Manfred Lütz 'Bluff'

Für Artikel, Video- oder Audiomaterialien, die im Zusammenhang mit der Thematik der Brights-Bewegung stehen.

Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon stine » Fr 19. Okt 2012, 14:21

Lumen hat geschrieben:Religiöse Gläubige vermischen aber formale und inhaltliche Annahmen, und auch verschiedene Ebenen,
Du meinst, sie sind in der Lage vernetzt denken zu können.

LG stine
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Lumen » Fr 19. Okt 2012, 15:25

Denken hat mit religiösem Glauben recht wenig zu tun. Denken ist da eher hinderlich. Jesus der Menschenfischer, der Herr als Hirte. Die Gemeinde als seine Schäfchen Bild
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 19. Okt 2012, 17:41

Ganz genau. Ich frage mich aber, stine, was denn für dich "Nicht-Denken" ist. Für mich war der religiöse Glaube immer das Paradebeispiel, da es Hörigkeit, Unflexibilität, Willkür, Dogmatismus darstellte und völlig ungerechtfertigt Macht und Wahrheit für sich beanspruchte. Ja, vielleicht ist Glaube sogenanntes Wunschdenken, aber diese Art Denken ist wohl kaum erstrebenswert. Also, wenn all diese Dinge für das Nicht-Denken wegfallen, wer denkt in deinem Verständnis denn gar nicht?
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Vollbreit » Fr 19. Okt 2012, 18:22

Van hat geschrieben:wie definierst Du 'fundamentalistischen Atheismus'?


Atheistischer Fundamentalismus besteht für mich aus einer Mischung aus totalitärem Schwarz/Weiß Denken, Unwilligkeit auf Augenhöhe zu diskutieren, unverrückbaren (oft szientistischen) Ansichten, dem Gefühl auserwählt zu sein und auf der Seite der Guten zu stehen ("Mir macht niemand etwas vor"), Sendungsbewusstsein, Größenwahn, dem paranoiden Gefühl ständig angegriffen zu werden und in einer Welt von Lüge und Betrug zu leben und (projektiver Identifikation eigener) Aggressionen (man ‚weiß‘, wie der Feind wirklich denkt und was er im Schilde führt).

Van hat geschrieben:Zum Wissenschaftsglauben: An dieser Stelle entwirft er nach meinem Empfinden ein Zerrbild. Denn er geht auf die Haltung ein, dass Wissenschaft alles erklären kann. Aber interessanter wäre es auf die Leute einzugehen, die das nicht tun und trotzdem eine atheistische Position vertreten.


Stimmt. Atheistische Fundamentalisten argumentieren zumeist anders. Sie sagen zunächst, dass man ja, im Gegensatz zu den Religiösen nicht auf absolute Wahrheiten angewiesen sei. Als an Naturwissenschaft interessierter wisse man, dass Erkenntnisse immer nur vorläufig sein könnten.
Der zweite Teil ist dann die Behauptung, dass ansonsten jede Erkenntnis von Wert einzig eine wissenschaftliche und das heißt so gut wie immer naturwissenschaftliche sei. Schon den Sozialwissenschaften wird abgesprochen Wissenschaft zu sein, Philosophie und Psychologie (besonders Psychoanalyse) gehören oft genug zum festen Feindbild der Szientisten.

Van hat geschrieben:zur Diskreditierung Dawkins: Lütz entwirft ein Zerrbild von ihm insofern als er (implizit) behauptet, Dawkins würde die Diskussion mit Religionsvertretern scheuen. Aber Dawkins hat schon oft an solchen Diskussionen teilgenommen. Besonders im Gedächtnis haften geblieben ist mir die Teilnahme an der Talkshow 'Reinhold Beckmann', bei der er allein gegen 3 Gäste argumentierte, die alle die Religion verteidigten (u.a. den EKD Ratsvorsitzenden Huber)


Diese Auseinandersetzung scheut Dawkins sicher nicht, vermutlich nur die mit dem großen Lütz, sollte das wohl heißen, naja. Ich würde ihm auch eher vorwerfen, dass er bei seiner Art des Streits alle Brücken vermint, auf denen man sich zufällig begegnen könnte.

