10 Gebote, 10 Angebote

10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon mat-in » Mi 7. Mär 2012, 11:43

[ADMIN] Diese Thema ist eine Abspaltung des Themas Verschwörungstheorien.

Nanna [/ADMIN]



Vielleicht ist es beim unterschied zwischen "10 Gebote" und "10 Angebote" klar, um was es geht? Sehr leicht verdaulich hier:
http://www.giordano-bruno-stiftung.de/s ... gebote.pdf

Nicht die Stellungnahme der Brights, aber erklärt gut, wo die Unterschiede zwischen starren und offenen Wertesystemen sind.
Zuletzt geändert von Nanna am Mi 7. Mär 2012, 16:23, insgesamt 2-mal geändert.
Grund: Administrationshinweis eingefügt
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Re: Verschwörungstheorien

Beitragvon stine » Mi 7. Mär 2012, 13:40

mat-in hat geschrieben:...die Unterschiede zwischen starren und offenen Wertesystemen

Naja, wollen wir mal so sagen: Die "An"gebote beinhalten auch eine klare Aussage darüber, welche Regeln zu beachten sind, welches Verhalten wünschenswert wäre und wonach Mensch sich zu richten habe. Nur hier straft das Zuwiderhandeln kein Gott, sondern allenfalls erfährt man die Verachtung der Gesellschaft, sofern man daneben liegt. Ich weiß ja nicht, was besser ist!

:wink: stine
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Re: Verschwörungstheorien

Beitragvon Vollbreit » Mi 7. Mär 2012, 13:51

Im Grunde sind das religiöse Motive durch und durch.
Das liegt daran, weil auch religiöse Gebote menschlich sind, also sollte man sie nicht kleinlich auseinanderdividieren, zumal das immer wieder zu Peinlichkeiten führt.
10 Angebote, was soll das sein?

Du solltest dich dran halten, aber wenn nicht, ist es auch nicht schlimm, weil wir ja das Konzept von Gut und Böse abgeschafft haben, insofern kannst du auch genauso gut machen was Du willst.
Wir verurteilen dich nicht dafür, auch wenn du lügst und tötest, das macht dann der Richter, aber für uns bleibst du ein feiner Kerl. Kannst ja auch nichts dazu, bist ja eh von deiner Denkdrüse ferngesteuert. Was für ein lächerlicher Mist. (Nicht der Inhalt, die Form.)
Da sieht man den schweren Nachteil, wenn man den falschen Baum anbellt.
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Re: Verschwörungstheorien

Beitragvon ganimed » Mi 7. Mär 2012, 14:41

stine hat geschrieben:Naja, wollen wir mal so sagen: Die "An"gebote beinhalten auch eine klare Aussage darüber, welche Regeln zu beachten sind, welches Verhalten wünschenswert wäre und wonach Mensch sich zu richten habe. Nur hier straft das Zuwiderhandeln kein Gott, sondern allenfalls erfährt man die Verachtung der Gesellschaft

Ich halte es für nicht so wichtig, dass der Autor sich das Wortspiel "An"-Gebot ausgedacht hat. Vielleicht wollte er damit einfach nur klar machen, dass er sich keine Autorität anmaßt, bei Nichteinhaltung seiner Gebote mit Konsequenzen zu drohen. Die Kirche (oder Gott) tun das aber. Das ist schon ein großer Unterschied. Und wenn dann die Gesellschaft einen Zuwiderhandelnden verachtet, dann ist das die Reaktion der Gesellschaft und nicht Teil der (An)gebote und nicht die Haltung des Autors. Während aber die biblischen Gebote durchaus im Bundle mit der göttlichen Autorität verkauft werden, mit der Sünde als Konsequenz bei Nichteinhaltung wobei die gesellschaftliche Verachtung ja als Bonus noch oben drauf kommt. Also Verachtung UND Hölle, statt nur Verachtung. Na, da nehme ich doch lieber die Angebote.

Vollbreit hat geschrieben:Im Grunde sind das religiöse Motive durch und durch.

Nenn mal bitte ein religiöses Motiv, das sich in den Angeboten findet. Ich entdecke hauptsächlich nur genau antireligiöse Grundsätze, sozusagen genau das Gegenteil von Religion. (1) Abkehr von Göttern. (2) Menschlicher Umgang ohne eine göttliche Einmischung oder göttliche Herleitung. (3) Selber denken statt auf Gottes Eingebung zu warten. (4) Keine absolutistischen Grundsätze von Gottes Gnaden für jeden und alle Zeit, sondern individuelle Abwägung je Situation. (5) Keine durch Gott autorisierte Übertragung angeblich richtiger moralischer Maßstäbe auf andere. (6) Kritikfähigkeit statt das Pochen auf Gottes Unfehlbarkeit. (7) Lernen und entwickeln statt dem sturen Festhalten an uralte, unveränderliche Schriften. (8) Ständiges Überprüfen statt blindes Vertrauen auf Traditionen. (9) Hedonismus statt christliche Leidensethik. (10) Humanistisch, psychologisch motivierter Altruismus statt von Gott vorgegebener.

Vollbreit hat geschrieben:Du solltest dich dran halten, aber wenn nicht, ist es auch nicht schlimm, weil wir ja das Konzept von Gut und Böse abgeschafft haben, insofern kannst du auch genauso gut machen was Du willst.

Das klingt in der Tat etwas wischiwaschi und teilweise widersprüchlich. Aber jetzt formuliere ich analog mal die Gegenseite, die Bibelposition:
Du musst dich dran halten, und wenn nicht, ist es schlimn, weil du dann böse bist und bestraft wirst. Insofern musst du, notfalls auch gegen deinen Willen, gut sein.

Was muss man eigentlich von dieser religiösen Bande halten, die unter diesem Zwang zum Guten steht? Was ist eine gute Tat wert, wenn sie durch Strafandrohung und Angst vor der Hölle erpresst wurde? Also da ist mir das Wischiwaschi hundertmal ehrlicher, freundlicher und widerspruchsfreier.
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Re: Verschwörungstheorien

Beitragvon mat-in » Mi 7. Mär 2012, 16:10

1. Du sollst meinem Befehl blind folgen
2. Du sollst nicht töten, es sei denn (z.B.: jemand glaubt an den falschen Gott)


1. Du sollst über all diese Verhaltensrichtlinien nachdenken und für dich selbst entscheiden
2. Du sollst nicht töten, es sei denn die Situation und 1. gebieten es dir.


