Myron hat geschrieben:Auf den ersten Blick scheint es so zu sein, dass nur der mathematische Platonismus, d.i. der nichtreduktive mathematische Realismus, mit dem (ontologischen) Naturalismus grundsätzlich unvereinbar ist, was wiederum heißt, dass sowohl der reduktive mathematische Realismus als auch der mathematische Antirealismus damit vereinbar scheinen. (Dass Letzterer naturalismuskompatibel ist, versteht sich ja von selbst.)
Myron hat geschrieben:2.2 MEINONGIANISMUS:
Mathematische Sätze und Theorien handeln von abstrakten Objekten und sind wahr, obwohl es solche Objekte nicht gibt.
ujmp hat geschrieben:Die Zahl Pi ist ein Modell von etwas Realem, das wir mit diesem Begriff greifen wollen, von dem dieser Begriff handelt. Sie ist aber auch selbst etwas Reales - ein reales Modell, das in unserem Gehirn eine physische Existenz hat. … Man braucht also nicht anzunehmen, dass die Zahl Pi außerhalb von unserem Denken existiert und kann ihr trotzdem Realität zugestehen.
ujmp hat geschrieben:Hm - welche von deinen Leckereien würdest du mir empfehlen?
ujmp hat geschrieben:Was ist die Zahl Zwei?
…Wir können überhaubt nur Dinge zählen, die sich unterscheiden!
ujmp hat geschrieben:Meist ist die Differenz eine räumliche.
ujmp hat geschrieben:Der Grund, warum wir Dinge zusammen zählen, mag eine Ähnlichkeit ihrer Beschaffenheit sein, muss aber nicht. Wir können auch zwei verschiedene Gegenstände zählen, "ein Ei und ein Segelschiff sind zwei Dinge". Oder "ein Ei und ein Gedicht".
ujmp hat geschrieben:Damit ist klar, dass das, was wir mit "zwei" meinen, keine Eigenschaft sein kann, die den gezählten Dingen anhaftet.
ujmp hat geschrieben: "Zwei" ist eine Struktur im Regelkreis unseres Gehirnes, unseres Organismus.
ujmp hat geschrieben:Der Zahl Zwei kann man also genau so viel Wirklichkeit zugestehen, wie einem Apfel. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Begriff "Apfel" ebenso nur ein Modell von dem ist, was wir damit meinen, modelliert in Form von neuronalen Zuständen. "Zwei" wäre also etwas Wirkliches, aber nichts außerhalb unseres Geistes.
Myron hat geschrieben:ujmp hat geschrieben:Der Zahl Zwei kann man also genau so viel Wirklichkeit zugestehen, wie einem Apfel. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Begriff "Apfel" ebenso nur ein Modell von dem ist, was wir damit meinen, modelliert in Form von neuronalen Zuständen. "Zwei" wäre also etwas Wirkliches, aber nichts außerhalb unseres Geistes.
Äpfel sind keine Begriffe, und der Begriff <Apfel> ist kein Apfel.
Wenn sich der Ausdruck "(die Zahl) 2" auf etwas "innerhalb unseres Geistes" bezieht, dann muss man nachfragen, um was genau es sich dabei handelt. Wenn sich die Ziffer "2" auf ein mentales Objekt bezieht, dass wir "die 2-Vorstellung" nennen, dann besteht das Problem, dass jeder von uns seinen eigenen Kopf/Geist hat und sich somit die Frage stellt, in wessen Kopf/Geist sich die 2-Vorstellung denn befindet. Falls jeder eine eigene 2-Vorstellung in seinem Kopf/Geist hat, dann gibt es die 2-Vorstellung nämlich überhaupt nicht, sondern so viele 2-Vorstellungen, wie es mathematikkundige Menschen gibt.
Myron hat geschrieben:Außerdem scheitert der mathematische Psychologismus an den Unendlichkeiten der Mathematik. Psychologistisch interpretiert, ist ein Theorem wie "Es gibt unendlich viele natürliche Zahlen" zu lesen als "Es gibt unendlich viele Vorstellungen natürlicher Zahlen in unseren Köpfen/Geistern". Doch dass darin tatsächlich Platz für derart viele Zahlvorstellungen (Zahlideen) ist, ist praktisch ausgeschlossen:
"To give just one argument here, it seems that psychologism is just as incapable as physicalism is of dealing with the huge infinities in mathematics. As was just seen, standard set theories entail that there actually exist huge infinities of mathematical objects. But it's just not believable that there are that many ideas in our heads. Indeed, it seems clear that there are only finitely many ideas in our heads. Therefore, it is not plausible to maintain that the claims of set theory are made true by mental objects."
Myron hat geschrieben:Für Gottlob Frege sind Zahlen (im Sinne von Anzahlen) keine Eigenschaften von Gegenständen oder Gruppen von Gegenständen, sondern von Begriffen. Er liest also z.B. "Es gibt acht Planeten in unserem Sonnensystem" [vor dem bedauerlichen "Rausschmiss" Plutos waren es neun] als "Der Begriff <Planet unseres Sonnensystems> hat die Eigenschaft der Achtzahligkeit", was bedeutet, dass acht Gegenstände unter diesen Begriff fallen.
