Arathas hat geschrieben:Eigentlich logisch, was ich tun sollte: Maul halten. Oder?
Naja, ganz so naheliegend ist es ja nun auch nicht. Klar, du solltest es keinesfalls darauf anlegen, ihr das Armband einfach nur madig zu machen. Denn derzeit erhält sie ja in gewisser Weise etwas für ihre 40 Euro. Das ist vergleichbar mit dem Kauf überteuerter Körperpflegeprodukte, die zwar dermatologisch gesehen nicht besser sind als Zwei-Euro-Seife, aber dem Anwender das Gefühl geben, sich etwas Gutes und Besonderes zu gönnen. Studien zeigen, so ich mich recht erinnere, dass Menschen sich besser fühlen, wenn sie das Gefühl haben, teure Produkte zu konsumieren. So schmeckte den Probanden der Wein besser, von dem ihnen gesagt wurde, dass er mehr gekostet hätte. Auch hast du wahrscheinlich keine Lust, dich gerade wegen einer solchen Idiotie mit ihr zu streiten und missionarisch wirst du auch nicht wirken wollen. Kurzum, es spricht ganz pragmatisch erstmal einiges dafür, die Bekannte nicht von dir heraus zu konfrontieren und ihr ihren Kleinmädchenglauben zu lassen.
Andererseits:
Wenn sie dir von ihrem Armband so vorschwärmt, appelliert sie dann nicht auch an dich, einen Kommentar dazu abzugeben? Es wäre auf jeden Fall falsch, zu lügen, wenn sie dich implizit oder gar explizit um deine Meinung fragt. Es stellt sich weiterhin auch die Frage, inwiefern es verantwortlich ist, jemanden nicht darauf aufmerksam zu machen, dass er einer Schwindelei aufgesessen ist. Wenn deine Bekannte dir von einer Autoreparatur erzählt und du erkennst, dass diese völlig überteuert war, sagst du ihr ja auch, dass sie nächstes Mal zu einer anderen Werkstatt fahren soll. Besonders Magenschmerzen macht mir in solchen Situationen dabei auch immer, dass man sein Gegenüber quasi für dumm verkauft. Denn wenn du ihr den Kleinmädchenglauben an die Wirksamkeit des Armbands einfach so lässt, bedeutet das im Endeffekt ja nichts anderes, als dass du ihr nicht zutraust, die Konfrontation mit gegenteiligen Argumenten auszuhalten. Das ist auf den ersten Blick vielleicht aufmerksam und rücksichtsvoll, auf den zweiten erscheint es aber schon eher abwertend, weil sie eben wirklich wie ein kleines Kind behandelt wird.
Außerdem finde ich das Vordringen esoterischer Konzepte in der Gesellschaft insgesamt besorgniserregend. Man muss das nicht auch noch passiv fördern, indem man offensichtlichen Blödsinn unwidersprochen stehenlässt.
Für mich wäre weniger die Frage entscheidend, OB du ihr deine ehrliche Meinung sagst, sondern WIE du es tust. Sie wird die Botschaft sicherlich viel eher annehmen, wenn ihr klar wird, dass du nicht einfach deine argumentatorische Überlegenheit ausspielen willst (Stichwort "madig machen"), sondern dass es dir wirklich darum geht, dass es ihr gut geht. Vielleicht hilft ja, es mit einem konstruktiven Vorschlag zu kombinieren, z.B. dass man die 40 € auch auf den Kauf einer neuen Matratze hätte draufschlagen können, die die Rückenschmerzen nicht nur für drei Wochen übertönt, sondern tatsächlich was für die geschundene Wirbelsäule tut.
edit:
Weil es mir gerade so einfällt: Je nachdem wie nahe ihr euch steht, wäre auch ein Gesprächsangebot über das, was im Leben wirklich wichtig ist, vielleicht nicht verkehrt. 40 € für "Esomist", wie mat-in es treffend genannt hat, auszugeben, ist ja irgendwo auch eine Verzweiflungstat. Jemand, der Orientierung im Leben hat, tut sowas jedenfalls nicht.