Audimaxbesetzung zu Potsdam

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Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 11. Nov 2009, 00:07

Ich hoffe stark, dass nicht wenige von euch darauf aufmerksam wurden, dass von Österreich ausgehend sich Studentenproteste in Deutschland und nun auch in England, Polen und weiteren Ländern sich erhoben.

Damit ihr nicht dem Fehljournalismus erliegen müsst, verweise ich euch auf Nachrichten erster Hand, zumindest was die Universität Potsdam betrifft:

http://bildungsstreikpotsdam.blogsport.de/

Sind die Studentenproteste eigentlich ein Thema, das euch bewegt?
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon Julia » Mi 11. Nov 2009, 12:19

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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon xander1 » Do 12. Nov 2009, 15:33

Hier in Sachsen haben wir zum Glück keine Studiengebühren. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden :irre: .
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon stine » Do 12. Nov 2009, 17:21

Teilweise kann ich die Forderungen nachvollziehen, aber teilweise auch nicht.
Dass jede Art der Bildung ein kostenloses Geschenk des Staates sein soll will mir nicht in den Kopf. Studenten mussten früher auch ihren Unterhalt dazuverdienen und es hat im Wesentlichen niemandem geschadet, sondern im Gegenteil auch die Augen für die Welt außerhalb der Uni geöffnet, einen Vorgeschmack auf die Erwerbstätigkeit gegeben, Kontakte erweitert, die Selbstständigkeit gefördert und einen Sinn dafür geschaffen, welches Privileg man doch als Studierender hatte.

Der Staat soll sich um Babys und Kleinkinder kümmern, die kostenlose Grund-und weiterführende Schule anbieten, das Studium bezahlen, sich um billige Wohnungen kümmern, für Sicherheit sorgen, die Preise für Lebensmittel im Zaum halten, Arbeitsplätze beschaffen und subventionieren, die Gesundheit absichern und für unser Alter vorsorgen.
Aber: Wir wollen als Bürger unabhängig und frei sein!
:lachtot:

LG stine
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon xander1 » Do 12. Nov 2009, 18:44

Wenn du auch nur einmal Student gewesen wärst hättest du das nicht geschrieben. Oder war das Ironie?
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon Nanna » Do 12. Nov 2009, 18:56

stine hat geschrieben:..und einen Sinn dafür geschaffen, welches Privileg man doch als Studierender hatte.


Jetzt haben wir alle mal herzlich gelacht. Können wir dann wieder?
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 12. Nov 2009, 19:52

stine hat geschrieben: und es hat im Wesentlichen niemandem geschadet, sondern im Gegenteil auch die Augen für die Welt außerhalb der Uni geöffnet, einen Vorgeschmack auf die Erwerbstätigkeit gegeben, Kontakte erweitert, die Selbstständigkeit gefördert und einen Sinn dafür geschaffen, welches Privileg man doch als Studierender hatte.
Dem kann ich dir zum Teil zustimmen, nur solltest du auch bedenken, dass heute mehr Stoff in kürzere Zeit eingetrichtert werden soll. Daneben auch noch mehr arbeiten (wer keine zahlungskräftigen und -willigen Eltern hat). Dass was dadurch tatsächlich nur erreicht wird, ist das zahlungskräftige aber eigentlich unfähige Studenten u.U. besser/eher abschließen, als eigentlich geeignete Studenten, die aber ein Geldproblem hatten und haben. Die Wirtschaft bekommt also genau das gefördert, was sie nicht braucht.

Echte Praktikas, mal wirklich praktisch arbeiten müssen, täte jedem Studenten gut. Hier haben die FHs tatsächlich einen Vorteil gegenüber den Unis.
Aber ob Bedienung, Aushilfsverkäufer oder Taxifahrer wirklich notwendig oder (bis aufs Geld) hilfreich für ein Studium ist, dies bezweifle ich heute noch.
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon Zappa » Do 12. Nov 2009, 20:11

Nanna hat geschrieben:
stine hat geschrieben:..und einen Sinn dafür geschaffen, welches Privileg man doch als Studierender hatte.


Jetzt haben wir alle mal herzlich gelacht. Können wir dann wieder?


Ja, wir sollten diesen Punkt evtl. vertiefen. Das kostenfreie Studium ist ein typisches Beispiel für die Umverteilung von unten nach oben. Die Subventionierung des Studiums der später gut Verdienenden durch die breit Masse ist in meinen Augen unsozial. Aber Kindergärten kosten Geld :down:

Ich bin aus diesem und anderen Gründen (Universitäten brauchen Geld und leistungsbereite Studierende) für Studiengebühren, man kann damit auch gerne ein Anreizsystem damit verbinden (je besser die Noten und je kürzer das Studium, desto geringer die Rückzahlung). Natürlich müssen Darlehen und Stipendien vorhanden sein.
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon xander1 » Do 12. Nov 2009, 20:30

Ich hätte nicht gedacht, dass Studiengebühren wirklich mehrheitsfähig sind. Naja man kann dafür ja Kredite aufnehmen. Aber es ist einfach nicht richtig, dass das später die Besserverdienenden sind. Schließlich schließt die Breite Masse meistens das Studium nicht ab! Was kommt ist eine lange Rechnung. Schönen Dank auch.

