Verantwortung und Weltbürgertum

Verantwortung und Weltbürgertum

Beitragvon xander1 » Di 16. Mär 2010, 22:07

Wer sieht sich als Weltbürger und wer fühlt sich eher der Region zugehörig? Eigentlich muss man heute beides sein. Man braucht einen gesunden Regionsegoismus, weil das einfach vernünftig ist, da es ohne Frage immer Konkurrenz gibt und es gibt idealistische Motive und Notwendigkeiten (Umweltschutz), die für ein Weltbürgertum sprechen. Beide Extreme sind ideologielastig oder glaubenslastig.

Monotheistische Strömungen stehen dabei im Gegensatz zu Buddhistischen und Humanistischen Denkweisen, zumindest was diese eine Frage betrifft. (bei buddhistischen bin ich mir nicht so sicher). Aber es gibt ja auch die gemäßigten monotheistischen Humanisten. Zumindest weiß ich von der Bibel, dass gepredigt wird lieber für die eigene Gruppe zu sorgen als für unbekannte Arme. Es gibt da eine Bibelstelle in der Jesus überteures Öl für seine Füße bekommen soll und einer will es lieber den Armen geben, jedoch will er angeblich das Geld für sich verbuchen. Also wird das überteure Öl für die Füße von Jesus verwendet. (Hoffentlich habe ich mich richtig erinnert.)

Fakt ist, dass man als Weltbürger genügend Ressourcen haben muss, damit man so stark sein kann, nicht ins Wetteifern zu geraten; aber es wird immer ein Wetteifern geben.

Was macht eigentlich ein Weltbürger oder internationaler Kommunist oder Anarchist, wenn er sieht, dass es in fernen oder nicht so fernen Ländern nationale Strömungen gibt oder verborgene nationale Strömungen, die im Gedankengut von Schriften liegt. Es gibt ja die Rede von der islamischen Nationalität. Es gibt die Bibel, die das auserwählte Volk glorifiziert.

Will der Weltbürger dann andere vom Weltbürgertum überzeugen wie Islamisten ihren Glauben der ganzen Welt schenken wollen? Erzeugt das nicht etwa erhärtete Fronten, die nur dazu führen, dass man noch überzeugter von seiner Ideologie wird oder eine Sinnkrise erlebt, ins totale Gegenteil verfällt usw?

Was für einen Sinn machen eigentlich die vielen Weltbürger-Verantwortungs-Themen im Brightsforum?
Ist das nicht widerum sehr egomanisch, wenn man sich so extrem verantwortlich fühlt für die Welt? Nimmt man sich da nicht zu sehr wichtig? Ja klar, einem ist die Welt in diesem Moment wichtig, aber auf der anderen Seite erhebt man seine Position gegenüber dem Rest. Man fühlt sich größer als Weltbürger, so wie ein Nationalist sich größer durch seinen Stolz fühlt. Ist das nicht wieder eine Ersatzdroge wie der des Nationalismusses?
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Re: Verantwortung und Weltbürgertum

Beitragvon ganimed » Di 16. Mär 2010, 23:30

Das mit dem Weltbürger würde ich gerne noch üben und ausbauen. Den Nationalismus, der einzige Gegenentwurf den ich kenne, finde ich nämlich in den meisten Fällen recht unverständlich und tendenziell gefährlich. Aber bei Fussball-WMs, ich gebe es zu, verfalle ich doch wieder in infantiles Nationalistengehabe.

xander1 hat geschrieben:Man fühlt sich größer als Weltbürger, so wie ein Nationalist sich größer durch seinen Stolz fühlt. Ist das nicht wieder eine Ersatzdroge wie der des Nationalismusses?

Der Nationalismus ist keine Ersatzdroge, sondern ein offenbar weit verbreitetes Gefühl. Ich vermute, es hat was mit Gruppenzugehörigkeit und Identifikation zu tun. Insofern ist die Weltbürgeridee sicher so etwas ähnliches, ein Gefühl. Aber beim Weltbürger fehlt natürlich der Chauvinismus, also das Überlegenheitsgefühl gegenüber Nichtgruppenmitgliedern. Insofern ist das Weltbürgertum die etwas appetitlichere Geschichte, finde ich. Mit Größe oder Stolz hat das eher nichts zu tun.

Und mit Verantwortung hat es auch nichts zu tun. Ich fühle mich für fast nichts verantwortlich und bleibe in meiner egoistischen Individualistenecke. Ist jemand anders drauf, dann wird er womöglich Politiker. Viele Politiker scheinen bereit zu sein, sich auch mal nach Brüssel wählen zu lassen und nicht mehr nur deutsche Verantwortung zu schultern. Ich vermute daher, dass die Hauptsache für solche Leute das bewegen, das Macht ausüben, das gebraucht werden ist. Welches Ressort und welcher Bereich: piepegal.
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Re: Verantwortung und Weltbürgertum

Beitragvon ujmp » Di 16. Mär 2010, 23:53

Verantwortung und Weltbürgertum bedeutet m.E. individualistisch zu sein und Individualsimus zu fördern. Es gibt nämlich nicht gefährlicheres, als Menschenmassen, die einer Meinung sind.
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Re: Verantwortung und Weltbürgertum

Beitragvon xander1 » Mi 17. Mär 2010, 13:24

ujmp hat geschrieben:Verantwortung und Weltbürgertum bedeutet m.E. individualistisch zu sein und Individualsimus zu fördern. Es gibt nämlich nicht gefährlicheres, als Menschenmassen, die einer Meinung sind.

