Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon xander1 » Mo 11. Okt 2010, 17:27

Ich weiß nicht ob das ein Thema wert ist.

Wilders ist Islamkritiker, vielleicht auch Hetzer und gleichzeitig ist seine Partei eine wirtschafts-liberale Partei. Gibt es einen Grund wieso das zusammenpasst? Das ist eigentlich meine Hauptfrage.

Dazu kommt, dass Seehofer aus der CSU auch ziemlich wirtschafts-liberal eingestellt ist und ziemlich "rechts" ist und Guido ist nicht wenig "rechts" und außerdem ist Sarrazin ein "Wirtschaftsvertreter" um es mal so allgemein darzustellen und auch einer der gegen den Islam hetzt.

Ich finde diesen Zusammenhang der politischen Einstellung so ziemlich bemerkenswert, dass besonders wirtschafts-liberal eingestellte Personen gegen den Islam hetzen, sei es berechtigt oder nicht.

Meine zweite Frage ist also folgende: Widersprechen sich die wirtschafts-liberale Ideologie mit der islamischen "Ideologie" (in Anführungszeichen)?

Ich schreibe mit Absicht immer von Wirtschaft-Liberalität, weil dies für mich etwas anderes darstellt, als einfach nur Liberalismus. Ich muss auch bemerken, dass mein Ausdruck in diesem Beitrag nicht so schön ist, aber ich habe gerade keine Lust lange übers formulieren nachzudenken.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon Sappy » Mo 11. Okt 2010, 20:10

Ehrlichgesagt versteh ich das Thema jetzt nicht so ganz. Was ist denn für dich so widersprüchlich daran?
Benutzeravatar
Sappy
 
Beiträge: 78
Registriert: Mo 3. Aug 2009, 19:47

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon stine » Di 12. Okt 2010, 06:42

Gute Frage Xander!
Da ist in der Tat ein sehr großer Widersrpuch. Eigentlich ist jede Religion wirtschafts - vielleicht nicht gerade feindlich - aber doch eher verneinend eingestellt. Der Gelderwerb ist ja aus religiöser Sicht keine erstrebenswerte Bereicherung (obwohl verschenken soll man es dann doch und der so Beschenkte wäre dann ja zeitlebens unglücklich :/ ). Die "Gottgefälligkeit" scheint in allen Religionen eher dann erreicht, wenn Verzicht und Demut gelebt wird. Wer sich alleine an seinem Leben freut und Gott dafür in Dankbarkeit anbetet ist der echte Glaubende.

Hinzu kommt natürlich, dass Ausbildung und das daraus resultierende Wirtschaftsdenken dem religiösen Glauben sowieso keinen Platz lässt. Ein weiterer Punkt dürfte sein, dass das Frauenrecht einer aufgeklärten Gesellschaft dem religiösen Glauben, jedenfalls einigen christlichen und vor allem im Islam, im Wege steht.

Also da gibt es durchaus diametrale Ansichten und Einsichten.

Wirtschaftswunder und Religion: Entweder Mensch macht das eine oder das andere zu erst durch und landet beim zweiten. Schon viele Erfolgreiche waren am Ende nur noch religiös und viele Religiöse waren am Ende sehr erfolgreich. :mg:

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon stine » Di 12. Okt 2010, 07:01

Die zunehmende Islamfeindlichkeit hat eventuell mit der Religion selbst gar nichts zu tun. Ich denke, dass hier einfach Kulturen aufeinander treffen, die soweit voneinander entfernt sind, wie Schlafanzug und Hilfiger Anzug.

In unserer Gesellschaft kann doch jeder glauben was er will, wer aber den Macho rauskehrt macht sich unbeliebt.