Wozu macht man sich die Mühe und den Stress eigentlich?
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon Nanna » Do 12. Nov 2009, 20:34

Man ist als Student auch nicht privilegiert, wenn man die 1000€ im Jahr nicht bezahlen muss. Man schuftet zeitlich mehr als der Bevölkerungsdurchschnitt, hat einen Lebensstandard, der bei einem großen Teil der Studenten unterhalb der Armutsgrenze liegt und landet danach nicht mehr im Wirtschaftswunderschlaraffenland, wie in Zeiten der alten BRD noch, wo man sich auch ein Gammelstudium leisten konnte und hinterher trotzdem Arbeit fand.

Mit der Umverteilung hast du nur solange recht, wie du sowieso schon die hermetische Geschlossenheit der Schichten anerkennst. Ein kostenfreies Studium ermöglicht nämlich gerade den Angehörigen der Unterschicht überhaupt den Aufstieg. Nur wenn du davon ausgehst, dass die sowieso nicht so weit kommen - was in vielen Fällen zugegebenermaßen stimmt - hast du mit der Argumentation recht. Was für mich aber ein gangbarer Kompromiss wäre, ist ein kostenfreies Studium für Arme und ein kostenpflichtiges für Reiche. Durch die vielen Befreiungsmöglichkeiten von den Studiengebühren versucht man das ja auch umzusetzen, nur ist da längst ein Chaos ausgebrochen, das keine gerechte Einstufung mehr zulässt, da müsste eine Reform des Befreiungssystems her.
Ich bin gar nicht so sehr gegen Studiengebühren, nur gegen das Cliché vom privilegierten Studenten, der ja im Gegensatz zum heroischen Arbeitnehmer im Grunde gar nichts leisten muss und ein Leben in Muse führen kann.
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon stine » Do 12. Nov 2009, 20:43

Nanna hat geschrieben:Ich bin gar nicht so sehr gegen Studiengebühren, nur gegen das Cliché vom privilegierten Studenten, der ja im Gegensatz zum heroischen Arbeitnehmer im Grunde gar nichts leisten muss und ein Leben in Muse führen kann.
Wenn du denkst, dass es kein Privileg ist eine höhere Bildung zu erfahren, dann zeigt sich wieder mal ganz deutlich, dass es zuviele Studenten gibt.
Was ausreichend zur Verfügung steht, verliert an Ansehen.

Nanna hat geschrieben:...und ein Leben in Muse führen kann.
Klar ist Kopfarbeit anstrengend, aber wer hat behauptet, dass es das nicht ist?

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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon Zappa » Do 12. Nov 2009, 20:47

Nanna hat geschrieben:Man schuftet zeitlich mehr als der Bevölkerungsdurchschnitt ...


:mg:

Nanna hat geschrieben:Mit der Umverteilung hast du nur solange recht, wie du sowieso schon die hermetische Geschlossenheit der Schichten anerkennst.


Ich denke da konstruierst Du ein Zusammenhang, der nicht besteht. Es geht hier einfach darum, dass die Mehrheit der Steuerzahler mit einem durchschnittlichen Einkommen hier eine kleine - wen auch immer größer werdende - Oberschicht subventioniert, die dann von einem im Durchschnitt weit überdurchschnittlichen Einkommen profitieren.

Nanna hat geschrieben:Ein kostenfreies Studium ermöglicht nämlich gerade den Angehörigen der Unterschicht überhaupt den Aufstieg.


Wenn Du <kostenfrei> streichst, gebe ich Dir Recht. Aber der Zusammenhang mit den Kosten ist kein direkter. Damit wir uns aber richtig verstehen: Das System muss so funktionieren, dass jeder der die Zugangsberechtigung erworben hat auch das Recht auf ein Studium hat. D.h. es muss Darlehen für jedermann geben, idealerweise zinsfrei.

Das eingesparte Geld lässt sich übrigens sozial viel sinnvoller in der Frühförderung von Kindern und in der Schule investieren. Auch hier wird übrigens schon fleißig um verteilt. Warum z-B. wird in einen Gymnasiasten pro Schuljahr im Durchschnitt mehr als in eine Hauptschüler investiert?
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon Nanna » Do 12. Nov 2009, 20:51

@stine:
Es ist ein Privileg, eine höhere Bildung zu erfahren. Ich schätze das nicht gering, bin aber der Meinung, dass das eine Selbstverständlichkeit und eben kein Privileg sein sollte.

Mal davon abgesehen habe ich die Logik hinter deiner Behauptung, dass das, was Ansehen verliere, wohl zu viel vorhanden sein müsse, nicht so ganz nachvollziehen.

