Gandalf hat geschrieben:Kapitalismus = (individuelle) VertragsFREIHEIT
Sozialismus = politische (also künstlich aufoktroyierte) Reglementierung von individuellen Freiheitsrechten um bestimmte Ziele zu erreichen (Umverteilung und Gleichschaltung)
(Kleine Vorbemerkung, weil mich dieser kleine Fehler wirklich nervt: "oktroyieren" bedeutet "aufzwängen". Wenn du "aufoktroyieren" sagst, bedeutet das "aufaufdrängen".)
Im Grunde ist der zentrale Unterschied der beiden Modelle die unterschiedliche Regelung von Eigentumsrechten. Wenn du quasi vom Entzug "individueller Freiheitsrechte" und von "Gleichschaltung" sprichst, dann trifft das auf bestimmte autoritäre Formen des Sozialismus zu, ist aber kein entscheidendes Merkmal aller Sozialismuskonzepte. Ich bin kein Fan von Planwirtschaft, halte es aber für eine (absichtliche?) Fehlbewertung des Sozialismus, wenn man ihn pauschal als unfrei bezeichnet, nur weil man nicht denselben Anspruch auf Eigentum hat wie im Kapitalismus. Freiheit, insbesondere politische Freiheit, ist nicht an Eigentum gebunden. Berechtigte Kritikpunkte am Sozialismus gibt es zuhauf, aber ich habe den Eindruck, dass es hier mit dem Gebrauch einschlägiger Vokabeln eher um eine Brandmarkung geht. Wenn du selbst von "ideologisch begründeter Verdrehung der Tatsachen" sprichst, solltest du vielleicht einen etwas neutraleren Ton anschlagen.
Gandalf hat geschrieben:In einem Kapitalismus wären die Banken (und Invesstoren, Spekulanten, etc.) die die Krise verursacht hätten, längst pleite (weil selbstverantwortlich). - Sie sind es eben nicht, weil sie es mittels ihrer "politschen Transmissionsriemen" fertig gebracht haben, die Verluste zu sozialisieren! Des weiteren haben sie es fertig gebracht, einen 'staatlich geschützten Umverteilungsmechanismus' von unten nach oben zu installieren und die Presse- und Meinungsfreiheit stark einzuschränken.
Was das Sozialisieren der Verluste und den Umverteilungsmechanismus angeht, stimme ich dir zu, wobei ich mir nicht sicher bin, ob nicht auch und gerade in einem reinen Kapitalismus eine Kapital- und damit Machtakkumulation bei wenigen Menschen stattfände. Es ist doch auffällig, dass gerade in Staaten mit außerordentlich liberaler Wirtschaftsordnung (USA, China; Englischer Manchesterkapitalismus des 19. Jahrhunderts) die Schere zwischen Arm und Reich besonders schnell und nachhaltig aufgeht.
Beim Thema eingeschränkter Presse- und Meinungsfreiheit bin ich nicht bei dir, siehe unten.
Gandalf hat geschrieben:- die sogen "freie Presse" ist in vielen Bereichen bereits gleichgeschaltet.
Gerade die jüngsten Wikileaksveröffentlichungen widerlegen genau dieses Bild meiner Meinung nach recht effektiv. Letztlich hat uns doch nichts wirklich überrascht, was in diesen Depeschen stand, oder? Selbst die echten Skandale, wie das Helikoptervideo aus Bagdad hat man als schockierend aber erwartbar hingenommen.
