Wozu dient der Gottesbegriff?

Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Vollbreit » Sa 7. Jul 2012, 11:32

@ laie und ujmp:

Zur Diskussion um die Rationalität der Wissenschaft.

Ich glaube auch, dass die Wissenschaft in weiten Teilen rational ist, nur was soll das eigentlich heißen? Auch mythische Beziehungen herzustellen, z.B. einen Götterhimmel anzunehmen, ist ja ein rationales Konstrukt.

Davon mal abgesehen ist die Trennung zwischen dem was man meint, wenn man von irrationaler Religion und rationaler Wissenschaft spricht, schon so halbwegs klar, wenn man Klischees bemüht.

Worin soll der Rationalistätsvorsprung der Wissenschaft denn nun genau heißen und welche wissenschaftliche Rationalität ist gemeint? Ist nur die Naturwissenschaft rational? Warum?
Kommt man von der Beobachtung besser in die Rartionalität? Warum? Emprirische Daten sind sehr gut Theorien zu testen, machen die Welt aber nicht rationaler. Logik ist nicht empirisch, außer in einer breiten Fassung von Empirie, dass man herzeigen können muss, welche Schritte man bspw. in einem logischen Beweisverfahren gegangen ist. Geht man aber so weit, ist auch die Theologie empirisch. Reduziert man den Empiriebegriff auf das was man sehen und anfassen kann und was nicht vermittelt wurde, kommt man noch nicht mal in die Rationalität hinein.

Führ doch mal einem Hamster eine Versuchsanordnung vor und schau, ob dann am Ende eine Theorie heraus kommt. Zeuge empirischer Vorgänge zu sein, besagt erst einmal gar nichts.

Man könnte – mit einer gewissen Berechtigung – sagen, dass die Wissenschaft auch ihre Prämissen infrage stellt, zumindest anders oder mehr, als die Religion. Denn rational vorzugehen, die logisch richtigen Schlüsse zu ziehen, ist nur bedingt eine Gewähr, denn wenn die Prämissen absurd sind, ist es gleichgültig, ob man richtig gerechnet hat.

Doch das die Wissenschaft ohne jede Metaphysik zu haben sei und gleichsam nur durch Beobachtung „der Natur“ ihre Regeln und Gesetzmäßigkeiten ablausche, ist nun auch nicht richtig. Insofern steht vor jedem Naturalismus eine supernaturalistische Grundlage, was mich aber auch nicht stören würde.

Ich glaube, die Problematik ist eine andere, eigentlich sind es zwei.

Zum einen scheint mehr und mehr klar zu werden, dass Rationalität ein begrenztes Mittel ist, um Welt zu erfassen. Es könnte sehr gut sein, dass „die Welt“ keine rational ablaufende Maschine ist und dass wir momentan einfach an gewisse Grenzen stoßen.

Wahrscheinlicher, zumindest besser nachweisbar, ist aber ein anderer Punkt: Wir sind einfach keine sonderlich rationalen Wesen. Sicher die rationalsten, die wir kennen, aber irgendwo ab Kant, fortgeführt von Marx bis zu Freud reichend, gibt es eine große, unausgesprochene Begeisterung oder Überzeugung, dass Rationalität das Mittel ist, um die Welt zu einer besseren zu machen. Und nicht nur der Aufschlag, der ganze erste Satz ging überzeugend an diese Idee.

Aber zieht die noch? Ist es wirklich so, dass die Spitzendenker immer rationaler werden, immer mehr erkennen und dann 20 bis 50 Jahre später auf die breite Masse davon profitiert? Ist es wirklich so, dass man den Menschen nur die Zusammenhänge richtig erklären muss, die richtigen Argumente haben muss und unweigerlich würde sich jeder überzeugen lasse und wenn nicht jetzt, dann doch zwei, drei Generationen später?

Sicher, man muss die Rahmenbedingungen setzen und überall wo es kein frisches Wasser und keine Grundschulen gibt, ist es ein unbedingter Vorteil, dass es welche gibt, damit Rationalität erblühen kann. Aber ist die äußere Form unseres Lebens überhaupt noch zu toppen gewesen? Oder milder formuliert: Sollte sie nicht hinreichend gewesen sein, um vor allem die breiten Massen immer rationaler werden zu lassen, intelligenter, verständiger, interessierter? Ist das die gesellschaftliche Wirklichkeit in der wir leben? Es kam inmitten eines hohen Maßes an Freiheiten, Möglichkeiten, Absicherungen doch zu einer Stagnation, wenn nicht zu einer Regression vieler Bereiche.

Rationalität ist in vielen Bereichen ein Vorteil, darum werden die Daten der Vorteile auch die nächsten 200 Jahre nicht versiegen und es gibt noch viel zu beackern, doch gleichzeitig wird sichtbar, dass Rationalität ihre Grenzen hat, wenn nicht als solche, dann doch als etwas für den Menschen Verfügbares. Ich glaube das ist die eigentliche Herausforderung und Kränkung.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Lumen » Sa 7. Jul 2012, 11:46

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Es stimmt aber nicht, dass Außerwissenschaftliches nur verspottet wird. [...] Wenn es klappt, dann prima (das ist nicht nur Rhetorik von meiner Seite!). Es ist aber das Phänomen, dass die meisten Vetreter solcher alternativen Methoden sich durch keinen Fehlschlag von ihrer Überzeugung abbringen lassen, es interessiert sie einfach nicht, ob es stimmt oder nicht. [...]


Das liegt mitunter an der Frontstellung, die aufgebaut wurde. Wenn James Randi irgendetwas testet, dann weiß ich vorher, wie das Ergebnis sein wird (und Du weißt es auch) deshalb ist es auch so uninteressant, was er von sich gibt.

Die Vertreter sog. alternativer Methoden werden rein diskurstechnisch schon mal im ersten Schritt zu Vertretern „alternativer“ Methoden gemacht. Das sind Endlosdiskussionen, bei denen wir aufpassen müssen, dass wir nicht vom Thema abkommen. [...]


In dieser Passage steckt im Grunde alles drin. Jemand setzt eine Behauptung in die Welt, die in der Regel wirkliche Auswirkungen hat. Im "kleinen" Maßstab mag das die Behauptung sein, Wasseradern mittels einer Rute finden zu können oder mittels Medium mit einem Verstorbenen zu kommunizieren (das sind z.B. James Randi Themen). Du deutest am Ende, in einem anderen Zusammenhang an, dass wir alle in anderen Welten leben.

Nun kann man entweder mit Geistern reden oder man kann es nicht. Es gibt keine sich verändernden Modalitäten. Randi ist auch nur ein Kunde, wie jeder andere auch. Der Unterschied ist, dass Randi dann eben Fragen stellen wird, wo er die Antworten bereits kennt, während die anderen Kunden fragen stellen, die für sie emotional wichtig sind, z.B. ob es der verstorbenn Großmutter gut ginge. Der Placebo Effect, den du auch kurz reinstreust hat mit Geistern nichts zu tun. Auch Moral und Ethik kommt kurz vor. Warum sollten wir ausgerechnet Leuten die Frage nach Werten anvertrauen, die unprüfbar mit Geistern reden können wollen. Es geht doch am Ende doch immer um Macht, Einfluß oder Geld, ob nun Kirche oder Wünschelrutengänger (wobei unbestritten die Gläubigen gerne auch wirklich an ihren Mist glauben können).

Dein ganzes Plädoyer für die Quacksalber und Betrüger fällt letztlich damit zusammen, dass was immer ohne "Warum" (wie kommt es dass) behauptet wird und reale Anwendung findet ("Kunden hat"), gleichzeitig selektieren können soll, zwischen gläubigen Kunden und Ungläubigen (also Gott antwortet in echt, wenn man glaubt; das Medium kann wirklich mit Geistern reden, wenn man glaubt). Auch hier wieder: Wie kommt es dass? Wie kommt es dass ein Medium den richtigen Oma Geist an de Strippe bekommt? Wie kommt es dass nur Trivialitäten austauscht werden,wenn die ganze Menscheit brennend wissen möchte, wie das Jenseits aussieht. Wie kommt es dass Flugzeugbauer eingedenk angeblicher Geisteskräfte, die mit reiner Willenskraft Metall verbiegen können, nicht ins Schwitzen geraten?
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » Sa 7. Jul 2012, 12:15

Vollbreit hat geschrieben:Aber warum sollte man denn an allem zweifeln? Ist das nicht vielleicht sogar pathologisch?
Warum ist Erkenntnis mehr wert als Glück?


Ich hab noch eine bessere Antwort:

Es ist oft ein großes Glück, dass die Dinge nicht so sind, wie wir gedacht hatten!
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Vollbreit » Sa 7. Jul 2012, 13:16

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Man muss die Satz schon verstehen, sonst bleibt man nur bei sich.

Das ist ein semantisches, aber kein erkenntnistheoretisches Problem. Diese beiden Problemstellungen muss man sauber auseinanderhalten, es sind verschiedene Kategorien. Zumindest sollte man ihre Gleichsetzung rechtfertigen.


