Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon ganimed » Di 8. Jun 2010, 20:08

Soweit ich sehe, ist die Ausgewogenheit der geplanten Sparmaßnahmen der heikelste Punkt an der ganzen Sache.
Gespart werden muss, da scheinen alle einig. Aber wo?
Die Antwort: überall.

Kann mir jemand mal erklären, wieso man die Ausgewogenheit nicht mathematisch herstellt? Also einfach einen Prozentsatz x festlegen und dann alle Staatsausgaben um x kürzen. (Evtl. kann man dann alle Steuern noch um x2 erhöhen, falls die Einnahmen erhöht werden sollen).

Wäre das nicht die einzige wirklich ausgewogene Maßnahme: überall im gleichen Verhältnis sparen?
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon ujmp » Di 8. Jun 2010, 20:34

Das "Sparen müssen" ist nur ein Vorwand, um ansosnten schwer zu rechtfertigende Kürzungen vorzunehmen. Die FDP wollte erst mit anti-Hartz-IV-Propaganda den Arbeitsmarkt ins Fließen bringen, das hat nicht geklappt. Jetzt mommt die "Krise" gerade recht. Was sie wollen ist, dass die Löhne sinken. Sie halten es nicht aus, dass man in China zum selben Preis 10 Leute statt einen beschäftigen kann, und sabbern vor lauter Apetit nach dem Profit. Um die Preise für Arbeit in Deutschland zu drücken, unternehmen sie alles, um Arbeitslose unter Druck zu setzen. Ganz gleich wen, die Hauptsache ist, dass so viele Arbeislose wie möglich auf den Markt drängen, dass sich soviele wie möglich um einen Arbeitsplatz bewerben - der billigste bekommt ihn dann. Und weil nur wenige es lange aushalten arbeitslos zu sein, wird es bald einen noch Billigeren geben - bis wir auf dem Niveau von China angelangt sind. Deshalb spricht sich auch ein Arbeitgeberpräsident(!) dafür aus, älteren Arbeitslosen das verlängerte Arbeitslosengeld wieder zu streichen...Niemand spricht mehr davon, Arbeitsplätze zu schaffen - wozu so eine "Krise" doch gut ist.
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon Nanna » Di 8. Jun 2010, 21:15

ganimed hat geschrieben:Wäre das nicht die einzige wirklich ausgewogene Maßnahme: überall im gleichen Verhältnis sparen?


Problem 1 und Hauptproblem: Was, wenn vorher keine optimale Verteilung geherrscht hat? Du unterstellst implizit, dass die Verteilung vorher ausgewogen war. Von dieser Annahme ausgehend wäre das natürlich ausgewogen. Jedoch ist es so, dass alle Änderungen im Etat letztlich auch das Produkt politischer Gestaltung und Optimierung sind (Optimierung allerdings auf unterschiedliche Ziele) und daher aus Sicht einer bestimmten Gruppe immer unausgewogen sind. Du verfrachtest das Hauptproblem, nämlich die Frage, wie eine ausgewogene Verteilung aussieht, nur auf eine andere Ebene. Dadurch verschwindet das Grundproblem aber nicht.
Die Sparmaßnahmen bieten, von ujump schon angerissen, eine Legitimation dafür, bevorzugte, oft von starken Lobbygruppen bewachte, Posten stärker zu beschneiden als andere.

Problem 2: Man braucht für viele Dienste eine Mindestanzahl an Personal und Material, um sie am laufen zu halten. Eine Kläranlage, um es mal im überschaubareren kommunalen Rahmen zu illustrieren, lässt sich nicht einfach mit 20% weniger Leuten und bei 20% weniger Kapazität betreiben (ein Problem vieler ostdeutscher Gemeinden, die in den 90ern aufwendig Kläranlagen saniert und neugebaut haben und denn Wegzug der Leute nicht eingerechnet hatten, wodurch sie nun Überkapazitäten haben, die erhöhte Betriebskosten verursachen). Andersherum muss auch eine Notrufleitstelle rund um die Uhr besetzt sein und wenn der Lohn dafür unter Callcenterniveau fällt, wird es Qualitätsverluste geben, die die Bevölkerung nicht hinnehmen wird. Undsoweiterundsofort, es gäbe sicherlich noch weitaus treffendere Beispiele.