Seht ihr da wirklich keinen Unterschied? Die 2. Person würde doch z.B. wenn sie eine Familie die im KZ getötet werden soll und um diese zu retten selbst einen Nazi töten müßte abwägen, ob die Situation es gebietet 1 Leben zu nehmen um 5 zu retten UND abwägen, ob sie persönlich dazu in der Lage und willens ist. Da sehe ich einen riesen Unterschied zu "Du magst das jetzt vielleicht anders sehen, aber wir müssen das tun, Gott befielt es". Das ist doch der Grund, warum man den Protestanten in Deutschland die Novemberprogrome zu Luthers Geburtstag schenken konnte und diese dann auch noch von Seiten der evangelischen Kirche gelobt wurden. Und die Gläubigen hatten das gefälligst gut zu finden und NICHT selbst nachzudenken.

EDIT: Oh, bin ich mal wieder zu langsam. Danke Ganimed.
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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon stine » Mi 7. Mär 2012, 17:36

PDF "10 Angebote" hat geschrieben:Wer die „heiligen Texte“ der „Hochreligionen“ unvoreingenommen analysiert, kommt zu dem Ergebnis, dass diese insgesamt weit unter dem ethischen Mindeststandard jeder halbwegs zivilisierten Gesellschaft stehen!
Dies gilt (...) auch für das dort angeblich dokumentierte Verhalten der vermeintlich obersten, moralischen Autorität (Gott).
Man denke nur an die völlige Auslöschung von Sodom und Gomorra, den weltweiten Genozid an Menschen und Tieren im Zuge der sog. „Sintflut“ oder aber an die für Christen und Muslime verbindliche Androhung ewiger Höllenqual, gegen die jede irdische und damit endliche Strafmaßnahme verblassen muss.
"wenn... - dann..." Hut ab, wenn jemand diese Form der Willensdurchsetzung noch niemals gebraucht hat. Es ist gelinde gesagt die Kindersprache. "Wenn du mir das nicht gibst, bist du nicht mehr mein Freund!" Und Eltern wissen: Manchmal geht ohne Androhung von Konsequenzen gar nichts.
Selbstverständlich brauchte es auch in der Zeit der Gebotsniederschriften Androhungen, die die Einhaltung der Gebote den richtigen Druck verliehen.
Dass wir heute alle so klug sind und NUR deshalb nichts Böses mehr tun, weil wir Dank unserer evolutionär erworbenen Empathie-Fähigkeit endlich mitspüren können, wie es unserem Nächsten und dem Fernsten auf der Welt geht, das konnten die Geboteschreiber damals ja noch nicht wissen. :^^:
Die Menschen brauchten eben handfeste Drohungen. Das macht die Gebote aber nicht schlechter, sondern nur antik.

PDF "10 Angebote" hat geschrieben:Gleich welchen Aspekt des modernen Rechtsstaats wir auch fokussieren, ob Demokratie, Gewaltenteilung, ob die Freiheit der Meinungsäußerung, die Frage der sexuellen Selbstbestimmung oder die Gleichberechtigung von Mann und Frau: Die Religionen (inklusive Christentum) waren summa summarum keine Motoren, sondern Bremsklötze des kulturellen Fortschritts – und sie sind es bis zum heutigen Tage geblieben!
Dafür, dass die Menschheit lange Zeit dem Bremsklotz Religion aufgesessen ist, dafür sind sie weit gekommen! Respekt. Die ersten Schulen waren Klosterschulen und die ersten Erkenntnisse über die Welt kamen genau daher. Mit der Bibel und den Geboten legen wir den Mantel ab, der uns lange Zeit gewärmt hat. Ob wir das oder etwas Ähnliches künftig nicht mehr brauchen werden, wird sich zeigen.
Schon öfter schrieb ich darüber, dass nach meiner Erfahrung in humanistischen Schulen die Leitkultur ziemlich wenig leitet und von Kultur keine Rede mehr ist.

PDF "10 Angebote" hat geschrieben:Befreie dich von der Unart des Moralisierens! Es gibt in der Welt nicht „das Gute“ und „das Böse“, sondern bloß Menschen mit unterschiedlichen Interessen, Bedürfnissen und Lernerfahrungen. Trage dazu bei, dass die katastrophalen Bedingungen aufgehoben werden, unter denen Menschen heute verkümmern, und du wirst erstaunt sein, von welch freundlicher, kreativer und liebenswerter Seite sich die vermeintliche „Bestie“ Homo sapiens zeigen kann.
Und wie heben wir die katastrophalen Bedingungen auf? Und welche waren das gleich wieder? Und wenn es kein Gut und kein Böse gibt, wieso gibt es dann überhaupt katastrophale Bedingungen?
Da halte ich das lieber mit dem Gebot das mir meinen Nächsten ans Herz legt. Wenn ich dafür sorge, dass es meinen Nächsten gut geht und die sich widerrum um ihre Nächsten kümmern und die wieder um die ihren, dann haben wir bald eine gutgelaunte Menschenkette. Und DAS kann jeder tun! :wink:

LG stine
Zuletzt geändert von Nanna am Mi 7. Mär 2012, 17:42, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Zitatquelle angeben!
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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon ganimed » Mi 7. Mär 2012, 18:27

stine hat geschrieben:"wenn... - dann..." Hut ab, wenn jemand diese Form der Willensdurchsetzung noch niemals gebraucht hat. Es ist gelinde gesagt die Kindersprache. ... Die Menschen brauchten eben handfeste Drohungen. Das macht die Gebote aber nicht schlechter, sondern nur antik.

Das ist genau das Menschenbild der Bibel. Alle Menschen sind wie unmündige Kinder, die man sich mit einfacher, primitiver Angstmacherei gefügig machen kann. Echte Konsequenzen anzudrohen, dagegen hat ja niemand was. Fast jede Handlung und jedes Verhalten hat seine Konsequenzen. Aber wie kannst du eine biblische Tradition verteidigen, die mit unechten, völlig irrealen, übertriebenen Konsequenzen droht? Was ist gut daran, den Menschen mehr Angst zu machen und mehr einzuschüchtern als jede Realität es hergibt?

stine hat geschrieben:Dafür, dass die Menschheit lange Zeit dem Bremsklotz Religion aufgesessen ist, dafür sind sie weit gekommen! Respekt.

