ganimed hat geschrieben:Kapier ich nicht. Wieso ist Cola trinken unmoralisch? Spinnt Kant?
Für jede erhellende Stellungnahme wäre ich ungeheuer dankbar.
Lumen hat geschrieben:Die Regel wird kein Zwang, sondern ein "es ist erlaubt". Weiterhin wird die so geschaffene Regel dennoch angewendet, als ob man sie durchsetzen müßte.
Lumen hat geschrieben:Was wäre wenn jeder diese Handlung ausführe würde? Ist das Ergebnis auch im (abstrahierten) Eigeninteresse?
Lumen hat geschrieben:Es läuft auf die Goldene Regel hinaus
Nanna hat geschrieben:Die angemessene Maxime wäre dagegen wohl "Wenn du Durst hast, darfst du soviel trinken, wie du willst, bis dein Durst gestillt ist."
ganimed hat geschrieben:Allgemeine Regel wäre beispielsweise: Trinke Cola bis du keinen Durst mehr verspürst.
[...]
Kapier ich nicht. Wieso ist Cola trinken unmoralisch? Spinnt Kant?
Gernot Back hat geschrieben:Warum einfach, wenn's auch umständlich geht?
Gernot Back hat geschrieben:Warum einfach, wenn's auch umständlich geht?
Ich halte Kants Kategorischen Imperativ von jeher für zu sperrig und unnötig kompliziert und bevorzuge das gute alte deutsche Sprichwort:
Was du nicht willst, das man dir tu, das füg' auch keinem anderen zu!
ganimed hat geschrieben:Lumen hat geschrieben:Die Regel wird kein Zwang, sondern ein "es ist erlaubt". Weiterhin wird die so geschaffene Regel dennoch angewendet, als ob man sie durchsetzen müßte.
Das verstehe ich nicht. Gilt meine Maxime nun für alle oder nicht? Und wenn sie für alle gilt, würden sich dann nicht alle daran halten müssen? Denn das heißt für mich zumindest "Maxime". Wieso ist aber die Regel dann kein Zwang?
Lumen hat geschrieben:Ich sehe den Imperativ zunächst als ein Lackmus-Test für moralische Handlungen. Diese Handlung wird nicht zum Gesetz!
AgentProvocateur hat geschrieben:Gernot Back hat geschrieben:Was du nicht willst, das man dir tu, das füg' auch keinem anderen zu!
Siehe dazu dort.
Der Unterschied ist:
- die goldene Regel gilt nur für Unterlassungen
- ist nur auf den Handelnden selber bezogen (siehe das Beispiel von Kant: der Angeklagte könnte vom Richter verlangen, nicht verknackt zu werden, wenn der Richter nicht verknackt werden will)
AgentProvocateur hat geschrieben:der Angeklagte könnte vom Richter verlangen, nicht verknackt zu werden, wenn der Richter nicht verknackt werden will
AgentProvocateur hat geschrieben:Logisch wäre folgende Regel: "wenn Du Durst hast und Cola magst und soviel Cola trinken willst, bis Dein Durst weg ist, dann darfst Du das tun".
ganimed hat geschrieben:Wenn ich das richtig sehe, ist Kant ja in unserer Gesellschaft nicht ohne Einfluss. Sein "kategorischer Imperativ" wird oft genannt. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich den richtig verstehe. Und da wollte ich mal fragen, ob jemand von euch da Auskunft geben kann.
ganimed hat geschrieben:AgentProvocateur hat geschrieben:der Angeklagte könnte vom Richter verlangen, nicht verknackt zu werden, wenn der Richter nicht verknackt werden will
Verstehe ich nicht. Der Richter will doch Gerechtigkeit, also würde er auch wollen, dass er verknackt wird wenn er etwas ausgefressen hat.
ganimed hat geschrieben:AgentProvocateur hat geschrieben:Logisch wäre folgende Regel: "wenn Du Durst hast und Cola magst und soviel Cola trinken willst, bis Dein Durst weg ist, dann darfst Du das tun".
Du gehst den anderen Weg im Gegensatz zu Nanna. Der hat die Maxime solange verallgemeinert, bis sie niemandem mehr weh tut. Du spezialisierst sie solange, bis sie niemandem mehr weh tut. Und du scheinst es insbesondere nur deshalb "logisch" zu nennen, weil die Maxime von allen getragen werden kann.
Gernot Back hat geschrieben:Das halte ich für absoluten Kappes! Ich kann immer noch nicht nachvollziehen, inwiefern Kants aufgedunsenes Geschwafel der in jedem Kulturkreis klar und einfach verständlichen, positiv formulierten Regel "Do as you would be done by" überlegen sein sollte.
ganimed hat geschrieben:AgentProvocateur hat geschrieben:der Angeklagte könnte vom Richter verlangen, nicht verknackt zu werden, wenn der Richter nicht verknackt werden will
Verstehe ich nicht. Der Richter will doch Gerechtigkeit, also würde er auch wollen, dass er verknackt wird wenn er etwas ausgefressen hat. Ich würde mir also vorstellen, dass der Angeklagte gar kein Argument hat.
AgentProvocateur hat geschrieben:- die goldene Regel gilt nur für Unterlassungen
ganimed hat geschrieben:Folgerung: da meine Maxime besser kein allgemeines Gesetz wird, ist meine Handlung "einen Liter Cola am Stück trinken" moralisch also nicht richtig.
Kapier ich nicht. Wieso ist Cola trinken unmoralisch? Spinnt Kant?
Nanna hat geschrieben:Vielleicht trägt dieser fiktive Dialog zur Verständlichkeit bei:
Richter: "Ich verurteile Sie zu einem Jahr Gefängnis wegen Diebstahls."
Angeklagter: "Mit welchem Recht, das über das Recht des Stärkeren hinausgeht, rechtfertigen Sie diesen Richterspruch?"
Richter: "Es gilt: 'Was du nicht willst, das man dir tu', das füg' auch keinem andern zu!' Sie wollen vermutlich auch nicht, dass jemand von Ihnen stiehlt, also ist es dieser Regel nach unmoralisch, wenn Sie von anderen stehlen!"
Angeklagter: "Völlig richtig. Ich erkenne an, dass mein Diebstahl nach dieser Regel unmoralisch war."
Richter: "Dann wäre das ja geklärt und wir können die Sitzung schließen."
Angeklagter: "Nein, ganz im Gegenteil. Sie haben mir soeben die Freiheit geschenkt, wenn Sie sich an diese Regel (und NUR diese Regel) halten. Da Sie nicht eingesperrt werden wollen, dürfen Sie mich auch nicht einsperren."
Richter: "Aber Sie haben unmoralisch gehandelt!"
Angeklagter "Ja, das bestreite ich nicht. Wenn Sie mich aber einsperren, handeln Sie der Goldenen Regel folgend genau wie ich: Sie tun einem anderen Menschen etwas an, was Sie selbst nicht erleiden wollen.…"
Richter: "..."
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