Welche Bedeutung hat in Deinen Augen die linguistische Wende?
Wie vermittelt sich Dir denn Welt, wenn nicht in dieser Mischung aus Anschauung und Begriff?
Gibt es eine reine Erfahrung?
Wie kommst Du darauf, Deinen Schmerz „Schmerz“ zu nennen und kannst Du sicher sein, dass Du den richtigen Begriff benutzt? Du könntest doch eine Glückserfahrung haben und sie „Schmerz“ nennen. Woher weißt Du, dass Du Dich nicht irrst?
Was genau hat den Descartes Rückschluss von Denken aufs Sein das Genick gebrochen?

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Geht es dann in den Bereich des Erlebens und der Interpretation im landläufigen Sinne, wird es interessant. „Das soll Kunst sein?“

Es gibt eben keine Einigkeit über die Bedeutung des Wortes "Kunst", dann ist es schlicht dumm, darüber miteinander zu diskutieren.


Hast Du einen eindeutigen Naturbegriff?
Ist z.B. das was ich schreibe „Natur“, weil zu schreiben ja nicht den Naturgesetzen widerspricht?
Umfasst „Natur“ demnach alles?
Oder ist „Natur“ die Wiese und das was drüber läuft?
Oder ist „Natur“ alles was man sehen und wiegen kann?
Ist eine Theorie über die Natur eigentlich „Natur“?

ujmp hat geschrieben:Um bei meinem Flaschenpostgleichnis zu bleiben: Man diskutiert über die Schatzsuche ohne zu merken, dass sich jeder eine andere Insel dabei vorstellt. Das ist also kein Einwand gegen mein Wahrheitskonzept, sondern unterstreicht sogar seine Zweckmäßigkeit. Für den Wahrheitsgehalt meiner Vorstellungen ist es jedenfalls kein Kriterium, ob ich meine Vorstellungen auch verständlich machen kann.


Aus welchem Grund ist Zweckmäßigkeit das oberste Prinzip? Inwieweit rechtfertigt Zweckmäßigkeit oder ein Funktionalismus Wahrheit. Wenn ich eine Schlucht überwinden will, von der ich annehme, dass sie 12 Meter lang ist und dazu geschickt einen Baum fällen möchte, von dem ich annehme, dass er 15 Meter lang ist und mir als Brücke dient, dann kann ich damit auch Erfolg haben, wenn die Schlucht nur 10 Meter ist und der Baum 12 Meter breit. Der Erfolg war da, die Annahmen falsch.
Das ist ein prinzipieller Einwand gegen den Schluss vom Funktionalismus zur Stützung einer Wahrheitstheorie.

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Um zum Kern der Sache zu kommen: Jemand könnte behaupten, er habe eine innere Stimme gehört, die zu ihm sprach.

Das ist wieder schwer zu beurteilen, weil du nicht weißt, welche Erfahrung er damit genau meint - also ein semantisches Problem. Wenn jemand behauptet, Gott verrate ihm jede Woche die Lottozahlen, kann man das ja leicht testen, ob es stimmt.


Nicht, wenn er sie nicht in der Lottoschein einträgt.
Aber was bringt Dir so eine Beweisführung auch? Ich habe mal vor Jahren eine Hexe kennengelernt, die ein Geldritual durchgeführt hat und kurz darauf einen immerhin fünfstelligen Gewinn im Lotto hatte. Also, klappt doch.
Muss etwas immer klappen? Warum ist Gott eigentlich verpflichtet, wie ein Colaautomat zu agieren: Gebet rein, Dienstleistung raus. Schafft die Krebstherapie das auch?

ujmp hat geschrieben:Aber ich kann mir z.B. gut vorstellen, was mein Chef sagt, wenn ich ihn um eine Gehaltserhöhung bitte. Genau so konnte ich mir als Gläubiger vorstellen, was Gott zu mir sagen würde. Ich hatte eine Vorstellung von seiner Persönlichkeit, wie von der eines Menschen. Die Vorstellung, dass Gott in bestimmten Situationen spricht ist also dann eine ganz alltägliche Imaginationsleistung. Dieses "Sprechen" ist nichtsweiter als ein Einfall, dagegen ist nichts einzuwenden. Der entscheidende Punkt ist aber, ob es stimmt!


Wann genau ist etwas für Dich wahr?
Ein Navi bringt einen nicht jedes mal an das richtige Ziel.
Ein Onkologe kann nicht immer helfen.
Du gebrauchst oft einen impliziten Wahrheitsbegriff, von dem Du Dich dann explizit distanzierst.
Wahrheit ist vorläufig, brauche ich nicht, ich habe gelernt damit zu leben, sagst Du einerseits.
Andererseits betont Du, es gäbe eben richtig und falsch, entscheidend sei, dass etwas stimmt.
Das müsstest Du schon aufklären.

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Eine gute Prüfung ist immer der intersubjektive Diskurs.

Was soll denn ein "intersubjektiver Diskurs" sein? Und wie kann denn ein Diskurs eine Prüfung sein?


Ein intersubjektiver Diskurs ist im Allgemeinen ein Gespräch, in das jeder seine Daten einbringen kann. Ein Diskurs ist es genau dann, wenn man versucht die Position des anderen zu verstehen, was z.B. Lumen hier macht ist kein Diskurs, er degradiert andere zu Stichwortgebern seiner, in meinen Augen, paranoiden Konstrukte.

Im engeren Sinne wird der intersubjektive Diskurs meist als derjenige verstanden, den die Gemeinschaft der Wissenden oder Kompetenten abhält. Wer zur Gemeinschaft gehört, bestimmt in der Regel die Gemeinschaft selbst, das wird als Problem der scientific community angesehen, dass sie irgendwann zur reinen Selbstbestätigungsmaschine wird.

Gesellschaftlich ist es so, dass es die Möglichkeit gibt, von Außen immer wieder frischen Wind in den Diskurs zu bringen, durch begabte Laien, durch Journalisten, durch interdisziplinäre Versuche (bei denen es leider oft beim Versuch bleibt) und so weiter.

Im besten Fall tauscht man dann Hypothesen und Theorien aus und diskutiert über Stärken und Schwächen derselben. Naja und da nur behauptende Sätze Wahrheit beanspruchen können und nicht Wolken, Eichhörnchen oder Elektronen, ist das der Test.
Eine Wahrheit zu verkünden oder zu kennen, die niemand aus der scientific community nachvollziehen kann oder die gerade ideologisch unerwünscht ist, heißt nicht anschlussfähig zu sein.
Damit ist die Idee tot.

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Aber warum sollte man denn an allem zweifeln? Ist das nicht vielleicht sogar pathologisch?
Warum ist Erkenntnis mehr wert als Glück?

Umgedreht ist es erst recht krank. Zweifle doch einfach nicht an allem, und schätze die Erkenntnis, die dich glücklich macht. ;-)


Möchtest Du weiter Kindergarten spielen, oder hast Du Interesse an einer Diskussion?
Du kannst mir (als Deinem stillen Stellvertreter für die Mehrheit der Gläubigen) auch gerne weiter erklären, dass man die Schatzkarte richtig oder falsch lesen kann und dass allein der Erfolg das Kriterium ist, aber das ist dann nichts mehr was mich sonderlich reizt.

ujmp hat geschrieben:Solche Verabsolutierungen fallen mir im Übrigen auf den Wecker. Du suchst nach absoluten Wahrheiten und kritisierst mich dafür, dass ich sie nicht habe. Du möchtest alle Probleme ein für alle Mal lösen, für das Problem der Probleme eine gültige - die - Antwort haben - da wirst du dir wohl doch eine Zauberpille vom lieben Gott abholen müssen. Ich bin da nicht kompetent genug.


Gut, das ist jetzt zum x-ten Male eine Unterstellung, von der ich Dir bereits mehrfach ausdrücklich schrieb, dass sie nichts mit meinen Vorstellungen zu tun hat, ich nehme es noch einmal hin, dass Du da Schwierigkeiten hast, Dich umzustellen oder vermutlich auch von tiefem Misstrauen durchdrungen bist und nach dem Trick suchst, aber ewig möchte ich das dann auch nicht mehr haben, dass Du mir erklärst, was ich meine. Es ging doch eigentlich ganz gut weiter, also, wo ist das Problem?
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Nanna » Sa 7. Jul 2012, 14:07

Für Diskussionbeteiligung gerade keine Zeit, aber Missverständnisse der Bewegung gegenüber muss ich trotzdem eben auszuräumen versuchen:
Vollbreit hat geschrieben:Ist denn nicht die Intention der Brights genau die, zu betonen, dass die Interpretation der Religionen völlig falsch sind?

Nein! Wir sind nicht die "Neuen Atheisten". Unser Ziel ist es nicht, die Interpretationen der Religionen anzugreifen, sondern unsere eigene(n) zu pflegen und als ernstzunehmenden und gleichberechtigten Mitspieler im Diskurs zu etablieren. Die Religionsfeindlichkeit und der Vulgärrationalismus, mit dem das manchmal einhergeht, sind mir auch zuwider und sie sind auch nicht konstitutiv für die Bewegung. Die ganze Dichotomie Religion vs. Naturalismus führt uns nirgendwohin, weil sie jeden unter Bekenntniszwang stellt. Ich mag diese krasse Frontenbildung nicht, sie ist unproduktiv und fördert nur die Entwicklung inkompatibler Extreme, weil sich beide Seiten immer radikaler voneinander abgrenzen müssen. Dabei ist es für Brights auch ausreichend, anderen Weltanschauungen/Kosmologien indifferent gegenüberzustehen. Man muss ja nicht alles verdammen, es reicht, eine abweichende Meinung zu haben und diese nicht-abwertend auszudrücken. Und ganz explizit sind ja auch Kulturreligiöse in der Bewegung willkommen (deshalb ist stine auch eine richtige Bright, egal wem das hier nicht passt).

