Darth Nefarius hat geschrieben:Naja, dass die Anzahl der "Gläubigen" "boomt" hat hauptsächlich mit dem Bevölkerungswachstum in den dritte-Welt-Ländern zu tun, das unterschlägt sie. Ich mache mir nicht mehr Sorgen als sonst. Die Akademiker werden gerade in Harvard diese Frau nicht ernst nehmen.
Lumen hat geschrieben:Finde die Antworten auch eher putzig. Da werden all die fürchterlichen Beispiele genannt, aber sie bügelt sie einfach mit einer Bewertung weg (die ihr genehm ist): "Entscheident ist aber, dass religiöse Gruppen häufiger eine positive Rolle spielten bei der Demokratisierung als eine negativer". Sehe ich nicht.
Lumen hat geschrieben:Die Standardsituation hierfür ist doch in der Regel Religion vs. Real-Kommunismus. Der Grund für den Einsatz hat keine Gründe in der Demokratie oder Menschenrechten etc. sondern schlicht damit zu tun, dass kommunistische Ideologie und religiöser Glauben als jeweils totalitäre Glaubenssysteme sich spinnefeind sind, da sie diesselbe Nische besetzen wollen. Totalitäre Herrscher finden es allgemein nicht gut, wenn die Schäfchen sich noch von einer anderen Kanzel aus beeinflussen lassen.
mat-in hat geschrieben:Naja, der Fundamentalismus macht sich auch hier breit... und ich meine jetzt nicht ausschließlich den Islam. Spinner die Kreationsmythen im Biounterricht lehren, usw. gibt es schon eine Weile und es wird gefühlt mehr statt weniger.
Vollbreit hat geschrieben:Lumen hat geschrieben:Die Standardsituation hierfür ist doch in der Regel Religion vs. Real-Kommunismus. Der Grund für den Einsatz hat keine Gründe in der Demokratie oder Menschenrechten etc. sondern schlicht damit zu tun, dass kommunistische Ideologie und religiöser Glauben als jeweils totalitäre Glaubenssysteme sich spinnefeind sind, da sie diesselbe Nische besetzen wollen. Totalitäre Herrscher finden es allgemein nicht gut, wenn die Schäfchen sich noch von einer anderen Kanzel aus beeinflussen lassen.
Hm, es ist zwar richtig, dass Religion und Kommunismus nicht gut zusammen passen, aber was hat das nun mit der Demokratisierung zu tun?
Lumen hat geschrieben:Um Kirchen herum gab es z.B. in der DDR Bürgerrechtsbewegungen gegen das bestehende kommunistische System, also demokratische Bestrebungen. Die Paarung Atheismus > Kommunismus und implizit Religion > Demokratie gehört auch zum Standardrepertoire jedes guten Evangelikalen. Ich will das aber nicht wieder aufkochen.
Lumen hat geschrieben:Der Punkt ist, dass sich zwei totale Systeme nicht vertragen, und Demokratie nicht total ist, aber dank Religionsfreiheit komplementär zur Religion funktionieren kann.
Vollbreit hat geschrieben:Lumen hat geschrieben:Um Kirchen herum gab es z.B. in der DDR Bürgerrechtsbewegungen gegen das bestehende kommunistische System, also demokratische Bestrebungen. Die Paarung Atheismus > Kommunismus und implizit Religion > Demokratie gehört auch zum Standardrepertoire jedes guten Evangelikalen. Ich will das aber nicht wieder aufkochen.
Du möchtest das nicht wieder aufkochen und erwartest zugleich, dass Deine Assoziationsketten unwidersprochen stehenbleiben. Ich finde das sollten sie nicht.
Wer ist denn evangelikal und was hat es mit der These zu tun, dass das Christentum öfter bei der Demokratisierung eines Landes geholfen hat, als geschadet?
