Was ist eigentlich Information?

Was ist eigentlich Information?

Beitragvon donquijote » Mo 22. Nov 2010, 18:01

Irgendeine Idee dazu?
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon ujmp » Mo 22. Nov 2010, 19:44

...das Gegenteil von Unsicherheit.
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon donquijote » Mo 22. Nov 2010, 20:26

ujmp hat geschrieben:...das Gegenteil von Unsicherheit.


Das wäre für mich Sicherheit.
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon ujmp » Mo 22. Nov 2010, 20:55

Auf die Frage "Was ist..." kann man immer unendlich viel antworten, weil die Antworten nur von Definitionen abhängen und Definitionen sind willkürlich. Claude Shannon hat den Informationsgehalt einer Nachricht als den Grad der Verringerung der Unsicherheit definiert. Diese Definition halte ich zumindest für zweckmäßig.
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon Myron » Mo 22. Nov 2010, 21:17

Siehe: viewtopic.php?p=65605#p65605

"Information" ist ein vielschichtiger Begriff. Floridi unterscheidet in seinem Buch (siehe obiger Link!) zwischen den folgenden Informationsarten:

1. Mathematische Information
2. Physikalische Information
3. Biologische Information
3.1 genetische Inf.
3.2 neuronale Inf.
4. Semantische Information
4.1 Ökonomische Inf.
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon Myron » Mo 22. Nov 2010, 21:34

ujmp hat geschrieben:Claude Shannon hat den Informationsgehalt einer Nachricht als den Grad der Verringerung der Unsicherheit definiert. Diese Definition halte ich zumindest für zweckmäßig.


Shannon's Theorie ist weniger eine Informationstheorie denn eine statistische Theorie der Datenübertragung, weil die Shannon-Information keine Bedeutung hat: Information – Bedeutung = Daten (*. Das heißt, sie verbleibt auf der Ebene der Datensyntax und befasst sich entsprechend nicht mit der Datensemantik.

(* Ein Datum ist eine Differenz, ein Kontrast oder eine Ungleichförmigkeit innerhalb eines Kontextes oder einer Situation. Daten sind also keine Objekte, sondern differenzielle Relationen.)
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon ujmp » Mo 22. Nov 2010, 22:09

Ich sag ja, man kann es definieren wie man will. Die Frage ist, was man mit seiner Definition machen will.

Ich würde sagen, eine brauchbare Definition sollte die Möglichkeit bieten, zu beurteilen, ob etwas eine Information ist oder nicht, also Ja oder Nein.
Was ist also z.B. keine "Mathematische Information"? Eine "genetische Information"? - Damit hätten wir ja bloß den Unterschied zwischen Mathematik und Genetik festgestellt, aber gar nichts über "Information".
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon Myron » Mo 22. Nov 2010, 22:11

Myron hat geschrieben:Siehe: viewtopic.php?p=65605#p65605


"The Diaphoric Definition of Data (DDD):
A datum is a putative fact regarding some difference or lack of uniformity within some context."


"The General Definition of Information (GDI):
σ is an instance of information, understood as semantic content, if and only if:

(GDI.1) σ consists of one or more data;

(GDI.2) the data in σ are well-formed;

(GDI.3) the well-formed data in σ are meaningful."


———

"Die diaphorische Definition von 'Datum' (DDD):
Ein Datum ist eine angebliche Tatsache bezüglich einer bestimmten Differenz oder Ungleichförmigkeit innerhalb eines bestimmten Kontextes."


"Die generelle Definition von 'Information' (GDI):
σ ist genau dann ein Stück Information, aufgefasst als semantischer Gehalt, wenn:

(GDI.1) σ aus einem oder mehreren Daten besteht;

(GDI.2) die Daten in σ wohlgeformt sind;

(GDI.3) die wohlgeformten Daten in σ eine Bedeutung haben."

[© meine Übers.]