Die Brights sind übrigens auch nicht der Ansicht, dass Moral nicht existieren würde, aber sie gehen davon aus, dass es ein evolutionäres, der Gruppenkoordination förderliches "natürliches" Bedürfnis im Menschen gibt, sich moralisch zu verhalten (siehe dazu Brights Action Arena #1: Reality about Morality Project).

Das nur eben dazu, weil ich befürchte, dass die Brights hier schon wieder Gefahr laufen, in der Ecke der nihilistischen religionshassenden Szientisten zu landen und das sind wir nicht (gibt's auch, ja, wir haben halt auch unsere Piusbrüder...).
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon stine » Sa 7. Jul 2012, 14:39

Nanna hat geschrieben:Die Brights sind übrigens auch nicht der Ansicht, dass Moral nicht existieren würde, aber sie gehen davon aus, dass es ein evolutionäres, der Gruppenkoordination förderliches "natürliches" Bedürfnis im Menschen gibt, sich moralisch zu verhalten.
Aber auch dieses "evolutionäre, der Gruppenkoordination förderliche "natürliche" Bedürfnis" muss in Worte gefasst und weitergegeben werden. Leider gibt es dafür überhaupt keinen Aufkänger. Ich fang ja nur ungern wieder damit an, aber ein lasterhaftes Leben gibt es nach naturalistischer Einschätzung eben gar nicht. Es ist erlaubt, was gefällt, wenn es niemandem schadet. Und wenn man selber der Geschädigte ist, dann zählt das nicht, weil wir ja einen freien oder unfreien Willen haben, das ist dann schon egal, denn entweder ich kann nicht anders oder ich mag nicht anders.

LG stine
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » Sa 7. Jul 2012, 14:50

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Man muss die Satz schon verstehen, sonst bleibt man nur bei sich.

Das ist ein semantisches, aber kein erkenntnistheoretisches Problem. Diese beiden Problemstellungen muss man sauber auseinanderhalten, es sind verschiedene Kategorien. Zumindest sollte man ihre Gleichsetzung rechtfertigen.


Welche Bedeutung hat in Deinen Augen die linguistische Wende?
Wie vermittelt sich Dir denn Welt, wenn nicht in dieser Mischung aus Anschauung und Begriff?
Gibt es eine reine Erfahrung?
Wie kommst Du darauf, Deinen Schmerz „Schmerz“ zu nennen und kannst Du sicher sein, dass Du den richtigen Begriff benutzt? Du könntest doch eine Glückserfahrung haben und sie „Schmerz“ nennen. Woher weißt Du, dass Du Dich nicht irrst?
Was genau hat den Descartes Rückschluss von Denken aufs Sein das Genick gebrochen?


"Linguistische Wende" sollte man in Anführungszeichen schreiben, und es war eher eine "Welle". Das berührt aber das Problem der Wahrheitsfindung, wenn überhaupt, nur indirekt. Sicher können meine Anschauungen UND meine Begriffe falsch sein. Es ist aber dann noch eine zusätzliche Frage, ob wir beide mit den selben Begriffen die selben Anschaungen verbinden. Letzteres ist ein Kommunikationsproblem und kein erkenntnistheoretisches Problem.

Ein Diskurs kann nicht die Wahrheit einer Aussage prüfen, wie du es behauptest, sondern nur das Verständnis einer Aussage, sprich welche Erwartungen sie in den Diskursteilnehmern evoziert und ob es evtl. die selben sind. Ob sich diese Erwartungen bestätigen oder nicht, beantworten die Teilnehmer, wenn die Begriffe geklärt sind, mit jeweils einem Wort: "Ja" oder "Nein".

Eine Benennung oder eine Definition ist keine Erkenntnis, sie kann daher weder wahr noch falsch sein. Dinge bekommen einen Namen, wenn sich ihre Wahrnehmung wiederholt. Man kann daraus ein Problem konstruieren, z.B. indem man feststellt, dass kein Ei dem anderen gleicht. Es gleicht sich aber etwas in meiner Wahrnehmung, wenn ich zwei Eier sehe, und eben dies nenne ich "Ei". Wir benennen eigentlich Wahrnehmungen und nicht die Dinge selbst. Man kann ein weiteres Problem konstruieren und fragen, wo die Grenze sei, dass ich eine Wahrnehmung nicht mehr als Ei ansehen würde. Darauf antworte ich: Bevor ich nach der Grenze suche, beweist mir mal, dass es überhaupt eine gibt!

Wenn ich eine wiederkehrende Wahrnehmung "Schmerz" nenne und dann eine völlig andere, gegensätzliche Wahrnehmung ebenfalls "Schmerz" nenne, dann ist das kein erkenntistheoretisches Problem oder gar Mysterium, sondern schlicht dumm. Tipp: Nich machen!
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » Sa 7. Jul 2012, 14:56

stine hat geschrieben: Ich fang ja nur ungern wieder damit an, aber ein lasterhaftes Leben gibt es nach naturalistischer Einschätzung eben gar nicht. Es ist erlaubt, was gefällt, wenn es niemandem schadet.

Das ist drei mal gelogen.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Vollbreit » Sa 7. Jul 2012, 15:01

Nanna hat geschrieben:Nein! Wir sind nicht die "Neuen Atheisten". Unser Ziel ist es nicht, die Interpretationen der Religionen anzugreifen, sondern unsere eigene(n) zu pflegen und als ernstzunehmenden und gleichberechtigten Mitspieler im Diskurs zu etablieren. Die Religionsfeindlichkeit und der Vulgärrationalismus, mit dem das manchmal einhergeht, sind mir auch zuwider und sie sind auch nicht konstitutiv für die Bewegung.


Das nehme ich Dir und einer knappen Handvoll anderen hier aus dem Forum ausdrücklich ab, über die Mehrheit der Brights kann ich eigentlich keine Aussagen treffen, weil ich privat keine kenne und aus anderen Foren nur einen (ein ekelhafter Fundamentalist), aber wie schon öfter erwähnt, war ich erfreut, meine Vorurteile in einige Fällen gründlich revidieren zu dürfen.

Das ist aber nicht das Problem. In jedem Forum und jeder Bewegung werden ein paar Spinner mitgeschleppt, das ist unvermeidlich. Problematisch finde ich, dass die Lebensrealität der Brights m.E. nicht mit den Ansprüchen konform geht und zwar ausdrücklich nicht, weil der Ansatz für einige Mitläufer zu hoch ist, sondern weil die nichtdeutsche Spitze nicht hält, was sie verspricht und die deutsche, außerhalb des Forums, oft auch nicht. MSS wird eben als Deutschlands Chef-Atheist vermarktet (distanziert er sich eigentlich heftig davon?)und wird dann eben doch immer für religionskritische Themen gebucht. Er ist in einigen Themen (freier Wille, Memes, z.B.) an einer seriösen Darstellung auf der Höhe der Diskussion offenbar nicht sonderlich interessiert. An sich nicht schlimm, dumm nur, wenn man drüber schreibt.

Was Dawinks angeht, kennst Du ja meine Meinung und ich Deine.
Dennett ist noch jemand der wenigstens allgemein anerkannt ist, aber gleich wie man die Qualität einschätzt, außer atheistischen Auftritten und Aktionen ist da doch auch eher wenig zu vermelden, oder?

Nanna hat geschrieben:Die ganze Dichotomie Religion vs. Naturalismus führt uns nirgendwohin, weil sie jeden unter Bekenntniszwang stellt. Ich mag diese krasse Frontenbildung nicht, sie ist unproduktiv und fördert nur die Entwicklung inkompatibler Extreme, weil sich beide Seiten immer radikaler voneinander abgrenzen müssen. Dabei ist es für Brights auch ausreichend, anderen Weltanschauungen/Kosmologien indifferent gegenüberzustehen. Man muss ja nicht alles verdammen, es reicht, eine abweichende Meinung zu haben und diese nicht-abwertend auszudrücken. Und ganz explizit sind ja auch Kulturreligiöse in der Bewegung willkommen (deshalb ist stine auch eine richtige Bright, egal wem das hier nicht passt).


Schon klar, nur wenn bei Hegel, Marx und Habermas schon der religiöse Extremismus beginnt, dann darf man Zweifel an der Rationalität der Veranstaltung haben.
Und das ist ja kein Zufall, sondern durchaus auch Strategie. Vermutlich nicht mal boshaft, sondern in vollster Überzeugung. Wenn man alles als Unsinn aus dem Diskurs ausschließt, was nicht zählbar ist, Qualia, Moral, die nicht von Primaten ererbt ist, Intersubjektivität zugunsten einer faden Suppe „objektiver Fakten“, dann ist das Szientismus in Reinform.

