Gesellschaftsordnung und Kaste

Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon musicman » Fr 3. Sep 2010, 07:11

stine hat geschrieben:
musicman hat geschrieben:...die Angst des Bürgertms vor Veränderung ihren Ursprung zu haben, sie haben Angst, dass man ihnen die Schnitten wegnimmt. :(
Wieso sollte eine Ausweitung des Bürgertums die Angst vor dessen Untergang schüren?
Das würde sich doch widersprechen, nicht wahr?
LG stine


Wie Du ja mit Deiner Kastentheorie beschreibst, man will unter sich bleiben, aber der Kuchen kann nur einmal verteilt werden. :wink:

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 3. Sep 2010, 08:41

stine hat geschrieben:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:... mit Beziehungen kommst du auch bei schlechterer Qualifikation weiter bzw. überhaupt erst in Bereiche, die ohne Beziehungen mit der mangelnden Qualifikation unerreichbar wären.
Und genau deshalb ist das ganze Bildungsgeschwafle der Regierung und ihrer Opposition nur ein Hinhalten und Augenwischen. In Wirklichkeit interessiert das niemanden.
Mit deinen Schauklappen die laut verlässlicher Quelle mit vier Buchstaben (nein, nicht Bild sondern ujmp) sich aus der Bildung via Bild der Frau und Freizeit Revue gebildet haben, übersiehst du die weiteren Möglichkeiten. Man sollte aber vielleicht eher von Blindheit reden.
Ohne Bildung und ohne Beziehung wirst du nichts "toilles" - zumindest in der Regel.
Ohne Bildung mit Beziehung hast du zumindest die Chance an Jobs zu bekommen, die deutlich über deinem Bildungs- und Ausbildungsniveau liegen.
Aber mit guter Ausbildung hast du die Chance auch in gute und beste Jobs zu kommen, wenngleich dies ohne ererbte Beziehungen schwerer ist, es geht aber. Es liegt selbstverständlich auch immer an der Persönlichkeit selber, an bestimmter sozialer Kompetenz (die charakterlich nicht zwangsweise die Krönung sein muss) ob man sich selber neue Beziehungen schaffen kann.

Nettes Beispiel sind übrigens Hochstapler, die haben nicht einmal tatsächlich die Ausbildung und schaffen es trotzdem nach oben (zumindest die bekannten Hochstapler, sicherlich sind immens viele mehr gescheitert oder spielen in niedrigeren Ligen.

stine hat geschrieben:In einem Kaff im hintersten Winkel Bayerns wird derzeit ein altes Schulhaus energiesaniert. Die Bautafel Vorort lässt erahnen, wieviele Handwerksbetriebe hier für die nächste Zeit ein gutes Einkommen haben werden. Außer einem Kleinstmusseum befindet sich in diesem Haus nichts mehr von Interesse. Ich frage mich einmal mehr: Sind das die versprochenen Bildungsausgaben?
Ja zum Teil auch, so wie es die C-Partei halt umsetzt. Die Finanzierung kommt bzw. ist vermutlich (Teil)Bestand des Konjunkturprogramms.
Und die Chefs dieser Handwerksbetriebe haben alle ererbte Beziehungen oder Betriebe? Oder zählen solche Leute für dich noch zu den Versagern die es zu nichts geschafft haben?
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon stine » Fr 3. Sep 2010, 08:47

Unter sich bleiben wollen die Politiker und Vorstände der Wirtschaft, Verlage und ihre geldwerten Autoren, Galerien und ihre gewinnbringenden Künstler, Musikverlage und namhafte Interpreten, Finanzdienstleister und reicher Adel...

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon stine » Fr 3. Sep 2010, 08:55

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Aber mit guter Ausbildung hast du die Chance auch in gute und beste Jobs zu kommen, wenngleich dies ohne ererbte Beziehungen schwerer ist, es geht aber.
Hab ich je etwas anderes behauptet?
Klar, aufgrund meiner absolutistischen Aussagen musst du das denken. Ich bin eben gerne mal etwas strikter als andere. :^^:

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Und die Chefs dieser Handwerksbetriebe haben alle ererbte Beziehungen oder Betriebe?
Vorort wäscht eine Hand die andere...

