Bibel als Geschichtsbuch

Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon stine » Mi 11. Aug 2010, 10:07

Es wäre nicht nur das Ende der Kirche(n), darum geht es doch! Es wäre das Ende biblischer Staaten, ethnischer Gruppen, kultureller Gepflogenheiten, das Ende der C-Parteien, das Ende von Vereidigungen, der Dollar müsste neu gedruckt werden, es wäre das Ende von Seelsorge, das Ende von traditionellen Werten, das Ende von Religionsunterricht, Theologiestudium, Ostern und Weihnachten ... und was noch alles...

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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon Klaus » Mi 11. Aug 2010, 10:29

@stine, da müssen wir hin. :santagrin:
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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon ujmp » Mi 11. Aug 2010, 11:06

Klaus hat geschrieben:
stine hat geschrieben:verstehst du jetzt, was ich meine?


Aber logo, ich habe die ganze Zeit verstanden worauf du hinaus willst. Würde man von Seiten des Klerus historisch gültige Analysen der Bibelschriften zulassen, wäre es das Ende der Kirche.


Es sieht nicht danach aus, als ob das klappen würde. Die christliche Theologie hat diesen Schritt längst vollzogen, spätestens seit Julius Wellhausen. Manche weniger aggressiv, wie Albert Schweitzer.
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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon Nanna » Do 12. Aug 2010, 11:13

ujmp hat geschrieben:
Klaus hat geschrieben:Würde man von Seiten des Klerus historisch gültige Analysen der Bibelschriften zulassen, wäre es das Ende der Kirche.

Es sieht nicht danach aus, als ob das klappen würde.

Die Tatsache, dass ein paar europäische Intellektuelle darüber Schriften verfasst haben, dass manche Dinge sich anders zugetragen haben, als in der Bibel steht, erschüttert die Grundfesten der Kirche halt nicht notwendigerweise. Ich liebe es immer, wenn in irgendwelchen Abenteuerfilmen Sätze wie "Wenn diese Schriften veröffentlicht würden, wäre das das Ende der Kirche, weil darin steht, dass Gott nicht existiert / die Kirche Verbrechen begangen hat / die Illuminati die Kirche unterwander haben oder was weiß ich sonstnoch". So ein Quatsch! Die Kirche bricht doch nicht zusammen, bloß weil Inkonsistenzen in ihrem Glauben auftreten, da gibt es eine jahrtausendealte Erfahrung darin, sich solche Sachen schönzulügen.

Wie Klaus schon ausgeführt hat, steht auch hinter dem Unternehmen Kirche eine eiskalte Machtpolitik, sicher nicht nur, aber eben auch und vor allem, je höher man in den Rängen des Klerus nach oben geht. Solche Machthaber sind zwar auf eine gewisse Legitimität, beispielsweise durch die Bibel angewiesen, entscheidend ist aber nicht der exakte Wortlaut, sondern das, was das Kirchenvolk draus macht, und seit wann interessiert sich das so besonders für den Wortlaut der Bibel? Kirche ist halt noch mehr als kultische Institution, sie ist auch Tradition, Machtträger, Basis für ein Zusammengehörigkeitsgefühl, eben eine Projektionsfläche für alles mögliche. Diese Projektionsfläche wird nicht notwendigerweise beschädigt, nur weil irgendwo ein paar Ungereimtheiten aufgetaucht sind, entscheidend ist, ob diese wahrgenommen und wie sie interpretiert werden.