Van hat geschrieben:was soll denn eigentlich 'Wissenschaftsgläubigkeit' sein? Ist diese Bezeichnung nicht ein Widerspruch in sich?


Wissenschaftsgläubigkeit ist an sich ein Widerspruch in sich und nicht der Wissenschaft anzulasten, sondern eher denen, die daraus ein neues Glaubenssystem basteln. Das hat Lütz der treffend beschrieben, lies es nach. Der wissenschaftsgläubige Atheist möchte sich gerne über den z.B. gläubigen Katholiken erheben, dadurch, dass er ja stets kritisch und skeptisch ist, dieser Skeptizismus endet aber stets dann, wenn einer der Propheten der Wissenschaft, das Wort erhebt, egal was für ein Unfug da mitunter behauptet wird. Das hat die Struktur einer Sekte oder Religion, nur mit anderen Vorzeichen.
Ironischerweise ist das inzwischen zu einer solchen, immer gleichen und stereotypen Verhaltensweise und eine Glaubenssytem geworden, dass man bei wiki unter Naturalismus
http://de.wikipedia.org/wiki/Naturalism ... osophie%29
schon eine regelrechte Zutatenliste findet, an was ein braver Naturalist glaubt und was er zu verschmähen hat. Wem da nichts auffällt, dem ist vermutlich nicht zu helfen.
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Van » Fr 19. Okt 2012, 18:37

Vollbreit hat geschrieben: Atheistische Fundamentalisten argumentieren zumeist anders. Sie sagen zunächst, dass man ja, im Gegensatz zu den Religiösen nicht auf absolute Wahrheiten angewiesen sei. Als an Naturwissenschaft interessierter wisse man, dass Erkenntnisse immer nur vorläufig sein könnten.
Der zweite Teil ist dann die Behauptung, dass ansonsten jede Erkenntnis von Wert einzig eine wissenschaftliche und das heißt so gut wie immer naturwissenschaftliche sei. Schon den Sozialwissenschaften wird abgesprochen Wissenschaft zu sein, Philosophie und Psychologie (besonders Psychoanalyse) gehören oft genug zum festen Feindbild der Szientisten.

daraus schließe ich, dass für Dich alle Szientisten atheistische Fundamentalisten sind.
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Vollbreit » Fr 19. Okt 2012, 18:52

Nein. Es gibt sicher große Schnittmengen.
Szientismus muss nicht zwingend mit atheistischem Fundamentalismus einhergehen, nicht mal zwingend mit Atheismus, auch wenn das öfter der Fall sein wird.
Umgekehrt ist auch atheistischer Fundamentalismus nicht zwingend szientistisch.
Viele Psychoanalytiker sind Atheisten gewesen, einige sicher recht fundamental, Freud ist der erste in der Reihe. Die marxistische Tradition hat viele Atheisten und auch atheistische Fundamentalisten hervorgebracht, die keine Szientisten sind und ein oft eigenwilliges Verständnis von Wissenschaftlichkeit haben. Es gibt auch eine atheistische Tradition unter Philosophen.

Zum Selbstverständnis der „neuen Atheisten“ gehört sicher oft die Mischung aus atheistischem Fundamentalismus und Szientismus.
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Lumen » Fr 19. Okt 2012, 23:35

Ein Gegenbuch zu einem Teilaspekt zu Lütz Bluff dürfte das kürzlich erschienene Buch von Steven Pinker sein:

Wikipedia hat geschrieben:Gewalt: Eine neue Geschichte der Menschheit (Originaltitel: The Better Angels of Our Nature: Why Violence Has Declined) ist ein 2011 erschienenes, 1200 Seiten umfassendes Buch des Evolutionspsychologen Steven Pinker, das sich mit der Entwicklung der Gewalt beschäftigt. Die Hauptthese des Buches lautet, dass sich die Gewalt im Laufe der Geschichte reduziert hat.


