laie hat geschrieben:
In den beiden Konklusionen: "Echte Selbstlosigkeit gibt es folglich nicht." und "wir können völlig selbstlos miteinander umgehen." sieht er keinen Widerspruch. Nun ja.
ujmp hat geschrieben:Man kann ... selbstlos in einer Weise sein, wenn dieses Verhalten die Reproduktion der Gene überhaupt nicht berührt.
ujmp hat geschrieben:Angebohrene Neigungen ... können sich ... auf Objekte erstrecken, ... solange dieses Verhalten einer Reproduktion der Gene nicht im Wege steht.
ujmp hat geschrieben:Alles in allem können wir sogar völlig selbstlos miteinander umgehen, nur dass das dann eben aus Sicht bestimmter einzelner Gene ungünstig ist.
Lumen hat geschrieben:Da ist jetzt nichts neues oder überraschendes drin. Offenbar kann ich mir die Finger Wund schreiben und es kommt irgendwie nicht durch. Anstatt anzudeuten und zu behaupten, fang doch mal an was zu belegen. Was steht im Widerspruch zu was?
laie hat geschrieben:@Vollbreit Woher nahmst du noch einmal deine Annahme, daß Lumen gerade so etwas wie eine Erschütterung seines Weltbildes erlebt? Selbst die Gegenüberstellung von zwei eindeutigen Zitaten, wie du es getan hast, beunruhigt ihn nicht im geringsten. Stattdessen fährt er fort: was Dawkins über die Entwicklung der Lebewesen sagt, ist wahr (1): Egoismus ist das hervorstechendste Merkmal der Gene. Dieser Genegoismus ruft einen entsprechenden Egoismus seines Trägers hervor, bestenfalls kann der Träger reziprok altruistisch sein, wenn ein anderer auch altruistisch ist, so daß beide letztlich auf ihre Kosten kommen. Echte Selbstlosigkeit gibt es folglich nicht. Wir haben aber immer die Wahl, wie wir leben wollen (2). Diese Wahl kann auch diamentral gegen die Doktrin der egoistischen Gene realisiert sein: wir können völlig selbstlos miteinander umgehen.
In den beiden Konklusionen: "Echte Selbstlosigkeit gibt es folglich nicht." und "wir können völlig selbstlos miteinander umgehen." sieht er keinen Widerspruch. Nun ja.
laie hat geschrieben:Vielleicht hätte Dawkins das Beiwort "egoistisch" einfach weglassen sollen. Seiner Theorie, wonach die natürliche Auslese nicht erst beim jeweiligen Individuum ansetzt, sondern bereits auf der Ebene seiner Gene wirksam ist, hätte dies vermutlich nicht geschadet.
So aber bleibt auch für Dawkins nur das zu sagen, was Karl Marx über Darwins Origin of Species schrieb: "grob englisch entwickelt".
Lumen hat geschrieben:Das es eine Verwechselung von genetischem und individuellen Egoismus geben würde, hatte ich am Anfang schon bemängelt.
Dawkins hat geschrieben:Dieser Egoismus des Gens wird gewöhnlich egoistisches
Verhalten des Individuums hervorrufen.