Problem 3: Nicht alle Sparmaßnahmen sind, auch in einer Krise, gleich gut durchsetzbar. Es wird Proteste von Lobbygruppen und der Bevölkerung geben, wenn an elementaren Punkten gespart wird.
Zuletzt geändert von Nanna am Di 8. Jun 2010, 21:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon Gandalf » Di 8. Jun 2010, 21:17

ganimed hat geschrieben:
Wäre das nicht die einzige wirklich ausgewogene Maßnahme: überall im gleichen Verhältnis sparen?


Zunächst:
"sparen" in einer Volkswirtschaft hat nichts mit dem "sparen" eines Wirtschaftsteilnehmers zu tun!
Sparen des Staates in der Volkswirtschaft bedeutet Reduzierung des Geldumlaufs, - wenn nicht gleichzeitig Unternehmen oder Private bereit sind sich höher zu verschulden
(Zitat vom ehem. FED Chef Greespan, als es B. Clinton gelang mal kurz die Staatsverschuldung zurückzufahren: "Wo um Himmels willen, sollen die amerikansichen Pensionsfonds ihre Gelder anlegen, wenn der Staat keine Staatsanleihen mehr ausgibt?")
Da sich aber zur Zeit niemand (wenige) gewillt ist, sich weiter zu verschulden, steuert eine "mathematisch ausgeglichene Sparwut" im bestehenden fehlerhaften Geldsystem unausweichlich auf einen deflationären crash (ala 1929) zu. Man kann allenfalls versuchen, asymetrisch' dort zu sparen, wo die Realwirtschaft weniger in Mitleidenschaft gezogen wird. Seltsamerweise wird aber offenbar genau das Gegenteil getan. H4ler und Familien, deren Einkommen praktisch vollständig in den Konsum (also in die Realwirtschaft zurück) fliest sollen sparen, während diejenigen die eh schon auf gehorteten Guthaben (die regelmäßig wenig konsumwirksam sind, weil einfach nicht für den Lebensunterhalt benötigt) sitzen, verschont werden (gut situierte Rentner und die großen Vermögen)

Würde man also verstärkt bei den Steuersubventionen sparen, die Vermögende erhalten (z.B. nicht nur die vergünstigte auf 25% gekappte Zinsabschlagsteuer "flat", - sonder so wie jeder Arbeitnehmer, der seine Einkünfte mit seinem pers. Einkommenssteuersatz versteuern muss, der höher sein kann), könnte man tatsächlich Schulden zurückführen ("sparen"), ohne (flüssiges) Geld zu vernichten, an dem die Realwirtschaft hängt.
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon ganimed » Di 8. Jun 2010, 21:28

Gandalf hat geschrieben:Sparen des Staates in der Volkswirtschaft bedeutet Reduzierung des Geldumlaufs, - wenn nicht gleichzeitig Unternehmen oder Private bereit sind sich höher zu verschulden

Den Satz verstehe ich nicht, trotz wiederholtem Lesen und Grübeln.
Kannst du mal ein Beispiel für "Sparen in der Volkswirtschaft" geben? Welche Staatseinnahmen sind damit gemeint?
Und wieso müssen Unternehmen sich höher verschulden, wenn der Staat weniger Geld ausgibt?
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon Gandalf » Di 8. Jun 2010, 22:25

ganimed hat geschrieben:
Gandalf hat geschrieben:Sparen des Staates in der Volkswirtschaft bedeutet Reduzierung des Geldumlaufs, - wenn nicht gleichzeitig Unternehmen oder Private bereit sind sich höher zu verschulden

Den Satz verstehe ich nicht, trotz wiederholtem Lesen und Grübeln.
Kannst du mal ein Beispiel für "Sparen in der Volkswirtschaft" geben? Welche Staatseinnahmen sind damit gemeint?