(http://plato.stanford.edu/entries/information-semantic)
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon donquijote » Mo 22. Nov 2010, 22:38

Myron hat geschrieben: "Die generelle Definition von 'Information' (GDI):
σ ist genau dann ein Stück Information, aufgefasst als semantischer Gehalt, wenn:

(GDI.1) σ aus einem oder mehreren Daten besteht;

(GDI.2) die Daten in σ wohlgeformt sind;

(GDI.3) die wohlgeformten Daten in σ eine Bedeutung haben."



Es fragt sich dann allerdings, was eine Bedeutung ist. Ich las heute noch einmal ein Kapitel im Knol zur Systemischen Evolutionstheorie, und da fand ich doch höchst erstaunliche Dinge, die mich irritierten:
Das Kennzeichen der Information ist der Unterschied, und zwar zur Summe der einem Evolutionsakteur bereits zur Verfügung stehenden Informationen - seinem individuellen Wissen (Kompetenzen) über den Lebensraum. Sobald eine Information informiert hat, verliert sie ihre Qualität als Information: Sie steuert dann nichts mehr zur Reproduktion der Kompetenzen des Evolutionsakteurs bei. Die Bedeutung von Information ist folglich immer subjektiv. Sie ergibt sich aus Sicht eines Evolutionsakteurs.

Der Wert (die Bedeutung) einer Information bemisst sich an dem Beitrag, den sie zur Reproduktion der Kompetenzen des Evolutionsakteurs besteuern kann. Daraus folgt: Information hat nur für selbstreproduktive Systeme einen Wert und eine Bedeutung. Anders gesagt: In Semantik überführbare Information ist das, was von selbstreproduktiven Systemen (Evolutionsakteuren) wahrgenommen, verarbeitet und interpretiert werden kann[91]. Information ist das Produkt von Evolution[92]. Ihre Wahrnehmbarkeit (als Unterschied) entsteht erst im Rahmen der evolutiven Weiterentwicklung von Kompetenzen, und zwar aufgrund der fortwährenden Kompetenzreproduktion durch die Evolutionsakteure.

Die Begriffe Information und Informationsgehalt, wie sie in der Informationstheorie gemäß Shannon verwendet werden, sind streng von einem solchen auf Bedeutung ausgerichteten Informationsbegriff zu unterscheiden. In Shannons Theorie können z. B. zwei Nachrichten, von denen eine für den Empfänger von besonderer Bedeutung ist, während die andere nur "Unsinn" darstellt, genau die gleiche Menge an Information enthalten. (http://knol.google.com/k/systemische-evolutionstheorie)


Vor allem der Satz "Information ist das Produkt von Evolution." ließ mich zusammenzucken.
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon Myron » Mo 22. Nov 2010, 22:42

Myron hat geschrieben:(* Ein Datum ist eine Differenz, ein Kontrast oder eine Ungleichförmigkeit innerhalb eines Kontextes oder einer Situation. Daten sind also keine Objekte, sondern differenzielle Relationen.)


Bild

Das eigentliche Datum ist nicht der schwarze Punkt, sondern der Kontrast zwischen dem schwarzen Punkt und der weißen Umgebung. Diesen Kontrast kann man nun codieren und ihm damit eine Bedeutung geben. Ein semantisch codiertes Datum steht dann für einen bestimmten Sachverhalt, : "Wenn du den Schwarz-Weiß-Kontrast wahrnimmst, dann bedeutet dies, dass S."
Die Nichtwahrnehmung bzw. die Abwesenheit dieses Kontrastes ist dann entsprechenderweise auch bedeutungsvoll, denn das bedeutet dann, dass nicht-S. Wir haben es dann nicht wie im ersten Fall mit einem positiven Datum, sondern mit einem negativen Datum zu tun; und beide Datenarten können informativ sein. Wenn zum Beispiel bei einer Maschine im Fall eines Defektes ein rotes Lämpchen aufleuchtet, dann informiert mich die Tatsache, dass es nicht aufleuchtet, darüber, dass kein Defekt vorliegt (vorausgesetzt, das Lämpchen ist nicht selbst defekt).
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon ujmp » Mo 22. Nov 2010, 22:48