Richard Dawkins hat geschrieben:Die Vorstellung vom egoistischen Gen – mit der richtigen Betonung auf dem zweiten Wort – geht davon aus, dass nicht der egoistischen Organismus, die egoistischen Gruppe, die egoistische Spezies oder das egoistische Ökosystem als Einheit der natürlichen Selektion (das heißt als Einheit des Selbstinteresses) dient, sondern das egoistische Gen. (S.298)
Richard Dawkins hat geschrieben:Wo sorgen die Gene nun für ihr eigenes „egoistisches” Überleben im Verhältnis zu anderen Genen? Der naheliegendste Weg besteht darin, dass sie die einzelnen Organismen auf Egoismus programmieren. (S.298)
Richard Dawkins hat geschrieben:Unter manchen – gar nicht mal so seltenen – Voraussetzungen sorgen die Gene für ihr eigenes, egoistisches Überleben am besten dadurch, dass sie den Organismus zum Altruismus veranlassen.(S.299)
Richard Dawkins hat geschrieben:Die Reiche des Lebendigen sind voll von solchen Beziehungen [bei denen eine Hand die andere wäscht – V.] auf Gegenseitigkeit: Büffel und Madenhacker, rote Röhrenblüten und Kolibris, Zackenbarsche und Putzerfische, Kühe und Mikroorganismen in ihrem Darm.(S.300]
Richard Dawkins hat geschrieben:Damit haben wir nun vier stichhaltige darwinistische Gründe, warum Individuen untereinander altruistisch, großzügig oder „moralisch“ handeln. Der erste betrifft den Sonderfall der Verwandtschaft. Der zweite ist die Gegenseitigkeit: Gefälligkeiten werden vergolten und in „Erwartung“ eines solchen Gegengefallens erwiesen. Darauf folgt sofort der dritte: der darwinistische Vorteil, den es bedeutet, wenn man sich de Rufe der Großzügigkeit und Freundlichkeit erwirbt. Und wenn Zahavi recht hat, gibt es viertens den speziellen, unmittelbaren Nutzen der zur Schau gestellten Großzügigkeit als Mittel, um für sich selbst authentische, unverfälschte Reklame zu machen.(S.304)
Richard Dawkins hat geschrieben:Ein solches Bewusstsein [für natürliche Selektion- V.] konnte erst im 20. Jahrhundert die kognitive Ebene erreichen, und auch heute ist das umfassende Wissen darüber auf eine kleine Gruppe spezialisierter Wissenschaftler beschränkt.(s.306)
Richard Dawkins hat geschrieben:Die natürliche Selektion begünstigt Faustregeln, die in der Praxis den Genen nützen, von den sie erzeugt wurden. Aber es gehört zum Wesen der Faustregeln, dass die auf mal nach hinten losgehen.
Richard Dawkins hat geschrieben:Wäre es denkbar, dass unser Drang zur Nächstenliebe ebenfalls eine solche Fehlfunktion ist wie bei dem Teichrohrsänger, dessen Elterninstinkt in die Irre geht, wenn der Vogel sich für einen kleinen Kuckuck abrackert? Eine noch genauere Analogie ist der Drang des Menschen, ein Kind zu adoptieren. Ich muss sofort hinzufügen, dass ich den Begriff „Fehlfunktion“ hier nur in einem streng darwinistischen Sinn gebrauche. Er beinhaltet keinerlei Abwertung.(S.306)
Richard Dawkins hat geschrieben:Meine Idee, es könne sich um einen „Fehler“ oder „Nebenprodukt“ handeln, sieht folgendermaßen aus: In alter Zeit, als wir wie Paviane in kleinen, stabilen Gruppen lebten, programmierte die natürliche Selektion in unser Gehirn einen Drang zum Altruismus ein; es war ein Trieb wie der Sexualtrieb, der Fresstrieb, die Fremdenfeindlichkeit und so weiter.(S.307)
Richard Dawkins hat geschrieben:Ein intelligentes Paar kann Darwin lesen und weiß dann, dass das Bedürfnis nach Sexualität seine Ursache letztlich in der Fortpflanzung hat. Beide wissen, dass die Frau kein Kind bekommen kann, weil sie die Pille nimmt. Dennoch stellen sie fest, dass ihr Sexualtrieb sich durch dieses Wissen keineswegs vermindert. Sexuelle Bedürfnisse sind sexuelle Bedürfnisse, und in der Psyche des Einzelnen sind sie unabhängig von dem darwinistischen Druck, der letztlich ihre Triebkraft war. Es ist ein starker Trieb, der losgelöst von seiner letzten Begründung existiert.(S.307)
Richard Dawkins hat geschrieben:Nach meiner Vermutung gilt das Gleiche auch für unseren Drang, freundlich zu sein – unseren Hang zu Altruismus, Großzügigkeit, Einfühlungsvermögen und Mitleid. In alter Zeit hatten wir die Gelegenheit zum Altruismus nur gegenüber unseren Verwandten und denen, die es uns potentiell vergelten konnten. Heute existiert diese Einschränkung nicht mehr, aber die Faustregel ist immer noch da. Warum sollte es sie nicht mehr geben? Es ist genau wie beim Sexualtrieb. Wenn wir einen unglücklichen Menschen weinen sehen, müssen wir einfach Mitleid empfinden (auch wenn dieser Mensch nicht mit uns verwandt ist und uns unsere Hilfe nicht vergelten kann), ganz ähnlich wie wir uns sexuell zu einem Angehörigen des anderen Geschlechts hingezogen fühlen (auch wenn diese Person vielleicht unfruchtbar oder aus anderen Gründen nicht zur Fortpflanzung in der Lage ist). Beides sind Fehlfunktionen, darwinistische Fehler – segensreiche kostbare Fehler.(S.307)
Lumen hat geschrieben:Zum Verständnis dieses Sachverhalts braucht man auch keine Moralphilosophen, die sich mit Wortspielen beschäftigen. Wie der Sportkommentator das Ballspiel eines Fussballers feiert, das dank genetischer Anlagen (Beine usw.) möglich ist, so kann auch der Moralphilosoph seine Gedanken zu Papier bringen. Vorher sind solche Leute unbrauchbar.