Bremsen heißt eben nicht anhalten. Die Menschheit fuhr sehr langsam, wenn man bedenkt, wie weit damals die alten Griechen schon waren. Aber dann kam das Christentum und hat Europa für mindestens 1500 Jahre deutlich abgebremst, verblödet und von allen philosophischen Erkenntnissen fernhalten wollen. Es ist lächerlich, das mit dem Hinweis auf ein paar vereinzelte, elitäre Klosterschulen leugnen zu wollen.

stine hat geschrieben:Und wie heben wir die katastrophalen Bedingungen auf? Und welche waren das gleich wieder?

Laut Gerald Hüther, einem Hirnforscher, ist Angst ein starkes Hemmnis beim Lernen. Katastrophale Bedingungen für heranwachsende Menschen sind also beispielsweise religiöse Milieus, in denen den Kindern durch irreale "wenn ... dann.. Hölle" übertrieben viel Angst gemacht wird. Diese Bedingungen heben wir am besten durch Abschaffung deiner Klosterschulen auf.

stine hat geschrieben:Und wenn es kein Gut und kein Böse gibt, wieso gibt es dann überhaupt katastrophale Bedingungen?

Bei einem verheerenden Waldbrand entstehen ebenfalls katastrophale Bedingungen. Aber die Ursache dafür sind meistens Trockenheit und anhaltende Hitze. Das Wetter ist aber weder böse noch gut, selbst das gute nicht. Also offenbar braucht es keine moralischen Kategorien, um Katastrophen zu erzeugen.

stine hat geschrieben:Da halte ich das lieber mit dem Gebot das mir meinen Nächsten ans Herz legt. Wenn ich dafür sorge, dass es meinen Nächsten gut geht und die sich widerrum um ihre Nächsten kümmern und die wieder um die ihren, dann haben wir bald eine gutgelaunte Menschenkette. Und DAS kann jeder tun!

Da entsteht aber eine lange Kette aus lauter "Wenns". Tja, wenn wir alle Englein wären und wenn das Wörtchen wenn nicht wäre ...
Ich glaube, wenn wir ehrlich sind, ist das gar nicht so leicht, einem Nächsten, der stinkt, uns beschimpft und alle unsere Zuwendungen mit Füßen tritt, zu helfen. Wir sollten uns ehrlicherweise eingestehen, dass wir vermutlich doch nur den Leuten helfen, die uns irgendwie sympatisch sind. Sozusagen Freunde. Und das wiederum ist nicht besonders gut oder edel, sondern ganz normaler Alltag im evolutionsgetriebenen Arsenal menschlich, sozialer Motivationen und funktioniert wunderbar auch ohne Gebote oder Angebote.
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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon Nanna » Mi 7. Mär 2012, 19:14

Ein Zitat ist mir ins Auge gesprungen, dazu muss ich mal kurz was Differenzierendes sagen:

ganimed hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Und wie heben wir die katastrophalen Bedingungen auf? Und welche waren das gleich wieder?

Laut Gerald Hüther, einem Hirnforscher, ist Angst ein starkes Hemmnis beim Lernen. Katastrophale Bedingungen für heranwachsende Menschen sind also beispielsweise religiöse Milieus, in denen den Kindern durch irreale "wenn ... dann.. Hölle" übertrieben viel Angst gemacht wird. Diese Bedingungen heben wir am besten durch Abschaffung deiner Klosterschulen auf.

Unabhängig davon, dass ich auch kein Fan von Klosterschulen bin und (stark) religiöse Erziehung ablehne, allerdings aus anderen Beweggründen (Ideal der freien Entfaltung des Individuums): Ich glaube nicht, dass man den simplen Zusammenhang postulieren kann, dass Klosterschulen per se Träger von Angst sind oder dass religiöse Erziehung Angstmachen beinhalten muss. Es gibt bestimmte schwarzpädagogische Erziehungsstile, die in ihrer Häufigkeit (vermutlich) mit bestimmten konservativen Lebenseinstellungen korrelieren, die wiederum in ihrer Häufigkeit (vermutlich) mit bestimmten Formen von Religiosität korrelieren, aber selbst das sind jetzt postulierte Zusammenhänge, die weit weg von Determinismen und harten Fakten wären.
Ich wittere in der Ansicht, dass Klosterschulen Angst verbreiten einen Fehlschluss von der Art "cum hoc, ergo propter hoc" (Scheinkausalität): Nicht die Religiosität in der Klosterschule per se führt zur Angst, sondern andere Faktoren im selben soziokulturellen Milieu begünstigen sowohl Religiosität als auch Angst als Erziehungsmittel. Die Abschaffung der Klosterschulen wäre demnach nur Symptombekämpfung und würde die Affinität des Milieus zu machtmissbrauchenden Erziehungsmethoden nicht berühren. Weil aber ein scheinbarer Zusammenhang besteht und Klosterschulen greifbare, exponierte Einrichtungen sind, nimmst du an, die Abschaffung der Klosterschulen würde das Problem lösen.

Ich wäre generell sehr vorsichtig, gesellschaftlich verbreitete Fehlentwicklungen immer irgendeinem Avatar aufzuladen und den dann niederzubrennen, z.B. Wut über Kindesmisshandlung primär an den Kirchen auszulassen, Wut über Umweltverschmutzung an den Ölkonzernen oder Wut über schlechte Arbeitsbedingungen an Textilkonzernen. Misshandlung geschieht zum Großteil in Familien (armen, reichen, säkularen, religiösen), Umweltverschmutzung löst jeder mit aus, der fünf Tonnen Ölsand auf ein paar Kilometer verfährt und wer gegen schlechte Arbeitsbedingungen ist, sollte nicht in 2€-T-Shirts rumlaufen (was die meisten von uns dennoch tun). Die Ansicht, das Böse säße irgendwo in irgendwelchen Konzernen und religiösen Organisationen und um es loszuwerden, würde es ausreichen, deren Einrichtungen zu vernichten, grenzt schon stark an eine ideologisch-dichotomische Weltsicht. Und mit der wird nichts erklärt oder verbessert.
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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon ganimed » Mi 7. Mär 2012, 19:47

Es ist auch wirklich selten, dass mir differenzierte und vor allem zutreffende Aussagen zur Last gelegt werden. Ich muss zugeben, dass ein Teil meines Klosterschulen-Abschaffungskonstrukts primitiven rhetorischen Überlegungen geschuldet war. Es bot sich halt so an, weil stine ja die Klosterschule als ein Beispiel für eine positiven, frühhistorischen Einfluss genannt hat, dies einmal in einer gegenteiligen Aussage zu nennen.