..man spart nicht (an den) Einnahmen, - sondern an Ausgaben!?

ganimed hat geschrieben:Und wieso müssen Unternehmen sich höher verschulden, wenn der Staat weniger Geld ausgibt?


..weil wir Schuldgeldsystem haben, in dem Schuldentilgung bedeutet, - das Geld vernichtet wird. Das System endet, wenn sich keine Nachschuldner mehr finden lassen. Keine Schulden = kein Geld.

(ggf hier weiter: viewtopic.php?f=29&t=3354)
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon ganimed » Di 8. Jun 2010, 22:52

@Gandalf: ich habe mich verschrieben. Also nochmal : Kannst du mal ein Beispiel für "Sparen in der Volkswirtschaft" geben? Welche Staatsausgaben sind damit gemeint?

Nanna hat geschrieben:Problem 1 und Hauptproblem: Was, wenn vorher keine optimale Verteilung geherrscht hat?

Sinn und Zweck eines Sparpaketes sollte doch wohl das Sparen sein. Der Staat kann nicht ausgewogen sparen, weil es auch noch andere Probleme in der Welt gibt? (z.B. die Unausgewogenheit der jetzigen Verteilung?) Diese anderen Probleme löse wir nächste Woche, würde ich vorschlagen. Beim Sparpaket sollte man sich doch erstmal auf das eine Problem konzentrieren dürfen, das man lösen möchte.

Nanna hat geschrieben:Problem 2: Man braucht für viele Dienste eine Mindestanzahl an Personal und Material, um sie am laufen zu halten.

Überall x Prozent sparen soll nicht heißen, dass jedes einzelne Klärwerk x Prozent weniger Leute hat, sondern dass das Budget für Klärwerke (oder Wasserwirtschaft oder wie der übergeordnete Posten auch immer heißen mag) um x Prozent gekürzt wird.

Wenn ich das Budget eines Dienstes in der Bundesgesamtheit um x Prozent kürze (wobei x vermutlich < 10 sein dürfte), dann bliebe es der Findigkeit der Verwaltung überlassen, diese Kürzung geschickt umzusetzen, so dass keine Dienste komplett ausfallen und eine ganze Kläranlage dicht gemacht werden muss. Dann muss der Landesverband, oder irgendwie die nächst höhere Ebene eben erstmal an den anderen Klärwerken sparen, wo es den einen oder anderen Posten zu viel gibt. Oder man versucht es mit Lohnkürzungen. Oder man verzichtet drei Jahre auf Neuprojekte. Irgendwas geht immer, vermute ich mal.

Nanna hat geschrieben:Problem 3: Nicht alle Sparmaßnahmen sind, auch in einer Krise, gleich gut durchsetzbar. Es wird Proteste von Lobbygruppen und der Bevölkerung geben, wenn an elementaren Punkten gespart wird.

Was verstehst du unter elementaren Punkten?
Proteste gibt es jedenfalls ja jetzt schon. Und inhaltlich protestiert man aktuell gegen die Unausgewogenheit. Ich kann mir nicht so recht vorstellen, dass es bei einem Jeder-spart-und-alle-machen-mit-Ansatz, der als ausgewogen und damit fair empfunden würde, mit den Protesten noch schlimmer würde als jetzt gerade.
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon stine » Mi 9. Jun 2010, 06:35

