Naturalismus und die Gentechnik

Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon Spaceman_Spiff » So 27. Sep 2009, 15:54

Zappa hat geschrieben:Ich hätte zwei Argumente dagegen:

1. Demut vor der Komplexität höher entwickelter Organismen und
2. "Never change a running system"


Das Argument mit der Demut ist mir ein wenig suspekt, mit dem kann man ja für oder gegen alles mögliche argumentieren, ohne dass es ein fassbares, Messbares oder sonst wie reales Ding vorhanden währe.
Nr.2 Hat da schon ein wenig mehr Substanz, allerdings würde man ja eben nicht funktionierende Systeme mittels Gentechnik zum laufen bringen (oder es zumindest versuchen) Farbblindheit, Krebsanfälligkeit, IR sehen, Diabetesanfälligkeit usw. Der Körper als ganzes mag zwar funktionieren, doch einzelne Funktionen und Systeme sind weit entfernt von dem was man gerne hätte.

Ich sehe grosses Potential in der Gentechnik und bin der Meinung dass durch das unterlassen grosser schaden angerichted werden kann weil man die Vorteile nicht gegen die Nachteile abwägt sondern einfach mal panisch auf Gentechnologie rumtrampelt. (wenn jemand wegen Gentechnologie Krebs bekäme währe das ein Skandal, wenn jedoch jemand einen reparierbaren genetischen Defekt hat und aufgrund unterlasser IVF Krebs kriegt juckt das keine Sau)
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon Zappa » Mo 28. Sep 2009, 20:04

Spaceman_Spiff hat geschrieben:Das Argument mit der Demut ist mir ein wenig suspekt, mit dem kann man ja für oder gegen alles mögliche argumentieren, ohne dass es ein fassbares, Messbares oder sonst wie reales Ding vorhanden währe.


Gemeint ist, man kann gerne an Maschinen rumschrauben oder kontrollierte Experimente machen kann, aber Vorsicht bei Eingriffen in das Genom höher entwickelter Organismen. Das Ganze ist viel zu komplex um auch nur annähernd verstanden zu sein. Mal abgesehen von möglichen Folgen in späteren Generationen. Gentherapie von Befindlichkeitsstörungen (wozu ich mal die hier diskutierte Sehstörung zähle) sind für mich im Moment absolut inakzeptabel. Wer sowas ernsthaft propagiert hat meiner Meinung nach ziemlich einen an der Murmel.

Etwas anderes ist die Therapie schwerer monogenetischer Erkrankungen, da gibt es auch welche mit tödlichem Ausgang. Das ist sicherlich im Moment ein sinnvoller Weg. Wenn das mal klappt (bislang hat man mit diesem Ansatz erst Erkrankungen verzögert bzw. einen Patienten umgebracht) und verstanden ist, kann man sich dann in ein bis zwei Generationen anderen Aufgaben widmen.
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon stine » Di 29. Sep 2009, 07:20

Mir ist noch nicht klar, warum der Mensch "verbessert" werden sollte. Wo ist das Ziel? Oder ist es reine Neugierde und es gibt kein Ziel? Wollen wir alle 200 Jahre alt werden und dafür lieber mal eine Generation ausfallen lassen?
Lieber die Evolution selber machen, als werden lassen?

LG stine
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon Spaceman_Spiff » Di 29. Sep 2009, 14:24

Zappa hat geschrieben: Das Ganze ist viel zu komplex um auch nur annähernd verstanden zu sein. Mal abgesehen von möglichen Folgen in späteren Generationen. Gentherapie von Befindlichkeitsstörungen (wozu ich mal die hier diskutierte Sehstörung zähle) sind für mich im Moment absolut inakzeptabel. Wer sowas ernsthaft propagiert hat meiner Meinung nach ziemlich einen an der Murmel.