Richtiger wäre es zweifellos, nur einen gewissen Zusammenhang zwischen autoritärer Erziehung und angstbesetztem Lernen herzustellen. Und autoritär können natürlich auch andere als die Kirche sein. Das spielt für mich wieder in eine Diskussion um gute Erziehungsmodelle hinein, die hier auch schon das ein oder andere mal geführt wurde, auch mit stine. Das Modell, das ich selber eher als veraltet und weniger effektiv sehe, sieht die Leistung des Kindes darin, sich eher unflexiblen Erwartungen zu beugen, feste Lehrpläne zu erfüllen und sich den Vorgaben anzupassen. Das Gegenmodell kommt mir moderner vor, obwohl Montessori und Co diese Vorschläge auch bereits vor langer Zeit entwickelten. Dort geht es um individuelles Lerntempo, jedes Kind dort abholen wo es ist, die Stärken fördern und nicht etwa die Schwächen eleminieren, Spaß und Angstfreiheit mehr in den Vordergrund richten.

Dieses letztere Modell assoziiere ich, möglicherweise unberechtigt, mit dem Satz von MSS, dass "katastrophalen Bedingungen aufgehoben werden" sollten. Immer weniger Kinder sollten in ihrer Frühphase in problematischen Mangelsituationen (zu wenig Liebe, Aufmerksamkeit und Vertrauen) aufwachsen, dann wäre nach meinem vereinfachten Weltverständnis eine ganze Menge ganz schön nachhaltig gewonnen. An den psychisch verkorksten Erwachsenen machste nich mehr viel.
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Re: Verschwörungstheorien

Beitragvon Vollbreit » Mi 7. Mär 2012, 22:35

@ ganimed:

Meine Interpretation.

1. Du sollst keine andere Götter haben, als den Naturalismus.
Ernsthaft: Leid mindern ist völlig okay, der Buddhismus macht dies zum Zentrum.

2. Du sollst nicht falsch Zeugnis reden.


3. Der Klassiker der Aufklärung, auch im Buddhismus muss man selbst denken, im Christentum ebenfalls, aus Sicht der Kirchen vielleicht weniger.


4. So steht es in der Bibel und anderen religiösen Schriften.


5. Dummes Gequatsche, warum, habe ich ausgeführt.

6.Zweifellos ein guter Punkt…

7. … auch beim zweiten Aufguss.

8. Äh, war das nicht der Typ, der allen Leuten erklärt, dass wir keinen freien Willen haben.
Warum sollten wir uns informieren, wenn unser Gehirn dann am Ende ohne uns entscheidet.
Der Mann hält Widersprüche aus.

9. So sagen es auch die Religionen, selbst die, die von mehreren Leben ausgehen.

10. Auch das sagen die Religionen.


Ich könnte das meiste jederzeit unterschreiben, aber ich finde es so kleinlich sich da antireligiös abzugrenzen.
Warum nicht sagen wie es ist. Einiges in einigen Religionen ist Mist, der revidiert werden sollte, auf jeden Fall diskutiert werden muss. Einiges ist prima, der Hälfte oder Zweidritteln stimmen wir zu.
Das gäbe doch eine ganz andere Gesprächsbasis.


ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Du solltest dich dran halten, aber wenn nicht, ist es auch nicht schlimm, weil wir ja das Konzept von Gut und Böse abgeschafft haben, insofern kannst du auch genauso gut machen was Du willst.

Das klingt in der Tat etwas wischiwaschi und teilweise widersprüchlich. Aber jetzt formuliere ich analog mal die Gegenseite, die Bibelposition:
Du musst dich dran halten, und wenn nicht, ist es schlimn, weil du dann böse bist und bestraft wirst. Insofern musst du, notfalls auch gegen deinen Willen, gut sein.


Man sollte schon versuchen, sich an moralische Gebote zu halten, oder ethischen Linien zu folgen, wenn es nicht klappt, sollte man es vielleicht beim nächsten Mal besser zu machen versuchen, idealerweise aus Einsicht.
Wer ethische Leitlinien nicht versteht, der sollte sich wenigstens bemühen moralische Gebote zu erfüllen, die müssen ja nicht zwingend christlich sein, idealerweise sind es solche, die möglichen Schaden minimieren.

ganimed hat geschrieben:Was muss man eigentlich von dieser religiösen Bande halten, die unter diesem Zwang zum Guten steht?


Weiß ich nicht. Manche interpretieren das vielleicht offener als andere. Kann es einen Zwang zum Guten überhaupt geben?

Was ist eine gute Tat wert, wenn sie durch Strafandrohung und Angst vor der Hölle erpresst wurde?


Das ist sicher keine optimale Lösung, aber vielleicht ist es sogar besser, wenn jemand aus Angst vor der Hölle nicht mordet, als wenn er es tut. Wenn ich die Wahl hätte, jemanden zu dressieren, der ansonsten töten, stehlen und sonst was würde oder ihn einfach machen zu lassen, ich wüsste, was ich wähle.

ganimed hat geschrieben:Also da ist mir das Wischiwaschi hundertmal ehrlicher, freundlicher und widerspruchsfreier.


Super. Und wenn aus dem Wischiwaschi, halt dich dran, oder auch nicht, wie’s Dir gerade gefällt, dann eine Straftat resultiert und der Betreffende noch sagt: „Sorry, ich war’s nicht, sondern meine verflixten Verschaltungen, sie wissen ja“, ist der Wertenihilismus komplett.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-56299101.html
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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon ganimed » Mi 7. Mär 2012, 23:26

Vollbreit hat geschrieben:Wenn ich die Wahl hätte, jemanden zu dressieren, der ansonsten töten, stehlen und sonst was würde oder ihn einfach machen zu lassen, ich wüsste, was ich wähle.

Da gebe ich dir recht. Aber es wird ja das ganze Kirchenvolk dressiert, also auch alle jene, die ansonsten nicht töten täten. Weißt du dann immer noch, was du wählst?

Vollbreit hat geschrieben:Und wenn aus dem Wischiwaschi, halt dich dran, oder auch nicht, wie’s Dir gerade gefällt, dann eine Straftat resultiert und der Betreffende noch sagt: „Sorry, ich war’s nicht, sondern meine verflixten Verschaltungen, sie wissen ja“, ist der Wertenihilismus komplett.