Ich finde die Idee von der Querbeetkürzung gar nicht schlecht. Es wäre zumindest ein Zeichen, dass man sich als Volkspartei nicht die Blöße gibt, Lobbyisten bedienen zu wollen. Die Kürzungen pragmatisch als Kürzungen behandeln und hinterher darüber nachdenken, wo investiert werden muss.
Natürlich entsteht das Problem, dass Soziales nicht gleich Soziales ist und Beamte nicht gleich Beamte sind. Du hast also, sobald du ein wenig unter der Oberfläche kratzt schon gleich das Problem der Differenzierungen.

ujmp hat geschrieben:Die FDP wollte erst mit anti-Hartz-IV-Propaganda den Arbeitsmarkt ins Fließen bringen, das hat nicht geklappt.
Das halte ich für linke Verschwörungstheorien. :anmachen:

Gandalf hat geschrieben:H4ler und Familien, deren Einkommen praktisch vollständig in den Konsum (also in die Realwirtschaft zurück) fliest sollen sparen, während diejenigen die eh schon auf gehorteten Guthaben (die regelmäßig wenig konsumwirksam sind, weil einfach nicht für den Lebensunterhalt benötigt) sitzen, verschont werden (gut situierte Rentner und die großen Vermögen)
Sehe ich auch so. Wer am wenigsten sparen kann, ist der größte Unterstützer einer funktionierenden Wirtschaft.
Natürlich stellt sich hier die Frage, ob die staatlichen Stützgelder ausreichen, eine funktionierende Privatwirtschaft anzukurbeln. Das glaube ich nämlich eher nicht. Da könnte man alà´ExDDR auch staatliche Arbeitsplätze schaffen und wieder Arbeit für alle ins Land werfen.

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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon ujmp » Mi 9. Jun 2010, 07:11

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Die FDP wollte erst mit anti-Hartz-IV-Propaganda den Arbeitsmarkt ins Fließen bringen, das hat nicht geklappt.
Das halte ich für linke Verschwörungstheorien. :anmachen:

Den Arbeitsmarkt ins Fließen zu bringen, war schon der Zweck der Agenda 2010. Wikipedia schreibt "Die Agenda 2010 setzt insbesondere arbeitgeberfreundliche angebotspolitische Ideen um". Jeder weiß, das dadurch keine neuen Arbeitsplätze enstanden sind. Wo sollen die auch herkommen? Es geht darum, die Menschen "flexibler" zu machen, sie zur Bewegung zu zwingen, die Reise nach Jerusalem in Schwung zu bringen.

Das wäre alles kein Problem, wenn auf Grund der Globalisierung nicht Arbeitskraft niedrigsten Lohnniveaus auf den deutschen Arbeitsmarkt drängen würde. Es gibt z.B. Call-Center-Firmen, die beschfätigen Telefonberater aus Ägypten(!) - die sind noch billiger als Inder. Ich hatte selbst schon sehr oft Berater mit mehr oder weniger starkem Akzent am Apparat. Nicht das Missverständnisse aufkommen - ich gönne ihnen den aus ihrer Sicht wahrscheinlich lukrativen Job. Dies läuft aber darauf hinaus, dass man bald in Deutschland nur noch diesen Job machen kann, wenn man bereit ist, für das Lohnniveau von Ägypten zu arbeiten.
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon stine » Mi 9. Jun 2010, 09:21

@ujmp: Wer Schleußen öffnet, muss mit ausgleichendem Niedrigwasser rechnen. Das musste allen klar gewesen sein, als man die Globalisierung vorantrieb. Das ist hart für unser Land, aber künftig wird man nur noch über Qualität punkten können. Sobald Qualität wieder ein fester Bestandteil der Anforderungen in den Köpfen der Verbraucher ist, werden sich Unternehmen automatisch fügen und sich dort umtun, wo diese zu haben ist.
Besten- oder schlimmstenfalls geht es der ganzen Welt gleich gut oder gleich schlecht.
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon Dissidenkt » Mi 9. Jun 2010, 11:16

ganimed hat geschrieben:Kann mir jemand mal erklären, wieso man die Ausgewogenheit nicht mathematisch herstellt? Also einfach einen Prozentsatz x festlegen und dann alle Staatsausgaben um x kürzen. (Evtl. kann man dann alle Steuern noch um x2 erhöhen, falls die Einnahmen erhöht werden sollen).
Wäre das nicht die einzige wirklich ausgewogene Maßnahme: überall im gleichen Verhältnis sparen?