Nanna hat geschrieben:Die Brights sind übrigens auch nicht der Ansicht, dass Moral nicht existieren würde, aber sie gehen davon aus, dass es ein evolutionäres, der Gruppenkoordination förderliches "natürliches" Bedürfnis im Menschen gibt, sich moralisch zu verhalten (siehe dazu Brights Action Arena #1: Reality about Morality Project).


Was natürlich, wie Du weißt, selbst wenn es so ist – einige Daten sprechen dafür – viel zu wenig ist.
Mit dem freien Willen, kommt auch die Entscheidung zu morden in die Welt, zu lügen und anderes und da wir eben beides im natürlichen Repertoire haben, ist die Frage um die es geht nicht gelöst, sondern höchstens vertagt.
Die Dichotomie der menschlichen Psyche ist an der Wurzel schon evident, nur heißt dass ja nicht, dass wir Säuglinge oder Kleinkinder bleiben müssen. Die neuen Ebenen entstehen/emergieren dann und nur dann, wenn man es schafft die grundlegenden Kategorien allmählich in der eigenen Psyche zugunsten immer differenzierterer Grautöne zu überwinden.

Nanna hat geschrieben:Das nur eben dazu, weil ich befürchte, dass die Brights hier schon wieder Gefahr laufen, in der Ecke der nihilistischen religionshassenden Szientisten zu landen und das sind wir nicht (gibt's auch, ja, wir haben halt auch unsere Piusbrüder...).


Schon klar, ich versuche ja auch meistens die Akteure nicht über die Maßen zu vermengen und den lohnenden Auseinandersetzungen den Vorrang zu geben. Und dass Du hier oft in einer Zwickmühle bist, ist natürlich nachvollziehbar.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Vollbreit » Sa 7. Jul 2012, 15:39

ujmp hat geschrieben:"Linguistische Wende" sollte man in Anführungszeichen schreiben, und es war eher eine "Welle". Das berührt aber das Problem der Wahrheitsfindung, wenn überhaupt, nur indirekt. Sicher können meine Anschauungen UND meine Begriffe falsch sein. Es ist aber dann noch eine zusätzliche Frage, ob wir beide mit den selben Begriffen die selben Anschaungen verbinden. Letzteres ist ein Kommunikationsproblem und kein erkenntnistheoretisches Problem.


Ich halte das für eine grobe Fehleinschätzung.
Welche Wahrheitstheorie favorisierst Du denn?

ujmp hat geschrieben:Ein Diskurs kann nicht die Wahrheit einer Aussage prüfen, wie du es behauptest, sondern nur das Verständnis einer Aussage, sprich welche Erwartungen sie in den Diskursteilnehmern evoziert und ob es evtl. die selben sind. Ob sich diese Erwartungen bestätigen oder nicht, beantworten die Teilnehmer, wenn die Begriffe geklärt sind, mit jeweils einem Wort: "Ja" oder "Nein".


Klar, ist Technik gut, ja oder nein?
Und die Klärung der Begriffe, fandest Du zuletzt ja eher überflüssig.
Tatsächlich haben sie sich als ziemlich zentrales Anliegen der Philosophie herausgestellt, weil nämlich dass, was unmittelbar jedem klar war, z.B. was Natur sein soll, was Gott sein soll, was ein Ich ist, was Sein ist und so weiter, bei näherer Betrachtung alles andere als klar ist.
Und natürlich, für die Alltag reichen die Alltagsbegriff völlig aus, nur eben nicht für dieWissenschaft.

ujmp hat geschrieben:Eine Benennung oder eine Definition ist keine Erkenntnis, sie kann daher weder wahr noch falsch sein. Dinge bekommen einen Namen, wenn sich ihre Wahrnehmung wiederholt.


Du verkennst dass der naive Realismus keine tragfähige Position in einer Diskussion ist.
Du kannst ja den Naturbegriff selbst nicht erklären.

ujmp hat geschrieben:Man kann daraus ein Problem konstruieren, z.B. indem man feststellt, dass kein Ei dem anderen gleicht. Es gleicht sich aber etwas in meiner Wahrnehmung, wenn ich zwei Eier sehe, und eben dies nenne ich "Ei".


Wie sieht denn ein Über-Ich aus? Welche Farbe haben Gewissensbisse? Woran erkennt man Macht?
Wie sind die Umrisse von Eifersucht? Wie sieht ein Vergleich aus? Zeig mal auf Kausalität.
Die meisten der Begriffe, die auch Du bemühst, überragen Deine eigenen Beispiele bei weitem.

ujmp hat geschrieben:Wir benennen eigentlich Wahrnehmungen und nicht die Dinge selbst. Man kann ein weiteres Problem konstruieren und fragen, wo die Grenze sei, dass ich eine Wahrnehmung nicht mehr als Ei ansehen würde. Darauf antworte ich: Bevor ich nach der Grenze suche, beweist mir mal, dass es überhaupt eine gibt!


Witzig, der Antipostmodernist, nimmt Zuflucht in der dicksten postmodernen Einstellung überhaupt.
Keine Grenzen, keine Wahrheiten, alles relativ.
Zwar gibt es richtig und falsch, richtig ist die Wissenschaft, falsch die Religion, was das genau ist, weiß jeder, aber was ein Ei ist…

ujmp hat geschrieben:Wenn ich eine wiederkehrende Wahrnehmung "Schmerz" nenne und dann eine völlig andere, gegensätzliche Wahrnehmung ebenfalls "Schmerz" nenne, dann ist das kein erkenntistheoretisches Problem oder gar Mysterium, sondern schlicht dumm. Tipp: Nich machen!


Du weißt offenbar sehr viel weniger, als Du bisweilen vorgibst, oder stellst Dich dumm und taub.
Du kennst Wittgensteins Beispiel von den Schmerzen und der Unmöglichkeit (seiner Ansicht nach) einer Privatsprache?
Darauf habe ich abgezielt, nicht auf Lebenstipps.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » Sa 7. Jul 2012, 17:25

Vollbreit hat geschrieben:
Ich glaube auch, dass die Wissenschaft in weiten Teilen rational ist, nur was soll das eigentlich heißen? Auch mythische Beziehungen herzustellen, z.B. einen Götterhimmel anzunehmen, ist ja ein rationales Konstrukt.

Das ist wohl wieder deinem Hang zur Verabsolutierung geschuldet. Vielleicht ist auch "Gleichmacherei" das bessere Wort. Du suchst nach dem Allgemeinen und ignorierst das Spezielle. Sicher, es gibt Gemeinsamkeiten, es kommt aber auf den Unterschied an. Ein Weltbild zu konstruieren ist nur ein Schritt, es auf seine Zweckmäßigkeit hin zu hinterfragen ist ein anderer Schritt, bei dem sich Religion und Wissenschaft fundamental unterscheiden.

Vollbreit hat geschrieben:Ich halte das für eine grobe Fehleinschätzung.
Welche Wahrheitstheorie favorisierst Du denn?

Ich hab sie hier schon mehrmals vorgetragen. Ich halte die Annahme, dass es eine von meinen Meinungen unabhängige Realität gibt für die intelligenteste Lösung. Wir können nicht wissen, wie nahe unsere Vorstellungen an die Wahrheit heranreichen. Wir können unsere Näherungen aber auf ihre Zweckmäßigkeit hin beurteilen, verbessern oder ggf. fallen lassen. Ich find Karl Popper da immer noch am überzeugensten, der diesen Mechanismus mit der Evolution in Verbindung gebracht hat. Unser Denken, so Popper, ist sozusagen eine Form, die Nische in der wir leben zu erweitern. Es schafft eigentlich diese Nische. Inwiefern wir diese Vorstellungen über diese angenommene Ralität teilen, ist eine andere Frage, die ein Kommunikationsproblem darstellt.

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Ein Diskurs kann nicht die Wahrheit einer Aussage prüfen, wie du es behauptest, sondern nur das Verständnis einer Aussage, sprich welche Erwartungen sie in den Diskursteilnehmern evoziert und ob es evtl. die selben sind. Ob sich diese Erwartungen bestätigen oder nicht, beantworten die Teilnehmer, wenn die Begriffe geklärt sind, mit jeweils einem Wort: "Ja" oder "Nein".


Klar, ist Technik gut, ja oder nein?
Und die Klärung der Begriffe, fandest Du zuletzt ja eher überflüssig.
Tatsächlich haben sie sich als ziemlich zentrales Anliegen der Philosophie herausgestellt, weil nämlich dass, was unmittelbar jedem klar war, z.B. was Natur sein soll, was Gott sein soll, was ein Ich ist, was Sein ist und so weiter, bei näherer Betrachtung alles andere als klar ist.
Und natürlich, für die Alltag reichen die Alltagsbegriff völlig aus, nur eben nicht für dieWissenschaft.


"Technik gut, ja oder nein?" - die Antwort darauf wäre Anmaßung, aber die Frage selbst ist ja schon eine Zumutung. Ich muss mich leider wiederholen: Du kritisierst mich dafür, dass ich etwas nicht habe, wovon du selbst überzeugt bist, dass es das nicht gibt. Not even clever. Wissenschaftler stellen solche dummen Fragen nicht. Sie fragen: "Gravitationsgesetz- stimmt's oder stimmt's nicht?" und sie sagen gleich dazu, woran sie das beurteilen wollen.

