Bei der Frage, inwieweit es richtig ist, andere von eigenen Vorstellungen und Weltanschauungen zu überzeugen, sehe ich zwei grundsätzliche Positionen.
Die Annahme, dass die eigene Meinung aufgrund guter und ausführlicher Begründung und Widerlegung von Kritik richtig ist. Man will andere von seinem Weltbild überzeugen und sie die "Wahrheit" lehren; sie zum Guten und Richtigen bekehren.
Der Fallibilismus, das Infragestellen von allem. Ein Fallibilist will nicht missionieren. Er weiß, dass er sich irren und seine Meinung falsch sein kann. Daher wird er nicht versuchen, andere für seine Überzeugungen zu gewinnen. Er hat aber sehr wohl Interesse an kritischer Diskussion. Dieses Interesse besteht aus vielerlei Hinsicht. Erstens ist der Dialog das wichtigste Mittel, die eigene Meinung zu überprüfen. Außerdem ist es ein Mittel zu gedanklicher Klarheit. In einem Diskurs muss man seine Gedanken klar und explizit formulieren, da sie nur so der Kritik aussetzbar sind. Und nicht zuletzt haben viele Menschen Spaß an einer Diskussion.