Also einerseits sagst du in deinem Beitrag, dass eigentlich alles bis auf (5) eigentlich alles auch von den Religionen gesagt wird. (Wobei ich dir ganz und gar nicht zustimmen kann). Und dann plötzlich siehst du in den Angeboten einen Wertenihilismus? Das scheint mir doch sehr widersprüchlich. Ich widerspreche dir in beidem. 1) Fast alle 10 Punkte weisen ein paar ethische Überschneidungen mit religiösen Inhalten auf, natürlich, aber unterscheiden sich auch stark davon, besonders in der Herleitung und Motivation der Punkte. 2) Wie in dem anderen Thread mit der Willensfreiheit finde ich auch hier dein Verständnis der inkompatibilistischen Position relativ mangelhaft, was dich dazu führt, einen angeblichen Widerspruch zu sehen oder gar zu glauben, dass ohne Willensfreiheit plötzlich auch keine Straftaten mehr bestraft würden oder das Gehirn würde ohne uns entscheiden. Da empfehle ich wirklich nochmal ganz von vorne nachzuvollziehen, was ein Inkompatibilist mit Freiheit meint und was es bedeutet, wenn sie nicht da ist.

Vollbreit hat geschrieben:Einiges in einigen Religionen ist Mist, der revidiert werden sollte, auf jeden Fall diskutiert werden muss. Einiges ist prima, der Hälfte oder Zweidritteln stimmen wir zu.

Welchem der 10 Gebote kann man denn zustimmen? Ich kann keinem Gebot wirklich in Gänze zustimmen. Alle scheinen mir entweder zu wirr, weil da von einem angeblichen Gott gefaselt wird, andere scheine mir viel zu starr, weil unterschiedliche Situationen nicht berücksichtigt sind. Und dann wieder fehlen sehr wichtige Dinge wie beispielsweise "du sollst keine Sklaven halten" oder irgendwas von Menschenrechten. Ich finde von den 10 Geboten keines prima und stimme keinem zu.
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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon mat-in » Do 8. Mär 2012, 06:36

@stine
Von den Klosterschulen als Versteck des Wissens, Kontrollorgan, was man wissen darf, usw. hatten wir es schon in anderen Themen ausführlich. Warum bringst du das immer wieder als Argument?
Die Religionen bremsen immer noch, und zwar gewaltig. Siehe PID, Stammzellforschung, moderne Medizin, ...
Ich gebe dir teilweise recht, was die "Leitkultur Humanismus" angeht. Es erfordert selbstständiges Denken, kritisches Denken und das wird - in allen Religionen in die ich näher rein geschaut habe - sogar konsequent aberzogen und verpöhnt statt gelehrt. Dementsprechend schwer fällt es erwachsenen oft, damit klar zu kommen.

@10 GEbote
Religionen sind immer auch abgrenzungsmerkmal. Ob es jetzt die 10 Gebote sind (Denen kann man gar nicht zustimmen. Keinem davon.) sie gelten im großen und ganzen für die Stämme israels und das wars dann, alles andere darf oder muß sogar getötet, bestohlen, bestraft werden oder ob es die "Rechte des Christenmenschen" von Luther sind, der dazu aufruft "dem Juden die Häuser an zu zünden". Solange Rechte nicht für alle Menschen gelten sind sie ungerecht und man darf ihnen gar nicht zustimmen. Die 10 Gebote sind eine Anleitung zu Haß, Aberglaube, Gewalt und Diskriminierung.

... auch wenn der B16 im Vatikan erkannt hat, daß es durchaus "in" sein kann allen Menschen zu helfen und vom "Christlichen Humanismus" spricht (eigentlich ein Dudenwürdiges Beispiel für Oxymoron) den man stärken müsse.
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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon stine » Do 8. Mär 2012, 08:41

mat-in hat geschrieben:Von den Klosterschulen als Versteck des Wissens, Kontrollorgan, was man wissen darf, usw. hatten wir es schon in anderen Themen ausführlich. Warum bringst du das immer wieder als Argument?
Ich bringe das immer wieder, weil es scheint, dass es immer wieder in Vergessenheit gerät. Die ersten Schriftgelehrten und die ersten, die auch dem Volk Lesen und Schreiben gelehrt haben, waren religiös. Ansonsten war die Bildung dem Adel vorbehalten, der gar kein Interesse daran hatte seinen Bauern und Handwerkern etwas mehr, als die Arbeit beizubringen.

ganimed hat geschrieben:Und autoritär können natürlich auch andere als die Kirche sein.
Das könnten sie, ja! Aber sie tun es nicht, denn wenn man es genau betrachtet stehen dem das Recht auf freie Entfaltung und das Recht auf körperliche und geistige Unversertheit entgegen. Und genau das ist der Punkt, wo Lehrern heute keine Einflußnahme mehr zugestanden wird. Wir müssen doch zugeben, dass Waldorff & Co in der Zielgeraden allesamt gescheitert sind. Das Modell Kinderzimmer am Vormittag ist nicht geeignet, um die lästige Lernpflicht umzusetzen. Hier wird mehr denn je die Spreu vom Weizen getrennt. Wer nicht lernen will oder nicht kann, der muss dort auch nicht. Dass das Leben immer "heidschibumbeidschi" wäre ist eine Mär.
Eine gute Allgemeinbildung kann nicht ganze Lernpakete ausschließen, nur weil sie dem Kind "nicht liegen".

mat-in hat geschrieben:Die Religionen bremsen immer noch, und zwar gewaltig. Siehe PID, Stammzellforschung, moderne Medizin, ...
Ich gebe dir teilweise recht, was die "Leitkultur Humanismus" angeht. Es erfordert selbstständiges Denken, kritisches Denken und das wird - in allen Religionen in die ich näher rein geschaut habe - sogar konsequent aberzogen und verpöhnt statt gelehrt. Dementsprechend schwer fällt es erwachsenen oft, damit klar zu kommen.
Das ist nicht ganz richtig. Selbstständiges Denken und kritisches Denken wird nicht aberzogen und verpönt, sondern es wird explizit darauf hingewiesen, dass dies allem vorausgehen muss - und das ist ein großer Unterschied!
Tatsächlich ist es doch so, dass jeder moralisch, ethische Einwand genau von denen schnell vom Tisch gewischt wird, die für sich in Anspruch nehmen selbstständig und kritisch Denken zu wollen. Wer blind jedem wissenschaftlichem Fortschritt folgt, tut sich auf Dauer keinen Gefallen. Die Verantwortung gegenüber menschlichem Leben, die aus vielen wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgt, kann doch niemand mehr gewissenhaft auf seine Kappe nehmen. Alles was möglich ist, braucht letztlich einen Entscheider. Wohl dem, der das immer richtig macht.