Lass es uns mal checken:
Vor meiner Haustüre sehe ich eine Pfütze. Ist das eine Information für mich? Wenn ja, was ist dann in dieser Welt keine Information für mich? Wenn alles unter den Begriff Information fällt, ist der Begriff nichts wert, oder?
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon donquijote » Mo 22. Nov 2010, 23:06

Myron hat geschrieben: Das eigentliche Datum ist nicht der schwarze Punkt, sondern der Kontrast zwischen dem schwarzen Punkt und der weißen Umgebung. Diesen Kontrast kann man nun codieren und ihm damit eine Bedeutung geben. Ein semantisch codiertes Datum steht dann für einen bestimmten Sachverhalt, : "Wenn du den Schwarz-Weiß-Kontrast wahrnimmst, dann bedeutet dies, dass S."
Die Nichtwahrnehmung bzw. die Abwesenheit dieses Kontrastes ist dann entsprechenderweise auch bedeutungsvoll, denn das bedeutet dann, dass nicht-S.


Das setzt aber voraus, dass man überhaupt wahrnehmen kann. Wer weiß und schwarz nicht unterscheiden kann, für den entsteht auch keine Information (die Bedeutung hat). Das zeigt allerdings sehr wohl, dass Information (und deren Bedeutung) evolutiv entsteht.

Werner Ebeling schreibt z. B. in "Chaos, Ordnung und Information":
Lebewesen sind natürliche Informationssysteme, d.h. solche, die ohne Konstruktion und Instruktion durch Informationssysteme höherer Stufe von allein im Verlaufe einer natürlichen Evolution entstanden sind. (W. Ebeling: Chaos, Ordnung und Information, Leipzig 1989, S. 102)


Im Grunde sagt er damit das Gleiche wie Mersch: Information ist etwas, was erst durch das Leben Bedeutung bekommt.
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon Myron » Mo 22. Nov 2010, 23:13

Natürliche Daten werden erst dadurch zu (semantischer) Information, dass sie als informativ interpretiert werden, was die Existenz wahrnehmender Lebewesen voraussetzt. Mir scheint, dass der Begriff der semantischen Information dem guten alten Begriff des Zeichens entspricht.

"A sign is something which stands for another thing to a mind."
"Ein Zeichen ist etwas, das einem Geist gegenüber für etwas anderes steht."

(Charles Peirce)
(Mit "Geist" ist hier einfach ein Lebewesen mit geistigen Zuständen gemeint.)

Das heißt, in einer Welt ohne Geist und Bewusstsein gibt es keine Zeichen und damit keine semantische Information, da diese die Existenz bewusst wahrnehmender Dateninterpreten voraussetzt.
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon ujmp » Mo 22. Nov 2010, 23:18

Myron hat geschrieben:Das heißt, in einer Welt ohne Geist und Bewusstsein gibt es keine Zeichen und damit keine semantische Information, da diese die Existenz bewusst wahrnehmender Dateninterpreten voraussetzt.


Was ist dann eine "genetische Information" - doch bestenfalls eine Information für den Geist des Genetikers. Damit wäre ich einverstanden, das ist aber mit diesem Ausdruck nicht gemeint.
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon Myron » Mo 22. Nov 2010, 23:25

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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon donquijote » Mo 22. Nov 2010, 23:59

Myron hat geschrieben:Das heißt, in einer Welt ohne Geist und Bewusstsein gibt es keine Zeichen und damit keine semantische Information, da diese die Existenz bewusst wahrnehmender Dateninterpreten voraussetzt.


Diese Bedingung erscheint mir zu hart. Ich würde denken, dass es selbst für Bakterien semantische Information gibt.
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon Myron » Di 23. Nov 2010, 00:32

donquijote hat geschrieben:Diese Bedingung erscheint mir zu hart. Ich würde denken, dass es selbst für Bakterien semantische Information gibt.