Genetik mag komplex sein, doch zu behaupten dass man sie nicht mal annaehernd versteht ist schlicht falsch. Es gibt viele genetisch bedingte Krankheiten die man sehr wohl versteht und an einzelnen Mutationen/Allelen festnageln kann. Da kann der Herr Genetiker kommen und dir jede Base welche geaendert werden muesste einzeln aufzeigen. Und wenn sie geaendert waehren dann waehre die entsprechende Person gesund. Von nicht verstehen und zu komplex kann da nicht die Rede sein.
Natuerlich gibt es unzahlige Eigenschaften welche noch nicht verstanden werden, Intelligenz, Aggresionen, Gesundheit usw. sind tatsaechlich noch zu komplex. Das heisst jedoch nicht, dass man sich an einfacheren Aufgaben nicht versuchen kann.

stine hat geschrieben:Mir ist noch nicht klar, warum der Mensch "verbessert" werden sollte. Wo ist das Ziel? Oder ist es reine Neugierde und es gibt kein Ziel? Wollen wir alle 200 Jahre alt werden und dafür lieber mal eine Generation ausfallen lassen?
Lieber die Evolution selber machen, als werden lassen?


Ziel: wasauchimmer du gerne anderst haettest, 200Jahre alt? klingt doch gut, nicht Farbenblind, laenger Jung, keine Sichelzellanaemie, blonde statt braune Haare, nen Pansen... Momentan sind wie bereits gesagt die Moeglichkeiten auf eher Simple Defekte (wenn auch zum teil heftige Effekte) beschraenkt. Und ausgeschoepft werden diese eigentlich nicht,Ich vermute das liegt daran, dass dies technisch nur bei In Vitro Fertilisationen machbar ist, sprich nicht an sich selbst. Waehre eine funktionierende Gentheraphie fuer Erwachsene Sichelzellanaemiepatienten vorhanden wuerde diese sicher oeffter beansprucht.


Evolution lieber selber machen ja! Denn die Arbeitsweise der Evolution ist sehr grausam und nicht erstrebenswert. Deshalb ja nicht gemacht werden lassen, ansonsten wirds hier sehr ungemuetlich.

LG Spaceman Spiff
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon Zappa » Di 29. Sep 2009, 19:44

Spaceman_Spiff hat geschrieben:
Genetik mag komplex sein, doch zu behaupten dass man sie nicht mal annaehernd versteht ist schlicht falsch.


Ich sprach nicht von "der Genetik", nicht mal implizit. Und vom Genotyp zum Phänotyp ist es ein weiter, weiter Weg und da ist das meiste noch nicht verstanden.

Spaceman_Spiff hat geschrieben:Es gibt viele genetisch bedingte Krankheiten die man sehr wohl versteht und an einzelnen Mutationen/Allelen festnageln kann.


Noch einmal, "die Krankheit" mag in seltenen Fällen mit einer einzelnen Mutation assoziiert sein, wird dadurch aber nicht hinreichend erklärt. Das Weitere sind die vielen Unwägbarkeiten (der bislang einzig mir bekannte Todesfall der Gentherapie trat bei der Behandlung einer solchen - nach deiner Meinung verstandenen - Erkrankung auf) in Hinsicht auf die Beeinflussung des "Gendefektes".

Vereinfacht gesagt mag ein Gendefekt eine Proteinfunktion verändern, wie das Ganze sich aber im Orchester der zigtausend Proteine und Stoffwechselwege auswirkt, ist ein gänzlich anderes Thema. Da komme ich dann gerne wieder mit dem Begriff der Demut :mg:


stine hat geschrieben:Und wenn sie geaendert waehren dann waehre die entsprechende Person gesund.


Das ist vom Ansatz her falsch (s.o) und wird selbst von den reduktionistischen Genetikern nicht so vertreten.
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon platon » Di 29. Sep 2009, 21:03

Zappa hat geschrieben: Da komme ich dann gerne wieder mit dem Begriff der Demut

Kannst Du mal erläutern, was Du unter dieser Demut verstehst? Staunend vor der Größe des erhabenen Schöpfers stehen? Bedenke bitte, es gibt ihn nicht und hat ihn nie gegeben.
Es gibt zumindest keinerlei Evidenz dafür.
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon Nanna » Di 29. Sep 2009, 23:22

@Zappa:

Wäre es vielleicht passender, "Demut" durch soetwas wie "Respekt", "Mäßigung" oder "Vorsicht" zu ersetzen?

