Es gibt verschiedene Glaubensgemeinschaften und nicht alle sind gleich organisiert. Aber gerade Offenbarungsreligionen, vor allem Judentum, Islam und Christentum basieren letztlich auf Vertrauen zu Authoritäten. Das Selbstverständnis dieser Religionen baut auf dem Vertrauen darauf, dass eine Gottheit bestimmtes „Wissen“ exklusiv an bestimmte Menschen übergeben hat. Bezeichnenderweise immer Männer.
Früher waren die Schriften keineswegs für jeden frei zugänglich, sondern eine exklusive Gruppe von Priestern hatte den Zugang und vor allem die Deutungshoheit dazu, die Gläubigen mussten die Authorität des Klerus anerkennen. Später hat sich dann entgegen der Offenbarungen eine andere Sicht auf das Universums durchgesetzt und es ist auch ein anderes Rechtsverständnis entstanden. Damit gab es ein neues Problem.
„Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin“ — Jesus (NT, Berpredigt)
„Doch jene meine Feinde, die nicht wollten, daß ich über sie herrschen sollte, bringet her und erwürget sie vor mir.“ — Jesus (Lukas 19.27).
„Du sollst nicht morden/töten.“ — Zehn Gebote (AT)
Wobei die Luther-Übersetzung mit dem „erwürgen“ schon euphemistisch ist. Siehe auch
hier. Schlachten; (κατασφάξατε) in der Form taucht angeblich nur an dieser Stelle im AT auf als sehr drastische Formulierung: abschlachten, abmetzeln (κατά).
Nun ist die Bibel selbst schon nicht eindeutig und ihr Gehalt wird noch weiter durch unser modernes Verständnis des Univerums und der Menschenrechte weiter unter Druck gesetzt. Also müssen Gläubige die göttlichen Offenbarungen notwendigerweise selektiv lesen und mal die eine, mal die andere Stelle wörtlich, mal symbolisch oder sonstwie
auslegen. Beim Auslegen sind wieder Geistliche im Spiel, die genau das in ihren Predigten machen.
Der ganze Bibelkosmos ist per definition von rationaler Überlegung abgeschnitten und wenn er sich darauf verlässt um wahre Aussagen von unwahren oder gute Textstellen von verwerflichen zu trennen, drängt sich irgendwann zwangsläufig die Frage auf, ob die Bibel nicht eher die gleiche Funktion erfüllt wie etwa Tarotkarten. Dort haben die Karten nur noch symbolische Funktion und alles drumherum entspringt offenbar der Deutung der Tarotkarten-Leger und hüben wie drüben kann der Gläubige von sich aus nicht mehr nachvollziehen, was wirklich die Wahrheit ist, sondern muss sich auf die Deutung und Interpretation der „Experten“ verlassen, also der Authorität vertrauen. Diese Ansicht ist konsistent mit der Beobachtung, dass Religionsgemeinschaften einen gewissen Hang zu Sektiererei haben (dazu im Vergleich: Tarotkarten-Wahrsager sind auf dem extremen Ende komplett individuell, während sich Sekten um bestimmte Authoritäten herum gruppieren, am anderen Ende der Skala wäre der wirklich behauptete Wahre Glaube dem alle Menschen in genau gleicher, unzweideutiger Weise angehören).
Dazu kommt noch eine andere Komponente: Religionen erhalten sich durch Ausnutzen der kindlichen Naivität. Diese ist mutmaßlich evolitionär entstanden, damit Kinder der ihrer angeborenen Neugier vorerst nicht zu stark nachgehen. Religionsgemeinschaften setzten daher darauf, Kinder möglichst früh mit Glaubensinhalten zu erziehen, sodass die Neugier gegebenenfalls komplett verkümmert. Schließlich kommt noch der ursprünglich christliche Begriff der „
Demut“ dazu, ein Gefühl der Unterwürfigkeit. Diese Form der Demut ist eine andere, als die „wissenschaftliche Demut“, die vor allem das Nicht-Wissen, nicht aber das „Hinnehmen der Gegebenheiten“ mit einschließt.