Wie man im Irak sehr gut gesehen hat, kann sogar unter offenkundigen Lügen ein ganzes Land erobert werden, obwohl die halbe Welt kopfschüttelnd danebensteht. Es gab so wahnsinnig viele Ungereimtheiten vor dem Irakkrieg, hat das zum Ende der Bush-Regierung oder zumindest des Krieges beigetragen? Keine Spur. Solange der Herrscher noch Vertrauen und Prestige genießt (was in den für die beiden angesprochenen Fälle relevanten Kreisen, sprich, Gläubige und US-Wähler, nach wie vor gilt, vielleicht etwas weniger für Herrn Bush), ist es relativ egal, wie bescheuert und inkonsistent die Ideologie ist, auf die er sich stützt. In der katholischen Kirche wird seit 2000 Jahren in jedem Gottesdienst nach eigenen Angaben Kannibalismus und Vampirismus in Tateinheit begangen, was eigentlich extrem skurril und völlig idiotisch ist und im völligen Gegensatz zu einem der stärksten Tabus der europäischen Kultur steht, trotzdem nehmen die Leute das absolut ernst. Daran werden ein paar kluge Fachaufsätze nichts ändern, schon gar nicht kurzfristig, erst wenn andere soziale Prozesse die Kirchen noch weiter erodieren lassen oder wenn die Kirchenoberen selbst eingestünden, dass ihr Glaube absolut idiotisch ist, würde ein Zusammenbruch der Kirchen wahrscheinlich. Selbst dann würden aber noch jede Menge Menschen die Bibel als Quelle religiöser Inspiration ansehen, vermutlich sogar dann, wenn man zweifelsfrei nachweisen könnte, dass sie die Fälschung eines betrunkenen palästinensischen Eselhirtens war.

Um damit nochmal auf die Themenfrage zurückzukommen: Solange die Bibel ein angesehenes Kulturgut bleibt, dem von vielen Menschen übernatürliche Weisheit zugesprochen wird (was ein erlerntes, in vielen Fällen sogar indoktriniertes, Verhalten ist, so dass rationale Auseinandersetzung damit bei sehr vielen "Infizierten" nur partiell möglich sein wird), werden Leute das auch politisch ausschlachten. Dabei muss ja nicht immer auf die Bibel explizit rekurriert werden. Die CSU in Bayern gibt sich ja auch als äußerst gottesfürchtige Partei (hat natürlich nichts mit deren Politik zu tun) und nimmt damit auf eine sehr indirekte Weise auch Bezug auf die Bibel. Da viele Menschen nach wie vor großen Wert auf religiöse Traditionen legen, reicht es völlig aus, sich in deren Linie zu stellen, auch ohne Bibellesung auf dem Parteitag. Aber überlegt mal, was passieren würde, wenn man bei einer politischen Diskussion mit gewaschenen Unionsmitgliedern die Bibel als "Lügenmachwerk" o.ä. bezeichnen würde.

Übrigens, der Tempelhügel (Zion), wird gleich zweimal in der israelischen Nationalhymne erwähnt. ;-)
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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon ujmp » Do 12. Aug 2010, 11:43

Nanna hat geschrieben: So ein Quatsch! Die Kirche bricht doch nicht zusammen, bloß weil Inkonsistenzen in ihrem Glauben auftreten, da gibt es eine jahrtausendealte Erfahrung darin, sich solche Sachen schönzulügen.

Ich befürchte zwar, dass es kein Kompliment ist, aber: das könnte von mir sein! :up:
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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon ujmp » Do 12. Aug 2010, 18:23

Hier mal eine kritische Stimme aus Israel selbst: Die Erfindung des jüdischen Volkes
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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon ujmp » Fr 13. Aug 2010, 14:26

Nanna hat geschrieben:Übrigens, der Tempelhügel (Zion), wird gleich zweimal in der israelischen Nationalhymne erwähnt. ;-)


Es heißt dort "Eretz Zion" - "Land Zion". Zion wurde schon in der Bibel m.E. synonym für Land und Volk gebraucht. Israel war ja ebenso eine Synonym für das Volk, nämlich für die Nachkommen Jakobs, der auch Israel hieß. Es ist der "Stamm Israel". So ähnlich redet die Bibel auch von den "Töchtern Zions". Die bloße Erwähnung eines solchen Begriffes sagt noch nicht sehr viel.