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 12. Okt 2010, 07:05

stine hat geschrieben: Eigentlich ist jede Religion wirtschafts - vielleicht nicht gerade feindlich - aber doch eher verneinend eingestellt.
Der Gelderwerb ist ja aus religiöser Sicht keine erstrebenswerte Bereicherung
Beschäftige dich z.B. mal mit dem Calvinismus.
Benutzeravatar
1von6,5Milliarden
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 5236
Registriert: Sa 25. Nov 2006, 15:47
Wohnort: Paranoia

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon stine » Di 12. Okt 2010, 07:08

BildBild
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon stine » Di 12. Okt 2010, 07:15

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Beschäftige dich z.B. mal mit dem Calvinismus.

Und ich dachte immer, das wäre der, mit dem absoluten Nullpunkt. Aber der hieß ja Kelvin :mg:

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon Zappa » Di 12. Okt 2010, 11:05

Ich finde den Zusammenhang ganz logisch: Liberale sind Individualisten und der politische Islamismus ist seit dem Ableben des Sozialismus die derzeit virulenteste Form des Kollektivismus. Da prallen also zwei Extreme aufeinander.

Das einige "Wirtschaftsliberale" dabei Religionskritik mit der Kritik am politischen Islamismus vermengen hat mehrere Gründe: Populismus,die Tatsache, dass die politischen Islamisten dies selber tun und evtl. fehlendes intellektuelles Rüstzeug.
Benutzeravatar
Zappa
 
Beiträge: 1416
Registriert: Mi 29. Jul 2009, 19:20

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon xander1 » Di 12. Okt 2010, 11:18

Zappa hat geschrieben:Ich finde den Zusammenhang ganz logisch:


Ich meine nicht, dass der Zusammenhang unlogisch ist, lediglich auffällig. Widersprüchlichkeit wollte ich auch nicht thematisieren. Jedoch bin ich selbst auf diesen Zusammenhang gekommen, ohne dass es mir jemand auf einem silbernen Tablett serviert hat. Oder sagen wir so: Mir war es vorher nicht bewusst.

Eigentlich hat es Zappa so ziemlich auf den Punkt gebracht.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon mat-in » Di 12. Okt 2010, 11:46

Warum ist Religion wirtschaftsfeindlich? Wenn die Vatikan-Bank in Streubomben anlegt scheint sie das mit "den meisten gewinn abwerfen" schon verstanden zu haben. http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,717173,00.html
Benutzeravatar
mat-in
 
Beiträge: 1953
Registriert: Di 14. Sep 2010, 12:39

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon Zappa » Di 12. Okt 2010, 12:55

mat-in hat geschrieben:Warum ist Religion wirtschaftsfeindlich?


Christen und Muslime sind zumindest gegen Zinsgewinne ...
Benutzeravatar
Zappa
 
Beiträge: 1416
Registriert: Mi 29. Jul 2009, 19:20

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon mat-in » Di 12. Okt 2010, 13:12

Zappa hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Warum ist Religion wirtschaftsfeindlich?

Christen und Muslime sind zumindest gegen Zinsgewinne ...

Das scheien Christliche Banken aber anders zu sehen?
Benutzeravatar
mat-in
 
Beiträge: 1953
Registriert: Di 14. Sep 2010, 12:39

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon Zappa » Di 12. Okt 2010, 13:37

mat-in hat geschrieben:Das scheien Christliche Banken aber anders zu sehen?


Da stimme ich Dir zu und mich würde mal deren Begründung interessieren ...
Benutzeravatar
Zappa
 
Beiträge: 1416
Registriert: Mi 29. Jul 2009, 19:20

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 12. Okt 2010, 16:06

Pecunia non olet - amen :buch:
Benutzeravatar
1von6,5Milliarden
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 5236
Registriert: Sa 25. Nov 2006, 15:47
Wohnort: Paranoia

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon Zappa » Di 12. Okt 2010, 16:28

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Pecunia non olet - amen :buch:


Das ist kein Grund sondern zynische Kapitulation vor der Faktizität des Erfolges :mg:
Benutzeravatar
Zappa
 
Beiträge: 1416
Registriert: Mi 29. Jul 2009, 19:20

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon Entität » Di 12. Okt 2010, 22:16

Zappa hat geschrieben:Christen und Muslime sind zumindest gegen Zinsgewinne ...