Ich zitiere mal Wikipedia: "Der Demütige erkennt und akzeptiert aus freien Stücken, dass es etwas für ihn Unerreichbares, Höheres gibt." Das bedeutet, dass man von vornherein die Beherrschung dessen, vor dem man Demut hat, ausschließt. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass es das ist, was du ausdrücken möchtest, stattdessen habe ich eher den Eindruck, dass du vor voreiligen Handlungen und Erlösungsphantasien durch die Gentechnik warnen willst, es aber nicht ausschließt, dass wir eines (fernen?) Tages durch Wissen über die Gene sehr viel sinnvolles bewirken können werden, wenn wir eben in der Forschung mal so weit sind.
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon Zappa » Mi 30. Sep 2009, 21:14

Nanna hat geschrieben: Wäre es vielleicht passender, "Demut" durch soetwas wie "Respekt", "Mäßigung" oder "Vorsicht" zu ersetzen?


Glaub nicht, Demut klingt viel besser und macht schlagartig klar worum es mir geht :mg:

Da ich niemals gläubig war, hat der Begriff für mich auch keinerlei religiösen Konnotationen. Ist so was wie der notwendige Selbstzweifel des Naturalisten, die Kenntnis über die Begrenztheit der Erkenntnis oder so ... In meinem Philosohischen Wörterbuch steht u.a.: " ... die Grundhaltung des echten Philosophen vor der Wirklichkeit ...". Das trifft es, wobei ich mich wahrlich nicht als echten Philosophen bezeichnen würde.

Zur persönlichen Entwicklungsgeschichte: Demut habe ich erstmals im Präpkurs (Präparierkurs) an einer Leiche "begriffen". Die Komplexität des menschlichen Organismus - für mich in Millionen Jahren Evolution entstanden - ist soweit über allem, was wir derzeit wissen und verstehen können, das ich lediglich diesen Begriff dafür als angemessen erachte. "Never change a running system" = solange der Mensch "funktioniert" und nicht leidet bitte Hände davon.

"Respekt", "Mäßigung" und "Vorsicht" gehen in die richtige Richtung, treffen es aber nicht ganz ...

Du hast allerdings insofern vollkommen recht, als das Demut für mich kein resignativer Begriff ist, ich verstehe ihn eher als Herausforderung. Irgendwann können wir (besser: unsere UrUrUrUrEnkel) das schon verstehen.
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon platon » Mi 30. Sep 2009, 23:04

Zappa hat geschrieben:Die Komplexität des menschlichen Organismus - für mich in Millionen Jahren Evolution entstanden - ist soweit über allem, was wir derzeit wissen und verstehen können, das ich lediglich diesen Begriff dafür als angemessen erachte.

Wieso? Man kann jedes komplexe Problem in mehrere weniger komplexe Teilprobleme zerlegen und jedes dieser Teilprobleme in weitere Unterteilprobleme. Das ist nicht nur nützlich, sondern auch überaus sinnvoll. So vereinfacht man nicht nur die Komplexität, sondern man erkennt auch die EInflüsse der kleinen Teile auf das Ganze. Zudem sieht man so ganz klar, wie unvollkommen der ganze Organismus ist. Er funktioniert, aber ohne die Segnungen der modernen Medizin wären wir immer noch bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 25 Jahren. Für diesen Organismus musst Du keine Demut, sondern Verständnis und Mitgefühl aufbringen. Die Zeit von der Entstehung unserer Vorfahren bis jetzt war einfach zu knapp um was Besseres auf die Beine zu stellen. Wir müssen nehmen, was am Markt zu haben war und hoffen, dass wir mit zunehmendem Bastlergeschick mehr und mehr von den eingebauten Macken selbst reparieren können und nicht warten müssen, bis der Evolution was besseres einfällt. Das kann sich nämlich ziehen ...
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon stine » Do 1. Okt 2009, 07:00

Zappa hat geschrieben:Zur persönlichen Entwicklungsgeschichte: Demut habe ich erstmals im Präpkurs (Präparierkurs) an einer Leiche "begriffen". Die Komplexität des menschlichen Organismus - für mich in Millionen Jahren Evolution entstanden - ist soweit über allem, was wir derzeit wissen und verstehen können, das ich lediglich diesen Begriff dafür als angemessen erachte. "Never change a running system" = solange der Mensch "funktioniert" und nicht leidet bitte Hände davon.

Das verdient : :2thumbs:

lieben Gruß stine
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 1. Okt 2009, 08:38

platon hat geschrieben:Er funktioniert, aber ohne die Segnungen der modernen Medizin wären wir immer noch bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 25 Jahren.
Nein. Nur wenn wir auch zusätzlich immer noch so gefährlich und unkomfortabel leben würden, wie der Steinzeitmensch. Der Mensch braucht keine tolle moderne Medizin um im Durchschnitt weitaus älter zu werden. Nur das sehr hohe heutige Durchschnittsalter ist eine Errungenschaft der Medizin. Ansonsten würden schon Vermeidung von Unfällen, gesicherte Ernährung und Behausung, Absenz von kriegerischen Konflikten das durchschnittliche Lebensalter schon sehr weit nach oben schrauben. Je nach Wohndichte dann noch ein besonderes Augenmerk auf allgemeine Hygiene (wobei dies dann teilweise nicht mehr ganz so medizinfern ist - Seuchenvermeidung z.B.).
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon Nanna » Do 1. Okt 2009, 09:08

Aber auch dafür braucht man verdammt viel Wissen über die Welt, auch über medizinische Zusammenhänge, Übertragung von Bakterien beispielsweise, an denke an die Pest im Mittelalter.
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon Zappa » Do 1. Okt 2009, 16:27

platon hat geschrieben:Wieso? Man kann jedes komplexe Problem in mehrere weniger komplexe Teilprobleme zerlegen und jedes dieser Teilprobleme in weitere Unterteilprobleme.


Tja, das Problem ist nur, das Ganze dann hinterher wieder zusammen zu bekommen :hellsehen:

Und daran hapert es auch theoretisch (-> Systemtheorie), mal abgesehen von den Kommunikationsproblemen zwischen den jeweiligen Experten für Subsubsubprobleme. Da versteht doch der Genetikfuzzi nicht mehr den Epigenetiker, der Membranheini nicht den Rezeptorfreak und wenn der Physiologe oder gar Therapeut eine Frage hat, wirds ganz finster :mg:

Theoretisch klappt dein Modell ganz gut nur leider in der Praxis nicht.

Aber wir beginnen uns im Kreis zu drehen.
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon Zappa » Do 1. Okt 2009, 16:33

1von6,5Milliarden hat geschrieben: Der Mensch braucht keine tolle moderne Medizin um im Durchschnitt weitaus älter zu werden.


Sehe ich auch so, allerdings kann man die Gesundheitspolitik auch als Teil der Sozialmedizin sehen und wie gesagt braucht man ein Verständnis über die Art und Weise warum wir erkranken und sterben um dies zu verhindern. Ohne Koch, Semmelweis, Virchow und Pasteur gäb es auch keine Hygiene.

