Sabrist hat geschrieben:Energie und Materie sind letztlich dasselbe.
Zunächst ist ontologisch zwischen Eigenschaften (Zuständen, Fähigkeiten) und Dingen/Gegenständen als Eigenschaftsträgern zu unterscheiden. Masse und Energie sind physikalische Eigenschaften und Materie bzw. Materiepartikel und Felder (sofern letztere als selbstständige Dinge, d.i. Substanzen, aufgefasst werden) sind Eigenschaftsträger, die nicht selbst von anderen Dingen als Eigenschaften besessen werden.
Was das Verhältnis von Masse und Energie anbelangt, so stellt sich die Frage, ob das sie betreffende Einstein'sche Äquivalenzprinzip bedeutet, dass sie ein und dieselbe physikalische Eigenschaft sind oder nicht.
(Siehe dazu:
http://plato.stanford.edu/entries/equivME)
Wenn ja, dann kann das ontologische Konsequenzen für das Verhältnis von Materie(partikel) und Feldern haben:
"Wie unterscheiden sich Materie und Feld dann aber in physikalischer Hinsicht? Bevor wir noch etwas von der Relativitätstheorie wussten, hätten wir darauf vielleicht folgendermaßen antworten können: Materie besitzt Masse, das Feld dagegen nicht. Das Feld repräsentiert Energie, die Materie dagegen Masse. Wir wissen aber schon, dass eine solche Antwort unzulänglich wäre. Die Relativitätstheorie hat uns gelehrt, dass die Materie als ungeheure Zusammenballung von Energie aufgefasst werden kann, während die Energie andererseits auch materiellen Charakter hat. Auf diese Art können wir also keine Unterscheidung zwischen Materie und Feld treffen, da Masse und Energie eben in qualitativer Hinsicht gar nicht verschieden sind. Zwar ist bei weitem der größte Teil der Energie in der Materie konzentriert, doch besitzt das die Partikeln umgebende Feld ebenfalls Energie, wenn es sich dabei auch um ganz bedeutend geringere Mengen handelt. Wir könnten demgemäß sagen: Materie ist dort, wo sehr viel Energie konzentriert ist; ein Feld ist dort, wo wenig Energie ist. Wenn das aber stimmt, dann ist der Unterschied zwischen Materie und Feld eher quantitativer als qualitativer Natur. Es hat dann keinen Sinn mehr, Materie und Feld als zwei grundverschiedene Dinge zu betrachten, und wir dürfen auch nicht von einer klar definierbaren Oberfläche, einer Scheidewand, zwischen Feld und Materie sprechen." (Einstein, Albert, und Leopold Infeld.
Die Evolution der Physik. Übers. W. Preusser. Nachdruck, Köln: Anaconda, 2007.)
Die klassischen materiellen Objekte, d.i. die gewöhnlichen
corpora (Körper) und
corpuscula (Körperchen), lassen sich ontologisch als lokale Energiekonzentrate in Feldern interpretieren.
Bleibt die Frage, welcher ontologische Status physikalischen Feldern zuzuschreiben ist.
Aus meiner Sicht ist es verfehlt, diese als selbstständige Eigenschaftsträger (Substanzen) zu betrachten, was bedeutet, dass (wie oben schon angedeutet) nur noch der Raum bzw. die Raumzeit selbst als die fundamentale physische Substanz übrig bleibt. Das heißt, Felder sind im Grunde nichts weiter als raumzeitlich verteilte und veränderliche Energiezustände, und dasjenige, dessen Zustände sie sind, ist der Raum bzw. die Raumzeit selbst. (Diese(r) wiederum kann diskret oder kontinuierlich sein.)
Ein abschließendes Wort zu deiner obigen Aussage:
Wenn Materiepartikel als Energiekonzentrate aufgefasst werden, dann stellt dies einen radikalen ontologischen
Kategorienwechsel dar!
"There is a huge ontological shift here: from having objects with their properties and relations as basic and explaining spatiotemporal regions in terms of relations among objects to having regions explaining and replacing relations of objects by field properties and relations of spatiotemporal regions. Their warps and woofs are basic and explain and replace objects.
(...) Einstein declared that he wanted to know the mind of God. Someone asked, 'What kind of God?' Einstein replied, 'Spinoza's God.' This expresses Einstein's ontology."(Martin, C. B.
The Mind in Nature. Oxford: Oxford University Press, 2007. pp. 197-8)
"Per D e u m intelligo ens absolute infinitum, hoc est, substantiam constantem infinitis attributis, quorum unumquodque aeternam et infinitam essentiam exprimit."———
"Unter G o t t verstehe ich das absolute unendliche Sein, das heißt die Substanz, die aus unendlich vielen Attributen besteht, deren jedes ewige und unendliche Wesenheit ausdrückt."(Spinoza,
Die Ethik, I.6.)
Leider schreibt Spinoza onto-logisch unsauber, dass die Ursubstanz aus ihren Attributen
bestehe, was—ich betone es abermals—keinen rechten Sinn ergibt, da kein Ding aus seinen Eigenschaften besteht, d.h. daraus zusammengesetzt ist.
Das führt letzten Endes zu der Einsicht, dass auch die Raumzeit selbst als das eine Urding eine Art materieller "Äther" sein muss (dessen Art von Materialität sich von der uns bekannten wesentlich unterscheiden kann.) Wie es also scheint, lässt sich der Stoff dann doch nicht gänzlich ontologisch hinweginterpretieren.