In Amerika wird teilweise der Kapitalismus mit dem Christentum/Jesus begründet.
Unterhaltsames Video auf Englisch:


Ab 0:45 frei übersetzt:
Glauben sie, das Europas Heidentum - seine Abkehr vom Christentum -irgendetwas mit seinem ökonomischen Verfall zu tun hat?

Und ein Pastor o.Ä. begründet diese Aussage dann feierlich.

Der Moderator dann weiter 3:13:
Sozialismus ist moralischer Bankrott. Kapitalismus ist höchstmoralisch...


Mit Religion kann man immer begründen was man gerade möchte :jg:

greets Entität
Entität
 
Beiträge: 81
Registriert: Mi 14. Apr 2010, 22:13

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon Gandalf » Mi 13. Okt 2010, 20:02

mat-in hat geschrieben:
Zappa hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Warum ist Religion wirtschaftsfeindlich?

Christen und Muslime sind zumindest gegen Zinsgewinne ...

Das scheien Christliche Banken aber anders zu sehen?

1. Religion ist nie wirtschaftsfeindlich
(wieso auch? "Wirtschaft" ist zunächst eine Dienstleistung für Menschen um Bedarf zu decken)
2. Im Judentum, Christentum und Islam gibt es das Zinsverbot
(in der katholischen Kirche wurde es erst 1830 offiziell aufgehoben)
Die "Zinslose Zeit" im Mittelalter war - für die "einfachen Leute" eine Zeit höchsten Wohlstand und kultureller Blüte (Der "blaue Montag" -also der bezahlte Feiertag im Handwerk - kommt aus dieser Zeit):
http://de.wikipedia.org/wiki/Zinsverbot
In die Zeit des Zinsverbotes fällt die überwiegende Zahl der deutschen Städtegründungen, der Bau zahlreicher europäischer Kathedralen sowie ein massiver Bevölkerungsanstieg in der Zeit des Hochmittelalters. Die Phase des Zinsverbotes deckt sich mit der Epoche der Gotik (1140-1500).

Das Geld der einfachen Leute war so konstruiert, das es nicht gehortet werden konnte und 'umlaufen musste' um seinen Wert zu behalten: Brakteaten. Zins war also 'Geld-konstruktionsbedingt' schwer durchsetzbar, - es zählte nur das, was 'mittels Geld' an Werten geschaffen ("geleistet") wurde und nicht das 'Geld an sich' (Was natürlich schon damals denjenigen nicht in's Konzept passte, die Interesse an der Erzielung 'leistungsloser Einkommen' hatten und haben.)

...und damit klärt sich imho auch folgendes auf:

xander1 hat geschrieben:Meine zweite Frage ist also folgende: Widersprechen sich die wirtschafts-liberale Ideologie mit der islamischen "Ideologie" (in Anführungszeichen)?


Es geht nicht um "Wirtschaftsliberalität" kontra Religion etc. sondern um ...
(und das wird leider hier im board gern und immer wieder als "Verschwörungstheorie" verharmlost)
...den Widerspruch zwischen dem angelsächsischen Wirtschaftssystem, in dem die Politik (und die Menschen, die ihre Interessen in der Politik vertreten sehen wollen) nur 'ein Mittel zum Zweck' ("der Wirtschaft") darstellt, nämlich höchstmögliche Renditen für die Kapitalgeber (also die 'Nicht-Leister') zu erzielen..
... UND ...
'anderen Glaubenssystemen', die nicht im Sinne der neoliberalen Ideologen 'berechen- und austauschbar' sind und womöglich auf die Idee kommen könnten, das Wirtschaft dazu da sein könnte, 'den Menschen zu dienen' - und nicht umgekehrt.
Dazu zählen eben:
- religiöse Gruppen, die andere Werte (z.T sogar "altruistische") in den Vordergrund stellen (egal ob Muslim, Jude oder Christ)
- der Teil unserer heimischen Bevölkerung Wirtschaft und Politik, die noch das preußischen "ich diene" (...dem Volk) verinnerlicht hat. (und was mal als Idealbild galt - und immer noch Teil unseres Grundgesetzes ist)