Es gibt notwendige und weniger notwendige Staatsausgaben. Je reicher der Staat, desto größer die Zahl der weniger notwendigen Ausgaben. Wenn du jetzt prozentual gleich kürzt, werden notwendige und weniger notwendige Kürzungen gleichermaßen behandelt.

Das führt dazu, dass Millionäre Familien- und Kindergeld kassieren, während Hartz4-Empfänger im Winter frieren oder ihre Medikamente nicht mehr bezahlen können.

Was notwendige oder weniger notwendige Ausgaben sind, ist eine politische Entscheidung. Ob der gesellschaftliche Kontrakt gewahrt bleibt, ist dabei die Kernfrage. Wenn sich Abgeordnete und Besserverdiener weiter auf Kosten der Unterschicht bereichern, wird diese den Kontrakt in Frage stellen und dann brennen hier die Straßen nicht nur am 1.Mai.
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon stine » Mi 9. Jun 2010, 11:51

Dissidenkt hat geschrieben:Wenn sich Abgeordnete und Besserverdiener weiter auf Kosten der Unterschicht bereichern, ...

Könntest du mir das bitte mal anhand von Beispielen erläutern?
Ich finde diese Aussage nämlich immer sehr polemisch und mir leuchtet nicht ein, wie das funktionieren kann.
Meines Erachtens ist die Verteilung natürlich von oben nach unten, allerdings ist sie nicht umsonst, dh mit Mühen verbunden.

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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon Klaus » Mi 9. Jun 2010, 13:22

Das Bruttosozialprodukt(BSP) oder Bruttonationaleinkommen(BNE) ist eine endliche Größe. Nur das, was dort an Gütern und Dienstleistungen im Laufe eines Jahres hergestellt wird kann verteilt werden. Ein Milliardär produziert also eine gewisse Menge Arme. Politiker die sich zu Zeiten des Sparens eine Diätenerhöhung gönnen, reduzieren das zur Verteilung anstehende BSP. In Bezug auf die Einkommensgrößen.

In irgendeiner Studie habe ich mal gelesen, ich glaube von Rifkin, kann mich aber täuschen, dass ein Milliardär wie Bill Gates ca. 100.000 Arme produziert, allein durch die Akkumulation seines Vermögens.

Wie auch immer, es ist genug da, wird eben nur falsch verteilt und nach Leistung geht es eh nicht.
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon stine » Mi 9. Jun 2010, 15:14

Einer wie Bill Gates beschäftigt aber beliebig viele Mitarbeiter, die er zu bezahlen hat und die sein Imperium am Laufen halten... gleiches gilt für andere Milliardäre die nicht nur faul auf ihre Zinsen warten, sondern ihre Unternehmen am Laufen halten müssen. Dies schafft sozusagen
Klaus hat geschrieben:Das Bruttosozialprodukt(BSP) oder Bruttonationaleinkommen(BNE) ist eine endliche Größe. Nur das, was dort an Gütern und Dienstleistungen im Laufe eines Jahres hergestellt wird kann verteilt werden.

Auch das Vermögen eines Bill Gates ist nicht nur Barvermögen, das faul im Tresor herumliegt und der Verteilung entzogen wird.
Oder sehe ich das falsch?

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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon Klaus » Mi 9. Jun 2010, 15:36

Na klar ist es nicht nur Barvermögen. Es ist Kapital.
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon Zappa » Mi 9. Jun 2010, 16:05

ganimed hat geschrieben:Kann mir jemand mal erklären, wieso man die Ausgewogenheit nicht mathematisch herstellt? Also einfach einen Prozentsatz x festlegen und dann alle Staatsausgaben um x kürzen. (Evtl. kann man dann alle Steuern noch um x2 erhöhen, falls die Einnahmen erhöht werden sollen).