Die 10 Gebote (wir hatten den Thread übrigens schon mal) sind in ihrem Ausdruck vielleicht veraltet, aber im Kern bleiben sie die Quelle für ein gelingendes Zusammenleben der Menschen. Ich stimme @Vollbreit vollbreit zu, wenn er dafür plädiert, einmal genauer zu betrachten, was wirklich dahinter steckt. Wir brauchen keine Pseudo-Angebote, die lediglich Gott aus dem Konzept drängen, sondern wir brauchen Verhaltensnormen, die für alle gelten und vor allem, müssen diese auch in den Schulen gelehrt werden. Das sehe ich momentan leider NUR im Religionsunterricht.

Nanna hat geschrieben:Die Ansicht, das Böse säße irgendwo in irgendwelchen Konzernen und religiösen Organisationen und um es loszuwerden, würde es ausreichen, deren Einrichtungen zu vernichten, grenzt schon stark an eine ideologisch-dichotomische Weltsicht. Und mit der wird nichts erklärt oder verbessert.
:up: sehe ich auch so.

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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon Vollbreit » Do 8. Mär 2012, 09:37

ganimed hat geschrieben:Da gebe ich dir recht. Aber es wird ja das ganze Kirchenvolk dressiert, also auch alle jene, die ansonsten nicht töten täten. Weißt du dann immer noch, was du wählst?


Das kommt mir eben nicht so vor.
Ich sehe das Kirchenvolk nicht als eine sonderlich homogene Einheit.

ganimed hat geschrieben:Also einerseits sagst du in deinem Beitrag, dass eigentlich alles bis auf (5) eigentlich alles auch von den Religionen gesagt wird. (Wobei ich dir ganz und gar nicht zustimmen kann). Und dann plötzlich siehst du in den Angeboten einen Wertenihilismus? Das scheint mir doch sehr widersprüchlich.


Das mit dem Nihilismus bezog sich auf den Terminus „Angebote“.

ganimed hat geschrieben:Ich widerspreche dir in beidem. 1) Fast alle 10 Punkte weisen ein paar ethische Überschneidungen mit religiösen Inhalten auf, natürlich, aber unterscheiden sich auch stark davon, besonders in der Herleitung und Motivation der Punkte.


Die Herleitungen sind irrelevant. Moral muss man glauben (oder es lassen) Ethik verstehen.
Was man glaubt ist wurscht, es ist nie von einem selbst, im Sinne einer Reflexionsleistung.
Letztere ist vorzuziehen.

ganimed hat geschrieben:2) Wie in dem anderen Thread mit der Willensfreiheit finde ich auch hier dein Verständnis der inkompatibilistischen Position relativ mangelhaft, was dich dazu führt, einen angeblichen Widerspruch zu sehen oder gar zu glauben, dass ohne Willensfreiheit plötzlich auch keine Straftaten mehr bestraft würden oder das Gehirn würde ohne uns entscheiden.


Das ist einfach ein grandioser Selbstwiderspruch, den wir hier aber nicht zu vertiefen brauchen, da wir im anderen Thread auch keinen Konsens herstellen konnten.

ganimed hat geschrieben:Da empfehle ich wirklich nochmal ganz von vorne nachzuvollziehen, was ein Inkompatibilist mit Freiheit meint und was es bedeutet, wenn sie nicht da ist.


Hm, der eklatante Mangel an Argumenten von Deiner Seite, wird mit der Geduld eines Esels in jedem Beitrag von Agent ungefähr drei mal thematisiert. Auch wenn ich da kaum noch mitschreibe, ist seine Position bei weitem reflektierter und vor allem: Begründet.
Da könntest Du nachlegen, aber Du kannst es nicht.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Einiges in einigen Religionen ist Mist, der revidiert werden sollte, auf jeden Fall diskutiert werden muss. Einiges ist prima, der Hälfte oder Zweidritteln stimmen wir zu.

Welchem der 10 Gebote kann man denn zustimmen? Ich kann keinem Gebot wirklich in Gänze zustimmen.


Du sollst nicht morden.
Du sollst nicht stehlen.
Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.
Du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen. Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, seinem Rind oder seinem Esel oder nach irgendetwas, das deinem Nächsten gehört.

Die würde ich unterscheiben, ein Ruhetag ist auch okay, dass man die Ehe nicht brechen sollte, da würde ich nicht so ein Getue drum machen, aber Scheidung als Volkssport ist ja auch nix.

ganimed hat geschrieben:Alle scheinen mir entweder zu wirr, weil da von einem angeblichen Gott gefaselt wird, andere scheine mir viel zu starr, weil unterschiedliche Situationen nicht berücksichtigt sind. Und dann wieder fehlen sehr wichtige Dinge wie beispielsweise "du sollst keine Sklaven halten" oder irgendwas von Menschenrechten. Ich finde von den 10 Geboten keines prima und stimme keinem zu.


Ein Gebot ist doch keine Diskussion.
Entweder es ist eines, oder eben nicht, dann ist es ein Vorschlag, ein Sinnspruch oder sonst was. Gläubige Menschen, vielleicht auch nur die Obrigkeit und die Hardliner, tun sich in aller Regel schwer damit, einige Gebote zu kappen, weil sie dann denken, das wäre die Ouvertüre dazu, alle zu beseitigen. Auch ist die Gewichtung sicher unterschiedlich.
Dass man keine anderen Götter haben sollte bezieht sich explizit auf eine mythische Gemeinschaft, übrigens ebenso, wie die Aussage, man sollte überhaupt keine haben.
Beides kann man nicht ausweiten, ohne zu missionieren. Für Fundamentalisten ist es sicher der wichtigste Punkt, sich genau zu diesem/keinem (und keinem anderen) Gott zu bekennen, für rationalere Naturen mögen die allgemeinen Gesetze wichtiger sein, die sich nicht primär auf religiöse Praktiken beziehen.

