehr?
Der Mensch war es nie!!! Der Mensch ist Mensch und der Hund ist Hund uswusf.
Selbst der Menschenaffe ist noch derart anders, dass man von Gleichheit gar nicht sprechen mag.


Sorry, aber das sehe ich etwas anders. Die Frage konnte doch eigentlich immer nur so lauten:

Wenn wir Affen, Löwen, Spinnen etc. alle als Tiere bezeichnen, gibt es etwas, was den Menschen so sehr von diesen abhebt, dass wir ihn nicht in diese gleiche Kategorie einordnen können, das ihn also ganz klar zu einem Nicht-Tier macht? Bzw. was müsste mindestens noch dazu kommen, dass wir ihn in eine ganz eigenständige Kategorie (z. B. Pflanzen, Tiere, Mensch) heben können?
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Jarl Gullkrølla » So 5. Jul 2009, 18:43

stine hat geschrieben:Wenn auch der biologische Stamm "Tier" der gemeinsamen Abstammung gilt, so ist die nachfolgende Spezifikation die Bestimmung.


Nachfolgend ist hier wohl sehr wichtig: der Verweis auf die Genealogie. Es ist mit dieser Klassifikation der Lebewesen wohl ähnlich wie mit dem Versuch der Rekonstruktion einer gemeinsamen Wurzel verschiedener Sprachen Europas im Indogermanischen. Man nimmt sich bestimmte Eigenschaften, die allen in gewisser Weise zueigen sind und verfolgt anhand eines schon erkannten Prozesses von einem bestimmten Punkt ausgehend alles auf ein einziges Vorhergegangenes, aus dem sich alles Folgende entwickelte, zurück.
In der Biologie ist dieser Prozess der Entwicklung wohl unweigerlich jener der Evolution -und ich betone, sie ist wenig mehr; am wenigsten eine Richtline für Moral! Anders als bei der Sprachentwicklung, kann man wohl aber, wi ich vermute, nicht davon asugehen ,dass es einst den Prototyp Tier gab... kennt jemand vielleicht einen Denker oder Wissenschaflter, der "das Tier" an einer Stelleder Evolution ansetzte? Sonst ist "Tier" eben doch aussschließlich Teil des Baumes einer fortschreitenden, sich spezifizierenden Klassifikation, die Recht nützlich sein kann, aber die selber noch keine Denkleistung darstellt (auch wenn es viel Forscher gibt, die von Beamten abstammen und glauben, dass eine Sache geregelt sei, sobald sie eingeordnet ist.)

Insofern kann der Mensch anhand einer geschichtlichen Klassifikation niemals eine Klasse näher an der Wurzel ausmachen, als es die der Tiere ist; immer wird er vom Ursprung aus gesehen "von dort her kommen"; doch kein Tier kann jemals nur Tier sein - und so auch der Mensch nicht; es gibt kein Tier, welches ausschließlich die Eigenschaften der Klasse "Tier" innehat. Insofern der Mensch das jüngste Lebewesen auf Erden ist, vereint er die meisten Eigenschaften in sich; Prädikate, von denen die allermeisten nicht ablegbar sind, als dass jemals die grenze zu einem anderen Lebewesen überschritten werden könnte.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon stine » So 5. Jul 2009, 20:52

jackle hat geschrieben:Sorry, aber das sehe ich etwas anders. Die Frage konnte doch eigentlich immer nur so lauten:

Wenn wir Affen, Löwen, Spinnen etc. alle als Tiere bezeichnen, gibt es etwas, was den Menschen so sehr von diesen abhebt, dass wir ihn nicht in diese gleiche Kategorie einordnen können, das ihn also ganz klar zu einem Nicht-Tier macht? Bzw. was müsste mindestens noch dazu kommen, dass wir ihn in eine ganz eigenständige Kategorie (z. B. Pflanzen, Tiere, Mensch) heben können?
O.K., vielleicht habe ich die Frage im Grundsatz falsch verstanden. Wenn ich sie mir daraufhin nochmal überlege, müsste man so argumentieren, dass das Gehirn, die Geisteskraft beim Menschen eine genologische Besonderheit ist, die es unmöglich macht, aus dem selben Stamm zu kommen, wie alle Tierarten.
Wieso sonst konnte sich diese Kraft bei den Tieren nicht im gleichem Maße entwickeln?
Wieso bleibt das Tier Instinkt gesteuert?

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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon ujmp » So 5. Jul 2009, 21:45

Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Das ist Frage danach, was diese Wörter bedeuten. Solche Fragen zu verfolgen ist nicht sehr lohnenswert. Man sortiert Attribute in Schubladen und landet irgendwann beim "das Wahre ist das Ganze" uns ist so klug als wie zuvor. Man könnte das moralische Problem mit dem Autounfall zugespitzt so formulieren: Darf ich ein Schnitzel auch aus Menschenfleisch essen... Nun, die Menschen wollen das normalerweise schlicht und ergreifend nicht, obwohl man bergrifflich den Menschen zu den Tieren zählen kann und er gewiss auch als nahrhaft einzuschätzen ist. Es ist kein begriffliches Problem. Ich halte es sogar für bedenklich, wenn jemand seine moralischen Entscheidungen von Bergiffsanalysen abhängig macht.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon stine » Mo 6. Jul 2009, 07:08

ujmp hat geschrieben:... Darf ich ein Schnitzel auch aus Menschenfleisch essen...

:erschreckt: Gibts in jedem Restaurant: "Kinderschnitzel"


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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon El Schwalmo » Mo 6. Jul 2009, 07:19

stine hat geschrieben:O.K., vielleicht habe ich die Frage im Grundsatz falsch verstanden. Wenn ich sie mir daraufhin nochmal überlege, müsste man so argumentieren, dass das Gehirn, die Geisteskraft beim Menschen eine genologische Besonderheit ist, die es unmöglich macht, aus dem selben Stamm zu kommen, wie alle Tierarten.

als Biologe kann ich das nicht nachvollziehen. Stell' Dir mal vor, dass eine Schlange ein Gift entwickelt, das bei keinem Amphib oder Fisch vorkommt. Bewirkt diese Besonderheit, dass sich Schlangen nicht aus gemeinsamen Vorfahren mit Fischen und Amphibien entwickeln konnten?

stine hat geschrieben:Wieso sonst konnte sich diese Kraft bei den Tieren nicht im gleichem Maße entwickeln?
Wieso bleibt das Tier Instinkt gesteuert?

Diese Frage dürfte schwer zu beantworten sein. Selbstverständlich ist das, was Du als 'Geisteskraft' bezeichnest, auch in der Tierwelt in Ansätzen verbreitet. Warum ausgerechnet beim Menschen ein qualitativer Sprung erfolgte, liegt auf der einen Seite an den körperlichen Voraussetzungen (bestimmte Gehirngröße, Sozialstruktur etc.), aber auch an der Lebensweise. Die gemeinsamen Vorfahren von Mensch und Menschenaffen lebten im Urwald. Die Vorfahren des Menschen sind in die Savanne gegangen (es gab einen massiven Rückgang des Urwaldbestands). Dort herrschten Selektionsbedingungen, die das, was den Menschen zu Menschen macht, begünstigten (beispielsweise aufrechten Gang, was dann die Hände frei machte, oder auch Zusammenarbeit bei der Jagd oder beim Schutz gegen Gefahren). Die Menschenaffen, die eventuell auch das Potenzial zur Geisteskraft haben, blieben im Urwald.