laie hat geschrieben: Es bleibt die Frage, warum solche Ergüsse wie die von Dawkins trotz allem ein solches Echo finden. Meine Meinung dazu ist: ja, die biologische Evolutionstheorie ist bemüht, uns einigermaßen plausibel zu machen, warum es eine solche organische Vielfalt gibt und warum es Fossilien gibt.
Vollbreit hat geschrieben:@ Lumen:
Ah, siehst Du Dich wieder genötigt in Deine albernen paranoiden Phantasien zu flüchten? Was genau verlangst Du denn von mir? Wie kann ich Dir etwas zeigen, was Du nicht sehen willst oder kannst? Andere sehen es. Frag nach.
laie hat geschrieben:Ehrlich, da ist mir Darth Nefarius noch lieber.
stine hat geschrieben:Ich halte es ohnehin für falsch, ein Gen mit dem selben Adjektiv auszustatten, wie wir es gemeinhin für ein komplexes Individuum nützen. Das kann zu Verständnisproblemen führen. Vielleicht fand Dawkins einfach kein anderes Wort als egoistisch. ME meinte er nur, dass Gene Überlebenskünstler sind und sich durchsetzen wollen. Nichts weiter.
Lumen hat geschrieben:Offenbar stellt es für die Herrn Theologen-Philosophen eine unüberwindbare konzeptionelle Anstrengung dar, sich vorzustellen, dass Beine eine notwendige Voraussetzung zum Laufen sind, das Vorhandensein von Beinen aber noch kein Laufen-Sollen impliziert, und es den Genen vollkommen egal ist, ob mit den Beinen gelaufen wird, oder nicht. Es werden auch beim Nachwuchs Beine wachsen, auch wenn die Art mittlerweile lieber schwimmt. Ein denkendes Wesen wie der Mensch, kann seinen Fortsätzen den Namen "Bein" geben und darüber sinnieren, ob man lieber laufen sollte, oder lieber gehen. Es ist sowohl dem Bein, als auch den Genen egal, ob Laie in einer anderen Kultur geboren wurde und "Beine" gar nicht kennt, sondern die Glieder in "Oberstummel" (für beide Oberschenkel mit Knie) und "Unterstummel" (für alles unterhalb Knie) unterscheidet und das Singular "halber Oberstummel Rechts" lautet. Es können spezialisierte Pedologie-Philosophen darüber sinneren, unter welchen Umständen gelaufen werden soll, und wann gehen oder gar krabbeln besser wären. Den Genen wird es egal sein. Vom Biologie-Standpunkt ist es egal, was ein Pedologe durch scharfes Nachdenken herausgefunden hat. Denn vom Laufen-Sollen wird Nichts hinzugefügt, oder abgezogen, was auch immer die Gene egoistischerweise davon halten. Oder umgekehrt, auch jede Philosophie wird nicht umhin kommen, und festellen, dass es Beine gibt und damit oft gelaufen wird.
ujmp hat geschrieben:Es ist einfach eine logische Konsequenz.
ujmp hat geschrieben:Es ist logisch ausgeschlossen, dass ein Gen reproduziert wird, dass seine eigene Reproduktion verhindert - that's all.
ujmp hat geschrieben:rein logisch im Sinne von "Freiheitsgrad"
ujmp hat geschrieben:Aufgrund dieses logischen Freiheitsgrades
laie hat geschrieben:Bei soviel Logik muss der Fehler in der Interpretation von Dawkins wohl bei Vollbreit und mir liegen.
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