Ich denke es kommt auch nicht unwesentlich auf was völlig anderes an, die Leute wollen Gerechtigkeit symbolisiert sehen. Niemand rechnet dann die Belastungen für versch. soziale Gruppen durch, das geht wohl eh nicht.

Besser wäre folgendes gewesen: "Leute, wir haben eine echte Notlagen, deswegen müssen jetzt alle zusammenhalten. Wir machen folgendes:

1. Reduzieren der Abgeordnetendiäten und Ministergehälter.
2. Erhöhung des Spitzensteuersatztes um x Prozent
3. Vereinheitlichung und Vereinfachung des Mehrwertsteuersatzes auf (von mir aus) 19%"

und dann die bekannte Flöte.

1 und 2 sind symbolisch, bringt zwar kaum was in die Kasse, die Leute und auch ich hätten aber ein besseres Gefühl. Und das soll man nicht vernachlässigen!
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon stine » Mi 9. Jun 2010, 17:02

Klaus hat geschrieben:Na klar ist es nicht nur Barvermögen. Es ist Kapital.
Und Marx hat es als böse gemarkert. Für alle Zeiten.
Nach Marx sind am Reichtum die Arbeiter nur insoweit beteiligt, wie die Benutzung ihrer Arbeitskraft ihre Entlohnung notwendig macht. Ja, aber wodurch sollten sie sonst entlohnt werden, wenn nicht durch ihre Arbeitskraft?
Die Geschäfte laufen (erfahrungsgemäß) leider nur dann gut, wenn ein Interesse dahinter steckt, ob sie gut laufen. Dieses Interesse vertritt entweder ein Einzelner, eine Familie oder eine Gesellschaft.
Selbst wenn der Staat in jedem Fall dieses Interesse selbst vertritt müsste er mit Gewinn wirtschaften, da er viele Leistungen mitbezahlen muss, die keine Wertschöpfung im Sinne des Warenkonsums haben. In der Vergangenheit ist das immer schief gegangen.
Kommunismus funktioniert nur, wenn der Arbeiter Arbeiter bleibt und sonst keinerlei Wünsche hat. Ich kenne jedenfalls auf dieser Welt kein erfolgreiches Modell.
Lasse mich aber gerne belehren, wenn jemand weiß, wie es besser geht.

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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon Dissidenkt » Mi 9. Jun 2010, 17:33

stine hat geschrieben:Ja, aber wodurch sollten sie sonst entlohnt werden, wenn nicht durch ihre Arbeitskraft?


Spöttisch gesagt, für ihre Kaufkraft, denn ohne die wird ein Herr Gates seinen Krempel nicht verkaufen können. :/


Gates Leistungen sind unbestritten, aber sie sind definitiv keine Milliarden Dollar wert. Die Milliarden Dollar kommen nur durch das Wirtschaftssystem zustande, das es ihm erlaubt, seine klugen Ideen zu patentieren, weitestgehend alleine zu vermarkten und den Anteil der Mitarbeiter am Erfolg selbst zu bestimmen. Die Folgen sind Monopolismus, immense Kapitalakkumulation in den Händen einiger weniger und die Ausbeutung der Arbeitskraft einer Unterschicht - so diese denn überhaupt benötigt wird.
Gleiches gilt für die Ausbeutung von Rohstoffen. Wie kommen die BP-Mafiosi eigentlich auf die Idee, dass das Öl im Golf ihnen gehört? Ganz einfach: Sie kaufen sich eine Regierung, die den Leuten erklärt, dass das so richtig ist. Das ist Kapitalismus und dass das auf Dauer nicht funktioniert leuchtet so langsam auch den Lesern der Springerpresse ein :motz:
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon Klaus » Mi 9. Jun 2010, 17:39