Myron hat geschrieben:Im Gegensatz dazu behauptet z.B. der zeitgenössische englische Philosoph Jonathan Lowe, dass Zahlen Eigenschaften von Gegenständen oder Gruppen von Gegenständen seien. Er liest also z.B. "Auf dem See schwimmen zwölf Schwäne" als "Die auf dem See schwimmenden Schwäne haben (als Gruppe) die Eigenschaft des Zwölf-Seins/Zwölf-Dinge-Seins".
ujmp hat geschrieben:In jedem Kopf befindet sich dementsprechend eine neuronaler Zustand, der "zwei" repräsentiert (sei es hard- oder software). Wenn ich nicht schon voraussetze, dass "zwei" unabhängig von meinem Geist existiert, habe ich an dieser Stelle jedenfalls noch keinen Anlass, dies anzunehmen.
ujmp hat geschrieben:Mein Hand kann doch auch unendlich viele verschiedene Gegenstände fassen, wie sollte mein Gehirn nicht unendlich viele natürliche Zahlen fassen können? Es besteht ja keine Notwendigkeit, alles auf einmal zu fassen. Davon abgesehen ist "Unendlichkeit" ein theoretisches Konstrukt, das falsch sein kann. "Es gibt unendlich viele natürliche Zahlen" ist eigentlich zu lesen als "Es ist keine Begrenzung der natürlichen Zahlen denkbar, daher gehen wir davon aus, dass es keine Begrenzung gibt. Was keine Begrenzung hat nennen wir 'unendlich'." Man kann aber das Kriterium der Denkbarkeit nicht als Beweis heranziehen.
ujmp hat geschrieben:"Ein Schwan, die Wochentage, die Drei Musketiere und die Abseitsregel" haben dann auch die Eigenschaft des "Zwölfseins"? Und haben "Max und Moritz" die Eigenschaft des "Undseins"? - Hört sich nicht sehr vernünftig an! Es bedeutet nämlich, dass jeder Gegenstand die Eigenschaft jeder Zahl hätte, jede sogar unendlich oft. Von "Eigenschaft" ist dann nicht mehr zu reden. Das "Nullsein" fiele höchstens raus...
Myron hat geschrieben:"Wäre die Zahl eine Vorstellung, so wäre die Arithmetik Psychologie. Das ist sie so wenig, wie etwa die Astronomie es ist. Wie sich diese nicht mit den Vorstellungen der Planeten, sondern mit den Planeten selbst beschäftigt, so ist auch der Gegenstand der Arithmetik keine Vorstellung. Wäre die Zwei eine Vorstellung, so wäre es zunächst nur die meine. Die Vorstellung eines Andern ist schon als solche eine andere..."
(Frege, Gottlob. Die Grundlagen der Arithmetik. 1884. Hrsg. v. Joachim Schulte. Stuttgart: Reclam, 1987. §27)
ujmp hat geschrieben:Was ist dagegen einzuwenden, das jeder seine eigene Zwei hat? M.E. gehören Zahlen Funktionen an, die zum Organismus gehören und keine äußere Exsitenz haben.
ujmp hat geschrieben:Frege sagst selbst irgendwo, dass die Grundlage der Mathematik die Logik ist. Ich denke, dass die logischen Funktionen fest verdrahtet in uns eingebaut sind.
ujmp hat geschrieben:Damit ein Organsimus lernfähig ist, muss er eine Vergleichsfunktion haben, die ermittelt, ob bestimmte Signale die ihn erreichen sich ähnlen oder nicht. Er muss feststellen können, ob ein Signal eine Wiederholung ist, eine Kontinuität.
ujmp hat geschrieben:"Zwei" ist der Name für "etwas und etwas anderes". "Drei" für "etwas und etwas anderes und ein weiteres, das anders ist als des eine und das andere" - usw.
ujmp hat geschrieben:Zahlen sind Muster von Ergebnissen der Vergleichsfunktion, die dann wieder in eine Vergleichsfunktion eingespeist werden und, da sich diese Muster wiederholen, ebenso als Kontinuitäten wahrgenommen werden, wie der tägliche Sonnenaufgang.
ujmp hat geschrieben:Dass Zwei und Zwei gleich Vier ist, sagt m.E. nichts über eine äußere Wirklichkeit aus, sondern nur etwas darüber, wie unser Gehirn funktionert.
Myron hat geschrieben:ujmp hat geschrieben:Was ist dagegen einzuwenden, das jeder seine eigene Zwei hat? M.E. gehören Zahlen Funktionen an, die zum Organismus gehören und keine äußere Exsitenz haben.
Soweit ich weiß, hat noch kein Pathologe bei einer Autopsie Zahlen entdeckt.
Myron hat geschrieben:Wenn sich also unser Gehirn naturgeschichtlich anders entwickelt hätte, dann hätte es z.B. sein können, dass 2 + 2 = 5?
Myron hat geschrieben:Und was (2) anbelangt, so bin ich der Auffassung, dass "2" weder für eine konkret-physische noch für eine konkret-psychische Entität steht, sondern für eine abstrakte: die Zahl 2.
Da ich als Naturalist überdies meine, dass es keine abstrakten mathematischen Entitäten gibt, ist die Zahl 2 für mich ein fiktives Objekt, ein unwirkliches "Gedankending" (was nicht heißen soll, dass sie "in meinen Gedanken existiert").
Dissidenkt hat geschrieben:"2" ist nur ein Begriff für die Wahrnehmung von etwas mehr als Eins (Objekt,Ereignis,....)
Dennoch steht dieser fiktive Begriff für eine verifizierbare Realität und hat deshalb für mich eine "wirkliche" Entsprechung ausserhalb meiner Gedanken.
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