Sehr geehrter Herr Schick!
Mit Irritation haben wir, die Brights Deutschland, vernommen, dass Sie sich beim „Tag der Schulpastoral“ entschieden gegen einen allgemeinen für alle Schüler verbindlichen Ethikunterricht ausgesprochen haben.
Laut Pressemitteilung des Erzbistums Bamberg argumentierten Sie im Speziellen gegen die Entscheidungen in Berlin und Brandenburg, in denen die Rechtmäßigkeit eines bindenden Ethikunterrichts für alle Schüler festgestellt wurde. Darin bezeichnen Sie diese Entscheidungen explizit als falsch und bemängeln, dass der religiös- und weltanschaulich neutrale Ethikunterricht keine Alternative zum angeblich viel geschätzten Religionsunterricht sein kann. Was Sie dabei allerdings nicht berücksichtigen ist, dass es in keiner Weise die Absicht des Ethikunterrichts ist, den Religionsunterricht zu ersetzen.
Im Ethikunterricht geht es nicht darum, allen Schülern die gleichen Werte (welche auch immer) zu vermitteln. Ethikunterricht reflektiert über Werte (christliche, humanistische etc.) und ermöglicht den Schülern, die eigene Position zu formulieren. Die Schüler setzen sich mit den verschiedensten Texten auseinander, darunter im Übrigen auch Bibelzitate. Das geschieht auch in einer kontroversen Auseinandersetzung über Werte.
Die Kritikpunkte, die gegen den Ethikunterricht vorgebracht werden, wurden vor vielen Jahren auch zum Fach Politik bzw. Sozialkunde diskutiert. Um der durch die Authentizität des Lehrers möglicherweise entstehenden politisch-weltanschaulichen Einseitigkeit entgegenzuwirken, hatte man sich damals auf den so genannten "Beutelsbacher Konsens" geeinigt: das Überwältigungsverbot und den Kontroversitätsgrundsatz. Viele Politiklehrer sind auch politisch engagiert und ihre Schüler wissen das. Trotzdem leidet darunter nicht der Unterricht. Es funktioniert. Ebenso treten Ethiklehrer weltanschaulich neutral auf. Viele sind Mitglieder einer der Großkirchen, viele andere sind konfessionsfrei. Dies führt trotzdem zu keiner Beeinträchtigung der Neutralität solange im Unterricht elementare Prinzipien eingehalten werden. So besteht nicht die Gefahr einer religiösen oder antireligiösen Indoktrination durch Ethik. Wer aber schon allein die Kontroverse um Werte verhindern will steht im Widerspruch zu den Grundsätzen der Demokratie.
Es ist auch keineswegs so, dass der Religionsunterricht abgeschafft werden soll. Tatsächlich steht es den Schülern nämlich frei, den Religionsunterricht auch zu besuchen. Der Ethikunterricht bietet lediglich die zusätzliche Möglichkeit mit Anhängern anderer Glaubensrichtungen und Weltanschauungen in den Dialog zu treten. So soll verhindert werden, dass es zur Abgrenzung der verschiedenen Gemeinschaften kommt. In diesem Sinne soll in dem Fach die gegenseitige Annäherung und das Verständnis füreinander gestärkt und damit ein besseres Zusammenleben gefördert werden. Diese Ziele werden auch in der Urteilsbegründung der kürzlich zum Thema getroffenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts deutlich. Darin heißt es:
„Die Offenheit für eine Vielfalt von Meinungen und Auffassungen ist konstitutive Voraussetzung einer öffentlichen Schule in einem freiheitlich-demokratisch ausgestalteten Gemeinwesen. [...] Der Landesgesetzgeber darf der Entstehung von religiös oder weltanschaulich motivierten 'Parallelgesellschaften' entgegenwirken und sich um die Integration von Minderheiten bemühen. Integration setzt nicht nur voraus, dass die religiös oder weltanschaulich geprägte Mehrheit jeweils anders geprägte Minderheiten nicht ausgrenzt; sie verlangt auch, dass diese sich selbst nicht abgrenzt und sich einem Dialog mit Andersdenkenden und Andersgläubigen nicht verschließt. [...] Die Fähigkeit aller Schüler zu Toleranz und Dialog ist eine Grundvoraussetzung nicht nur für die spätere Teilnahme am demokratischen Willensbildungsprozess, sondern auch für ein gedeihliches Zusammenleben in wechselseitigem Respekt vor den Glaubensüberzeugungen und Weltanschauungen anderer.“
Sie scheinen sich jedoch gegen, die durch den Ethikunterricht angebotene Plattform zu erwehren und gehen sogar so weit, katastrophale Folgen einer solchen Regelung zu prophezeien:
„Sonst laufen wir Gefahr, dass unserer Gesellschaft das Wichtigste fehlt, was sie für eine gute Gegenwart und eine erfolgreiche Zukunft braucht, ethisch und moralisch gefestigte, gemeinwohlorientierte, Menschenwürde und Menschenrechte wahrende Persönlichkeiten.“
Damit sprechen Sie der Religion ein Moralmonopol zu, das durch wissenschaftliche Studien längst widerlegt werden konnte.
(Beispiele z.B. in Bild der Wissenschaft - muss ich noch raussuchen)
Besonders absurd erscheint die Annahme, die Wahrung der Menschenrechte sei durch ein Unterrichtsmodel, das keinen verbindlichen Religionsunterricht vorsieht, gefährdet. Eine korrekte Analyse der historischen Fakten belegt, dass die Menschenrechte in wesentlichen Teilen durch säkulare Kräfte und gegen den Widerstand der Kirche erkämpft werden mussten. Als Beispiel sei hier der bis in die 60er Jahre gültige Anti-Modernisten-Eid genannt.
Wir bitten Sie daher, Ihre Stellung zu dem Unterrichtsfach Ethik nochmals zu überdenken. Insbesondere bitten wir Sie, Ihre Meinung zu dem Vorwurf der Separation der religiösen Gemeinschaft durch einen alleinigen Religionsunterricht zu äußern. Unserer Ansicht nach stellt das Fach Ethik mit Option zum zusätzlichen Besuch eines Religionsunterrichts, das sich mit den individuellen Glaubenslehren beschäftigt, eine sinnvolle Regelung dar. Auf diese Weise wird niemand an der Ausübung seiner Religion gehindert. Daneben wird jedoch der Dialog mit anderen ermöglicht. Ihre Bedenken sind für uns daher nicht nachvollziehbar. Deshalb wünschen wir uns, wenn Sie diese ausführlicher darlegen könnten, um Missverständnisse beiderseits zu vermeiden.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Janotta
Brights Deutschland
An die Fakten, die belegen, dass relgiöse Menschen nicht moralischer Handeln, komme ich erst morgen ran. Wie gesagt auf der Basis eines BdW Artikels. Im Netz hab ich auf die schnelle nichts gefunden. Ich wäre euch daher dankbar wenn ihr noch Quellen bennenen könntet.