stine hat geschrieben:Privatschulen in kirchlicher Trägerschaft erfahren derzeit einen Zulauf, wie selten zuvor. Eltern geben ihre Kinder wieder ganz bewusst in Institutionen, wo "christliche" Werte nicht nur Laber sind, sondern auch gelebt werden.laie hat geschrieben:Ich habe nicht gesagt, daß man ethische Werte nur in christlichen Kindergärten mitbekommt, aber eben dort auch.
laie hat geschrieben:Ach. Ich möchte auch noch einmal so unbedarft sein. Toll. Eine durchdachte Handlung, die nicht auf Präferenzen und damit auf Wertvorstellungen beruht? Verstehe ich nicht. Du verstehst mein Bedürfnis nicht, daß man mir sage, was ich tun solle und sagst mir selbst eine Zeile zuvor: "Freu dich!"?
Du hast ja für dich den Sinn des Lebens schon gefunden, im Sinne einer Forderung, einer Handlungsmaxime, die du an dich stellst: "Ich soll tun, was ich will". Oder auch: "Ich bin dazu da, das zu tun, was ich will." Kann man so für sich entscheiden, muss man aber nicht. Und ehrlich gesagt ist das auch ziemlich dürftig. Im Kindergarten würden die Kinder lernen: "Wir sind auf der Welt, um das zu tun, was wir wollen." Und wenn sich zwei Willen beißen, dann setzt sich der egoistischere der beiden "Willensträger" durch. Aus welchem Grund sollte ich wollen, daß mein Kind solche "Werte" lernt?
Komischerweise habe ich das ganz anders erlebt. Nachdem ich zwei humanistische Schulen jeweils über drei Jahre hinweg kennengelernt habe, bin ich froh, für meine Kinder noch Alternativen in konservativen Schulen gefunden zu haben. Dass Lernen uncool ist und der Bessere per se ein Streber sein muss den man quälen darf, war leider in Schulen ohne Bekenntnis gang und gäbe.Nanna hat geschrieben:Besser verhalten als die Schüler anderer Schulen hat sich da im Endeffekt aber komischerweise auch keine(r).
laie hat geschrieben: Mein Punkt ist, daß man sich nicht allzusehr in seinen Ideologien verbeissen sollte. Es ist ja ganz schön, daß wir so viel über die Natur wissen und vielleicht eines Tages noch viel mehr wissen. Der eine oder andere mag sich an dieser Vorstellung erwärmen. Ok. (Empirische) Theorien sind im Kern Algorithmen, die man rational verstehen kann. Jetzt hat man sie verstanden. Und was nun? Was soll ich tun? Da ist keiner, der mir das sagen kann, das hat die Aufklärung gezeigt. Was soll ich tun? ( 8.Feb 2012 )
laie hat geschrieben:Und was nun? Was soll ich tun? Da ist keiner, der mir das sagen kann, das hat die Aufklärung gezeigt. Was soll ich tun?
* gemeint ist "das Gute".Darth Nefarius hat geschrieben:Einem Kind soetwas* beizubringen würde sich nur lohnen, wenn man ihm erklärt, dass sich der Wille aus Motiven zusammensetzt:"Ja, jetzt nervt er dich und du möchtest ihn beißen, aber du willst auch keinen Ärger kriegen, oder selbst gebissen werden."
Darth Nefarius hat geschrieben:Am meisten Spaß wirst du haben, wenn du einfach nur spielst, lernst, zu reden. Dann wirst du auch nicht Gefahr laufen, selbst gebissen zu werden, die anderen werden lieber mit dir spielen wollen.
Nanna hat geschrieben: ... weltanschaulich neutrale Kindergärten zu betreiben, die außer einem fairen, respektvollen Miteinander überhaupt keine "Werte" antrainieren.
Ich dachte, die Menschenrechte selbst beruhen zu einem großen Teil auf eben dieser Rechtsvorstellung. Nein?Nanna hat geschrieben:das berüchtigte "Naturrecht"
Zappa hat geschrieben:Ein in der Praxis nicht erprobtes gedankliches Modell ist folgendes:
Man schreibt sich über einen längeren Zeitraum auf, wie man in bestimmten, sozusagen ethisch relevanten Situationen gehandelt hat, oder wie andere gehandelt haben. Dann kennzeichnet man die Handlungen als "gut", als "böse", als "ich weiß nicht" oder als "interessiert mich nicht".
Nanna hat geschrieben: Es gibt jede Menge ethischer Überlegungen, die mehr oder weniger gut begründet sind. Diskursethik finde ich zumindest vom Ansatz her ganz interessant, also zu versuchen, sich zusammen auf Regeln für das Miteinander zu einigen. Auch der Schleier des Nichtwissens von John Rawls ist eine ganz hilfreiche Technik, auf bestimmte normative Fragen Antworten zu finden ...