Das wäre in etwa so, als wäre ein Beethoven bei einem Naturvolk zur Welt gekommen. Er hätte nie Symphonien geschrieben, obwohl er das Potenzial dazu hatte.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon El Schwalmo » Mo 6. Jul 2009, 07:28

ujmp hat geschrieben:Es ist kein begriffliches Problem. Ich halte es sogar für bedenklich, wenn jemand seine moralischen Entscheidungen von Bergiffsanalysen abhängig macht.

ich sehe das Problem eher anders: man geht davon aus, dass es 'Wahrheit' gibt, die man in Begriffe fassen kann (man liest dann oft den Begriff 'Realdefinition'). Dann kann man eine moralische Entscheidung selbstverständlich von einer Analyse, nicht des Begriffs, sondern der Frage, ob ein Objekt unter diesen Begriff fällt, abhängig machen.

Das wichtigste Beispiel ist 'der Mensch'. Das ist ein durchaus aktuelles Problem beispielsweise bei der Abtreibungsproblematik. Wenn man davon ausgeht, dass ein Mensch Menschenrechte hat, ist ein Gebilde, das man unter dem Begriff 'Mensch' fassen kann, geschützt. Wenn man nun eine Zygote als 'Mensch' definieren kann, sind andere Alternativen ethisch als wenn man 'Mensch' durch Schmerzempfinden, Bewusstsein oder sonst etwas definiert. In diesem Kontext findet man dann oft auch 'Dammbruch-Argumente': wenn man dem Embryo kein Menschenrecht zugesteht, kommt vielleicht einer daher, der alte Menschen zur Tötung frei gibt, falls diese dement sind und so weiter.

Meiner Meinung nach ist das ein falscher Ansatz, denn wir schaffen die Begriffe, bezeichnen damit keine 'Wahrheiten'.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon stine » Mo 6. Jul 2009, 08:08

El Schwalmo hat geschrieben:Stell' Dir mal vor, dass eine Schlange ein Gift entwickelt, das bei keinem Amphib oder Fisch vorkommt. Bewirkt diese Besonderheit, dass sich Schlangen nicht aus gemeinsamen Vorfahren mit Fischen und Amphibien entwickeln konnten?
Das ist ein gutes Beispiel. Aber wenn diese Schlange dann als alleinige im Besitz dieses Giftes ist, dann hat sie damit eine neue Art kreirt, oder sehe ich das falsch?

El Schwalmo hat geschrieben:Dort herrschten Selektionsbedingungen, die das, was den Menschen zu Menschen macht
Ist es denn nachweislich so, dass der Homo Sapiens die Savanne als Zwischenstufe brauchte oder hat er sich parallel dazu auch im Urwald weiterentwickelt?

El Schwalmo hat geschrieben:wenn man dem Embryo kein Menschenrecht zugesteht, kommt vielleicht einer daher, der alte Menschen zur Tötung frei gibt, falls diese dement sind und so weiter.
Bei der Abtreibung kann man das Problem der Definition "Mensch" am besten nachvollziehen. Nicht dass ich der Meinung wäre, dass jedes befruchtete Ei ausgetragen werden müsste, aber ab wann ist der Mensch ein Mensch? Es gibt Länder, wo die 31. Schwangerschaftswoche noch kein Problem zur Abtreibung darstellt und bei uns versucht man Frühgeborene ab der 23. Woche durchzubringen.
Und in der Ex-Tscheslowakei gab (oder gibt es immer noch?) es ein Gesetz, dass Rentnern den Zugang zu gesetzlich finanzierten Medikamenten verwehrte. Keine Arbeit mehr - keine umsonstigen Medikamente!
(Zugegeben, bei uns ginge das aus Lobbyismus der Pharmakonzerne schon gar nicht. :mg: )

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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon El Schwalmo » Mo 6. Jul 2009, 09:19

stine hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Stell' Dir mal vor, dass eine Schlange ein Gift entwickelt, das bei keinem Amphib oder Fisch vorkommt. Bewirkt diese Besonderheit, dass sich Schlangen nicht aus gemeinsamen Vorfahren mit Fischen und Amphibien entwickeln konnten?
Das ist ein gutes Beispiel. Aber wenn diese Schlange dann als alleinige im Besitz dieses Giftes ist, dann hat sie damit eine neue Art kreirt, oder sehe ich das falsch?