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Eine Benennung oder eine Definition ist keine Erkenntnis, sie kann daher weder wahr noch falsch sein. Dinge bekommen einen Namen, wenn sich ihre Wahrnehmung wiederholt.


Du verkennst dass der naive Realismus keine tragfähige Position in einer Diskussion ist.
Du kannst ja den Naturbegriff selbst nicht erklären.

Das will ich auch gar nicht, weil es ebenso anmaßend wäre. Ich kann aber dafür sehr viele bescheidenere Aussagen machen. Wenn ich von "Natur" rede, ist das nur ein Begriff mit veränderlichem Inhalt, der bestimmte Erfahrungen und Vorstellungen zusammenfasst. Sein Umfang ändert sich jeden Tag, an dem ich dazulerne. Der naive Antirealismus ist ja ebensowenig eine tragfähige Position. Du müsstest schon konkreter werden. Mir scheint aber, dass du Positionen vertrittst, die du selbst gar nicht durchdrungen hast.

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Man kann daraus ein Problem konstruieren, z.B. indem man feststellt, dass kein Ei dem anderen gleicht. Es gleicht sich aber etwas in meiner Wahrnehmung, wenn ich zwei Eier sehe, und eben dies nenne ich "Ei".


Wie sieht denn ein Über-Ich aus? Welche Farbe haben Gewissensbisse? Woran erkennt man Macht?
Wie sind die Umrisse von Eifersucht? Wie sieht ein Vergleich aus? Zeig mal auf Kausalität.
Die meisten der Begriffe, die auch Du bemühst, überragen Deine eigenen Beispiele bei weitem.".

Die Haltung, die ich vertrete führte gerade dazu, Begriffe wie "Über-Ich" fallen zu lassen oder sie als bloße Metaphern zu akzeptieren. Es geht nicht darum, sie abzulehnen, aber darum zu verstehen, dass man sie so definieren muss, dass es entscheidbar ist, ob es überhaupt etwas gibt, worauf sie sich beziehen. Allgemein geht es darum, das Denken vom Kopf auf die Füße zu stellen.

Wie ein Vergleich aussieht? Ich vergleiche die Größe von zwei Blättern Papier, in dem ich sie genau übereinanderlege und prüfe, ob eines übersteht. Meine Erwartung ein gleichgroße Bögen ist, dass ich mit bloßem Auge keinen Unterschied wahrnehme. Kausalität? Ich drehe den Schlüssel im Zündschloss rum, und der Motor springt - wie erwartet - an. Wo kann ich dir sonst noch weiterhelfen?

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Wir benennen eigentlich Wahrnehmungen und nicht die Dinge selbst. Man kann ein weiteres Problem konstruieren und fragen, wo die Grenze sei, dass ich eine Wahrnehmung nicht mehr als Ei ansehen würde. Darauf antworte ich: Bevor ich nach der Grenze suche, beweist mir mal, dass es überhaupt eine gibt!


Witzig, der Antipostmodernist, nimmt Zuflucht in der dicksten postmodernen Einstellung überhaupt.
Keine Grenzen, keine Wahrheiten, alles relativ.
Zwar gibt es richtig und falsch, richtig ist die Wissenschaft, falsch die Religion, was das genau ist, weiß jeder, aber was ein Ei ist…!

Deine Kategorisierungen klingen nicht sehr kompetent. Und wir haben hier wieder die nervige Gehaltserweiterung meiner Aussagen. Du ziehst dich immer wieder auf die Verallgemeinung meiner Aussagen zurück. Das ist ein Strohmann.

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Wenn ich eine wiederkehrende Wahrnehmung "Schmerz" nenne und dann eine völlig andere, gegensätzliche Wahrnehmung ebenfalls "Schmerz" nenne, dann ist das kein erkenntistheoretisches Problem oder gar Mysterium, sondern schlicht dumm. Tipp: Nich machen!


Du weißt offenbar sehr viel weniger, als Du bisweilen vorgibst, oder stellst Dich dumm und taub.
Du kennst Wittgensteins Beispiel von den Schmerzen und der Unmöglichkeit (seiner Ansicht nach) einer Privatsprache?
Darauf habe ich abgezielt, nicht auf Lebenstipps.

Wittgenstein war ein Großer Denker, ich brauche aber eine eigene Überzeugung. Magst du sein Problem mal erklären, wie du es verstanden hast? Ich traue ihm eigentlich nicht zu, dass er gegensätzliche Empfindungen gleich benannt hat...
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 7. Jul 2012, 17:38

Nanna hat geschrieben:Das nur eben dazu, weil ich befürchte, dass die Brights hier schon wieder Gefahr laufen, in der Ecke der nihilistischen religionshassenden Szientisten zu landen und das sind wir nicht (gibt's auch, ja, wir haben halt auch unsere Piusbrüder...).

Hmmm, ist da jemand bestimmtes angesprochen? Nihilistisch zu sein und Religion zu hassen ist ja erstmal nicht unbegründbar, diese Einstellungen allerdings nicht aggressiv auszuleben ist schon eine Herausforderung, die allerdings von einem ausreichenden Verstand bewältigt werden kann. Ich kann mich noch erinnern, wie mir ein Biologielehrer empfohlen hat, nicht alles biologistisch zu sehen. Warum nicht? Ich denke, weil die Antworten aus diesem Blickwinkel einfach nicht so schmeichelhaft für Leute sind, die sich für eine auserwählte Spezies über dem Tier halten. Alles eine Bew4rrtungssache. Und auch wenn ich mich selbst (und wohl auch andere hier) eher zu einem atheistischen Äquivalent eines Piusbruders zählen würden, trennt mich immer noch mindestens ein wichtiger Punkt von diesem: Ich würde es nur bei Worten belassen, Hass als relatives Phänomen ansehen und nicht als Rechtfertigung betrachten. Man muss doch nicht immer eine Kuh durchs Dorf jagen, indem man nun nicht gegen die Religion aber dann doch gegen konsequentere Atheisten ist, die letztlich auch harmlose Menschen sind. Ich finde also, dass man weder Nihilisten, noch Szientisten oder Religionshasser verteufeln sollte, wenn es euch auch bei religiösen Menschen darauf ankommt, dass sie halbwegs kooperativ und unschädlich sind, dann sollten euch auch diese Geisteshaltungen nicht als Feindbilder auftreten (obwohl sie euren doch so ähnlich sind), solange sie auch halbwegs kooperativ und unschädlich sind. Zumindest sollte man sich doch klarmachen, dass ein nihilistischer, religionshassender Szientist (zumindest kein mir bekannter) bis jetzt noch nie in der Geschichte etwas schädliches angerichtet hat. Es ist doch eine Sache, etwas zu hassen und eine andere, deren Vernichtung bewusst zu suchen, ohne Rücksicht auf Verluste. Ich hasse z.Bsp. auch den Sommer, weil man bei zu hohen Temperaturen oft schwitzt, viele stinken (ganz zu schweigen, dass sich mancher unansehnlicher Körper entblättert :kotz: ), die Sonne einfach zu hell ist und diese Insekten einen einfach verrückt machen. :bat2:
Aber mir ist bewusst, was für Ursachen der Sommer hat, welchen Nutzen, also dulde ich ihn und ziehe nicht in irgendeine vereiste Region der Welt, wo solche Begleiterscheinungen abgeschwächt sind. Abgesehen davon habe ich ohnehin keine andere rationale Wahl, als ihn zu dulden. So ist es auch mit der Religion.
stine hat geschrieben:Aber auch dieses "evolutionäre, der Gruppenkoordination förderliche "natürliche" Bedürfnis" muss in Worte gefasst und weitergegeben werden. Leider gibt es dafür überhaupt keinen Aufkänger.

Wenn ich das richtig verstanden habe, meinst du "Aufhänger" und das sehe ich auch so, bis auf das "leider". Moral zu predigen und die Grundlage dieser abzulehnen (diesen absolutistischen Anspruch, sich auf das Gute oder sonstwelche Illusionen zu beziehen) halte ich wie der Rest der Welt für zwiespältig und inkonsequent. Moral oder Ethik ist nicht notwendig oder ratsam.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » Sa 7. Jul 2012, 20:11

Vollbreit hat geschrieben:Schon klar, nur wenn bei Hegel, Marx und Habermas schon der religiöse Extremismus beginnt, dann darf man Zweifel an der Rationalität der Veranstaltung haben.


Das disqualifizert dich einmal mehr als seriösen Gesprächspartner, weil das, wie vieles anderes was du hier bestreitest, niemand gesagt hat. Ich habe diese Linie von Hegel zu Habermas in Bezug auf einen bestimmten Argumentationsstil gezogen, den auch meine bevorzugten Philosophen z.B. Schopenhauer oder Popper kritisieren. Dennet hat in dem von Lumen geposteten Video mit seinem Spaßwort "deepity" genau diesen Stil kritisiert und es ist m.E. kein Wunder, dass sich Religiöse ausgerechnet bei Leuten die diesen Stil pflegen Anregungen holen. Das ist eine sachliche Schilderung einer Beobachtung.