Ich denke beides kann zusammen auftreten in einer Person oder auch nicht. Ich finde dass die Naturalisten anscheinend dem Weltbürgertum mit am nächsten Stehen, mehr als jede monotheistische Religion auf jeden Fall und ich denke auch mehr als andere Atheisten.

ganimed hat geschrieben:Der Nationalismus ist keine Ersatzdroge, sondern ein offenbar weit verbreitetes Gefühl.

Kann ein Weltbild nicht auch eine Droge sein, wenn es einem positive Gefühle vermittelt? Drogen wirken schließlich durch Gefühle.

ganimed hat geschrieben:Ich vermute, es hat was mit Gruppenzugehörigkeit und Identifikation zu tun.

Sicher und das ist ja das gute dabei, wie ich finde.
ganimed hat geschrieben:Aber beim Weltbürger fehlt natürlich der Chauvinismus, also das Überlegenheitsgefühl gegenüber Nichtgruppenmitgliedern. Insofern ist das Weltbürgertum die etwas appetitlichere Geschichte, finde ich. Mit Größe oder Stolz hat das eher nichts zu tun.

Auch wieder wahr. Naja war ja nur ne Frage von der ich ausging.
ganimed hat geschrieben:Und mit Verantwortung hat es auch nichts zu tun.

Naja sagen wir so, es muss nichts mit Verantwortung zu tun haben, aber oft stehen Gedanken der Verantwortung mit zugehörigen Idealen damit in Verbindung. Schließlich denken Nationalisten auch an eine Verantwortung gegenüber dem eigenen Land. National eingestellte Menschen ist das wohl des eigenen Landes wichtig, nur übertreiben sie es deutlich und richten damit Schaden an, weshalb sie in Deutschland bekämpft werden. Damit haben die Bekämpfer ein anderes Verständnis von "dem eigenen Land dienen". Sie sind schließlich nicht gegen Deutschland, es sei denn sie sind total verblöded, wie manche Linksextreme, die sogar noch vom Staat Sozialhilfe kassieren. Wie undankbar ist das denn?
ganimed hat geschrieben:Ich fühle mich für fast nichts verantwortlich und bleibe in meiner egoistischen Individualistenecke.

Das sei dir gegönnt. Aber ich erstelle dieses Thema, weil es hier im Forum öfter mal Weltpolitische Themen gibt und die haben durchaus etwas mit dem Gedanken des Weltbürgertums zu tun. Wer sich über die Außenpolitik der USA beschwert ist schon ein Stückweit Weltbürger, wenn er nicht gerade Islamist ist oder national eingstellt.
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Re: Verantwortung und Weltbürgertum

Beitragvon ganimed » Mi 17. Mär 2010, 23:28

xander1 hat geschrieben:Kann ein Weltbild nicht auch eine Droge sein, wenn es einem positive Gefühle vermittelt? Drogen wirken schließlich durch Gefühle.

Wikipedia definiert eine Droge unter anderem so:
    "Drogen sind Stoffe und Zubereitungen, die primär zur Erzeugung eines Rauschzustandes oder zur Befriedigung einer 'Sucht' verwendet werden. Dabei können Drogen das Bewusstsein und die Wahrnehmung des Probanden während ihrer Wirkung und darüber hinaus verändern."
Ein Weltbild bzw. die Gefühle, die man damit assoziiert, können sicher im Einzelfall so stark und bestimmend werden, dass man es als Droge bezeichnen könnte. Aber das gilt, glaube ich fast, für alles, wenn man es nur intensiv genug erlebt.

Ich stelle mir einen richtigen Weltbürger aber so ähnlich wie einen Atheisten vor. Als eine Art Negativdefinition. Weltbürger bedeutet vor allem, kein Nationalist zu sein. Man ist das, was übrig bleibt, wenn man von einem normalen Menschen jeden Nationalismus subtrahiert. Die Welt liebt man deswegen noch längst nicht in besonderem Maße oder identifiziert sich mit ihr als Supergruppe. Die Drogengefahr erscheint mir bei so viel Negation eher gering.
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Re: Verantwortung und Weltbürgertum

Beitragvon Twilight » Do 18. Mär 2010, 10:20

Eigentlich sind Drogen ganz allgemein getrocknete ("droog") Bestandteile von Pflanzen oder Tieren (eigentlich auch Pilzen, aber die werden nicht in der Definition erwähnt), die eine medizinische Wirkung haben.

Deine Definition für Weltbürger klingt aber gut. Nur lässt du zwischen Nationen und Welt noch zwischengeordnete Zugehörigkeiten aus. Man müsste nicht nur das Nationalgefühl sondern auch das eventuell vorhandene Insel- Halbinsel- oder Kontinentalgefühl subtrahieren, um einen richtigen Weltbürger zu erhalten.
Inwieweit diese gesellschaftlich eine Rolle spielen oder spielen könnten, weiß ich nicht.
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