Aber das ist m.E. nicht so wichtig. Wenn man nämlich die Gültigkeit einer Staatsgründung von der Wahrheit ihrer ideellen Grundlagen abängig machen wollte, müsste man jede Staatsgründung annulieren, bei der man sich irgendwie auf Gott berufen hat - also so ziemlich alle.
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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon stine » Fr 13. Aug 2010, 14:32

Eben - und deshalb gibt es ein politisches Interesse die Bibel immer noch hochleben zu lassen und genau deshalb liegt sie nach wie vor in jedem besseren Hotelnachtkästchen. So schnell wird das alte Buch nicht aufgegeben werden. Aller naturalistischen Logik zum Trotze.

Nun kann jeder selbst entscheiden, ob er das gut oder schlecht findet! :mg:

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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon ujmp » Fr 13. Aug 2010, 16:19

Das verstehe ich nicht, wieso "deshalb"? Kein Staat wird sich ernsthaft gefährdet sehen, weil sich die Bibel als falsch herausstellt. Sie werden "Gott" vernünftigerweise einfach streichen.
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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon stine » Fr 13. Aug 2010, 18:30

Meinst du?
Das sehe ich anders.
Wenn die kulturell, religiöse Vergangenheit keine Rolle mehr spielte, hätte man längst zugegeben, dass die Bibel ein Versuch war, sich die Weltgeschichte zu erklären. Soviele intelligente Menschen haben sich bereits dazu geäußert und es gibt haufenweise Bücher zum Thema der Fragwürdigkeit der Bibel und sie bleibt trotzdem.
Warum denkst du, dass die Gegner kein Gehör bekommen?
Doch nicht wegen der Kirchen. Das wäre das, was ich eine Verschwörungstheorie nenne. Der Interessenkonflikt dürfte viel weiter oben aufgehängt sein.

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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon ujmp » Fr 13. Aug 2010, 19:31

stine hat geschrieben:Meinst du?
Das sehe ich anders.
Wenn die kulturell, religiöse Vergangenheit keine Rolle mehr spielte, hätte man längst zugegeben, dass die Bibel ein Versuch war, sich die Weltgeschichte zu erklären.

Man hat es längst zugegeben, auch dass dieser Versuch der Vergangenheit angehört. Man könnte mit Paulus sagen: "Als wir Kinder waren, dachten wir wie Kinder, jetzt aber sind wir Erwachsene..."

stine hat geschrieben:Warum denkst du, dass die Gegner kein Gehör bekommen?
Doch nicht wegen der Kirchen. Das wäre das, was ich eine Verschwörungstheorie nenne. Der Interessenkonflikt dürfte viel weiter oben aufgehängt sein.

Die Gegner der Religion bekommen sehr viel Gehör und sehr viel Zustimmung. Nichtmal die Kirchenmitglieder glauben noch, was in der Bibel steht. Du ja auch nicht.
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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon ujmp » Fr 13. Aug 2010, 20:29

Nanna hat geschrieben: Nun zieh die Parallele zu den Palästinensern, die keinem etwas getan haben, die friedlich mit den alteingesessenen Juden zusammenlebten, die aus heiterem Himmel von ihrem Land vertrieben und jahrelang in Lager abgeschoben wurden und vom Westen seit Jahren behandelt wie unvernünftige Kinder mit überzogenen Ansprüchen behandelt werden, obwohl das historische Recht - im mindestens auf Schadensersatz und Demutsgesten seitens der Israelis - deutlich plastischer auf ihrer Seite haben.