Ich denke die von Dir genannten Maßnahmen schaffen so 40-50 Jahre, die moderne Medizin so 5 - 10. Oder anders ausgedrückt: Der Ingenieur der bei Volvo den Sicherheitsgurt entwickelte hat sicher mehr zur Erhöhung der Lebenserwartung getan als bislang alle "Gentherapeuten" zusammen.
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 1. Okt 2009, 18:49

Nanna hat geschrieben:Aber auch dafür braucht man verdammt viel Wissen über die Welt, auch über medizinische Zusammenhänge, Übertragung von Bakterien beispielsweise, an denke an die Pest im Mittelalter.
Öh, nicht unbedingt. Wobei ich ja die Nähe von Hygiene und Medizin ja extra betont habe.
Aber man beachte auch durchaus meine Anmerkung bezüglich Wohndichte, wobei ich da noch weit mehr im Kopf hatte. Nur unsere Globalisierung und Mobilität (und ihre Anfänge/Vorgänger => Pest) und hohe Bevölkerungsdichte macht ja Hygiene erst in größerem(!) Maßstab erforderlich (nicht das ich auch als Eremit mir wohl auch ab und zu meine Pfoten und anderes waschen würde) und ein paar Errungenschaften der modernen Medizin (aka Krankenhaus) sind da besonders beteiligt - und zwar im negativen Sinn. Dies fängt beim Kindbettfieber (im großen Stil) an bis zu den superresistenten Keimen heute.
Insofern hat Semmelweis ja nur ausgebügelt, was die (damals) moderne Medizinindustrie der Menschheit eingeschenkt hat.
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon Zappa » Do 1. Okt 2009, 20:08

1von6,5Milliarden hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Aber auch dafür braucht man verdammt viel Wissen über die Welt, auch über medizinische Zusammenhänge, Übertragung von Bakterien beispielsweise, an denke an die Pest im Mittelalter.
Öh, nicht unbedingt.


Aber unbedingt!

Und ich denke Du selber liefertest in deinem Post genug gute Argumente. Schau Dir doch mal die Geschichte der Infektiologie an. Das Problem war durchaus schwer zu knacken und vor der Erkenntnis der Kausalkette wurde reichlich viel Vodoo betrieben (gibt es natürlich auch heute noch, siehe AIDS und Südafrika).
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon platon » Do 1. Okt 2009, 21:09

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Je nach Wohndichte dann noch ein besonderes Augenmerk auf allgemeine Hygiene (wobei dies dann teilweise nicht mehr ganz so medizinfern ist - Seuchenvermeidung z.B.).

Ja, aber all das wäre ohne die moderne Medizin nie gekommen. Du kannst nicht von Hygiene reden und sagen, dafür brauchen wir die moderne Medizin nicht. Mit Verlaub, das ist Unsinn.
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon Nanna » Do 1. Okt 2009, 22:53

Schauen wir uns das alte Rom an, so stellen wir fest, dass die Leute dort während der Hochblüte der Kaiserzeit, als Rom eine Millionenstadt war, eine Lebenserwartung von weniger als 30 Jahren hatten. Man kann das anhand geschriebener Quellen und vor allem datierter Grabesinschriften rekonstruieren. Für die damalige Zeit hatte Rom allerdings erstaunlich moderne Einrichtungen wie eine Wasserversorgung, Kanalisation und kostenlose Getreiderationen für Arme. Für damalige Zeiten war man hygienetechnisch auf dem Stand der machbaren Technik. Trotzdem starben die Leute so jung.
Warum? Weil mehr generelles Wissen über die Welt erforderlich war, um höhere Hygienestandards für Gebiete mit dichter Besiedlung zu etablieren, sei es nun beispielsweise soziologisches, chemisches oder architektonisches Wissen.
Erst, wenn man weiß, wie Bakterien übertragen werden, kann man Krankheiten effektiv bekämpfen, erst wenn man umfangreiches chemisches Wissen hat, kann man effektive Reinigungs- und Desinfektionsmittel oder Impfstoffe herstellen (zugegeben: es gab in antiker Zeit bereits beeindruckende Leistungen auf diesen Gebieten), erst, wenn man flächendeckende Kanalisationen und saubere Trinkwasserleitungen bauen kann, kann man die Ausbreitung von Krankheitserregern effektiv eindämmen, erst, wenn man so "banale" Sachen weiß, wie, dass Krankheitserreger durch Abkochen des Wassers vernichtet werden (in vielen Entwicklungsländern der Bevölkerung bis heute unbekannt), erst dann kann man die Sterberate effektiv senken. Wir wissen genau, wie jung viele dieser Erkenntnisse sind.
Wenn man http://www.pro-heraldika.de Glauben schenken darf, dann betrug im 19. Jahrhundert "- statistisch gesehen - die durchschnittliche Lebenserwartung bei Männern 35,6 Jahre und bei Frauen 38,4 Jahre". Dazu muss man sagen, dass das 19. Jahrhundert medizinisch schon ziemlich weit fortgeschritten war.
Das bedeutet auch: Dank des medizinischen und allgemeinen Fortschritts im Verstehen der Natur von "nur" gut 100undnocheinpaar Jahren leben wir heute ziemlich genau doppelt so lange, wie diese Menschen damals. Prognosen ergeben, dass 50% der heute geborenen Kinder mit großer Wahrscheinlichkeit 100 Jahre alt werden.
Ich kann hier eigentlich nichts anderes als eine sehr starke Korrelation zwischen Wissenszuwachs und gestiegener Lebenserwartung ausmachen.