Es ist halt die Frage, ob man, bei aller kämpferischen Einstellung, bemüht ist, das Trennende zu betonen und auch noch in vollkommen vernünftigen Geboten, wie nicht zu töten, ein Problem zu sehen oder, ob man das Verbindende betont und sagt, super Christen, Moslems, Buddhisten, Hindus und Atheisten stimmen schon mal in 5 Punkten überein.
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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon ganimed » Do 8. Mär 2012, 11:53

Vollbreit hat geschrieben:Ich sehe das Kirchenvolk nicht als eine sonderlich homogene Einheit.

Dann übersiehst du aber, dass die 10 Gebote als zentraler, moralischer Glaubensinhalt für das ganze Kirchenvolk gilt. Und eben nicht als unverbindliches Angebot sondern als bindendes Gebot. Und natürlich sind die Menschen nicht alle gleich. Und deshalb ist es auch so unmenschlich 10 knappe Sätze ohne flexible Klauseln für alle Menschen bindend zu verordnen.

Vollbreit hat geschrieben:Die Herleitungen sind irrelevant. Moral muss man glauben (oder es lassen) Ethik verstehen.

Du redest dich hier um Kopf und Kragen. Wenn die Moral plötzlich nicht mehr gerechtfertigt werden muss, DANN hast du deinen Wertenihilismus. Viel klarer finde ich die humanistische Position, in der die Moral eben abgeschafft wird (kein Gut und Böse mehr) und nur noch die Ethik bleibt, die man allerdings verstehen muss und vor allem dann auch herleiten muss. Und da reicht es dann eben zum Glück nicht mehr, zu sagen, das hat Gott so gewollt.

Vollbreit hat geschrieben:Die würde ich unterscheiben, ein Ruhetag ist auch okay, dass man die Ehe nicht brechen sollte, da würde ich nicht so ein Getue drum machen, aber Scheidung als Volkssport ist ja auch nix. ... Ein Gebot ist doch keine Diskussion. Entweder es ist eines, oder eben nicht, dann ist es ein Vorschlag, ein Sinnspruch oder sonst was.

Dir ist schon klar, dass du dich sehr widersprüchlich äußerst? Erst diskutierst du ein wenig über die Gebote - Ehebruch, na ja, das kann man halten wie man will - und dann kommt plötzlich wieder dein Argument, dass die Angebote ja viel zu nihilistisch wären und du an den Geboten die Verbindlichkeit schätzt. Sehr überzeugend ist dein Positionshüpfen eigentlich nicht. Du argumentierst gegen das einzelne Wort "Angebote", nimmst aber offensichtlich gelassen hin, dass die biblischen Gebote in unserer aufgeklärten Zeit natürlich auch längst nur noch Angebote sind, die in ihrer Gänze ja auch nur von einer Minderheit wirklich ernst genommen werden. Aus dem reichhaltigen Angebot an Ethiken greifen die meisten doch längst auch in das Warenkörbchen von fernöstlichen Weisheiten, altgriechischer Philosophie oder anderen Kulturen. Alles ist nur Angebot und die biblischen Gebote sind falsch ettikettiert, veraltet und viel zu teuer, die kaufe ich nicht.
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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon stine » Do 8. Mär 2012, 13:45

ganimed hat geschrieben:Und deshalb ist es auch so unmenschlich 10 knappe Sätze ohne flexible Klauseln für alle Menschen bindend zu verordnen.
Genau das ist doch das Dilemma: Die Klauseln!
Genau aus dem Grund beinhaltet das BGB 2385 Pragraphen und die Rechtsanwälte profitieren immer noch von den Lücken die sie darin entdecken.
Ein Skelett von Benimmregeln ist daher nicht falsch, würd ich sagen, das kann sich jedes Kind merken.

LG stine
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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon ganimed » Do 8. Mär 2012, 14:23

stine, dein wichtigstes Ziel, nämlich dass Anwälte nicht mehr so viele Möglichkeiten haben, wäre ohne Klauseln erreicht. Und das andere Ziel, dass man den Menschen auch lebbare Regeln an die Hand gibt und nicht unmenschliche Unflexibilitäten, dieses andere Ziel scheint dir nicht so wichtig? Ich finde, da muss man abwägen und Prioritäten setzen. Deine Prioritäten finde ich merkwürdig. Lebbare Angebote halte ich für wichtiger als stark vereinfachte Kinderreime.
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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon stine » Do 8. Mär 2012, 14:43

Die Frage ist doch, @Ganimed, ab wann möchtest du die Regeln in Betrieb nehmen?
Sollen das die Kinder schon lernen oder erst der Erwachsene?

=) stine
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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon mat-in » Do 8. Mär 2012, 14:52

stine hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Von den Klosterschulen als Versteck des Wissens, Kontrollorgan, was man wissen darf, usw. hatten wir es schon in anderen Themen ausführlich. Warum bringst du das immer wieder als Argument?
Ich bringe das immer wieder, weil es scheint, dass es immer wieder in Vergessenheit gerät. Die ersten Schriftgelehrten und die ersten, die auch dem Volk Lesen und Schreiben gelehrt haben, waren religiös. Ansonsten war die Bildung dem Adel vorbehalten, ...
Und wer hat es ihnen vorenthalten? Der Klerus. Das bischen was er nicht verboten, verbrannt und verbannt hat. Oder meinst du mit den ersten Gelehrten jetzt Demokrit, Epikur, ...?

mat-in hat geschrieben:Die Religionen bremsen immer noch, und zwar gewaltig. Siehe PID, Stammzellforschung, moderne Medizin, ...
Ich gebe dir teilweise recht, was die "Leitkultur Humanismus" angeht. Es erfordert selbstständiges Denken, kritisches Denken und das wird - in allen Religionen in die ich näher rein geschaut habe - sogar konsequent aberzogen und verpöhnt statt gelehrt. Dementsprechend schwer fällt es erwachsenen oft, damit klar zu kommen.
Das ist nicht ganz richtig. Selbstständiges Denken und kritisches Denken wird nicht aberzogen und verpönt, sondern es wird explizit darauf hingewiesen, dass dies allem vorausgehen muss - und das ist ein großer Unterschied!
Tatsächlich ist es doch so, dass jeder moralisch, ethische Einwand genau von denen schnell vom Tisch gewischt wird, die für sich in Anspruch nehmen selbstständig und kritisch Denken zu wollen.[/quote]Hier ist immer die Frage, worauf ich meine Entscheidung begründe (siehe Thema: qualifiziert Aberglaube zur Teilnahme an einer Ethikkomission). Vielleicht gibt es gegen manche Dinge einfach keine rationalen oder ethischen Einwände, die du nur nicht gerne vom Tisch haben willst? ein Angestaubtes Buch mit zehntausenden von Widersprüchen vor 1800 Jahren geschrieben kann jedenfalls nciht die Grundlage modernen Denkens sein.

stine hat geschrieben:Die 10 Gebote (wir hatten den Thread übrigens schon mal) sind in ihrem Ausdruck vielleicht veraltet, aber im Kern bleiben sie die Quelle für ein gelingendes Zusammenleben der Menschen.
Hier fehlt ein "Menschen gleichen Glaubens". Für andere gelten solche religiösen Gebote oft nicht, werden gar häufig explizit aufgehoben um den Ungläubigen bei zu kommen.