Dazu gibt es auch eine TED Präsentation (von 2007). Deutschen Untertitel sind im Video unten (Menü Rechts, German) verfügbar.
Steven Pincker -- The surprising decline in violence (TED).
(Das Ganze (ohne Untertitel) gibt's auch auf YouTube)

Pinker zeigt, dass trotz Kriege in Nah-Ost oder Vökermord in Afrika, das unser Leben deutlich weniger gewalttätig geworden ist, als es in früheren (also auch christlichen) Zeiten war. Er hat dazu zahlreiche Belege in mehreren Skalen, Jahrtausenden, Jahrhunderten und auch Jahrzehnten. Als Gründe, warum die meisten genau das Gegenteil glauben, sieht er in der besseren und effektiveren Berichterstattung, die in Videos das Geschehen hautnah und einprägsam zeigt, romantisch verklärten Vorstellungen der Vergangenheit bis hin zu --vielleicht im Kontext hier interessanten-- schlechten Gewissen des Westens vor allem auch der Intellektuellen gegenüber Naturvölkern (und ehemaligen Kolonien) und die üblich gewordene "fehlende Bereitschaft anzuerkennen, dass der Westen vielleicht doch auch gute Seiten habe".

Einige im Forum behaupten, Religion sei ein brauchbares Korrektiv und das ist ganz offensichtlich unwahr. Wenn diese Behauptung tragfähig sein soll, dann könnte man auch wieder über Zuchthäuser nachdenken. Wird in der Bibel noch vorgeschlagen, bei Eroberungen alle Männer und alle Kinder zu töten, aber die Jungfrauen für sich zu behalten, wurde in christlichsten Zeiten noch gefoltert und sich an sadistischen Spektakeln erfreut, so sind unsere heutigen Zeiten offenbar messbar besser geworden. Der Ellenbogen zum besseren ging mit Aufklärung los -- wir erinnern uns, vorher war Sklaverei offensichtlich nie ein Problem.

Wenn also jemand wie Lütz, und viele moderne Theologen mit ihrem Wellness-Gott ankommen wollen, sollte man im Hinterkopf behalten, dass ihre Sichtweisen nur der "xte-Interpretationsversuch" sind. Damit wird deutlich, dass die ganze Sache eine einzige Scharade ist. Das was Lütz heute über seine Religion denkt ist das komplette Gegenteil von dem, was noch ein Theologe vor hundert Jahren vertreten hätte, und das wird noch krasser, je weiter zurückgegangen wird.

Nun ist nichts besonders dabei, einen beliebigen Text zu nehmen und aus seinem aktuellem Befinden eine neue Interpretation zu versuchen, und wenn es nicht stimmt, einfach nochmal einen Versuch zu wagen und so weiter. Man könnte mit Fug und Recht auch die nordische Edda nehmen, und unter Berücksichtigung von Feminismus und Umweltschutz das Ganze zurecht deuten. Die Methode ähnelt in auffälliger Weise eher dem Kartenlegen, wobei hier die Karten das unveränderte historische Dokument sind, dass dem Kartenleger dazu dient, etwas Aktuelles und irgendwie Hilfreiches zu sagen. Die Karten, oder bei Lütz und Co. die Bibel / der Glaube sind nur Stichwortgeber. Noch schneller geht es mit Google Images, oder einfach ein bisschen in Wikipedia durch die Artikel hangeln.