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 3. Sep 2010, 09:27

Ja, trotzdem muss eine Ausschreibung gemacht werden. Und ich wohne in einem solchen Vorort :mg: und kenne auch so eine Schule, ist aber größer und deshalb haben da wohl Auswärtige (x00 km) ganz ordentlich mitgewaschen. Aber auch das Geld zum Waschen *hüstel* muss man irgendwie und irgendwo auch als Handwerksmeister verdient haben.
Beziehungen helfen, sie müssen aber nicht unbedingt ererbt sein oder einen Metallstreifen im Inneren haben.
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon stine » Do 11. Nov 2010, 15:13

Heute war ein interessanter Beitrag in DLF-Radio (oder wars B5 aktuell :lookwrong: ) von einem Soziologen zum Thema: Warum klafft arm und reich in unserer Gesellschaft immer mehr auseinander? Seine Erklärung war eine einfache und trotzdem logisch:

Früher heiratete der Akademiker (zB Arzt) die Krankenschwester im Lernberuf. Sie blieb dann zu Hause (ein Akademiker kann sich das leisten) und kümmerte sich um die Familie. Das höhere Einkommen gereichte einfach zum Auskommen.
Der Hilfsarbeiter heiratete in seinem Umfeld die Hilfsarbeiterin und beide gingen Arbeiten, um gut leben zu können, hier gereichte das niederere Einkommen gedoppelt zum Auskommen.

Heute ist das (statistisch bewiesen) anders: Der Arzt heiratet die inzwischen mit Studienabschluß ausgebildete Krankenschwester, die aufgrund ihrer guten Ausbildung gar nicht daran denkt, ihre Arbeit aufzugeben und beide gehen weiterhin arbeiten. Das höhere Einkommen ist nun gedoppelt.
Der Hilfsarbeiter muss seine Frau zu Hause lassen, weil für ihre ungelernten Fähigkeiten kein Job mehr zu finden ist. Die Ansprüche in der Berufswelt sind gestiegen. Das niederere Einkommen bleibt ein einfaches.

Ich fand diese Erklärung verständlich.
Wollte das einfach an dieser Stelle mal loswerden, weil es für mir beweist, dass immer noch oder wieder selten "unter Stand" geheiratet wird.

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 11. Nov 2010, 17:29

Ärzte schauen prinzipiell :kg: auf Krankenschwestern herunter (auf hübsche natürlich gerne nicht nur herabblickend) und Krankenschwestern zu Ärzten anhimmelnd herauf, ist es denn die Möglichkeit zum Sprung. Trotzdem heiratet der Arzt doch lieber die Ärztin und Krankenschwester ist nicht gleich Krankenschwester. Denn "examinierte Krankenschwestern" schauen auf die nicht-examinierten Krankenschwestern auch gerne hochnäsig herab und betonen, dass das Pendant zur examinierten Krankenschwester in anderen Ländern eben ein Studienberuf sei (also akademisch). Bei uns ist dies aber (noch?) nicht der Fall. Insofern ist dies
stine hat geschrieben:Der Arzt heiratet die inzwischen mit Studienabschluß ausgebildete Krankenschwester
Müll, denn der Studienabschluss ist eine Weiterbildung (z.B. Pflegemangement) nach der Ausbildung mit (gutem) Abschluss ("Examen") und wird naturgemäß weder von der Mehrzahl noch von den (in der Regel) jungen Krankenschwestern durchgeführt (auch wenn sie "examiniert" sind).

Es gibt weder für Hilfsarbeiter noch für Hilfsarbeiterinnen noch genügend Jobs, wobei vermutlich die "innen" da sogar die besseren Karten haben, da sie in der Regel die billigeren und statistisch gesehen weniger die "Dummen" sind (Intelligenzverteilungsunterschiede bei Mann und Frau). Kraft wird heute doch - bei uns - eher durch Maschinen ersetzt.
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon stine » Do 11. Nov 2010, 21:39

Sich an Einzelbeispielen aufzuhängen ist natürlich immer schlecht. Ich habe das auch nur gemacht, weil der Soziolgie mit genau diesen og Beispielen das Dilemma erklärt hat.

