Sorry, kürzer ging es nicht, ist auch durch die Zitate sehr lang geworden.
platon hat geschrieben:Für wen argumentierst Du?
Mir ist nicht ganz klar, warum ich für jemanden argumentieren sollte. Ich argumentiere für mich und natürlich für die Sache, ein friedliches Zusammenleben unterschiedlich denkender Menschen.
platon hat geschrieben:Und vor allem, für was?
Frieden und Toleranz jedem gegenüber, der selber in ausreichendem Maße friedlich und tolerant ist, d.h. erstmal sich an die Spielregeln des hiesigen Rechtsstaates hält. Was die meisten Muslime übrigens durchaus tun, weshalb man sie nicht alle über einen Kamm scheren darf.
platon hat geschrieben:Um die Diskutanten müde zu machen?
Ich bin nicht für die Aufmerksamkeitsspanne der anderen Diskutanten verantwortlich. Falls hier keiner den Anspruch hat über Pauschalurteile und dumpfe Angstparolen á la "Islamisierung der westlichen Welt / Ehrenmorde / Zwangsheiraten / Kriminalität / Kopftuch / die Apokalypse, die direkt vor der Tür steht, ganz sicher, der Nachbar hat's doch auch gesagt!" hinauszugehen, kann ich auch nichts machen.
platon hat geschrieben:Sag doch, was Du meinst und begründe das nicht über Adam und Eva.
Ich habe die Vorzüge einer ausführlichen Argumentation schätzen gelernt. Man kann komplexe Probleme einfach nicht auf zwei Zeilen runterbrechen, deshalb halte ich übrigens auch nichts von Plebisziten wie in der Schweiz, wo es außer Ja und Nein keinen Raum für pragmatische Kompromisse gibt.
platon hat geschrieben:Du forderst Toleranz, ohne zu sagen, wo sie anfängt und aufhört, Du behauptest Orient und Okzident seien keine "monolithischen Kulturblöcke, aber was sie sind, sagst Du auch nicht.
Toleranz hört da auf, wo Menschen zu Schaden kommen und Toleranz muss jedem Bürger gleichermaßen zukommen. Im vorliegenden Fall gibt es eine Ungleichbehandlung zwischen Muslimen, die keine Minarette, und Christen, die Kirchtürme bauen dürfen.
Äh, und was Orient und Okzident sein sollen, weiß ich auch nicht so genau und befinde mich da in bester Gesellschaft mit anderen Kulturwissenschaftlern. Vielleicht sollten wir einfach anerkennen, dass es solche klar abgegrenzten schwarz-weiß-Gebilde nicht gibt?
platon hat geschrieben:Wenn Du meinst, ein Bauverbot für Minarette oder Kirchtürme käme einem Religionsverbot gleich, dann begründe auch warum, und dann sage ich Dir, warum nicht! Ohne weitere drei Seiten Wörter zu produzieren.
Dieser Meinung bin ich gar nicht. Zwischen einer Einschränkung der Religionsfreiheit und einem Religionsverbot liegt ziemlich viel. Das Problem besteht in folgenden Punkten (kein Anspruch auf Vollständigkeit):
- (Nicht hinreichend begründete) Ungleichbehandlung der Weltanschauungen
- Abstimmung einer Mehrheit über die Abschaffung (!) eines Minderheitenrechts
- Besondere historische Bedeutung der Religionsfreiheit in Europa (s.o. Zitate von Seibt)
- Sachlich unzutreffende, sich an einer radikalen Minderheit orientierende Vorwürfe gegen die Muslime
- Forderungen nach Kollektivhaftung
- Hysterisierung der öffentlichen Debatte, die einvernehmliche Lösungen gefährdet und Muslime erst recht in die radikale Ecke treiben könnte
- Missverständnis von Integration als komplette Assimilation in weiten Teilen der Bevölkerung
- Existieren besser geeigneter Alternativen, z.B. lokale Auseinandersetzung der muslimischen Gemeinde mit der alteingesessenen Bevölkerung, was Kompromisse ermöglicht.
stine hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:Du glaubst, dass ich dem Islam die Stange halten würde. Aber darum geht es überhaupt nicht. Ich halte der Meinungsfreiheit die Stange. Das beinhaltet, dass ich das Recht verteidige, Meinungen zu vertreten, die mir nicht gefallen. Das ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass ich die Meinungen selbst vertrete. Dieser Unterschied ist elementar.