Michael Hagner hat geschrieben:Vor 25 Jahren hat Mario Bunge – durchaus untypisch für einen Wissenschaftstheoretiker – auf die kommerzielle Unersättlichkeit der Pseudowissenschaften hingewiesen und es als eines der wichtigsten Merkmale herausgestellt, dass sie wesentlich populärer und profitabler seien als die reguläre Wissenschaft. Wer wollte dem widersprechen, wenn man sich die Milliarden vergegenwärtigt, die in der Welt der Pillen, Salben und Haarwuchsmittel, der Therapien, Diäten und Heilapparaturen umgesetzt werden? Nur sind Bunge hehre und idealistische Vorstellungen von Wissenschaftlern, die in Interesselosigkeit und Selbstgenügsamkeit forschen, durch die Geschichte gründlich demontiert worden: Popularität und kommerzieller Gewinn werden inzwischen nicht mehr nur von Politikern und Wissenschaftsberatern, sondern sogar von Universitätsleitungen als erstrebenswerte Ziele der Wissenschaft hingestellt.
M. Hagner, Bye-bye science, welcome pseudoscience?, in Pseudowissenschsaft, Hrsg. Rupnow, Lipphardt, Thiel, Wessely, Suhrkamp 2008, S. 47
Lumen hat geschrieben:Weil es eben zweifelhaft ist, solche Sachen zu sagen. Die Frage die sich mir stellt: was ist der Zweck einer Aussage, jenseits der faktischen Ebene. Nochmal: wenn jemand sich hinstellt und sagt, Hitler und Stalin seien Bartträger gewesen, stellt sich die Frage, was mit der Ausssage, auch wenn sie faktisch wahr ist, bezweckt werden soll. Atheisten sind andauernd dabei dieser Art der Insinuierungen zu widersprechen, was dann putzigerweise als Argument für den Atheismus ausgelegt wird. Das ist der Kontext, in dem sich das Interview und auch deine Aussagen sich bewegen. Es läuft doch darauf hinaus, das Christentum konsistent mit bestimmten wohlgefälligen Begriffen zu paaren und dabei zugleich durch solche Formulierungen wie "atheistischen Regime" zu unterstellen, dass ohne Gott eben keine Moral möglich sei.
Lumen hat geschrieben:Dieser Bockmist kommt hier eben nicht durch. Der Interpretationshoheit-Spielchen wonach du festlegst, was zum Kontext gehört und was nicht, lasse ich auch nicht gelten. Das ist natürlich bequem, man setzt den Kontext so, dass man möglichst viele positive Beispiele im Rahmen drin hat und den ganzen negativen Kram ausklammern kann.
Vollbreit hat geschrieben:@ mat-in:
Was soll das jetzt sein, Verschwörungstheorie oder argumentum ad hominem?
Lumen hat geschrieben:Meine Absicht ist die eines Gegenarguments. Meine Absicht ist nicht, mir Gründe dafür auszudenken, warum das Christentum oder Religionen doch noch toll ist. Wenn jemand eine Behauptung aufstellt, und diese Behauptung sich nicht halten lässt, dann ist es mindestens legitim, diese Behauptung anzufechten. Die Behauptung, dass das Christentum eine positive Kraft darstellt, ist aus meiner Sicht nicht haltbar.
Toft hat geschrieben: Wenn Sie sich anschauen, welche Länder sich seit den 1970er Jahren demokratisiert haben, haben religiöse Akteure in 63 Prozent der Fälle die Demokratisierung vorangetrieben. Eine politische Theologie, die das Individuum in den Mittelpunkt stellt, hat automatisch einen engen Bezug zur Demokratie; sie lebt vom Grundsatz »eine Person, eine Stimme«. Einen besonderen Anteil hatte Papst Johannes Paul II. in Osteuropa, er förderte Solidarność und kritisierte autokratische Regime. Katholische Bischöfe in Lateinamerika haben für die Freiheit gekämpft. In Indonesien fordern muslimische Gruppen Mitbestimmung. Und auch die Muslimbrüder in Ägypten nutzen die entstehende Demokratie.
http://www.zeit.de/2012/23/Interview-Toft/seite-2
Lumen hat geschrieben:Auch die Behauptung, dass Christentum und Moral einen positiven Zusammenhang haben, ist nicht haltbar.