Tatsache ist: Würden Akademiker Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter Akademikerinnen heiraten und es bliebe der jeweils schlechter Ausgebildete zuhause, wäre ein bessereres Durchschnittseinkommen zu erzielen. :^^:
Aber Stände vermischen sich nicht so leicht.

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon laie » Do 11. Nov 2010, 22:11

Ich habe mir jetzt den Thread durchgelesen. So ganz verstanden habe ich ihn nicht, glaube ich. Stine hat den Tanz eröffnet mit ihrer Ansicht, daß, wenn ich sie richtig verstanden habe, es a) auch bei uns Schichten gibt, die unser Gemeinwesen in die Nähe des indischen Kastensystems rücken. B) Sie fragt sich, ob man nicht alles so lassen solle, wie es ist, weil sich diese Schichtung ja vermutlich natürlich (ähnlich wie bei einem Termitenhügel) entwickelt habe.

zu a) selbstverständlich gibt es Schichten und Grenzen zwischen diesen Schichten. Die Überschreitbarkeit dieser Grenzen ist dabei so etwas wie die Falsifizierbarkeit von Theorien: hier bildet sie das Kriterium für Wissenschaftlichkeit, dort das Kriterium für Modernität und Fortschrittlichkeit. Kaufen kann man sich dafür in beiden Fällen nichts: die meisten heutigen Theorien sind für den Laien nicht falsifizierbar - aus Geldmangel, Zeitmangel, Wissensmangel usw.

Was wir in aller Regel nachvollziehen, wenn wir eine Theorie falsifizieren, ist ja nur die Logik dieser Theorie. Das gilt auch für die Überschreitbarkeit von Schichten: Auch hier folgen wir einer gewissen Erzähllogik, die uns von unseren staatstragenden Institutionen vorgetragen wird. Man mag es kaum glauben, aber für viele Menschen ist der Schritt zu nächsten Schicht ebenso unerreichbar wie das Falsifizieren einer Theorie. Sie können diese Schritte nur theoretisch nachvollziehen. Dazu gehöre auch ich.

zu b) diese Soziologie ist kein Naturgesetz. Sondern menschengemacht. Und Menschen haben ein Interesse nach Macht. Und danach, sich selbst von anderen abzugrenzen.
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon donquijote » Do 11. Nov 2010, 23:05

stine hat geschrieben:Aber Stände vermischen sich nicht so leicht.


Was heißt hier Stände? Bei Paaren besteht mittlerweile eine ausgesprochene Bildungshomogamie. Das war natürlich anders, als Frauen noch nicht generell um Bildung wetteiferten, da von vornherein davon ausgegangen wurde, dass sie Mutter und Hausfrau werden und erst sekundär vielleicht noch etwas anderes. Da kam es häufig vor, dass ein hochgebildeter Mann eine anscheinend deutlich weniger gebildete Frau heiratete. Aber:
Eine schon etwas ältere US-Studie konnte eine ausgeprägte Intelligenzkorrelation bei Ehepaaren feststellen. Das ist naheliegend, da der Heirat üblicherweise eine längere Kennenlernphase vorausgeht. Dabei stellen dann beide insbesondere fest, ob sie intellektuell zueinander passen.
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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon stine » Fr 12. Nov 2010, 08:04

laie hat geschrieben:Sie fragt sich, ob man nicht alles so lassen solle, wie es ist, weil sich diese Schichtung ja vermutlich natürlich (ähnlich wie bei einem Termitenhügel) entwickelt habe.
Nein, das fragt sie sich nicht :winkgrin:
Ich frage mich, ob es nur so funktioniert und ob es nicht besser ist, für sich selbst das zu akzeptieren, als unnötigerweise Energie zu verschwenden. Man kann sich in seiner Kaste auch gut einrichten.
Der Einäugige ist unter Blinden ein König.

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Re: Gesellschaftsordnung und Kaste

Beitragvon stine » Fr 12. Nov 2010, 08:18

donquijote hat geschrieben: Bei Paaren besteht mittlerweile eine ausgesprochene Bildungshomogamie.

Bild
sehe ich auch so :winkgrin:

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