diese Frage ist schwer zu beantworten, denn sie hängt davon ab, was man unter einer 'Art' versteht. In der Evolutionsbiologie gibt es über zwei Dutzend, sich teilweise widersprechender, Artbegriffe. Der wohl wichtigste Artbegriff ist der 'biologische Artbegriff'. Nach dieser Auffassung gehören alle Organismen zu einer Art, die sich miteinander fruchtbar kreuzen lassen. Nun stell Dir mal vor, es gäbe eine Population von Schlangen, die durch eine geographische Barriere getrennt sind (beispielsweise, weil die Art am Anfang eines Canyons entstand, und sich dann im Lauf der Zeit links und rechts des Canyons ausbreitete, weil die Schlangen nicht weit wandern, treffen die, die auf der einen Seite des Canyons leben, nie auf Schlangen, die auf der anderen Seite leben). Wenn nun eine Schlange auf der einen Seite des Canyons das Gift entwickelt, sich aber noch mit den übrigen Mitgliedern der Population paart, ist keine neue Art enstanden. Angenommen, das Gift macht die Schlange extrem 'fit' gegenüber den Schlangen, die das Gift nicht haben, und die Eigenschaft zur Bildung dieses Gifts ist erblich, werden nach einigen Generationen alle Schlangen der Population das Gift aufweisen. Wenn sich diese Schlangen nun aber immer noch mit den Schlangen auf der anderen Seite des Canyons, die das Gift nicht haben, paaren, ist keine neue Art enstanden. Man spricht dann von Rassen, Varietäten, Unterarten oder was auch immer, das ist relativ willkürlich.

stine hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Dort herrschten Selektionsbedingungen, die das, was den Menschen zu Menschen macht

Ist es denn nachweislich so, dass der Homo Sapiens die Savanne als Zwischenstufe brauchte oder hat er sich parallel dazu auch im Urwald weiterentwickelt?

Wenn ich richtig informiert bin, wird davon ausgegangen, dass der Mensch in der Savanne entstand. Menschen sind dann erst sekundär wieder in die Urwälder eingedrungen.

Es ist aber auch nicht so, dass es eine Lebensform gab, die sich dann zum Menschen entwickelte. Es gab eine ganze Reihe recht ähnlicher Wesen, von denen sich eins dann letztlich zum Menschen entwickelte. Es gibt eher 'Stammbüsche' als 'Stammbäume', das Kozept der 'scala naturae', also einer Stufenleiter des Seienden, die von Mineralien über Pflanzen, Tiere und Menschen schließlich zu Engeln führt, ist längst obsolet.

Genau hier, bei dem, was den Menschen zum Menschen macht, gerät die Theologie in massivste Probleme. Welches dieser Wesen entsprach 'Adam', also dem personalen Gegenüber, zu dem Gott 'Du' sagte? Ein für mich prägendes Erlebnis war eine Podiumsdiskussion, bei der ein Biologe und ein Theologe gemeinsam referierten. Mehr aus Zufall kamen busladungsweise meist ältere Teilnehmer einer Tagung der Evangelischen Landessynode hinzu. Die Referate waren wenig kontrovers, in der Diskussion fragte dann ein Frau den Theologen das, was ich oben anführte (ab wann ist der Mensch 'Adam'). Der Theologe wand sich wortreich, die Frau fragte drei Mal ganz konkret dasselbe nach, ohne dass der Theologe auch nur ansatweise trotz sehr vieler Worte, die er sagte, irgendetwas äußerte, was die Frage dieser Frau beantwortet hätte. Es ist auch kein Zufall, dass in den USA nie verboten war, Evolution an den öffentlichen Schulen zu unterrichten, verboten war durch den Butler Act und ähnliche Gesetze nur, zu lehren, dass der Mensch nicht-menschliche Vorfahren hatte. Solange dem Menschen eine Sonderstellung eingeräumt wurde, gab es einen Burgfrieden mit der Theologie.