Derartig unseriöse Käse, der Esoteriker wie Vollbreit und auch Lütz regelmäßig der Lächerlichkeit preisgibt sorgt bei diesen naturgemäß für Verdrießlichkeit. Weil ihren Behauptungen keine Beachtung geschenkt wird, sind bei ihnen gleich alle andere Fundamentalisten, die angeblich nicht offen sind, für "neues" (da muss ich direkt selbst lachen, wo ich das so lese--der christliche Glaube, der hippe shit). Dabei gibt es viele Interessengruppen, deren Ansichten heute keiner mehr richtig seriös beachtet und das völlig zu Recht. Es ist ja kein "schwarz/weiß Denken" zum Beispiel den Thesen von Pädophilen eine Absage zu erteilen, oder Rassisten, oder meinetwegen Monarchie und so weiter. Es ist völlig normal, das bestimmte Ansichten mittlerweile als wenig hilfreich identifiziert wurden.

Ich glaube auch nicht, dass es bei Anti-Wissenschaft Marke Vollbreit um den eher deutschen Zwist zwischen Natur- und Geisteswissenschaften geht. Das Wort "Wissenschaft" ist ja kein geschützter Titel. Jeder Mensch ist ein Forscher, hat Fragen und sucht befriedigende Antworten. Die Wissenschaft ist ein offenes Projekt, bei dem jeder mitmachen kann. Befriedigende Antworten sollten plausible Antworten sein, ansonsten würde man sich für Quacksalber und Betrüger stark machen. Religionen bieten keine plausiblen Antworten und sind daher auch ein Sammelbecken für Scharlatane.

erstes Positives Review hat geschrieben:[Manfred Lütz] streift die verschiedensten Fachbereiche und versucht alles unter einen Hut zu bringt und geht dabei sehr kritisch mit der Wissenschaft und dem sonstigen Blendwerk um. [...] Natürlich beschäftigt er sich in diesem Zusammenhang auch mit Gott und den Atheisten und der Esoterik die letzteren kommen nicht gut dabei weg.


Das ist natürlich umso verwunderlicher, wo doch die Esoterik und religiöser Glaube praktisch dieselbe Soße sind, wobei die Religion sicher das größere Blendwerk ist. Da ist nichts wahr dran, aber der Autor maßt sich offenbar an, andere Dinge als "Scheinwelten" zu bezeichnen.
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Nanna » Sa 20. Okt 2012, 00:22

Lumen hat geschrieben:das ist ganz offensichtlich unwahr.

Immer wenn jemand "ganz offensichtlich" schreibt - Dawkins macht das übrigens auch mit Vorliebe -, werde ich das Gefühl nicht los, dass da gerade jemand heftig am präventiven Immunisieren ist. ;-)
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Lumen » Sa 20. Okt 2012, 01:00

Gibt es auch eine nicht-präventive Immunisierung? Dann wäre noch die Frage, welche religiöse Gegend oder Epoche dieses religiöse Korrektiv darstellt? Mir fällt da nichts ein. Dann hätte ich auch noch Bedenken, was ich davon halten soll, dass Leute sich deshalb netter verhalten sollen, weil sie unter Beobachtung stehen und Strafe fürchten. Ich halte nicht sonderlich viel von dem Konzept Big Skydaddy is Watching You. Ansonsten Mangel an Argumenten und Belegen ist kaum ein Beweis dafür, das andere sich "immunsieren". Vielleicht brauchen Geistes- und Märchenwissenschaftler (Theologen) auch einfach nur ein bisschen Liebe. :cuddle:

Mir ist noch ein Fehler in der Überschrift aufgefallen. Es müsste Manfred "Bluff" Lütz heißen, oder? :^^:
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Nanna » Sa 20. Okt 2012, 01:44

Lumen hat geschrieben:Dann hätte ich auch noch Bedenken, was ich davon halten soll, dass Leute sich deshalb netter verhalten sollen, weil sie unter Beobachtung stehen und Strafe fürchten.