Dass die großen Medien sich aneinander orientieren, dass es gewisse Verhaltenscodices und korporatistische Neigungen gibt, ist letztlich eine Folge der Art und Weise, wie Nachrichtenagenturen und Verlage organisiert sind. Ich halte das für normale systemische Vorgänge, die auch in anderen Medienmodellen mit graduellen Unterschieden auftreten würden. Auch die Bloggerszene ist z.B. was die mehrheitlich vertretenen politischen Ideale angeht in SIch im Grunde recht homogen. Wo ich massiv widerspreche ist, dass es angeblich eine eingeschränkte Presse- und Meinungsfreiheit gebe, sieht man vom angesichts der Geschichte durchaus zu legitmierten Volksverhetzungsparagraphen mal ab. Diese Sichtweise ist aber bezeichnend für Inhaber von Außenseitermeinungen (die deshalb natürlich nicht falsch sein müssen, aber eben auch nicht richtig), dass sie die fehlende Resonanz ihrer Ideen als bewusste Unterdrückung derselben auslegen. Ich sehe jedenfalls keinen Fall, wo jemandem allen Ernstes verboten wurde, eine bestimmte Meinung zu haben und kundzutun. Dass man mit bestimmten Meinungen sozial nicht akzeptiert wird, ist eine normale soziale Dynamik, hinter der keine Verschwörung steckt.
Gandalf hat geschrieben:- Berichtet wird nur das, was den (durch Politik und/oder Finanz) eingesetzten Chefredakteuren genehm ist
Ja und nein. Natürlich haben diese Leute ein bestimmtes Weltbild und was nicht zu diesem Weltbild passt, wird eher ignoriert werden als das, was den Verantwortlichen gefällt, zumal wenn sie als politisierte Menschen zumindest unterbewusst eine bestimmte Agenda verfolgen (was nicht verwerflich ist, das tun du und ich hier auch). Das politische Milieu (Politiker, Journalisten, Führungskräfte, usw.) erreicht wie jedes Milieu natürlich eine gewisse Homogenität, die dann selbstverständlich auch dazu führt, dass gewisse Maintreammeinungen akzeptiert werden, wohingegen andere keine Chance erhalten. Dazu kommt, dass sich die Lebenserfahrung und Perspektive dieser Menschen naturgemäß von dem des einfachen Mannes unterscheidet.
Ich bestreite gar nicht die de facto zensierende Wirkung, zumindest für die großen Medienkonzerne, die dieses Phänomen auf Außenseiteransichten entfaltet, aber ich möchte gerne den Aspekt der Verschwörung heraushalten.
Gandalf hat geschrieben:- Das blose veröffentlichen von 'Wahrheiten' wird mit Mord, Totschlag und Terrorismus gleichgesetzt und "demokratisch gewählte Politiker" scheuen sich nicht vor Mordaufrufen (z.B. gegen Assange)
Ich reagiere sehr allergisch darauf, dass du hier von "Wahrheiten" sprichst, auch wenn ich dankbarerweise registriere, dass du Anführungszeichen verwendet hast. Der Begriff von "Wahrheit" ist bei politischen Auseinandersetzungen immer sehr problematisch, weil er eine ziemlich ausschließende Botschaft vermittelt.
Dass ein demokratisch gewählter Politiker zu Mord aufruft ist natürlich inakzeptabel. Aber man darf nicht vergessen, dass es hier eben um einen Politiker geht, also um einen Menschen, der für eine bestimmte politische Agenda und ein bestimtes politisches Verhalten steht und dafür auch gewählt wurde. Wenn zu dessen Agenda auch gehört, einen aggressiven Patriotismus zu vertreten, der gerade in den USA oft mit martialischer law-and-order-Rhetorik und pauschaler Inschutznahme von Militär und Sicherheitsbehörden resultiert, dann wird die Aussage dadurch zwar nicht besser, aber im Kontext verständlicher und damit auch relativiert. Es geht eben darum, Eindruck bei einer bestimmten Wählerklientel zu machen. Das ist in dieser Form zwar unverantwortlich, aber gerade in einer Konfliktdemokratie auch nicht undemokratisch.
Gandalf hat geschrieben:- libertäres Gedankengut versucht man systematisch in die rechte Ecke zu stellen und mit der "Nazikeule" auszulöschen
Schonmal auf die Idee gekommen, dass viele Leute
wirklich Angst vor einem Libertarismus haben könnten? Es ist nicht so, dass alle Chefredakteure Superhirne wären, die den Masterplan für die gerechteste Gesellschaftsform in der Tasche haben und den status quo nur deshalb verteidigen, weil sie so verzweifelt an ihrer Macht kleben. Davon abgesehen ist ein Systemwechsel für eine Gesellschaft immer mit großen Risiken verbunden. Es ist relativ leicht einzusehen, dass starke Beharrungskräfte in einer Gesellschaft dagegen existieren, ein an und für sich passabel funktionierendes System gegen ein Experiment mit großer Unsicherheit auszutauschen.