Obwohl ich Dutzende von Darstellungen von Theologen gelesen habe, kenne ich keine Antwort auf die Frage der Frau, die mich auch nur ansatzweise überzeugt hätte. Die einzige 'Lösung' scheint mir darin zu bestehen, es als Geheimnis stehen zu lassen. Auf Menschen wie mich, die nicht davon ausgehen, dass es einen Gott gibt, existieren natürlich viel stringentere Alternativen.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon stine » Mo 6. Jul 2009, 10:50

El Schwalmo hat geschrieben:...ab wann ist der Mensch 'Adam'...
Vielleicht war Adam geboren, als Mensch anfing zeitliches Bewusstsein zu haben. Nur wer Vergangenheit und Zukunft bewusst erlebte, konnte zu Göttern um zB besseres Wetter bitten oder bessere Jagdergebnisse bitten. Ansonsten näme er was gerade ist, ohne zu wissen was war oder kommen könnte.

Biologisch gesehen müsste sich dann der zeitorientierungsfähige Mensch aufgrund besserer Chancen bei der Jagd oder weil er das bessere Wetter hatte ( :mg: ) eine bessere Fortpflanzungschance gehabt haben. Wer vorausplanen konnte und aus der Vergangenheit lernen, war der "fittere".

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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Gernot Back » Mo 13. Jul 2009, 09:54

Hallo Stine,

ich war einige Tage verreist und habe in diesen Thread lange nicht mehr reingeschaut. Statt ins Internet zu gehen, habe ich mehr Zeitung gelesen.

stine hat geschrieben:Vielleicht war Adam geboren, als Mensch anfing zeitliches Bewusstsein zu haben. Nur wer Vergangenheit und Zukunft bewusst erlebte, konnte zu Göttern um zB besseres Wetter bitten oder bessere Jagdergebnisse bitten.

Das wird ja immer schöner, Stine: Soll jetzt deiner Meinung nach allen Ernstes ausgerechnet der Aberglaube den Menschen vom Tier abgrenzen?
Die Frankfurter Rundschau hat dazu in ihrem Feuilleton (Ausgabe vom Samstag, den 11.07.2009) einen wunderbaren Artikel "Menschen und andere Tiere", den du online nachlesen kannst.
Frankfurter Rundschau hat geschrieben:So kommt es, dass auffällige Verhaltensweisen mancherorts komplett fehlen können. Schimpansen des Senegal etwa planschen gerne in flachen Teichen, während andere Bevölkerungen Kontakt mit Wasser nervös meiden. Im nigerianischen Gashaka-Wald isst jeder Schimpanse jeden Tag Ameisen, rührt aber niemals die weitaus nährreicheren Termiten an.

Wären Schimpansen Menschen, würden sie aufgrund des Wasser- oder Termiten-"Tabus" als Anhänger einer magisch-religiösen Weltanschauung gelten.


http://www.fr-online.de/in_und_ausland/ ... cnt_page=2

Vielleicht ticken wir beide ja auch so unterschiedlich, weil du eine Frau bist und ich ein Mann! Das kann man übrigens auch ganz unten in dem genannten FR-Artikel lesen.
Frankfurter Rundschau hat geschrieben:Genetiker kalkulieren je nach ausgewählten Markern dass sich Homo und Pan [Schimpanse] zwischen maximal 2 bis minimal 0,6 Prozent unterscheiden während 2 bis 4 Prozent zwischen Menschenmännern und -frauen liegen. Differierte aber das Genom zweier Käferformen um solche Bruchteile, würden sie gewiss nicht alternativen Klassen zugeschlagen. Somit wäre es durchaus angemessen, unsere Gattung zu erweitern: durch Umbenennen von Schimpansen in Homo troglodytes und Bonobos in Homo paniscus.

Wahnsinn!