Das ist nicht zwangsläufig der zutreffende Zusammenhang. Es gibt auch Leute, die einfach eine intrinsische Motivation empfinden, sich "richtig" zu verhalten und das mit ihrem Glauben verbinden. Klar gibt es auch deine konventionellen Pappenheimer, aber sie sind halt nicht das komplette Spektrum und es ist spannend, zu sehen, was die anderen, die Nicht-Orthodoxen, so mit Religion anstellen. Ich hab da keine Berührungsängste.
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Vollbreit » Sa 20. Okt 2012, 07:31

@ Van:

So jetzt habe ich etwas die Hälfte durch und beginne mich zunehmend zu langweilen.
Für ein Buch, das auf lockeren Erzählstil setzt und auf Tiefgang weitgehend verzichtet, sollte das nicht sein.
Wir alle leben in einer unechten Welt und Lütz will uns dazu anregen das zu bemerken und kritisch zu hinterfragen oder zu verändern.

Doch nach der Hälfte ist mir immer noch nicht klar, warum das für uns alle gelten soll.
Man soll den Gottlosen nicht glauben, man soll nicht jede psychologische Modediagnosen mitmachen und Fernsehshows sind nicht die Realität.
Das soll uns alle betreffen, angehen und erlösen?

Experten wissen immer nur ein wenig und Coaches verbreiten stets Banales und am besten weiß sowieso die Oma aus der Eifel bescheid. Nichts gegen Lebenserfahrungen, aber die unaufgeregte Gelassenheit, die das Buch wohl verbreiten will, rutscht hier und da ein wenig in Banalitäten und Klamauk ab.

Melde mich am Ende noch mal, oder wenn eine dramatische Wende eintritt.
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon mat-in » Sa 20. Okt 2012, 07:46

Wobei man auch unterscheiden muß zwischen "glauben" im Sinne von "Das Experiment hat 499 von 500 mal die Tehorie bestätigt, glauben wir mal das es so ist und sehen uns an was in dem Ausnahmefall anders war" und im Sinne von "das steht in diesem alten Buch, egal ob meine Beobachtung davon abwicht, ich muß das glauben, es ist eine Tugend blind zu glauben und nicht in versuchung zu geraten (den Verstand zu benutzen)". Wenn ich also nach dem aktuellen Wetterbericht und einem Blick gen Himmel sage "Ich glaube, es wird regnen" und der Gläubig mit Blick gen Himmel feststellt: "Danke Gott, die glauben also doch!", dann hat er da was grob mißverstanden. Ich denke viele Leute die von "Wissenschaftsgläubigkeit" reden nutzen den Begriff diffamierend dem Wissenschaftler gegenüber und unterstützend für ihren eigenen Standpunkt, denn es läßt diesen ja besser dastehen: Wissenschaft ist auch nur ein Glaube, ich habe einen Glauben, damit ist meiner genauso gut, wenn nicht besser als Wissenschaft... :kopfwand:

Ich kann mir kaum vorstellen, daß sich in dem Buch fundierte wissenschaftliche Kritik an Dawkins findet (nicht das die unmöglich ist, die Zeiten das er geforscht hat sind ja nun auch einige Zeit her und die Wissenschaft ein Stück weiter seit dem), aber ich werde mir das Buch wohl kaum kaufen. Bevor es jemand von euch weg wirft, könntet ihr es mir per Post schicken?
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon stine » Sa 20. Okt 2012, 08:39

Vollbreit hat geschrieben:Doch nach der Hälfte ist mir immer noch nicht klar, warum das für uns alle gelten soll.
Man soll den Gottlosen nicht glauben, man soll nicht jede psychologische Modediagnosen mitmachen und Fernsehshows sind nicht die Realität.
Das soll uns alle betreffen, angehen und erlösen?
Solche Bücher füllen inzwischen ganze Regale im Buchhandel, meistens in der Ecke Esoterik. Wer sich sowas kauft und liest ist selber schuld. Inhaltlich steht da oft auch nicht mehr drin, wie in den Kurzartikeln der bunten Pressen, die beim Frisör ausliegen.
Drum: Öfter mal zum Frisör gehen, da kann man viel Geld für solche Bücher sparen!