Meinungen zu vertreten, die dir nicht gefallen? Studierst du etwa Jura? Möchtest du ein Bossi werden, der mit zielsicherer Ignoranz eines allgemeinen Rechtsempfindens nur jene Fälle verteidigt, deren Freispruch allgemeines Buh hervorruft?
Nein, ich studiere nicht Jura. Meine Haltung ist eine sehr traditionelle aufklärerische Haltung, die Voltaire wunderbar auf den Punkt gebracht hat: "Ich verabscheue Ihre Meinung, aber ich würde dafür sterben, dass Sie sie äußern dürfen."
stine hat geschrieben:Ich nehme mir für mich das Recht heraus, nur zu verteidigen, wohinter ich stehe; so sehe ich das Recht auf Islamisierung einer westlichen Welt mit Sorge.
Du weigerst dich einfach, den entscheidenden Unterschied zu sehen: Ich verteidige nicht eine bestimmte Meinung, sondern das Recht, diese Meinung vertreten zu dürfen. Damit übrigens auch dein Recht, der Meinung zu sein, dass Europa gerade islamisiert wird, auch wenn ich persönlich trotzdem der Meinung bin, dass das nicht der Fall ist und diese Hysterie unnötig finde.
stine hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:...eine unfaire Pauschalisierung zu sehen, oftmals werden sogar die typischen antisemitischen Hetzmuster von früher nun eins zu eins auf die Muslime übertragen. Und wenn dann am Ende wirklich die Moscheen brennen und Mitbürger sterben (was auch Muslime in allererster Linie sind!), will es wieder keiner gewesen sein.
Das ist genau das deutsche Problem: Einmal schlecht - immer schlecht! Ich finde hier werden die Deutschen zu unrecht pauschalisiert.
Es ist doch im Gegenteil so, wenn linksliberale Vorzeigepolitiker nicht frühzeitig Grenzen setzen lassen, dann schlagen die Wogen erst recht hoch. Wer zu spät kommt, hat den Kessel erst richtig angeheizt.
Wo steht deutsch? Antisemtismus ist ein uraltes gesamteuropäisches Problem.
Und was die Grenzen angeht: Niemand hat etwas gegen Grenzen gesagt. Dann aber bitte die richtigen Grenzen und nicht solche, die schweizer Stammtischbrüder dafür halten. Verbot religiöser Symbole in Schulen? Jederzeit! Verpflichtung in geeigneter Kleidung am Schwimmunterricht teilzunehmen? Sofort! Erweiterung von Frauenhäusern und spezielle Angebote für zwangsverheiratete Frauen (Achtung, das kostet halt Geld...)? Na klar! Verpflichtende Deutschkurse? Auf jeden Fall!
Es gibt halt einen Unterschied zwischen wirksamen ordnungspolitischen Maßnahmen und dumpfem Rechtspopulismus. Dummerweise sind viele solcher Maßnahmen kaum sichtbar und kosten ein Heidengeld.
stine hat geschrieben:Natürlich werden sie verurteilt. Aber muss es denn erst dazu kommen?
Unsere Gerichte haben sonst auch genug zu tun. Und wer erst einmal tot ist, dem hilft das Urteil auch nichts mehr.
Warum gibt es eigentlich keine Massendemos für Tempo 130? Und den Rauchern sollten wir das aber auch mal ganz schnell komplett verbieten, das Gesundheitssystem hat genug zu tun und wer tot ist, dem hilft das Verbot auch nicht mehr. Blub? Liberalismus? Rechtsstaat? Unschuldvermutung? Minority Report?
Glaubst du ernsthaft, wegen eines Minarettverbotes werden weniger Ehrenmorde begangen!?!
stine hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:... aus einer diffusen Angst einer weitestgehend desinformierten Bevölkerung heraus - oder warum gab es dort die niedrigste Zustimmung zum Minarettverbot, wo die meisten Muslime leben (deren Stimmen herausgerechnet)?
Aus Angst?
Ja, natürlich aus Angst. Dagegen tut man aber nichts mit Minarettverboten, das schürt nur die Angst auf der anderen Seite und am Ende haben zwei völlig paranoide Gruppen, die sich panisch gegenüberstehen. Exzellente Arbeit.