@Zappa:
Ok, darauf kann ich mich einlassen.
Ich muss nur anmerken, dass ein Studium nicht generell Kennzeichen der Oberschicht (das sind soziologisch nur die 2-3% Superreichen), sondern traditionell des Bürgertums, also der gehobenen Mittelschicht ist.
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon folgsam » Do 12. Nov 2009, 21:01

Wenn durch Studiengebühren auch nur ein Prozent der Lernwilligen aus finanziellen Gründen davon abgehalten wird, eine höhere Bildung anzustreben und dadurch einen persönlichen und gesamtgeselschaftlich gesehen erheblichen Mehrwehrt zu schaffen, dann müssen die Gebühren konsequent und bedingungslos abgeschafft werden.

Ausser blanker Ignoranz und schierer Bösartigkeit kann ich mir keinen Grund denken, warum jemand möglicherweise dafür sein könnte, Bildung generell an Bedingungen zu knüpfen.
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon Zappa » Do 12. Nov 2009, 21:11

folgsam hat geschrieben: Ausser blanker Ignoranz und schierer Bösartigkeit kann ich mir keinen Grund denken, warum jemand möglicherweise dafür sein könnte, Bildung generell an Bedingungen zu knüpfen.


Naja, an Gründen kommen u.a. Lebenserfahrung, Intelligenz und ein Sinn für soziale Gerechtigkeit in Betracht.

Folgende Bedingungen sollten für eine recht teure Ausbildung doch zumindest erfüllt sein:

- Leistungsbereitschaft
- Interesse / Neugier und
- die Bereitschaft sich an den Kosten der Ausbildung in einem vernünftigen Ausmaß zu beteiligen (s.o.).
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon folgsam » Do 12. Nov 2009, 21:16

Du kannst aber auch nachvollziehen, dass Kinder aus so genannten 'bildungsfernen' Haushalten durch eine wie auch immer geartete Studiengebühr überdurchschnittlich häufig daran gehindert werden, ein Studium anzutreten und dass dies nichts ist, was man in einer gleichberechtigten und sozialen Gesellschaft wollen kann?
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon Zappa » Do 12. Nov 2009, 21:24

folgsam hat geschrieben:Du kannst aber auch nachvollziehen, dass Kinder aus so genannten 'bildungsfernen' Haushalten durch eine wie auch immer geartete Studiengebühr überdurchschnittlich häufig daran gehindert werden, ein Studium anzutreten und dass dies nichts ist, was man in einer gleichberechtigten und sozialen Gesellschaft wollen kann?


Ja, aber nur wenn es kein Darlehensystem gibt. Ich bin für einen Umbau der Finanzierung inkl. Studiengebühren und für eine Umverteilung der Gelder in die Schulen und Kindergärten, damit mehr Kinder aus bildungsfernen Schichten die Chance haben die Hochschulreife zu erlangen. Hat man die Hürde erst mal genommen, gehört man in der Tat zu den Privilegierten und kann ein paar Schulden aufnehmen um sich das Studium zu leisten.

Ich wiederhole mich: Das System ohne Studiengebühren und d.i. durch 100% Steuerfinanzierung befördert die Umverteilung von unten nach oben (Lauterbach hat das in seinem aktuellen Buch mal durch gerechnet).
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon stine » Fr 13. Nov 2009, 07:49

Nanna hat geschrieben:Mal davon abgesehen habe ich die Logik hinter deiner Behauptung, dass das, was Ansehen verliere, wohl zu viel vorhanden sein müsse, nicht so ganz nachvollziehen.
Wer jeden Tag Erdbeeren mit Sahne präsentiert bekommt, dem hängen sie bald zum Halse heraus.
Ein Arzt verliert an Ansehen, wenn es neben ihm noch 30 andere im selben Stadteil gibt.
Der Automechaniker wird mehr geschätzt, wenn er im Umkreis von 100km der einzige bleibt.
Das Unerreichbare scheint das Interessanteste.
Und: ich stimme Zappa voll zu.
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon Nanna » Fr 13. Nov 2009, 19:34

Das mag ja sein, aber man kann daraus noch lange nicht ableiten, das es deshalb zu viele Ärzte in dem Stadtteil gäbe.
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Re: Audimaxbesetzung zu Potsdam

Beitragvon stine » Fr 13. Nov 2009, 22:49

Nanna hat geschrieben:Mal davon abgesehen habe ich die Logik hinter deiner Behauptung, dass das, was Ansehen verliere, wohl zu viel vorhanden sein müsse, nicht so ganz nachvollziehen.
Ich wollte damit sagen, dass zuviele Studenten eine inflationäre Bildungsgesellschaft schaffen. Die Ansprüche für den Broterwerb werden künstlich in die Höhe geschraubt und die Studiernden sehen nicht mehr, welches Privileg sie haben, sondern nur noch das Muss, das eine immer anspruchsvollere Gesellschaft abverlangt.
Man kann die Spirale aber auch nicht rückwerts drehen. Das ist mir auch klar.
Bildung für alle kann damit auch Fluch und nicht nur Segen sein.

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