:mg: stine
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon mat-in » Sa 20. Okt 2012, 08:46

Das muß dran liegen, daß Wochenende ist, ich kann stine mal voll und ganz zustimmen :)
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Vollbreit » Sa 20. Okt 2012, 09:39

@ stine:

Das pauschale Esoterikbashing hat Lütz ja selbst im Programm, kommt im hinteren Teil.
Der Mann ist ja engagierter Christ, es ist nur immer so traurig vorhersehbar, wenn das einzig Wahre dann am Ende der Katholizismus ist, mal sehen, ob Lütz sich dazu hinreißen lässt. Ich weiß es tatsächlich noch nicht.

Gut fand ich im Anfang den Verweis auf die sozialen Milieus und ihre typischen Lebensformen, (ungeschriebenen) Vorschriften und Wirklichkeiten.

Die vom Sinus-Institut haben das ganz schön erforscht und ansprechend dargestellt.
http://www.sinus-institut.de/loesungen/ ... lieus.html

Wie bei allen Typologien eine horizontale Abbildung.
Der Sprung aus dem stereotypischen Verhaftetsein, ist der vertikale Sprung über die stillen Vorgaben und den Gruppenzwang hinaus, hin zu einer reifen Individualität. Ob Ostalgiker, Grüner oder Internetjunkie, alle haben so ihre Stärken und Schwächen.

Wohl dem, der sich um die allzu rigiden Vorgaben und Selbstbeschränkungen, also auch dem Katechismus der neuen Atheisten befreien kann, dazu müssen die Typologien vertikal ins Dreidimensionale erweitert werden.

Die Zutaten sind einfach: Man vergleiche die Stärken und Schwächen der eigenen Einstellung, mit den Stärken und Schwächen derer, die man nicht vertritt.
Den Grad an Dogmatismus kann man daran erkennen, dass immer mehr die Stärken der Gruppe mit der man sich identifiziert (unter Aussparung der Schwächen), mit den Schwächen der anderen verglichen wird, mit denen man nicht identifiziert ist (unter Aussparung der Stärken).
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Vollbreit » Sa 20. Okt 2012, 14:47

@ Van:

So, nun der Rest.

Die Spaltung von wirklicher und unwirklicher Welt ist in meinen Augen fragwürdig.
Lütz markiert sie an echten, existenziellen Ereignissen, wie Liebe oder Tod und damit hat er zweifelsfrei Recht, aber im Alltag kommen Ereignisse von existenzieller Wucht nun mal nicht täglich vor, jedenfalls in meinem nicht, vielleicht mache ich ja was falsch, aber eigentlich bin ich ganz froh darüber.

Wo genau endet denn nun das wirkliche Leben und wo beginnt die Kunstwelt?
Klar, die Seifenoper ist nicht wahr, und ja, für meine Oma war irgendwie alles was im Fernsehen lief in besonderer Weise wahr, sie konnte Werbung und Fakten tatsächlich nicht immer trennen, aber meine Oma war nun auch schon über 60 bevor sie zum ersten Mal mit einem Fernseher in Kontakt kam und wir haben heute zum Teil dazugelernt, was sogenannte Medienkompetenz angeht.
Außer vielleicht beim leichtfertigen Umgang mit facebook, Stasi auf freiwilliger Basis, nannte das ein Bekannter von mir, der Profi im IT Sektor ist. Lütz greift das Thema auch auf und rät dann, man müsse Freunde und Freunde bei facebook nicht verwechseln. Wer das tut, liest sein Buch wohl eher nicht und wer es liest, tut das ohnehin nicht, aber na gut. Wer braucht solche Tipps?

So prangert Lütz denn auch immer wieder etwas an um gleich darauf zurück zu rudern und zu sagen, natürlich ginge es nicht um eine pauschale Schelte. Die Botschaft dazwischen bleibt jedoch irgendwie diffus. Wie mach ich’s denn nun richtig?
Wenn Lütz sich dann zum Weihnachtsmannbashing hinreißen lässt, kommt es mir schon ein wenig wie „früher was alles besser“ vor. Damit bedient er das satte, müde, etwas abgehängte Millieu derer, die ihren übergroßen Flachbildschirm haben und dennoch in die Kirche gehen und deren Leben genau deshalb von so existenzieller Wucht ist, dass sie Lützens Bücher lesen müssen, um sich das einzureden.