Es sollten schon Kinder kritisches Denken und wie die Welt funktioniert lernen. Kindgerecht meinetwegen aber lernen. Es kann nicht angehen das wir ihnen die bizarrsten Mythen schon mit 5 beibringen und wie die Welt entstanden ist erst mit 15. Kein Wunder das man dann verwirrt ist.
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Re: 10 Gebote, 10 Angebote

Beitragvon Nanna » Do 8. Mär 2012, 16:16

mat-in hat geschrieben:
stine hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Von den Klosterschulen als Versteck des Wissens, Kontrollorgan, was man wissen darf, usw. hatten wir es schon in anderen Themen ausführlich. Warum bringst du das immer wieder als Argument?
Ich bringe das immer wieder, weil es scheint, dass es immer wieder in Vergessenheit gerät. Die ersten Schriftgelehrten und die ersten, die auch dem Volk Lesen und Schreiben gelehrt haben, waren religiös. Ansonsten war die Bildung dem Adel vorbehalten, ...
Und wer hat es ihnen vorenthalten? Der Klerus. Das bischen was er nicht verboten, verbrannt und verbannt hat. Oder meinst du mit den ersten Gelehrten jetzt Demokrit, Epikur, ...?

Ich bin gar nicht so scharf drauf, hier dauernd für die Kirche in die Bresche zu springen, aber irgendwie fühle ich mich doch ein bisschen genötigt, das Tendentiöse hier geradezurücken: Wir reden hier über die Zeit vor dem Buchdruck. Wir sprechen über Zeiten, die sozial, politisch, institutionell, kulturell, ökonomisch, religiös komplett anders organisiert waren. De facto hat es keinen Unterschied gemacht, ob der Klerus irgendetwas verboten hat, weil "das Volk", wie stine angedeutet hat, überhaupt nicht lesen und schreiben konnte. Und auch wenn das Christentum eine der ersten Utopien war, die den Gleichheitsgedanken radikal betonte, war dieser Gedanke in der Realität des Mittelalters und auch der Neuzeit nichts, was auf breiter Ebene "denkbar" war. Freiheit, Gleichheit, Bildung für alle, das sind Konzepte der Aufklärung und der Moderne und des modernen Nationalstaats. Die Mittelaltermenschen, nicht nur die Kleriker, sondern auch die einfachen Menschen, hätten überhaupt nicht verstanden, warum ihnen da Nachteile entstehen - Lesen, Schreiben, Philosophieren... braucht doch keiner, wenn 90% der Bevölkerung einfache Landbauern sind, da sind andere Fähigkeiten zum Überleben gefragt. Wahr war eh, was der Pfarrer sagte, Innovationszyklen hatten Dauern von mehr als einer Generation, es war schlichtweg nicht notwendig, übermäßig kritisch zu denken, weil die damalige Zeit überhaupt nicht die Infrastruktur für weitestgehende Umwälzungen besessen hätte. Hungersnöte hätten sich im 12. Jahrhundert nicht durch einfaches Nachdenken lösen lassen und die waren das zentrale Problem, nicht Krieg, nicht kirchliche Dominanz, nicht politische Unterdrückung. Das heutige Unwohlsein über kirchliche Machtstrukturen, das im heutigen Kontext sehr sinnvoll ist, auf das Mittelalter zu übertragen, bedeutet, heutige Denkweisen und Probleme auf eine Zeit zu projizieren, in der sie nichts verloren haben.

Als es dann später nämlich losging mit breiter Bildung, war das, weil die Verkomplizierung des ökonomischen Lebens zunehmend grundlegende intellektuelle Fähigkeiten wie Lesen und Schreiben erforderte. Gleichzeitig standen aber auch religiöse Aspekte im Vordergrund, weil durch den Protestantismus die direkte Beschäftigung des Gläubigen mit der Bibel plötzlich sehr zentral geworden war. Seid mal ein bisschen vorsichtiger mit der Religion-Atheismus-Dichotomie. Gerade am Anfang war die Aufklärung ein religiöses Projekt, bei dem es um innerchristliche Streitigkeiten ging, erst in der Folge wurden die sich öffnenden Räume und Möglichkeiten auch dazu genutzt, Religion als Gesamtkonzept zu kritisieren.

Es ist wirklich wichtig, die geschichtliche Abfolge im Blick zu behalten. stine hat nämlich Recht, die frühen Bildungsinitiativen gehen tatsächlich in weiten Teilen auf religiöses Engagement zurück, schon deshalb, weil die Theologie das einzige akademische Thema war und intellektuelle Fähigkeiten vor allem der Selbstreproduktion des Klerus diente (übrigens gilt dasselbe für den Islam, wer schonmal in einer mittelalterlichen Moschee war und sich über die pavillonartigen Bauten im Innenhof gewundert hat: das war der Sonnenschutz, unter dem die Dozenten standen und Vorträge über alles Mögliche hielten, von Theologie bis Baukunst). Erst später kam es zur Pluralisierung innerhalb des Klerus (Reformation) und dann zu einer weitergehenden intellektuellen Fortentwicklung (Aufklärung), die in die Moderne mündete. Es ist ziemlich unlauter, den Klerikern von vor 900 Jahren vorzuwerfen, dass sie Konzepte "verboten" haben, die damals noch nicht entwickelt waren und keinerlei Relevanz besessen hätten, selbst wenn sie jemand formuliert hätte, weil sie im damaligen Kontext nicht als sinnvoll interpretiert werden hätten können. Es wäre aber auch unlauter, wenn man die Bildungsfortschritte der vergangenen Jahrhunderte der Kirche anlasten würde, denn, da gebe ich mat-in wiederum Recht, fortschrittsfreundlich war der Verein noch nie.
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