Gandalf hat geschrieben:- Unser Grundgesetz (also unser Höchstes Gesetz) wird von Politikern aller politschen Parteien (mit ganz wenigen Ausnahmen) mit Füssen getreten und die Mainstream-Medien halten still (mehr noch: befördern die Lüge der "Alternativlosigkeit" immer weiter)
Es gibt einen Unterschied zwischen Verfassungsnorm und Verfassungsrealität, also wie die Verfassung im politischen Alltagsbetrieb ausgelegt wird. Ich bestreite gar nicht das enorme Potential der Verbesserung, sich an gewisse Verfassungsideale viel stärker anzunähern, als das derzeit der Fall ist. Mich stört aber dieser fundamentalistische Ansatz, diese Wortgläubigkeit an das "höchste Gesetz", so als ließen sich politische, historisch gewachsene Realitäten durch an und für sich banale Umentscheidungen ausmerzen und würden soziale Dynamiken und Unsicherheiten zu wählender Ansätze hier überhaupt keine Rolle spielen.
Gandalf hat geschrieben:- durch die kommenden Steuererhöhungen (die nur die treffen wird, die noch etwas hier im Land haben), werden "wir", -also diejenigen, die für Auskommen selbst sogen müssen und nicht mit dem Machtapparat verbunden sind, - auf ein "gleiches" (niedriges) Einkommensneiveau "heruntergeregelt" (Was schon jetzt daran erkennbar ist, das wir seit 2 Jahren faktisch ein 'Auswanderungsland' sind - ganz entgegen der täglichen Propaganda, die da täglich auf uns herienprasselt)
Naja. Das ist alt. Die verdienende Mittelschicht, die nicht Kapitalflucht begehen oder sich anderweitig effektiv wehren kann ist immer die staatsfinanzierende Klasse gewesen. Staaten greifen von den Bürgern an Finanzen soviel ab, wie sie können, solange die Kosten sozialen Widerstands nicht zu groß werden. Das Geld ist andererseits aber ja auch nicht weg, es ist ja nicht so, dass davon ausschließlich Mahagonischreibtische für die Oberbürgermeister gekauft würden. Man darf nicht vergessen, dass ein Land wie Norwegen trotz oder eher gerade wegen seiner enormen Steuerlast auch die höchste Lebensqualität der Welt besitzt, auch wenn das Öl dort natürlich seinen Beitrag leistet. Es ist nicht unbedingt das Wegnehmen des Geldes das Problem, sondern eher die Frage, wie es der Staatsapparat dann investiert.
Gandalf hat geschrieben:Nein - der Sozialismus funktioniert nicht - aber er ist dabei den 'Endsieg' zu erringen in Form der von allen Sozialisten erträumten und systematisch vorbereiteten 'EUdSSR'.
Es gibt eine ganze Menge vernünftiger Argumente für eine stärker integrierte EU. Die wirtschaftliche Liberalität hängt auch nicht von der Größe eines Landes ab. In der Bayernpartei und deren Umfeld geistert beispielsweise die Idee eines Europas der Regionen herum, in der es eine EU-Außenpolitik gibt und die Binnenstruktur statt aus Nationalstaaten aus miteinander konkurrierenden Regionen besteht, die anhand kultureller und ökonomischer Eigenheiten definiert werden (Bayern wäre in deren Vorstellung natürlich dann eine davon

). Nicht das dümmste Konzept und zumindest eines, das zeigt, dass Wirtschaftsliberalität und ein vereinigtes Europa sich nicht grundsätzlich ausschließen. Sowas, oder etwas ähnliches, wird sich aber nur durchsetzen, wenn wir es schaffen, die Idee der europäischen Einigung von der zwingenden gedanklichen Verknüpfung mit einem EU-Sozialismus - den ich auch nicht erstrebe - zu trennen.