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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Mark » Mo 13. Jul 2009, 10:16

Fairerweise sollte man dazu sagen, daß also auch die Menschen-Frauen mehr mit einer Schimpansin gemein haben, als mit einem Menschen-Mann.
Aber angesichts dieser Erkenntnis... wen wunderts dann, daß die Männer Samstag Abend lieber mit einer Horde Schimpansen abhängen als den Abend mit ihrer Frau zu verbringen ?
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Gernot Back » Mo 13. Jul 2009, 11:43

Hallo Mark!

Mark hat geschrieben:Fairerweise sollte man dazu sagen, daß also auch die Menschen-Frauen mehr mit einer Schimpansin gemein haben, als mit einem Menschen-Mann.
Aber angesichts dieser Erkenntnis... wen wunderts dann, daß die Männer Samstag Abend lieber mit einer Horde Schimpansen abhängen als den Abend mit ihrer Frau zu verbringen ?

Naja, ich bin da ja ein bisschen andersrum. Ich spiele lieber Canasta mit Damenkränzchen, als etwa Skat zu kloppen. Letzte Woche war ich drei verregnete Tage bei meinen Eltern und habe mit meiner Mutter mehrfach Scrabble gespielt. Mein Vater hat es aufgegeben, mich dazu einzuladen und lieber alleine Schachpartien aus der Zeitung nachgespielt, während meine Mutter einmal mit ihrem Damenklub einen Skat-Termin hatte. :explodieren:

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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon stine » Mo 13. Jul 2009, 15:33

Mark hat geschrieben:Aber angesichts dieser Erkenntnis... wen wunderts dann, daß die Männer Samstag Abend lieber mit einer Horde Schimpansen abhängen als den Abend mit ihrer Frau zu verbringen ?
:lachtot:
Was soll man dazu noch ergänzen?

Gernot Back hat geschrieben:Soll jetzt deiner Meinung nach allen Ernstes ausgerechnet der Aberglaube den Menschen vom Tier abgrenzen?
Vielleicht habe ich mich nicht richtig ausgedrückt, weil ich wieder mal meine Gedanken nicht vollständig und verständlich ausformulieren konnte:
stine hat geschrieben:Biologisch gesehen müsste sich dann der zeitorientierungsfähige Mensch aufgrund besserer Chancen bei der Jagd oder weil er das bessere Wetter hatte ( :mg: ) eine bessere Fortpflanzungschance gehabt haben. Wer vorausplanen konnte und aus der Vergangenheit lernen, war der "fittere".
Ich dachte, wer in der Lage ist, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu erkennen, hatte einen planerischen Vorteil.
Aber Zeitverständnis kann selbstverständlich auch nur ein Teil des Ganzen gewesen sein.

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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mo 13. Jul 2009, 19:06

Ich habe also richtig verstanden:
Weil Affen im Wasser plantschen und manche von ihnen keine Termiten essen, sind sie dem Menschen im Verhalten fast identisch? Gernot, Gernot... lies besser keine Zeitung mehr! nein wirklich, erst macht dir die übermäßige Lektüre von Neuigkeiten dein Deutsch zunichte und zu allem Überfluss nimmt das nun in deinem Kopf wie Unflat breitliegende Zeitgeschehen den Raum für echte Gedanken. Hände weg von Zeitungen! das kann ich jedem nur raten!


ES zeigen sich beim Tier und vor allem bei den höheren Säugetieren, wie eben den Menschenaffen und Elefanten, für uns erstaunliche Leistungen im Bereich der abstrakten Vorstellung.
Wesen jener qualitativ verschiedenen Stufe der Kognition vom Bewußtsein der Gegenwart, ist die Aufrechnung von Geschehenem unter abstracta. Jenes Bewußtsein von Vergangenheit und Zukunft besteht nicht in der intuitiven, also gegenwärtigen Wahrnehmung, wenngleich Erinnerungen natürlich durch solche augenblicklichen Reizungen des Verstandes hervorgerufen werden können; sondern im Zusammenfassen einstmals gegenwärtiger Erlebnisse in Begriffe.
Es gibt verschiedene fehlerhaft funktionierende Gehirne, welche seinem Träger verlustlos sich zu erinnern vermögen. Diese Ausnahmen - "Inselbegabung" genannt - seien vorerst nicht betrachtet.