Diese Darstellung ist mir ein wenig zu einseitig. Ich gebe dir erstmal darin Recht, dass man ein Volk nicht einfach so umherstoßen kann. Es gibt einen Freiheitswillen, dem auf Dauer die größe Übermacht u.U. nicht gewachsen ist (mein Lieblingsbeispiel dafür ist der Indochina- bzw. Vietnamkrieg). Nur haben wir im Nahostkonflikt das Problem, dass die beiden Konfliktparteien von eben diesem Motiv getrieben werden. Es ist kaum zu bestreiten, dass Israel im Grunde ebenfalls ein Flüchlingslager ist - für Verfolgte des Antisemitismus. Die Geschichte ist nunmal so gelaufen. Wer kann es einem Menschen verdenken, für seine Sicherheit zu sorgen? Die Welt der Juden war eine Hobbes'sche Welt. Keine Staatsmacht trat für sie ein. Aus ihrer Sicht galt das Recht des Stärkeren. Und es lässt sich dabei nicht leugnen, dass sie als David in den Ring traten, der gegen Goliath schon schwere Verluste erlitten hatte - sich nun aber endlich aus der passiven Defensive herausbegab.

Die Palästinenser (den Begriff gibt es erst sein den 60er Jahren, wenn man leugnet, dass es ein "Volk der Juden" gibt, dann gibt es ein "Volk der Palästinenser" schon gar nicht) waren leider ein Teil dieser feindseligen Welt. Wie gesagt, durch Amin al Husseini mit direkter Verbindung zum Hitlerfaschismus. Da war nichts mit "Heiterem Himmel". Die palästinensischen Flüchtlinge sind als Angehörige von Israels Kriegsgegnern geflohen. Hätten diese jene Kriege nich angezettelt, würde die Landkarte des Nahen Ostens heute ganz anders aussehen. Israel hat nur durch diese kompromisslose Aggression seiner Nachbarstaaten sein Gebiet erweitert, nicht durch Eroberungskriege. Und eben deshalb auch das Recht zugebilligt bekommen, militärische Pufferzonen besetzt zu halten. Man kann m.E. die Palästinenser hier nicht aus ihrer eigenen Verantwortung entlassen (dann würde man sie entmündigen). Sie haben sich viele ihrer Probleme selbst zuzuschreiben. Ich finde jedenfalls nicht, dass ihr unerbittlicher Hass gegen Israel alternativlos ist, und deshalb nur unser Verständnis benötigt. Wenn sie mal versucht hätten, ein bisschen halblang zu machen, wären sie längst ein Staat, wie der Jordan oder der Libanon. Die Juden hatten 1948 noch nicht soviele Freunde in der Welt, wie heute. Wenn Israel umgedreht einen Krieg angezettelt hätte, gebe es diesen Staat möglicherweise gar nicht mehr.
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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon stine » Mo 16. Aug 2010, 13:22

Die nächste Frage wäre: Warum schreibt niemand die Bibel weiter?
Die Geschichte Israels (der Juden) ist doch längst nicht zu Ende, sie hat im Gegenteil, erst angefangen.
Man könnte zB an die Chroniken im AT anknüpfen und ein Buch Hirsch oder Herzl dazuschreiben. Auch Marcel Reich-Ranitzki hat viel zusammengetragen, gelesen und selbst erlebt, er könnte doch das Buch Reich-Ranitzki anhängen und somit die Geschichte für nachfolgende Generationen weiterführen. Oder man könnte ein Stern- oder Spiegelbuch anhängen?
:ka: warum tut das niemand?

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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon ujmp » Do 26. Aug 2010, 09:02

...es fehlt an fähigen Autoren. Wie z.B. Joseph Smith (witzig die Aussage "Auf der anderen Seite gab es auch einige, die ihn für einen Scharlatan und Kriminellen hielten. Seine Lehre wurde von seinen Kritikern als nicht der Bibel entsprechend und daher als nicht christlich dargestellt.")
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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon stine » Fr 27. Aug 2010, 13:06

Danke, sehr interessant.

Wie es aussieht, braucht es nur einen glaubwürdigen Propheten...

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Re: Bibel als Geschichtsbuch

Beitragvon Arathas » Fr 27. Aug 2010, 13:13

Gibt doch neue Schriften, die die Bibel weiterführen bzw. ergänzen. Zum Beispiel "Die Bibel nach Biff". ;D

http://www.amazon.de/Die-Bibel-nach-Bif ... 201&sr=8-1
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