@stine, nimm mal wenn du Marx hörst den Kommunismus beiseite. Nimm "Das Kapital" und lies es. Es ist eine der besten Wirtschaftsanalysen die es gibt. Nicht umsonst finden an etlichen Universitäten außerordentliche Marxseminare statt, mit eben jenem Buch als Inhalt. Die BWLer und VWLer haben den alten Marx wieder mal entdeckt, komisch ist, es sind immer Zeiten der Krise. Wer sich an Hayek und Friedman orientiert kann nur auf die Fresse fliegen, rein wirtschaftlich natürlich. :^^:
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Re: Sparpaket : wieso nicht ausgewogen?

Beitragvon Gandalf » Mi 9. Jun 2010, 18:05

ganimed hat geschrieben:@Gandalf: ich habe mich verschrieben. Also nochmal : Kannst du mal ein Beispiel für "Sparen in der Volkswirtschaft" geben? Welche Staatsausgaben sind damit gemeint?
[


Wie gesagt: Es GEHT NICHT! (in unserem Geldsystem) Sparen in der Volkswirtschaft bedeutet Ende des Wachstums und katastrophaler crash. Brüning versuchte 1929 massiv zu sparen - was dabei rauskam wissen wir..... Wissen "wir" (Du?) das? Die Medien berichten kaum darüber, - also hat die Masse kaum eine Chance aus der Geschichte zu lernen und muss sie daher wohl wiederholen.

Folgendes passiert, wenn man in der Volkswirtschaft spart (wohlgemerkt: ich sage nicht dass das Gegenteil, das Inflationieren 'die' Lösung wäre)
http://de.wikipedia.org/wiki/Weltwirtschaftskrise

Wenn man spart, geht die Nachfrage zurück und man erhält einen Angebotsüberhang:

Aufgrund der Überproduktion von Konsumgütern und landwirtschaftlichen Produkten übertraf das Angebot die Nachfrage, was zu einem Produktionsstillstand in einigen Unternehmen führte. Eine Depression war die Folge. Viele Unternehmen meldeten Konkurs an und entließen ihre Arbeiter.

Das Deutsche Reich unter Reichskanzler Heinrich Brüning versuchte dagegen, durch Stärkung seiner Währung, einhergehend mit rapidem Sozialabbau, aus der Krise zu kommen. Dies trug zu einer Radikalisierung der Politik bei, die den Aufstieg des Nationalsozialismus begünstigte.


Brüning erzählt hier den Leuten, "wir haben über usnere Verhältnise gelebt" ...kommt Euch das nicht sehr bekannt vor?
Gleichfalls krisenverschärfend wirkten die Maßnahmen, die Reichskanzler Heinrich Brüning ergriff. Brüning hatte immer versucht, der Bevölkerung die Ursachen der Wirtschaftskrise und sein Konzept zur Abhilfe klarzumachen. Er erklärte, dass die getroffenen Regierungsentscheidungen zu einer Wiedergenesung der deutschen Wirtschaft führen würden, aber nur, wenn die Bevölkerung die sich daraus ergebenen Härten mit Geduld ertrüge. Er hoffte, seine Deflationspolitik würde den Export wiederbeleben und so genügend Devisenreserven für die Reparationszahlungen erwirtschaften. Außerdem wollte er so mehr Arbeitsplätze in der Industrie schaffen. Mit Hilfe von Notverordnungen (Anmerk. ich habe schon mehrfach auf die 'Ermächtigungsgesetze' hingewisen, die in den letzten Wochen verabschiedet wurden ) versuchte er die öffentlichen Ausgaben und vor allem den Staatsetat den sinkenden Preisen und fallenden Steuereinnahmen anzupassen – ein Rennen, das er nicht gewinnen konnte, weil seine Maßnahmen dazu beitrugen, dass Preise und Steuereinnahmen immer weiter sanken.
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