Die Denkweise des Marxismus ist beispielsweise von den sogenannten "gesellschaftlichen Widersprüchen" geprägt. Ein Widerspruch ist aber etwas, dass sich nur auf Aussagen beziehen kann und auf sonst keine Gegebenheit. Diese Schlampigkeit im Denken ist ein gewöhnlicher Denkfehler, der - in diesem Fall - auch viel Unheil zu Folge hatte. Wobei er aber längst zu Methode geworden ist, denn wo die Klarheit aufhört, hat die Willkür freies Spiel. Das wird uns aber dann als gedankliche Tiefe verklickert und der gesunde Menschenverstand wird als "naiv" abqualifiziert.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » Sa 7. Jul 2012, 20:22

In dieser Diskussion geht es um den Gottesbegriff. Er wird von den meisten Menschen, die an Gott glauben, ohne tiefere philosophischen Betrachtungen gepflegt. Gläubige legen dabei offensichtlich unterschiedliche Maßstäbe an die Glaubwürdigkeit an, je nach dem ob ein Priester oder ein Autohändler zu ihnen spricht. Das ist das bemerkenswerte daran.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » Sa 7. Jul 2012, 20:39

Vollbreit hat geschrieben:Rationalität ist in vielen Bereichen ein Vorteil, darum werden die Daten der Vorteile auch die nächsten 200 Jahre nicht versiegen und es gibt noch viel zu beackern, doch gleichzeitig wird sichtbar, dass Rationalität ihre Grenzen hat, wenn nicht als solche, dann doch als etwas für den Menschen Verfügbares. Ich glaube das ist die eigentliche Herausforderung und Kränkung.

Ich werde nich für den Nobelpreis vorschlagen, wenn du eine uns eine klare Vorstellung von "Rationalität" vorträgst. Das wärest du nämlich m.W. der erste, dem das gelingt. Du kritisierst nicht nur den Mangel von Dingen an deren Exsitenz du selbst nicht glaubst, sondern auch den Mangel von Dingen von denen du selbst keine klare Vorstellung hast.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » Sa 7. Jul 2012, 21:02

Vollbreit hat geschrieben:Ich kann auch nicht erkennen, dass ich Dich dazu aufgerufen hätte, irgendjemandem blind zu folgen, vor allem nicht mir, aber die Kritik an Popper würde ich schon ernst nehmen. Musst Du nicht tun, m.E. ist sie aber gut begründet.

Das ich die Kritik an Popper ernstnehmen muss hab ich von Popper selbst gelernt. Ich hab aber auch die Kritik an seinen Kritikern ernstgenommen.Der einzige von ihnen, dessen Ansichten ich nur aus zweiter Hand kennengelernt habe, ist Imre Lakatos, weil er es den nicht auf Deutsch gibt und mein englisch damls nochzu schlecht war. Und ich hab auch Poppers eigene Erwiderungen und seine Weiterentwicklung ernstgenommen. So wie du hier Popper dargestellt hast, ist das eine sehr naive Interpretation seiner Gedanken - ein Strohmann.

Im übrigen trage ich hier eigene Meinungen vor und erwähne bestenfalls, wer mich dazu inspiriert hat, während du dich lediglich auf Autoritäten berufst, die du selbst offensichtlich nur halb verstanden hast. Du kannst ja viel behaupten, was Quine oder Wittgenstein gedacht haben sollen. Ich hab aber darüberhinaus von dir hier noch keine einzige eigene philosophische Erörterung vernommen.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Vollbreit » Sa 7. Jul 2012, 21:11

ujmp hat geschrieben:Das ist wohl wieder deinem Hang zur Verabsolutierung geschuldet. Vielleicht ist auch "Gleichmacherei" das bessere Wort.


Natürlich gibt es Unterschiede, es sollte darauf hinweisen, dass ein Gotteskonstrukt stets rational ist.
Wie sollte es denn auch sonst sein, wo es doch nichtempirisch ist, verglichen mit der Erfahrung , die man mit einem Knochen machen kann?

ujmp hat geschrieben:Ich halte die Annahme, dass es eine von meinen Meinungen unabhängige Realität gibt für die intelligenteste Lösung. Wir können nicht wissen, wie nahe unsere Vorstellungen an die Wahrheit heranreichen.


Was wäre denn ein Indikator dafür?
Bemerkst Du den Selbstwiderspruch nicht? Du negierst eine Wahrheit um Dich postwendend auf sie zu berufen. Woher weiß ich denn ob Stringtheorie nahe an der Wahrheit ist? Dass die Eier schön hart sind?

ujmp hat geschrieben:Wir können unsere Näherungen aber auf ihre Zweckmäßigkeit hin beurteilen, verbessern oder ggf. fallen lassen.


Ja, beim Feuermachen und Eierkochen. Aber beim Gottesbegriff?

ujmp hat geschrieben:Ich find Karl Popper da immer noch am überzeugensten, …


Ja, findest Du.

ujmp hat geschrieben:"Technik gut, ja oder nein?" - die Antwort darauf wäre Anmaßung, aber die Frage selbst ist ja schon eine Zumutung. Ich muss mich leider wiederholen: Du kritisierst mich dafür, dass ich etwas nicht habe, wovon du selbst überzeugt bist, dass es das nicht gibt. Not even clever.
Wissenschaftler stellen solche dummen Fragen nicht. Sie fragen: "Gravitationsgesetz- stimmt's oder stimmt's nicht?" und sie sagen gleich dazu, woran sie das beurteilen wollen.


Oh je. Das sollte eine ironische Überspitzung sein, um Dir vor Augen zu führen, dass simple ja/nein Antworten, die Du gefordert hast, zwar dazu taugen, zu prüfen, ob die Eier okay sind, aber dass ja/nein Kategorien ihre Grenzen haben. Gewöhnlich testen Kinder das in der Trotzphase und überwinden es schnell.

ujmp hat geschrieben:Das will ich auch gar nicht, weil es ebenso anmaßend wäre. Ich kann aber dafür sehr viele bescheidenere Aussagen machen. Wenn ich von "Natur" rede, ist das nur ein Begriff mit veränderlichem Inhalt, der bestimmte Erfahrungen und Vorstellungen zusammenfasst.


Ein Begriff mit veränderlichem Inhalt ist für eine Diskussion ziemlich unbrauchbar, meinst Du nicht?

ujmp hat geschrieben:Sein Umfang ändert sich jeden Tag, an dem ich dazulerne. Der naive Antirealismus ist ja ebensowenig eine tragfähige Position. Du müsstest schon konkreter werden. Mir scheint aber, dass du Positionen vertrittst, die du selbst gar nicht durchdrungen hast.


Jo, irgendwann lutscht sich das ab, weil von uns beiden Du derjenige bist, der nicht weiß wovon er redet. ;-)

ujmp hat geschrieben:Die Haltung, die ich vertrete führte gerade dazu, Begriffe wie "Über-Ich" fallen zu lassen oder sie als bloße Metaphern zu akzeptieren. Es geht nicht darum, sie abzulehnen, aber darum zu verstehen, dass man sie so definieren muss, dass es entscheidbar ist, ob es überhaupt etwas gibt, worauf sie sich beziehen. Allgemein geht es darum, das Denken vom Kopf auf die Füße zu stellen.


Aha, und darum lehnst Du das Über-Ich ab?
Könnte es auch daran liegen, dass Du nicht sehr viel darüber zu sagen weißt?
Egal, ist eine spezielle Geschichte, die man nicht kennen muss.

ujmp hat geschrieben:Wie ein Vergleich aussieht? Ich vergleiche die Größe von zwei Blättern Papier, in dem ich sie genau übereinanderlege und prüfe, ob eines übersteht. Meine Erwartung ein gleichgroße Bögen ist, dass ich mit bloßem Auge keinen Unterschied wahrnehme.


Du verstehst nicht worum es geht. Du sagst, vergleichen ist, wenn man vergleicht. Das ist richtig, aber absolut nichtssagend. Über-Ich ist, wenn man das Über-Ich merkt.

ujmp hat geschrieben: Kausalität? Ich drehe den Schlüssel im Zündschloss rum, und der Motor springt - wie erwartet - an. Wo kann ich dir sonst noch weiterhelfen?


Das ist also Kausalität? Da müht sich alle Welt so ab und dabei ist es so einfach.

ujmp hat geschrieben:Deine Kategorisierungen klingen nicht sehr kompetent. Und wir haben hier wieder die nervige Gehaltserweiterung meiner Aussagen. Du ziehst dich immer wieder auf die Verallgemeinung meiner Aussagen zurück. Das ist ein Strohmann.


Du widersprichst Dir in einer Tour und merkst das nicht mal, kehr erst mal vor der eigenen Tür, Du prüfst doch angeblich Deine Einstellungen, viel ist davon nicht zu merken.

ujmp hat geschrieben:Wittgenstein war ein Großer Denker, ich brauche aber eine eigene Überzeugung. Magst du sein Problem mal erklären, wie du es verstanden hast? Ich traue ihm eigentlich nicht zu, dass er gegensätzliche Empfindungen gleich benannt hat...