So im Vorbeigehen bekommen dann noch die Politiker, die Finanzbranche, die Casting-Shows, „gewisse Calvinisten“, die Schönheitsindustrie, die Gesundlebeszene, der Fußball und die Esoterik (mit etwas unappetitlichen Argumenten) ihr Fett weg, natürlich nicht pauschal, nur mal so, ist eine wenig wie Kabarett, nur ohne so richtig lustig zu sein, da finde ich den bewusst cholerischen Rabauken Schmickler doch unterhaltsamer und das Lachen, das dann manchmal doch im Halse stecken bleibt, regt mich mehr zum Nachdenken an, als der erhobene Zeigefinger von Lütz, auch wenn er den gerne ein wenig verstecken möchte.

„Finale“ heißt der letzte Teil des Buches und da lässt Lütz dann die Katze aus dem Sack.
Der katholischen Kirche wird übel mitgespielt in Wirklichkeit ist das alles ganz anders gewesen.
Zum Teil ist der Vorwurf berechtigt, doch in der Lesart deutlich tendenziös. Im nächsten Unterkapitel geht es wieder darum, dass am Ende doch der Schein in sich zusammenfällt. Nur der Tod scheint existenziell zu sein, für Lütz, eine etwas widersinnige Botschaft. Schon okay, wenn man den Tod konfrontiert und dazu aufruft, ihn nicht zu verdrängen, aber warum dann Katholik werden und nicht gleich Existenzialist? Die würden auch Religionen nur als Betäubungsmittel ansehen.

„Wann waren Sie zum letzten Mal Sie selbst?“, fragt Lütz dann auf S.170? Tja, kann ich jemals nicht ich selbst sein? Was das denn sein soll, diese beschworene Eigentlichkeit, weiß ich auch jetzt noch nicht, zumindest nicht von Lütz. Liebe und Tod, wann immer mich das nicht mit existenzieller Dynamik umhaut, lebe ich wohl nicht. So’n bisschen uneigentlich am Weizenbier zu nippen und Bundesliga zu hören, kann dennoch ganz schön sein, meine ich zumindest und ich bin durchaus ein Fan all dieser Themen.
„Wie geht es hier raus?“ will er ganz am Ende klären. Liebe und Tod, Religion und Kunst und die paar großen Momente im Leben. Passt schon, falsch ist das alles nicht, vielleicht nur einmal zu oft brav richtig. Ob das die gigantischen Fälschungen aufdeckt? Aufgerüttelt hat es mich nicht.

Der große Wurf isses nicht, sollte es wohl auch nicht sein, scheint mir eher ein wohltemperiertes Kalkül dahinter zu stecken, ein neuer Aufguss alter Lütz-Themen. Ein bisschen Bescheidwisserei für die zustimmend nickende „Recht hatta“-Fraktion. Mitunter elegant geschrieben, dann und wann etwas bemüht wirkend. Vielleicht habe ich auch inzwischen zuviel von solchem Zeug gehört und gelesen, gelitten habe ich nicht, bei der Lektüre, gebracht hat sie mir auch nicht viel, drei Sterne von mir.

So, jetzt hast Du Deine Kritik, ob sie kompetent ist, dürfen andere entscheiden.
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Vollbreit » So 21. Okt 2012, 08:39

Persönlicher Nachtrag:

Der brauchbare Teil des Buches, ist m.E. die Beschreibung der unterschiedlichen Gesellschaftstypen mit ihren Spielregeln. Auch früher gab es Unterschiede, schreibt Lütz, die Stände, heute gibt es sie noch immer, nur subtiler verpackt.