Sprache ist nichts vernachlässigbares. Sprache ist kein "nur". Dieses so übermäßig oft gerbrauchte "nur" ist wohl die letzte Zuflucht eines vom Leben enttäuschten ,der nichts als einen letzten Stolz für sich übrigbehielt, weiser als alle andern zu sein, damit, zu sagen, er wäre ja bescheiden genug dieses "nur" gebrauchen zu können. Wie wenig stolz kann man sein!
Sprache ist das letztendlich physische Medium der Vernunft und kann dergestalt auch dessen Objektiviation genannt werden. Vernunft ist das abstrakte Vorstellungsvermögen, ein Vermögen also zur Subsumption unter Begriffe. Wissenschaft der Vernunft ist die Logik. Die in der Logik festgehaltenen Sätze sind die Operationen der Vernunft.
Dieses zu einer neuen Qualität gesteigerte Vermögen zeichnet den Tieren von allen anderen Tieren ab, so wie sich der Delphin einerseits unwesentlich von anderen Walen abzeichnet, doch aber durch die Spezifität seiner äußeren Erscheinung wie auch eines gesteigerten kognitiven Vermögens, vor allen anderen Tieren abzeichnet.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Gernot Back » Mo 13. Jul 2009, 21:58

Hallo Jarl!
Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Ich habe also richtig verstanden:
Weil Affen im Wasser plantschen und manche von ihnen keine Termiten essen, sind sie dem Menschen im Verhalten fast identisch?

Nein, das hast du falsch verstanden, das stand so auch nicht in dem FR-Artikel. Dieser lieferte aber sehr wohl Beispiele dafür, warum planvolles Handeln oder (religiöse) Tabus als Abgrenzungskriterien der Spezies "Mensch" von der übrigen Tierwelt nicht taugen.

Es fällt mir auch schwer, eine Quintessenz aus deinen weiteren Ausführungen herauszufiltern. Möchtest du die These, der Mensch sei innerhalb der Fauna nichts Besonderes, nun unterstützen oder angreifen? Nicht einmal das erschließt sich mir, wenn ich deinen letzten Beitrag isoliert betrachte.

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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Nanna » Mo 13. Jul 2009, 23:55

Ich habe auch irgendwo, ich fürchte, es war in einer Zeitung, gelesen, dass schon Affen dabei beobachtet wurden, wie sie rhythmische Bewegungen zur Sonne hin ausführten und darüber spekuliert, ob dies Zeichen eines primitiven Kultes sein könnten. Für abwegig halte ich es nicht. Tauben wurden in einem Experiment (ich glaube, das wird sogar bei Dawkins genannt) auch schon erfolgreich auf magisches Denken trainiert.

Übrigens, Jarl, ist Sprache kein Alleinstellungsmerkmal des Menschen. Es gibt sicherlich keine Spezies, die eine derart komplexe und diffizile Ausdrucksweise beherrscht, aber es gibt sehr komplexe Tiersprachen und genug Beispiele von außergewöhnlichen Tieren, die einfache menschliche Sätze verstehen können. Durch die Presse ging vor einiger Zeit der Tod eines der sprachbegabtesten Graupapageien der Welt, der in Obhut einer amerikanischen Biologin aufwuchs und in der Lage war, eine einfache Konversation zu führen. Legendär ist die Anekdote, wo er einen anderen jungen Papagei bei dessen ersten Sprechversuchen mit einem deutlichen "Talk clearly!" zurechtwies. Bekannt ist auch der Hund, der in Wetten dass..? zu sehen war und der in einem später durchgeführten Experiment einen ihm unbekannten Gegenstand durch das Ausschlussverfahren identifizieren konnte. Ähnlich erfolgreiche Versuche gibt es mit Menschenaffen. Bezüglich Planungsverhalten tun sich insbesondere die Krähen sehr hervor, was in einem Experiment, von dem man vielleicht gehört hat, wenn man Zeitung liest (*SCNR* ;-) ), vor kurzem noch einmal eindrucksvoll bestätigt wurde, als Krähen abstrakte, in der Natur nie vorkommende Probleme mit Bravour lösten (u.a. Kombination verschiedener Werkzeuge, das in der richtigen Reihenfolge angewandt werden muss u.ä.; keine Krähe brauchte mehr als einen Versuch).