Die "eigene Ethik" halte ich für ein Gerücht. Alles was man herauslockt sind Kindheit und Erziehung. Viele sind geworden, was sie haben werden sollen. Das Einbetten in eine gesellschaftliche Gruppe gebietet zusätzlich, dass man sich an bestimmte ethische Regeln hält, die man auch für richtig empfindet, sofern man sich in der Gruppe wohlfühlt. Dass das je nach Gruppenzugehörigkeit aber sehr, sehr different sein kann, erklärt sich von selbst.fritz-ferdinand hat geschrieben:Trägt jeder Mensch seine eigene Ethik in sich, kann er, falls es ihn denn danach drängt, diese auch aus sich herauslocken, d.h. in gedankliche Form abbilden.
Die gibt es vielleicht, ich würde aber behaupten, dass sie der Erziehung zum Opfer fallen.Zappa hat geschrieben:Es gibt evolutionär erworbene "innere Werte", die sich unter normalen Umständen auch in kooperativem Handeln äußern. Diese Anlagen funktionieren quasi wie Emotionen, da wird nicht groß drüber nachgedacht.
Die logischen Widersprüchlichkeiten wären dann die Widersprüche zu den evolutionären, inneren Werten?Zappa hat geschrieben:Absolute von außen vorgegebene Werte existieren für mich natürlich nicht, die haben auch den Nachteil nicht verhandelbar zu sein, was in logische Widersprüchlichkeiten führen kann.
laie hat geschrieben:Ich dachte, die Menschenrechte selbst beruhen zu einem großen Teil auf eben dieser Rechtsvorstellung. Nein?Nanna hat geschrieben:das berüchtigte "Naturrecht"
laie hat geschrieben:Warum sollte ich dies wollen?Nanna hat geschrieben: ... weltanschaulich neutrale Kindergärten zu betreiben, die außer einem fairen, respektvollen Miteinander überhaupt keine "Werte" antrainieren.
stine hat geschrieben:Ich will damit sagen, statt "die Werte" immer pauschal zu verurteilen, lasst uns mal die Werte genauer unter die Lupe nehmen und feststellen, welche davon überhaupt nicht in ein humanistisches Weltbild passen - und welche vielleicht noch dem naturalistischen Weltbild entsprechen. Die ordentliche Versorgung des eigenen Nachwuchses jedenfalls sollte beim Naturalismus noch dazugehören - kann jedoch beim Humanismus schon wieder die Einschränkung der persönlichen Freiheit des Verantwortlichen bedeuten.
stine hat geschrieben:Die "eigene Ethik" halte ich für ein Gerücht. Alles was man herauslockt sind Kindheit und Erziehung (10. Feb 2012)fritz-ferdinand hat geschrieben:Trägt jeder Mensch seine eigene Ethik in sich, kann er, falls es ihn denn danach drängt, diese auch aus sich herauslocken, d.h. in gedankliche Form abbilden.
...
LG stine
fritz-ferdinand hat geschrieben: Es geht darum FESTZUSTELLEN, welche reale, konkrete und individuelle Ethik sich durch diese ganze Mischung IN MIR entwickelt hat, und sie dann mit meinem ehrlichen EMPFINDEN von gut und böse, das sich ebenfalls aus dieser Mischung heraus entwickelt hat, für mich und nur für mich zu BEWERTEN. Im Prinzip macht das jeder irgendwie, sei es nun bewußt oder unbewußt.
laie hat geschrieben:Den anderen als freien Dialogpartner anzustreben ist eo ipso ein guter Schritt. Daß dies keineswegs immer explizit mit dem Hinweis auf den christlichen Gott erfolgen muss, zeigen die Projekte christlicher caritativer Organisationen in vielen Ländern dieser Erde, auch muslimischen oder hinduistischen. Der Erfolg der Kirche und des Christentums beruht nicht zuletzt darauf, daß sie den Menschen als freien Dialogpartner anstrebt.
laie hat geschrieben:ich sehe keine allzu grosse Kluft zwischen unseren Ansichten. Wichtigste Übereinstimmung ist die Einsicht, daß Ethik auf Dialog beruht. Daß dieser Dialog die Freiheit der Teilnehmer voraussetzt ist evident; gezwungener Dialog ist kein Dialog.
laie hat geschrieben:Die Vorstellung von Person als "Mensch in Dialog" ist selbst eine zentrale christliche Idee. Es ist die Idee der Trinität, die wesenhafte Beziehung der der drei göttlichen Personen. Ich und Du und Wir sind grundsätzlich aufeinander bezogen und ohne diesen Bezug nicht verstehbar. Wir sind das, was wir sind, durch andere. Gleichzeitig aber sind wir nicht die anderen. Der Mensch, so hat es Reinhard Kardinal Marx jüngst formuliert, "ist Selbstand in Relation" (Marx 2008, Kapital: 59)
laie hat geschrieben:Der Erfolg der Kirche und des Christentums beruht nicht zuletzt darauf, daß sie den Menschen als freien Dialogpartner anstrebt. Aber man sollte sich darüber klar sein, daß dieser Personenbegriff seinen Ursprung in einer Differenzierung mit Plato hat. Und diese Differenzierung wurde erreicht mit einem terminus technicus, der Trinität.
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