Dass wir vielleicht keine Gentherapien brauchen, um in 20-Mio.-Städten alt werden zu können, ist ja durchaus wahr, aber dass moderne medizinische Erkenntnisse (auf denen eine adäquate Planung von Hygienemaßnahmen überhaupt erst aufbaut) bzw. Kenntnisse über das Funktionieren der Welt im Allgemeinen minder relevant dafür wären, halte ich so für unhaltbar.
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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon stine » Fr 2. Okt 2009, 06:49

Nanna hat geschrieben:Prognosen ergeben, dass 50% der heute geborenen Kinder mit großer Wahrscheinlichkeit 100 Jahre alt werden.
Auch die Ernährung spielt eine Rolle für's älter werden. Prognosen ergeben sogar das Gegenteil, nämlich dass die jetzt fehlernährten Kinder und Jugendlichen (Fettleibigkeit / Magersucht) eine weitaus geringere Lebenserwartung haben werden, als wir in der Vorgängergeneration.

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Re: Naturalismus und die Gentechnik

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 2. Okt 2009, 10:35

Zappa hat geschrieben:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Aber auch dafür braucht man verdammt viel Wissen über die Welt, auch über medizinische Zusammenhänge, Übertragung von Bakterien beispielsweise, an denke an die Pest im Mittelalter.
Öh, nicht unbedingt.


Aber unbedingt!
Ach ja? Gutes Beispiel. Durch was wurde denn die mittelalterliche Pest besiegt? Man ist sich ja nicht einmal hundert Prozent sicher, was dies wirklich war. Ein gutes Beispiel, denn der Schwarze Tod kam und ging. Und zur überwiegenden Verhinderung der durch Rattenflöhe übertragenen Pest braucht man nur Beobachtungsgabe (und man musste überleben bzw. diese Beobachtung rechtzeitig weitergeben) und keinerlei echtes oder gar tiefgehendes medizinisches Wissen.
Deine spätere Änderung zeigt wohl einen Weg in die Einsicht. "Leider" habe ich deinen Beitrag schon gestern in meinen Antwort "gequotet" :lachtot: und heute vollendet.

Und wer lesen kann und verstehen will (und nicht alles mit seinem Lieblingswort "Unsinn" abtun will - du verleidest mir damit meinen gelegentlichen Gebrauch von "Unsinn") der lese und verstehe auch, was ich geschrieben habe. Das Maß der notwendigen Hygiene ist von Bevölkerungsdichte und Reiselust abhängig. Und für viele Hygienemaßnahmen iat wie das Beispiel der Pest zeigt, gar nicht unbedingt ein großes Medizinverständnis nötig. Nur simple Beobachtungsgabe (die zugegeben auch zu tiefen Irrtümern führen kann).
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