Das alles verträgt sich nicht mit dem "neoliberalen Wirtschaftssubjekt", das nur dann seinen Zweck im Getriebe erfüllt, wenn es bereit ist sich unbegrenzt zu verschulden und alles kritiklos hinzunehmen, was als "politisch korrekt" vorgegeben wird.
Benutzeravatar
Gandalf
 
Beiträge: 925
Registriert: Mo 25. Feb 2008, 20:54

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon xander1 » Mi 13. Okt 2010, 20:11

Gandalf hat geschrieben:1. Religion ist nie wirtschaftsfeindlich


Da bin ich mir nicht so sicher. Ich glaube zwar nicht, dass das die Ursache des Konfliktes ist, über den es in diesem Thema geht, aber laut Bibel ist es nicht erstrebenswert reich zu sein. Es gibt da eine sehr bekannte Bibelstelle, in der ein reicher Mann aufgefordert wurde all sein Hab und Gut zu verkaufen und Jesus zu folgen. Und für Christen ist es ein Credo, dass man sich nicht in den Himmel kaufen kann.

Der Buddhismus ist noch wirtschafts-feindlicher. Gier ist darin eine Untugend. Ich habe hier und da immer mal wieder etwas darüber gelesen. Und man könnte viel darüber schreiben, wenn ich es alles raussuchen würde, wozu ich keine Lust habe, dass Buddhismus nicht so gut für die Wirtschaft ist. Buddhismus ist für Mäßigung. Buddhisten würden wohl kaum den Konsum ordentlich ankurbeln.


Der Rest deines Beitrags hat mich nicht überzeugt.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon stine » Do 14. Okt 2010, 06:51

Gandalf hat geschrieben: (und das wird leider hier im board gern und immer wieder als "Verschwörungstheorie" verharmlost)
...den Widerspruch zwischen dem angelsächsischen Wirtschaftssystem, in dem die Politik (und die Menschen, die ihre Interessen in der Politik vertreten sehen wollen) nur 'ein Mittel zum Zweck' ("der Wirtschaft") darstellt, nämlich höchstmögliche Renditen für die Kapitalgeber (also die 'Nicht-Leister') zu erzielen..

Da ist schon was dran, Gandalf!
Wer vom Zins und Zinseszins lebt, kann praktisch Geld ausgeben, das nicht durch einen Gegenwert generiert wurde. Er lebt sozusagen inflationär, es ist, als würde er sein Geld selber drucken.
Diejenigen, die dafür sorgen müssen, dass diese "selbstgedruckten" Scheine dennoch gedeckt sind, müssen immer mehr, für immer weniger leisten.

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Wirtschaftsliberalismus und Islamschelte

Beitragvon Gandalf » Do 14. Okt 2010, 19:44

xander1 hat geschrieben:
Gandalf hat geschrieben:1. Religion ist nie wirtschaftsfeindlich


Da bin ich mir nicht so sicher. Ich glaube zwar nicht, dass das die Ursache des Konfliktes ist, über den es in diesem Thema geht, aber laut Bibel ist es nicht erstrebenswert reich zu sein.


sorry xander1 - "wirtschaften" hat zunächst mal nix mit 'horten' ("reich sein") zu tun. (Genausowenig wie etwa der "Blutkreislauf" für ein Blutgerinsel verantwortlich ist)
Ich hatte bewusst ein (nachprüfbares) Beispiel aus unserer Vergangenheit gebracht, in der das "wirtschaften" sehr gut funktionierte - und dem 'Menschen diente', - ohne das Geld gehortet wurde (= das, was man in in einem Zinseszinssystem mit "Reichtum" gleich setzt)

@stine
ja das ist es (und daraus ergibt sich alles andere, was zur Zeit so abgeht) :up:
Benutzeravatar
Gandalf
 
Beiträge: 925
Registriert: Mo 25. Feb 2008, 20:54

Nächste

Zurück zu Gesellschaft & Politik

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste