Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon ganimed » So 28. Nov 2010, 22:45

In 2 anderen Threads wurde gerade die Laizismus-Gruppe der SPD zitiert und thematisiert (Soziale und demokratische LaizistInnen)

Die Ziele scheinen mir mit denen der Brights nahezu deckungsgleich zu sein. Laizismus eben, also die strenge Trennung zwischen Staat und Religion.

Als praktische Alltagsfrage fällt mir spontan das mit den Feiertagen ein. Wenn ich das richtig nachgelesen habe (bei Wikipedia) gibt es bundesweit in etwa die folgenden Feiertage:

01 Tag der Arbeit
02 Tag der Deutschen Einheit
03 Neujahrstag

04 Karfreitag
05 Ostermontag
06 Christi Himmelfahrt
07 Pfingstmontag
08 1. Weihnachtstag
09 2. Weihnachtstag

Die letzten 6 sind kirchlich motiviert. Und das scheint mir dem laizistischen Gedanken zu widersprechen, wenn ein gesetzlicher Feiertag (also von Staats wegen) einen kirchlichen Hintergrund hat.

Wenn ich mich recht erinnere, wurde von der Giordano Bruno Stiftung bereits mal vorgeschlagen, den Reformationstag durch einen Darwin-Tag zu ersetzen. Bei Wikipedia steht, dass "die Feiertage als 'Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erbauung' verfassungsmäßig (Art. 140 GG, Art. 139 WRV[2]) garantiert" sind. Und das verknüpfend treiben mich nun die folgenden Fragen um:

1) Wie würde man das mit der Erbauung bei uns Naturalisten nennen: seelisch ja wohl eher nicht?
2) Welche Anlässe wären gesellschaftlich allgemein und interessant genug, um als Ersatz für die kirchlichen Feiertagsanlässe zu dienen?
3) Sollte man dereinst, wenn der Einfluss der Kirchen gering genug geworden ist, vielleicht nochmal ganz neu über das Konzept von Feiertagen nachdenken? Müssen alle sich am gleichen Tag zum selben Thema erbauen oder könnte man das individueller konzepieren?

Zu 3) könnte ich mir vorstellen, dass Feiertage eigentlich ganz abgeschafft gehören. Man könnte die Anzahl der Urlaubstage entsprechend erhöhen. Wann und bei welchem Thema jemand sich (oder seine Seele) erbaut, sollte doch eigentlich Privatsache sein. Andererseits wäre die staatlich/gesellschaftliche Vorgabe (Motto: heute denken wir mal alle an Darwin oder die deutsche Einheit) schon eine verlockende Gelegenheit zur Volkserziehung, scheint mir. So totalitär es sich auch im ersten Moment anhört, wenn ein Staat das Volk erziehen will, möglicherweise überwiegen da sogar die positiven Effekte, wenn man es in diesem vielleicht noch harmlosen Umfang versucht.

Eure Gedanken dazu?
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Re: Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon Lumen » Mo 29. Nov 2010, 02:52

Zwei kurze Gedanken:

Das Umstürzen von Traditionen durch eine „neue“ Denke finde ich sehr problematisch. Traditionen und Bräuche sind eine Form der Erinnerung und Orientierung. Wir können damit das Jahr aufteilen. Dann können wir uns auch über lange Zeiträume hinweg anhand der Feiertage (und Feste) orientieren. Es bilden sich Gepflogenheiten heraus, die den Anlass brauchen. Schließlich enthalten diese Feiertage und Feste auch Erinnerungen an unsere Vergangenheit und Herkunft. Ostern und Weihnachten sind zum Beispiel sehr stark von heidnischen Bräuchen geprägt, trotz aller Versuche der Kirchen eine christliche Deutungshoheit zu erlangen.

Würde man das durchziehen, dürften öffentliche Behörden auch die Wochentage nicht mehr verwenden — schließlich waren sie den heidnischen Göttern gewidmet. Man merkt es noch an Dienstag, Donnerstag und Freitag (Tyr, Donar/Thor und Freya/Frigg). Die Angelsachsen haben noch den Wednesday (Wotan) mitgebracht. Den christlichen Mönchen war Wotan (Wodan/Odin) bekannt, daher haben sie es gemerkt und hierzulande in Mittwoch umbenannt. Vielleicht müssten wir auch die Karten ändern, denn hinter den Himmelsrichtungen verbergen sich die Namen der vier Zwerge, die die Himmelsschale gehalten haben.

Wegen ihrer Kontinuität und ihrem Zusammenhang zur Natur scheinen mir höchstens die beiden Sonnenwenden geeignet zu sein. Es wurden an diesen Daten wohl immer Feste gefeiert, früher mit heidnischem Anstrich, später mit christlichem (z.B. ist Weihnachten auffällig nah an der Wintersonnenwende und es „passt“ auch metaphorisch zur Geburt Jesus).
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Re: Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon stine » Mo 29. Nov 2010, 07:23

Der Sonntag ist historisch gesehen auch nur deswegen ein freier Tag, weil er dem Kirchgang gewidmet werden musste (Wie alle anderen Feiertage übrigens auch, sie sind entgegen der heutigen Ansichtg NICHT zum Ausschlafen gedacht :winkgrin: ). Biblisch: Am Siebten Tage sollst du ruhn!
Was den freien Sonntag betrifft, ist wohl am ehesten eine Säkularisierung zu erwarten, obwohl: durchgängig geöffnete Konsumtempel dürften dann wieder am meisten die kirchenfernen Gewerkschaftler stören.

LG stine
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Re: Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon stine » Mo 29. Nov 2010, 07:36

Wenn es mal soweit wäre, gäbe es naturalistisch vielleicht folgendes zu feiern:

04 Karfreitag = Entmachtung und Fall der Amtskirchen
05 Ostermontag = Auferstehung des laizistischen Deutschlands
06 Christi Himmelfahrt = Einstellung der staatlichen Besoldung der Bischöfe
07 Pfingstmontag = Durchsetzung naturalisticher Geisteshaltung
0799 Heilig Abend = Geschenkefest
08 1. Weihnachtstag = Fest der Familienzusammenführung
09 2. Weihnachtstag = Fest der Verwandschaftsfeststellung

Wer sich natürlich weiterhin noch privat seinen religiösen Fantasien hingeben möchte, kann die Feste ja nennen wie er möchte, kann notfalls auch die alten Bezeichnungen beibehalten. :mg:

LG stine
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Re: Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon ganimed » Mo 29. Nov 2010, 09:00

Lumen hat geschrieben:Traditionen und Bräuche sind eine Form der Erinnerung und Orientierung.

Jedes Ostern geistert die Erklärung durch die Zeitung, was Hasen eigentlich damit zu tun haben. Und in der Wochenendbeilage zum Advent steht dann immer wieder, woher eigentlich der Brauch mit dem Weihnachtsbaum kommt. Ich frage mich nur, ob diese Dinge jemanden (außer Kulturhistoriker) interessieren würden, wenn es nicht mit einem heute gefeierten Fest zu tun hätte. Wieso erinnern wir uns nicht mehr an andere obskure Bräuche aus der keltischen Zeit? Feiern wir, um uns zu erinnern? Oder erinnern wir uns (an wenige, willkürliche Details) weil wir feiern? Ich glaube, letzteres. Die Erinnerung an uralte Bräuche könnte man ja weiterhin im Geschichtsunterricht in der Schule und in zahllosen Fernsehdokumentationen ungleich genauer und effektiver erhalten. Man muss alte Bräuchen ja nicht selber bräuchen, nur um sie nicht zu vergessen.

Lumen hat geschrieben:Wir können damit das Jahr aufteilen. Dann können wir uns auch über lange Zeiträume hinweg anhand der Feiertage (und Feste) orientieren.

Auch dieses Argument halte ich für relativ zahnlos. Im Ernst? Der Mensch braucht Feiertage, um sich im Kalender zu orientieren? Der im Büro aufgehängte Kalender mit dem roten Rahmen um den aktuellen Tag, die Datumsanzeige in der Armbanduhr, der Outlook-Kalender und das Meer an Kalender-Apps auf dem Smartphone schaffen es nicht, uns klar zu machen, wo im Jahr wir uns ungefähr befinden? Die Blätter und Kastanien auf dem Boden und der kalte Wind um unsere Nase und der ständige Smalltalk über das Wetter (es soll ja wieder kälter werden) lassen uns verwirrt zurück?

Lumen hat geschrieben:Würde man das durchziehen, dürften öffentliche Behörden auch die Wochentage nicht mehr verwenden — schließlich waren sie den heidnischen Göttern gewidmet.

Der Vergleich passt nicht ganz. Schließlich ist mit dem Freitag und Freya kein Brauchtum mehr verbunden. Der Tag heißt nur so. Meinetwegen können wir den 24. Dezember weiterhin "Heilig Abend" nennen (und in der Wochenendbeilage ständig erklären, woher dieser putzige Name eigentlich kommt), aber wir müssten das nicht vom Staat her gesetzlich als Feiertag definieren. Nennen ja, feiern nein.

Ich verstehe schon, dass man nicht mir nichts dir nichts mit alten Traditionen brechen kann. Im totalitären Kommunismus hat man es versucht und das sah wie keine gute Idee aus. Sicherlich müssten die Übergänge zu anderen Feiertagen und zu neuen Traditionen relativ langsam erfolgen, und eben nicht zentral verordnet sondern in Selbstorganisation sich ergebend. Aber immerhin könnte man als Bright doch heute schon mal überlegen, was bei den jetzigen Traditionen wie Humbug erscheint und wie man es sinnvoller gestalten könnte. Und wie die relativ kurze Geschichte von Helloween in Deutschland zeigt, sind neue Traditionen (so dämlich sie mir auch vorkommen) manchmal doch recht schnell etabliert.

Lumen hat geschrieben:Wegen ihrer Kontinuität und ihrem Zusammenhang zur Natur scheinen mir höchstens die beiden Sonnenwenden geeignet zu sein.

Sonnenwende klingt gut, gefällt auch mir als Anlass. Naheliegend wäre vielleicht, den Beginn jeder der vier Jahreszeiten (wann genau auch immer) zu feiern.
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Re: Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon ganimed » Mo 29. Nov 2010, 09:26

stine hat geschrieben:Der Sonntag ist historisch gesehen auch nur deswegen ein freier Tag, weil er dem Kirchgang gewidmet werden musste

Historisch gesehen ist vieles entstanden und dann geändert worden. Faktisch haben wir doch gar keinen Sonntag als Ruhetag mehr, sondern wir haben mit der 5-Tage-Woche vielmehr das Wochenende als Ruhephase eingeführt. Der historische Sonntag ist in seiner kirchlichen Bedeutung als Ruhetag also eigentlich längst Geschichte. Und wenn wir dereinst durch zahllose Roboter verwöhnt nur noch 2 Tage in der Woche arbeiten müssen, dann werden sich wieder neue Ruhetraditionen ergeben. Dienstag ist Kinotag.

stine hat geschrieben:04 Karfreitag = Entmachtung und Fall der Amtskirchen
05 Ostermontag = Auferstehung des laizistischen Deutschlands

:jg:
Die Erinnerung an historische Daten (Tag der deutschen Einheit) ist ja ein beliebter Anlass. Und es gibt ja endlose viele Erinnerungstage: Frauentag, Welttag des Buches, Tag der Menschenrechte...
Nur willkürlich gewählte und angeblich ganz wichtige Anlässe schaffen es dann als arbeitsfreier, gesetzlicher Feiertag. Bei einer Feiertagsreform könnte man diesen Umstand vielleicht auch korregieren. Erinnerungstage werden gesetzlich alle gleich behandelt und sind erstmal nicht arbeitsfrei. Auch wenn die Entmachtung der Amtskirchen schon ein historisches Datum wäre :)

stine hat geschrieben:0799 Heilig Abend = Geschenkefest
08 1. Weihnachtstag = Fest der Familienzusammenführung
09 2. Weihnachtstag = Fest der Verwandschaftsfeststellung

Familienfeste klingen erstmal sinnvoll. Um die Verwandten besuchen zu wollen, brauchen viele sicherlich schon einen äußeren Anlass (wieso sollte man sich diese Strapazen ohne Grund aufhalsen?) Aber andererseits werden an solchen Tagen (Weihnachten hier, ThanksGiving dort) vermutlich auch ganz schön viele einsame Menschen unangenehm an ihre Situation erinnert. Vielleicht sollte man es den Familien doch individuell überlassen, an welchem Geburtstag man sich in die Hölle des Wiedersehens begeben möchte.
Und das Geschenkefest (und Valentinstag und Halloween und andere kommerziell motivierte Dinge) könnte man ja unverhohlener begehen. Sagen wir quartalsweise. 4 mal im Jahr sagt uns der Handel, was wir machen und kaufen sollen, und dann tun wir ihnen eben den Gefallen (Inlandsnachfrage ist ja wichtig) und dann laufen wir wieder fremdgesteuert durch die Geschenkeabteilungen der großen Kaufhäuser. Ich bin sonst relativ optimistisch was die Zukunft anbelangt, aber zu hoffen, dass die Menschen irgendwann das idiotische Schenken sein lassen, wage ich denn doch nicht.
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Re: Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon Lumen » Mo 29. Nov 2010, 10:29

Erinnerung und Orientierung meint etwas anders, als sich zu merken, welcher Tag gerade ist. Die Feste erschaffen ein eigenes Umfeld, für eine gewisse Zeit eine eigene „Welt“ (vgl. Ostern/Weihnachten). Es entsteht damit eine Kontinuität über viele Jahre hinweg. Eine etwas abgefahrene Metapher dafür wäre vielleicht ein Stroboskob, dass die Zeit in Teile zerhackt und dadurch Veränderungen (hier: Bewegung) deutlicher werden.

Ich kenne niemanden der die Geburt Jesu feiert. Weihnachten heisst nur so, genauso wie der Donnerstag nur so heisst, oder der Norden auf der Karte. Der Besuch der Kirche ist für viele ein Event wie ins Theater gehen (inkl. emotionaler Effekt).

An Ostern könnte man auch Darwin feiern, passt auch irgendwie zu Hase und Osterei, aber deshalb würde ich diese Elemente nicht abschaffen. Lass die Leute doch selbst entscheiden, was sie feiern oder mit dem Tag machen.

Falls der Staat irgendwo den „Sinn“ des Feierns definiert hätte und sozusagen vorschreiben würde, was eigentlich gefeiert wird, dann müsste man da ansetzen die Definition offener setzen. Ich würde begrüßen wenn sekuläre Dinge hinzukämen.
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Re: Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon Nanna » Mo 29. Nov 2010, 16:42

ganimed hat geschrieben:Die Ziele scheinen mir mit denen der Brights nahezu deckungsgleich zu sein. Laizismus eben, also die strenge Trennung zwischen Staat und Religion.

Bevor das jetzt hier unkommentiert stehenbleibt, würde ich dazu doch gerne etwas anmerken:

Die Brights haben kein erklärtes Ziel, auf der ganzen Welt für die Einführung des Laizismus zu streiten. Natürlich ist er eine naheliegende Position für einen Bright, aber keine notwendige. Beispielsweise könnte auch eine paritätische Beteiligung weltanschaulicher Gruppen am Staat die Zieldefinitionen der Brights erfüllen. Dort wird ganz allgemein von angemessener Beteiligung der Naturalisten am gesellschaftlichen Diskurs gesprochen. Wörtlich heißt es in den Brightsprinzipien (Nr. 9): "Der Kreis von Personen mit naturalistischen Weltbildern muss eine seiner Größe gemäße soziale und politische Mitbestimmungsmacht erlangen." Da steht nichts von Verdrängung der Religion ins Private, nur etwas von der Schaffung eines angessenen Gegenpols auf der naturalistischen Seite.
Im Grunde sind die Brights mehr eine Einigungsbewegung auf Seiten der Naturalisten, als eine Gruppierung, die sich tatsächliche strukturelle Veränderungen von Staaten zum Ziel gesetzt hat - wobei einschränkend angemerkt werden muss, dass dies nur für die Staaten gilt, in denen die Verfassungsrealität (die real praktizierte Auslegung der Verfassungsnorm) eine angemessene gesellschaftliche Beteiligung von Naturalisten überhaupt erst ermöglicht. Dies auf Deutschland zu beziehen fände ich ehrlich gesagt mehr als spitzfindig. Beispielsweise hat ja der Bund für Geistesfreiheit garantierte Sendezeiten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk für eigene Sendungen, weil er eben als entsprechende Körperschaft registriert ist, das Problem liegt hier im Kern viel mehr in einer fehlenden Bereitschaft zur Organisierung seitens der Naturalisten und genau dagegen wollen die Brights etwas tun. Den Laizismus zu fordern ist, wenn überhaupt nötig, ein möglicher zweiter oder gar dritter Schritt vor dem ersten und hat, wie gesagt, nichts mit den Kernanliegen der Brightsbewegung zu tun. Die Brights fordern Gleichberechtigung als gesellschaftliche Gruppe, dies KANN im Rahmen eines laizistischen Staates verwirklicht werden, es sind aber auch andere Modelle denkbar, etwa das deutsche säkuläre, also eine abgeschwächte Form des Laizismus, in dem weltanschauliche Gruppen institutionalisierte Beteiligungsmöglichkeiten am Staat haben. Für die Brights ist hierbei nur entscheidend, dass sie denselben Zugang zu diesen Ressourcen erlangen können, wie alle anderen weltanschaulichen Gruppen auch, nicht mehr und nicht weniger.

Meine persönliche Meinung zum Thema Feiertage ist der von Lumen sehr nahe, wobei ich mich persönlich sehr für die Widmung weltlicher Feiertage erwärmen kann, beispielsweise ist mir die Idee des Evolutionstages sehr sympathisch. Da hast du übrigens ein paar kleine Sachen durcheinandergebracht in Bezug auf die Kampagne der GBS:
Es soll nicht der Reformationstag, sondern Christi Himmelfahrt ersetzt werden und der Tag soll "Evolutionstag" und nicht "Darwin-Tag" heißen. Die GBS wirbt dafür übrigens seit geraumer Zeit mit einem Musikvideo: Darwin and the naked apes
Ich bin der Meinung, dass es so gerade falsch herum ist: Die Idee ist gut, aber anstatt eine Umwidmung auf Staatsebene anzustreben, die niemals zu erreichen ist, sollten wir Naturalisten einfach einseitig diesen Feiertag als Evolutionstag begehen und hoffen, dass die Medien darüber entsprechend berichten. So eine Gegenveranstaltung ist doch eigentlich immer gut für eine Schlagzeile. Vor allem kann man dann die Hoffnung haben, irgendwann von der Politik als Wählergruppe registriert zu werden. Wenn man dann soweit ist, kann man etwas ernsthafter daran gehen, eine Umwidmung oder vielleicht eher Doppelwidmung eines solchen Feiertages anzustreben. Vielleicht kann man sich auch mit moderaten Muslimen verbünden und sich gegenseitig unterstützen, auch wenn mir bewusst ist, dass die Berührungsängste da groß sind.
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Re: Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon ganimed » Mo 29. Nov 2010, 21:28

Lumen hat geschrieben:Es entsteht damit eine Kontinuität über viele Jahre hinweg. Eine etwas abgefahrene Metapher dafür wäre vielleicht ein Stroboskob, dass die Zeit in Teile zerhackt und dadurch Veränderungen (hier: Bewegung) deutlicher werden.

So nach dem Motto, ich weiß noch immer, was du letztes Weihnachten getan hast. Da ist was dran. Ich nehme an, für diesen Effekt braucht es tatsächlich wiederkehrende Feste oder Anlässe, bei denen man etwas nicht alltägliches macht und emotional beteiligt ist. Ich sehe diesen Punkt ein, spricht für den Erhalt von Feiertagen mit bestimmten Bräuchen.

Lumen hat geschrieben:Ich kenne niemanden der die Geburt Jesu feiert. Weihnachten heisst nur so, genauso wie der Donnerstag nur so heisst, oder der Norden auf der Karte.

Das erscheint mir denn doch etwas zu verharmlost. Kindern wird schon eingehend erklärt, dass es um die Geburt Jesu geht, und man singt/hört inklusive der Adventszeit schon recht viele Weihnachtslieder mit spezifisch religiösem Inhalt. Mag ja sein, dass bei den vielen Light-Christen in Deutschland das alles nur einstudierte Automatismen ohne jeden inhaltlichen Bezug sind. Aber aus Sicht der Kirche bleibt der Tag (die halbe Festwoche) doch ein gelungener Werbecoup mit kräftiger, breit angelegter Kultur-Wirkung.

Lumen hat geschrieben:Lass die Leute doch selbst entscheiden, was sie feiern oder mit dem Tag machen.

Also arbeiten gehen kann man an gesetzlichen Feiertagen in der Regel schonmal nicht. Soviel mal zum "selbst entscheiden". Natürlich sollte niemandem vorgeschrieben werden, was man an welchem Tag privat feiert. Aber bei gesetzlichen Feiertagen entscheidet das Gesetz eben doch für alle, wenn nicht was, so aber doch dass gefeiert wird.
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Re: Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon ganimed » Mo 29. Nov 2010, 21:44

Nanna hat geschrieben:"Der Kreis von Personen mit naturalistischen Weltbildern muss eine seiner Größe gemäße soziale und politische Mitbestimmungsmacht erlangen." Da steht nichts von Verdrängung der Religion ins Private, nur etwas von der Schaffung eines angessenen Gegenpols auf der naturalistischen Seite.

Ein Gegenpol entsprechend den Mehrheitsverhältnissen? Würde das nicht in etwa bedeuten, dass die Kirche nur noch 3 von den jetzt 6 kirchlichen Feiertagen behalten dürfte, und die Atheisten dürften 2 Feiertage bestimmen und die Andersgläubigen dann vielleicht auch noch einen?
Da finde ich den laizistischen Gedanken doch irgendwie sauberer: solange nicht alle auf die gleiche Weise religiös sind, darf Religiöses auch nicht für alle festgelegt werden. Stattdessen würde man Blanko-Feiertage festlegen (hübsch aufs Jahr verteilt) und jede Weltanschauungsgemeinschaft kann diesen Tag dann nach eigenem Gutdünken gestalten.

Lumen hat geschrieben:Falls der Staat irgendwo den „Sinn“ des Feierns definiert hätte und sozusagen vorschreiben würde, was eigentlich gefeiert wird, dann müsste man da ansetzen die Definition offener setzen. Ich würde begrüßen wenn sekuläre Dinge hinzukämen.

Das wäre vermutlich die abgeschwächte und dafür realistischere Vorgehensweise. Der Staat hält einfach den Mund und macht nichts. Und die bereits bestehenden Feiertage werden von nicht christlichen Weltanschauungsgemeinschaften ausgehöhlt und den eigenen Bedürfnisssen angepasst. Wenig sauber, wegen hartnäckiger Traditionen vermutlich auch ein langwieriger Prozess, aber vermutlich das einzige, was wirklich passieren wird. Auf meine Maximalforderungen hört ja doch keiner.

Nanna hat geschrieben:sollten wir Naturalisten einfach einseitig diesen Feiertag als Evolutionstag begehen und hoffen, dass die Medien darüber entsprechend berichten. So eine Gegenveranstaltung ist doch eigentlich immer gut für eine Schlagzeile. Vor allem kann man dann die Hoffnung haben, irgendwann von der Politik als Wählergruppe registriert zu werden.

Man könnte aber auch befürchten, dass eher der Eindruck entsteht, dass sich ein paar wenige Spinner einen Feiertag haben aufdrücken lassen (den Termin meine ich) und nun verzweifelt versuchen, daraus irgendwas Sinnvolles zu machen. Mir ist noch überhaupt nicht klar, ob einem Bright überhaupt der Sinn danach steht, Darwin einen ganzen Tag lang zu feiern. Müssen Atheisten den Christen wirklich alles nachmachen, nur mit ausgetauschtem Sinn? Ostereier weiterhin verstecken, lediglich das Kreuz durch eine Doppelhelix ersetzen und ein Lied auf den heiligen Darwin anstimmen? Das erscheint mir ein wenig träge und initiativlos.
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Re: Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon Lumen » Mo 29. Nov 2010, 22:09

ganimed hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Ich kenne niemanden der die Geburt Jesu feiert. Weihnachten heisst nur so, genauso wie der Donnerstag nur so heisst, oder der Norden auf der Karte.

Das erscheint mir denn doch etwas zu verharmlost. Kindern wird schon eingehend erklärt, dass es um die Geburt Jesu geht, und man singt/hört inklusive der Adventszeit schon recht viele Weihnachtslieder mit spezifisch religiösem Inhalt. Mag ja sein, dass bei den vielen Light-Christen in Deutschland das alles nur einstudierte Automatismen ohne jeden inhaltlichen Bezug sind. Aber aus Sicht der Kirche bleibt der Tag (die halbe Festwoche) doch ein gelungener Werbecoup mit kräftiger, breit angelegter Kultur-Wirkung.


Die Kirchen hätten das gerne, beklagen aber jedes Jahr mit Medienunterstützung das Vergessen des „Christkinds“ bei dem ganzen Konsumterror. Mir ist das Christkind ehrlich gesagt sympathisch, genauso wie der ganze Engelskitsch — da wird die Verwandtschaft zur Zahnfee doch recht deutlich ;)
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Re: Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon stine » Di 30. Nov 2010, 07:31

Weihnachten ist nicht nur die Geburtstagsfeier des Juden Jesus, der als Begründer der Christen gilt.
Weihnachten ist inzwischen weltweit das Fest der Verbrüderung geworden.
Seit Charles Dickens seinen Ebenezer Scrooge geschrieben hat, ist diese Geschichte des weichgekochten Geizhalses die typischste aller Weihnachtsmärchen. Die Geister der Weihnacht sollen uns wachrütteln und uns die Hände öffnen, für die vielen unter uns, die nicht im Wohlstand leben.

Weihnachten ist das Fest der Mildtätigkeit und des Verständnisses für andere geworden. Weihnachten ist das größte Fest weltweit, das jedermann zu Herzen geht. Das uns allen beweist, dass der Mensch mehr ist als die Summe seiner materialistischen Teile. Weihnachten macht sogar denen Kopfzerbrechen, die es nicht haben wollen.

Das Weihnachtsfest ist das Fest mit den meisten Selbstmorden, weil soviele Menschen genau an diesem Tag ihre Hoffnungslosigkeit am meisten bemerken. Weihanchten ist das Fest mit den meisten Anrufen bei der Telefonseelsorge und Weihnachten ist das Fest mit all den alten, ausgegrabenen Gefühlen, die das ganze Jahr über vergessen waren.

Weihnachten ist mehr, als ein christliches Fest, Weihnachten ist eben Weihnachten!

LG stine

Einem Bright der die Zeichen der Zeit übersieht, könnte durchaus auch sowas passieren:
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Re: Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon Bionic » Do 9. Dez 2010, 19:15

ganimed hat geschrieben:Zu 3) könnte ich mir vorstellen, dass Feiertage eigentlich ganz abgeschafft gehören. Man könnte die Anzahl der Urlaubstage entsprechend erhöhen. Umfang versucht.

Wäre eine Überlegung wert.
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Re: Gibt es was zu feiern? Ersatz für kirchliche Feiertage?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 10. Dez 2010, 08:52

Dann hätten Rentner aber keine "Frei-Tage" mehr :kg:
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