Das denke ich nicht, denn bloße physische oder chemische Reize oder Signale sind noch keine Zeichen.
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon donquijote » Di 23. Nov 2010, 04:36

Myron hat geschrieben: Das denke ich nicht, denn bloße physische oder chemische Reize oder Signale sind noch keine Zeichen.


Ja aber Information. Auch die Zeichen müssen schließlich in die gleichen inneren Prozesse umgewandelt werden wie die physischen oder chemischen Reize.
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon Myron » Di 23. Nov 2010, 06:33

donquijote hat geschrieben:Ja aber Information. Auch die Zeichen müssen schließlich in die gleichen inneren Prozesse umgewandelt werden wie die physischen oder chemischen Reize.


Genetische Information ist aber strenggenommen keine semantische Information, auch wenn der Sprachgebrauch der Biologen dies suggeriert. Sämtliche genetische Prozesse laufen unbewusst, d.h. ohne bewusste Dateninterpretation ab. Genetische Information ist wirkungsvoll, aber an sich nicht bedeutungsvoll; sie ist nicht deskriptiv, sondern instruktiv; sie ist, wie Floridi sagt, keine Information über die Realität, sondern für die Realität, die durch sie in bestimmter Weise beeinflusst und in eine bestimmte Richtung gelenkt wird.
Ein genetisches Programm ist sozusagen eine kausale Syntax ohne immanenten semantischen Aspekt.

"In the precise sense in which one may speak of semantic information, genetic information can hardly count as an instance of it. It simply lacks all its typical features, including meaningfulness, intentionality, aboutness, and veridicality. DNA contains the genetic code, precisely in the sense that it physically contains the genes which code for the development of the phenotypes. So DNA does contain genetic information, like a CD may contain some software. But the genetic code or, better, the genes, are the information itself. Genes do not send information, in the sense in which a radio sends a signal. They work more or less successfully and, like a recipe for a cake, may only partly guarantee the end result, since the environment plays a crucial role. Genes do not contain information, like envelopes or emails do, nor do they describe it, like a blueprint; they are more like performatives: 'I promise to come at 8 pm' does not describe or contain a promise, it does something, namely it effects the promise itself through the uttered words. Genes do not carry information, as a pigeon may carry a message, no more than a key carries the information to open a door. They do not encode instructions, as a string of lines and dots may encode a message in Morse alphabet. True, genes are often said to be the bearers of information, or to carry instructions for the development and functioning organisms, and so forth, but this way of speaking says more about us than about genetics. We regularly talk about our current computers as if they were intelligent—when we know they are not—and we tend to attribute semantic features to genetic structures and processes, which of course are biochemical and not intentional at all. The 'code' vocabulary should not be taken too literally, as if genes were information in a semantic-descriptive sense, lest we run the risk of obfuscating our understanding of genetics. Rather, genes are instructions, and instructions are a type of predicative and effective/procedural information, like recipes, algorithms, and commands. So genes are dynamic procedural structures that, together with other indispensable environmental factors, contribute to control and guide the development of organisms. This is a perfectly respectable sense in which biological information is indeed a kind of information. Dynamic procedural structures are a special type of informational entities, those that are in themselves instructions, programs, or imperatives."

(Floridi, Luciano. Information: A Very Short Introduction. Oxford: Oxford University Press, 2010. pp. 79-80)
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Re: Was ist eigentlich Information?

Beitragvon ujmp » Di 23. Nov 2010, 07:38

donquijote hat geschrieben:
Myron hat geschrieben: Das denke ich nicht, denn bloße physische oder chemische Reize oder Signale sind noch keine Zeichen.


Ja aber Information. Auch die Zeichen müssen schließlich in die gleichen inneren Prozesse umgewandelt werden wie die physischen oder chemischen Reize.

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