Das Privatsprachenargument? Nun eigentlich hat Wittgenstein damit gar kein Problem.
Es geht schlicht darum, dass Wittgenstein behauptet, dass es keine privaten Empfindungen gibt.
Das was wir gewöhnlich als aller Privatestes verstehen, den Schmerz, den nur ich fühlen kann, die Phantasien, die nur ich haben kann, mein Hunger, den nur ich spüren kann, Du kannst es erweitern zu den Gedanken, die für Descartes noch den erkenntnistheoretisch primären Punkt bildeten – von all dem behauptet Wittgenstein: Is nix. Du kannst Deinen Schmerz nur „Schmerz“ nennen, weil Du zuvor jemanden mit Schmerzen beobachtet hast, über den man zudem sagt hat, er habe Schmerzen. Sonst wüsstest Du gar nicht, dass es Schmerzen sind, die Du hast. Man müsste präzisieren: Dass das, was Du empfindest „Schmerzen haben“ genannt wird. Du beobachtest nämlich an Dir das, was Du von anderen kennst.

Wichtig ist hier nicht den Fehler zu begehen zu meinen, Wittgenstein würde leugnen, dass jemand der nichtsprachlich ist, keine Schmerzen empfinden kann. Kann er sehr wohl, er weiß nur nicht, dass es „Schmerzen“ sind. Es tut weh, aber von den Schmerzen hat er keinen Begriff.

Das ist schwer zu schlucken, weil man intuitiv mein, Schmerzen usw. würden privat sein. Können sie gar nicht und in dem Sinne, kann jeder von meinen Schmerzen wissen und in dem Sinne sind sie öffentlich. Und Wittgenstein geht weiter und sagt, dass eine Privatsprache letztlich überhaupt keinen Sinn macht.

Aber nicht nur Deine Überzeugungen, Dein ganzes Sosein, was Dich von anderen unterscheidet, lernst Du im Spiegel der anderen. Sie weisen Dich darauf hin, lassen Dich merken, dass und wo Du anders bist. Und natürlich sind Deine Gedanken nicht Deine Gedanken (warum meinst Du wohl, denkst Du nicht finnisch?), sondern da ist sehr viel erst mal andressiert. Wittgenstein scheute sich nicht das Drill zu nennen.

Dein inneres Entscheidungskriterium ist cartesisch und läuft mit Descartes auf Grund. Die Originalität kommt sehr viel später ins Spiel. Mit anderen Worten, das Unterscheidungskriterium von dem Du meinst, dass es alles klärt, versagt hier. Denn ob der Begriff „Schmerz“ zutreffend gewählt ist, kann man nicht daran messen, ob man damit Eier kochen kann. Auch nicht, wenn man sagt: „Wenn’s weh tut , wird’s ‚Schmerz‘ genannt“, denn beides meint dasselbe. Erklärt halt nichts. Tautologie. Wenn’s göttlich ist, wird’s Gott genannt.
Ob und wann der Begriff „Schmerz“ angemessen gewählt ist, woran erkennst Du das, das war meine Frage. Nicht daran, dass Du den Begriff schon benutzt, den Wittgenstein problematisieren will. Und, woran erkennst Du es?
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » Sa 7. Jul 2012, 22:00

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Ich halte die Annahme, dass es eine von meinen Meinungen unabhängige Realität gibt für die intelligenteste Lösung. Wir können nicht wissen, wie nahe unsere Vorstellungen an die Wahrheit heranreichen.


Was wäre denn ein Indikator dafür?
Bemerkst Du den Selbstwiderspruch nicht? Du negierst eine Wahrheit um Dich postwendend auf sie zu berufen. Woher weiß ich denn ob Stringtheorie nahe an der Wahrheit ist? Dass die Eier schön hart sind?

Du hast das missverstanden, ich negiere den Wahrheitsbegriff nicht. 10 Daten Punkte können auf einer Geraden liegen, so dass eine lineare Funktion eine gute Näherung sein kann, ihre Lage zu beschreiben. Wenn ich aber einen anderen Fokus wähle und weitere entferntere Datenpunkte einbeziehe, kann diese lineare Vorstellung falsch sein und es kann sein, dass es im Großen betrachtet überhaupt keine Gerade ist. In diesem Verhältnis stehen etwa die Modelle Newtons und Einsteins. Für viele Anwendungen bleibt dabei Newton eine hinreichende Näherung. "Näherung" setzt aber ein Ziel voraus, und dieses Ziel ist die angenommene, von mir unabhängige Realität. Wir müssen so bescheiden sein und unsere Vorstellungen als vorläufig ansehen. Was der Indikator ist hab ich ja schon zig mal erklärt: Aus einer Theorie müssen sich Erwartungen ableiten lassen, die stimmen.

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Wir können unsere Näherungen aber auf ihre Zweckmäßigkeit hin beurteilen, verbessern oder ggf. fallen lassen.


Ja, beim Feuermachen und Eierkochen. Aber beim Gottesbegriff?

Da genau so, davon rede ich ja die ganze Zeit: Fallen lassen!

Vollbreit hat geschrieben:aber dass ja/nein Kategorien ihre Grenzen haben.

Ja natürlich, aber welche Grenzen denn? Ich warte immer noch auf eine eigene Meinung von dir!

Vollbreit hat geschrieben:Ein Begriff mit veränderlichem Inhalt ist für eine Diskussion ziemlich unbrauchbar, meinst Du nicht?

Deshalb diskutiere ich ja auch nicht über "Natur" das "Ganze" usw. - du wolltest das machen!

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Sein Umfang ändert sich jeden Tag, an dem ich dazulerne. Der naive Antirealismus ist ja ebensowenig eine tragfähige Position. Du müsstest schon konkreter werden. Mir scheint aber, dass du Positionen vertrittst, die du selbst gar nicht durchdrungen hast.


Jo, irgendwann lutscht sich das ab, weil von uns beiden Du derjenige bist, der nicht weiß wovon er redet. ;-)

Wie gesagt, mit heißer Luft kommst du in diesem Forum nicht durch - das mag ich hier am meisten!

Vollbreit hat geschrieben:Aha, und darum lehnst Du das Über-Ich ab?
Könnte es auch daran liegen, dass Du nicht sehr viel darüber zu sagen weißt?
Egal, ist eine spezielle Geschichte, die man nicht kennen muss.

Ich hab noch zu DDR-Zeiten drei Bände Sigmund Freud gelesen. Da war ich zwar sehr Grün hinter den Ohren und bin dann ziemlich lange mit falschen Meinungen herumgelaufen. Ich nehme bis heute jeden Kommentar zu Freuds Lehren mit Interesse auf. Das sind aber seit langem schon nur noch kritische Kommentare.

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Wie ein Vergleich aussieht? Ich vergleiche die Größe von zwei Blättern Papier, in dem ich sie genau übereinanderlege und prüfe, ob eines übersteht. Meine Erwartung ein gleichgroße Bögen ist, dass ich mit bloßem Auge keinen Unterschied wahrnehme.


Du verstehst nicht worum es geht. Du sagst, vergleichen ist, wenn man vergleicht. Das ist richtig, aber absolut nichtssagend. Über-Ich ist, wenn man das Über-Ich merkt.
.

Es gibt hoffentlich gewieftere Erwiderungen auf meine Sichtweise. Mit "nichtssagend" meinst du wohl, dass es nicht das sagt, was du hören möchtest. Das Intelligente an meiner Darstellung ist, dass ich mich auf die Erwartung beziehe. Das entzieht der philosphischen Sophisterei den Boden. Die Brisanz von dieser Idee wurde hier leider nur noch nicht gewürdigt. :mg:

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben: Kausalität? Ich drehe den Schlüssel im Zündschloss rum, und der Motor springt - wie erwartet - an. Wo kann ich dir sonst noch weiterhelfen?


Das ist also Kausalität? Da müht sich alle Welt so ab und dabei ist es so einfach.

Du hattest mich aufgefordert, auf Kausalität zu zeigen und nicht dazu zu sagen, was Kausalität ist. Ich vermute eher ein indeterministisches Universum der Propensitäten. Als Näherung im oben beschriebenen Sinn ist das Kausalitätsmodell aber praktikabel.

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Deine Kategorisierungen klingen nicht sehr kompetent. Und wir haben hier wieder die nervige Gehaltserweiterung meiner Aussagen. Du ziehst dich immer wieder auf die Verallgemeinung meiner Aussagen zurück. Das ist ein Strohmann.


Du widersprichst Dir in einer Tour und merkst das nicht mal, kehr erst mal vor der eigenen Tür, Du prüfst doch angeblich Deine Einstellungen, viel ist davon nicht zu merken..

Du konnest mir, so weit ich sehe, keinen Widerspruch nachweisen.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Lumen » So 8. Jul 2012, 04:21

In einem aktuellen Video (siehe unten, vom 07.05.12) setzt sich der evangelischen Theologe Dr. Matthias Clausen der Uni Greifswald unter anderem mit dem Thema "Glaube gegen Wissenschaft" anhand von Dawkins Positionen auseinander. Es werden auch die Brights namentlich genannt (übersetzt er mit "die Schlauen").