Lumen hat geschrieben:Die Bibel ist zum Beispiel keine gute Quelle für moralische Maßstäbe. Kleriker als Gesamtgruppe auch nicht. Wer dann? Drittes Reich, Hexenverfolgung, Religionskriege, Kreuzzüge und so weiter sind in der Tat plakativ. Es gibt auch komplexere Ansatzpunkte, vom himmlischen Überwacher-Diktator bis hin zum Verhältnis von Christen (oder Religionen allgemein) zu Menschenrechten (Stichworte: Homosexualität, Rolle der Frau im Katholozismus oder Islam, Arbeitsrecht in religiösen Einrichtungen). Das ist der Sachverhalt.
Lumen hat geschrieben:Die Motivation für das Anfechten der Behauptung besteht darin, dass die christliche Position mit Unterstellungen arbeitet, die meinen Interessen (und der der Brights) zuwiderlaufen. Christen sind nicht demokratischer und (das wird häufig unterstellt) Atheisten sind nicht undemokratischer.
Lumen hat geschrieben:Da haben wir einen Doppelstandard. Eine Truppe in Sonstwostan, die ihren Glauben nicht ausüben darf, und sich deshalb für Demokratie einsetzt, wird zum positiven, leuchtenden Beispiel für das positive Wirken der Religion. Aber die Lord Resistance Army in Afrika, mit ihren zahlreichen, grausamsten Menschenrechtsverletzungen, ist irgendwie nicht religiös. Da sind es dann ganz schnell "ethnische" Konflikte, so wie auch im ehemaligen Jugoslawien.
Lumen hat geschrieben:Der Knackpunkt ist wie oben kurz angerissen, dass Kommunikation nicht nur auf rein sachlicher Ebene abläuft. Eine Behauptung wie "Hitler war Bartträger" kann eine Motivation haben, und sogar ein Appell sein ("Hitler ist schlecht, Hitler trug einen Bart, also sollte man keien Bärte tragen"). Der Appell ist bei der Beschäftigung mit der Materie hinreichend bekannt und zielt auf "christliche Werte" und dergleichen ab, für die es bislang keinen einzigen brauchbaren Beleg gibt.
Lumen hat geschrieben:Diese fiktive Konstruktion hat es dennoch bis in die höchsten Etagen der Politik geschafft. In Zeiten wo Christen nichtmal kirchlich heiraten dürfen, wenn sie den verkehrten Konfessionen angehören, finde ich diese "christliche" Eintracht höchst suspekt. Zumindest in den USA ist das gemeinsame christliche Label ein Produkt von Agenda-Setting und gezielter Meinungsmache gewesen. Ich würde mich nicht wundern, wenn es hier nicht genauso wäre. Jedenfalls ist es legitim, dem als bright zu widersprechen.
Lumen hat geschrieben:Davon abgesehen ist das Muster ja bekannt.
Christ behauptet "(nur) Christen sind moralisch verantwortungsvoll"
Gegner sagt dann... "Also, gut, was war hier und da und hier und da los?"
Christ: "Hasserfüllter Atheist! Böser Atheist! Kommunismus! Mao! Gott hasst Schwuchtel!"*
Vollbreit hat geschrieben:...
Jetzt hast Du wieder ein Sammelsurium aller negativen Aspekte geliefert, die sind ja nun jedem bekannt, schau doch mal, ob Du irgendwas Positives findest.
Vollbreit hat geschrieben:Die konkrete Behauptung geht um die Rolle der Religionen bei der Demokratisierung und auch das hat in meinen Augen nichts mit moralischer Überlegenheit zu tun.
laie hat geschrieben:@lumen, hast du dir den dialog selber ausgedacht?
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