Ich kann nicht garantieren, dass ich jedes Detail richtig dargestellt habe, aber dass Tiere sowohl sprachliche Fähigkeiten Planungsfähigkeiten haben, kann als gesichert gelten. Magisch-Religiöses Denken kommt mit Sicherheit auch vor und möglicherweise sogar Bewusstsein.

Falls davon schon Dinge genannt wurden: Sorry, hatte keine Lust, den Thread ganz zu lesen, wollte nur meinen Senf dazugeben. :ops:
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon El Schwalmo » Di 14. Jul 2009, 05:17

Nanna hat geschrieben:Ich kann nicht garantieren, dass ich jedes Detail richtig dargestellt habe, aber dass Tiere sowohl sprachliche Fähigkeiten Planungsfähigkeiten haben, kann als gesichert gelten. Magisch-Religiöses Denken kommt mit Sicherheit auch vor und möglicherweise sogar Bewusstsein.

selbst das 'begabteste' Tier kommt kaum über das Stadium eines zweijährigen Kindes hinaus. Mir ist schwer verständlich, warum man diese anbetrachts der Leistungen, zu denen ein durchschnittlicher Mensch fähig ist, als so beeindruckend finden kann, dass man sich einredet, der Mensch habe keine Sonderstellung.

Vermutlich schwingt hier ein Pendel zu weit in die andere Richtung. Früher war der Mensch eine imago dei, Menschen, die keinen Gott anerkennen möchten, meinen nun, 'das Tier' aufwerten zu müssen, nur um zu verhindern, dass Menschen auf die Idee kommen könnten, dass es einen Schöpfer gibt.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Gernot Back » Di 14. Jul 2009, 09:15

Hallo El Schwalmo!

El Schwalmo hat geschrieben:selbst das 'begabteste' Tier kommt kaum über das Stadium eines zweijährigen Kindes hinaus. Mir ist schwer verständlich, warum man diese anbetrachts der Leistungen, zu denen ein durchschnittlicher Mensch fähig ist, als so beeindruckend finden kann, dass man sich einredet, der Mensch habe keine Sonderstellung.

Vermutlich schwingt hier ein Pendel zu weit in die andere Richtung. Früher war der Mensch eine imago dei, Menschen, die keinen Gott anerkennen möchten, meinen nun, 'das Tier' aufwerten zu müssen, nur um zu verhindern, dass Menschen auf die Idee kommen könnten, dass es einen Schöpfer gibt.


Nur wirst du einem geistig behinderten oder einem zweijährigen Menschen ja auch den Menschenstatus nicht absprechen wollen. Die Abgrenzungskriterien sind hier also letztlich willkürlich. Natürlich können wir Menschen trotzdem stolz auf uns sein, das habe ich irgendwo in diesem unübersichtlichen Linear-Thread ja auch schon geschrieben: Wir wissen im Moment von keiner anderen Spezies, die uns an Intelligenz übertrumpft.

Es ist aber unwahrscheinlich, dass es irgendwo da draußen keine weiter entwickelte Intelligenz gibt und es ist auch unwahrscheinlich, dass das auf der Erde immer so bleibt, wenn wir Menschen so weiterwirtschaften wie bisher: Möglicherweise rotten wir uns ja in erdgeschichtlich gesehen gar nicht so ferner Zukunft selbst aus und dann wächst eine neue "Krone der Evolution", wenn die Erde dann noch genug Zeit hat, sich von den Parasiten, von denen sie gerade befallen ist, zu erholen, bevor der rote Zwerg, zu dem unsere Sonne einst wird, sie verdampft.

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