Er braucht eine Weile, bis er zur Sache kommt. So ab Minute 15:00 gibt er sich redlich Mühe, den religiösen Glauben vom Alltagsbegriff abzugrenzen. Er nennt es "sehendes Vertrauen". Er beantwortet auch endlich eine Warum Frage, warum der Glaube an Gott und Jesus doch ratioal sei; also wie kommt es dass wir einen Gott und Jesus annehmen sollen. Seine Antwort: es gab Augenzeugen (Jup. Das ist es. Augenzeugen.) "Umgekehrt, wenn man sich den wissenschaftlichen Betrieb anschaut, dann sieht man, dass dieser natürlich auch nicht ohne Glauben auskommt" meint er dann retour. Er kritisiert folgend, wie Laie und Vollbreit (Zufall?), zwei "gewaltige Annahmen" (OT) der Naturwissenschaflter, nämlich die, dass es eine Wirklichkeit und Gesetzmäßigkeiten in dieser gäbe. Nur, meine ich, wenn die "gewaltigen Annahmen" falsch wären, wie könnte dann ein Jesus vor Augenzeugen Wunder vollbringen? Bleibt unklar. Er redet sich dann so ab Minute 17 immer weiter um Kopf und Kragen.

Kopfschütteln präsentiert er dann, welch ein Zufall, Thomas Kuhn. Und erklärt dessen Sichtweise so, dass Wissenschaftler mit einem neuen Paradigma die Lehrstühle der verstorbenen Wissenschaftler mit altem Paradigma übernähmen und man würde die Welt dann so sehen, wie sie. Also Wissenschaft als Betrieb der Authoritätsargumente, wo Leute nur den "gewaltigen Annahmen" anhängen, dass es Wirklichkeit mit Gesetzmäßigkeiten gibt —deshalb, so meint er— sei es also auch völlig rational Augenzeugen von vor 2000 Jahren zu glauben ("sehendes Vertrauen"). Augenzeugen wohlbemerkt, die Zauberkräfte und Götter gesehen haben wollen. Ich habe so meinen Zweifel, ob er den Glauben damit als "rational" bewiesen hat, wie er es vor hatte. Die Strategie bestand wie erwartet darin, Wissenschaft als irrational darzustellen und den Glauben als rational(er). Weil das beim Glauben nicht so gut gelingen will, wird eben mehr Augenmerk auf die Kritik gelegt. Angriff als beste Verteidigung. Leider hilft ihm das nichts, wie ihm vielleicht eines Tages aufgehen wird. Ohne Wirklichkeit und Naturgesetze, auch kein Jesus. Und den Jesus kann man ohne Not weglassen, oder wie in anderen Erdteilen durch andere Figuren austauschen. Da gabs auch "Augenzeugen", heilige Texte. Also Schmachmatt an dieser Stelle.

Ab Minute 20 geht es dann noch um "Gestaltung gegen natürliche Selektion". Da macht er dann den Warum Trick. Zu Dawkins Erklärung des anthropischen Prinzips entfährt es ihm spontan "das habe ich überhaupt nicht verstanden" (gut erkannt). Der Warum Trick kommt dann noch einige Male vor. Am Ende kommt er dann —wieder wie Vollbreit— auch zum Begriff der Freiheit. Würde Jesus auf Dawkins treffen, so meint er, müsse Dawkins erklären, warum er nicht an ihn (als Gott) glaubt, ob Dawkins Angst hätte, Freiheit zu verlieren. Also hier dann das Muster der verdrehten Beweisführung, nicht Jesus muss zeigen was er drauf hat, Dawkins müsste sagen, warum er nicht dran glauben wolle. Der Referent hat also offenbar die gleiche Warum-Frage Schwäche wie auch Laie und Vollbreit.

Ich halte mich mit der Bewertung eben mal ganz stark zurück. Sagen wir mal so. Wenn das der Stand der Dinge ist, wie ja längst vermutet, dann "Gute Nacht!" Christentum. Zugute halten will ich ihm, dass er Dawkins Positionen recht sauber wiedergegeben hat und dabei fair geblieben ist. Ansonsten schon erstaunlich, wie berechenbar das abläuft. Aber seht einfach selbst...

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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » So 8. Jul 2012, 08:40

Vollbreit hat geschrieben:Dein inneres Entscheidungskriterium ist cartesisch und läuft mit Descartes auf Grund. Die Originalität kommt sehr viel später ins Spiel. Mit anderen Worten, das Unterscheidungskriterium von dem Du meinst, dass es alles klärt, versagt hier. Denn ob der Begriff „Schmerz“ zutreffend gewählt ist, kann man nicht daran messen, ob man damit Eier kochen kann. Auch nicht, wenn man sagt: „Wenn’s weh tut , wird’s ‚Schmerz‘ genannt“, denn beides meint dasselbe. Erklärt halt nichts. Tautologie. Wenn’s göttlich ist, wird’s Gott genannt.
Ob und wann der Begriff „Schmerz“ angemessen gewählt ist, woran erkennst Du das, das war meine Frage. Nicht daran, dass Du den Begriff schon benutzt, den Wittgenstein problematisieren will. Und, woran erkennst Du es?


Danke für den Wittgenstein-Exkurs.

Die Ausführungen sind allerdings etwas unklar. Was meinst du mit "Ob und wann der Begriff „Schmerz“ angemessen gewählt ist" - ich nehme an, du meinst ob das Wort „Schmerz“ angemessen gewählt ist. Erstmal etwas einfacher: Wenn ich die Verkäuferin um ein rotes T-Shirt bitte, und sie bringt mir das, was ich erwarte, hat sie das Wort rot so verstanden wie ich. Mit dem Schmerz oder dem Geschmack ist es prinzipiell genau so. Ich beobachte eine bestimmte Reaktion, wenn jemand in eine Zitrone beist und schließe daraus, dass er dasselbe empfindet wie ich, wir nennen es "sauer".

Ich verstehe das menschliche Denken als Teil des menschlichen Organsimus. Für seine Funktion - also das Wie - ist es unerheblich, ob seine Eigenschaften unikat sind oder ob er sie mit anderen Organismen seiner Art gemeinsam hat oder ob er sogar die komplette Kopie eines Zwillings ist. In diesem Sinne ist es auch unerheblich, woher seine Begriffe kommen und inwiefern er sie mit anderen Menschen teilt. Diese "Bergiffsquellen" sind nicht mehr und nicht weniger Teil seiner Umwelt, als Wind und Wetter. Ein Organismus muss erstmal mit den Organen klarkommen, die er hat. Sie ermöglichen es ihm in einer bestimmten Nische seiner Umwelt zu leben. Das ist mit erlernten Begriffswelten nicht anders, sie bilden den Organsimus des Denkens. Und genau so, wie ein Organ krank oder für betimmte Anforderungen untauglich sein kann, kann auch eine Begriffswelt krank oder untauglich sein.

Der Mechanismus der Evolution bewirkt, dass sich vorteilhafter gebaute Organe weitervererben. "Vorteilhaft" heißt in Bezug auf das Überleben in einer bestimmten Umwelt. Daher kann man unseren Organismus als hartverdrahtetes Modell unserer Umwelt betrachten. Das Auge ist ein Modell der Eigenschaften des Lichts, welches variable Eigenschaften aufweist, wie Wellenlängen und Intensität und auf bestimmte Weise Informationen über die Umgebung enthält, welche das Licht nämlich filtert, reflektiert und bricht. Es ist schon lange bekannt, dass die Wahrnehmung von Farben mit einer nicht trivialen Umrechnung erfolgt. Zwei unterschiedliche Spektren rufen z.B. einen ununterscheidbaren Farbeindruck hervor. Daraus kann man sehen, dass die Farben, und damit der Input unseres wichtigsten Sinnesorganes, kein Abbild der Natur sind im naiven Sinn, sondern ein Modell. Alle unsere Vorstellungen dürfen wir daher m.E. als Modelle betrachten, also als Näherungen = Anpassungen an eine bestimmten Zweck.

Der Mechanismus der evolutionären Anpassung erfolgt durch das Trial & Error-prinzip. Ein Modell wird variiert und wenn es nicht funktioniert, wird es weiterentwickelt oder verworfen. Genau so funktioniert menschliche Forschung. Die Anerkennung der Tatsache, dass wir dabei ganz viele Errors machen müssen, nennt man Fallibilismus.

Es mag sein, das es gelegentlich nicht leicht ist, festzustellen, ob ein Error wirklich ein Error ist. Das sind aber auch im Wissenschaftsalltag Grenzfälle. Die Kunst der Wissenschaft besteht ja gerade darin, solche Experimente zu erfinden, die entscheidbare Ergebnisse liefern. Im rein Logischen mag das nicht möglich sein. Aber wen interessiert schon, ob das Licht Wellen- oder Teilecheneigenschaft hat, wenn man trotz des unzulänglichen Modells der Quantenwelt damit ein Smartphone bauen kann? Die Kritik an der wissenschaftlichen Methode und ihrer Fehlbarkeit ist vollkommen überzogen. Es ist, im Lichte einer Gegenüberstellung mit den Alternativen, die beste Methode, die wir haben.

Aus der Sprachanalyse sind - m.W - dagegen keinerlei Erkenntnisse hervorgegangen - oder gibt es Welche?
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