Ob es ihm freilich gelingt, selbst dem katholisch-konservativen Milieu zu entkommen, bleibt am Ende fraglich. Ihm ist zwar klar, dass man nicht zwingend zu Gott kommen muss, aber er suggeriert, dass es natürlich schon besser wäre, wenn …

Zu diesem wenig erstaunlichen Fazit, dass die eigene Sichtweise am Ende doch die beste ist, würde aber wohl auch der Gesundheitsapostel kommen, den Lutz als armselige Kreatur erscheinen lässt, die ängstlich nur um die eigene Gesundheit kreist.
Dass früher eben doch alles besser war, der Kapitalismus seine Versprechungen nie halten konnte (so er jemals welche tätigte), dieser Schluss könnte eben auch am Ende der kritischen Prüfung des DDR-Nostalgikers stehen.
Dass uns, wenn wir die Umwelt zerstören, tendenziell wohl auch der liebe Gott nicht helfen wird, könnte das Resümee des ökologisch eingestellten Deuters sein.
Alles Bluff und Lüge, für Lutz, wieso eigentlich?

Ist halt genau so teilwahr, wie das was Lütz schreibt und wie jeder Missionar, wird man am Ende die eigenen Prämissen etwas höher gewichten, als die der anderen, zu dem machen, was wirklich zählt, im Leben.

Dieser Versuchung nicht zu erliegen, wäre eher der Ausweg, als ein vorhersehbares Plädoyer für den Katholizismus zu schreiben. Nicht in dem was er sagt liegen die Schwächen, sondern in dem, was er ausspart, verschweigt.

Was man tatsächlich tun kann, um nicht diesem oder jenem Märchenonkel hinterhelaufen zu müssen, ist einfach: Selber denken. Den Aufschlag hat Kant gemacht. Man selbst steht in der Pflicht den Ausweg aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu suchen und zu finden und sich von den Märchen erzählenden Onkels wie Lütz oder Dawkins zu emanzipieren, oder wenigstens die ganze Palette zu lesen, statt sich immer mehr auf Genehmes zu verengen.

Nach Dawkins liest man Schmidt-Salomon, dann Hitchens, Dennett, Deschner geht zum Atheisten-Stammtisch und abonniert den Skeptiker und Science, dann kann auch garantiert nichts mehr schief gehen und man gärt langsam im eigenen Saft.

Bei der Antwort auf existenzielle Krisen und Fragen, würde ich mich schon mal einige Seiten lang den Existenzialisten widmen, Camus und Sartre, oder Yalom, den existenzialistischen Psychologen. Sie analysieren die Absurdität des Lebens schonungslos und räumen alle Tröstungen und Sedierungen – inklusive Religionen und auch die lächerlichen szientistischen Onaniervorlagen hätten vor ihren Augen keinen Bestand – beiseite, um mal einen klaren Blick der Kategorie existenzialistisch zu erhalten. Ein Blick von einem sehr hohen Berg, auf dem ein scharfer Wind weht.

Ja, es ist absurd, das Leben, lautet ihre Diagnose. Und nicht einmal die reichliche kleinkarierte Angst um die eigene Vergänglichkeit ist das Problem, das ist eine eher spätpubertäre Sorge, nein, die Existenzialisten konfrontieren sich mit der Sinnlosigkeit des Daseins als solchem. Die Geschichte hat kein Happy End und auch die sedierenden Pseudolebensversicherungen dieser oder jener Art haben sie längst durchschaut. Ein „Dennoch“ ist ihre Antwort. Der Absurdität kann man nur das nackte Leben, diesen Moment entgegensetzen. Den Stein immer wieder nach oben rollen, denn wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen. „Nur heute“, die Variante kennt dann allerdings auch das Christentum, muss man fairerweise erwähnen.

Der Ausweg kann aber auch sein, ihn gar nicht zu suchen, sich zu bescheiden.
Nehmen wir den Gedanken der Evolution doch mal ernst. Worum geht es? Um nichtteleologische Anpassung. Ein Vorgang der keinen Sinn hat und kein Ziel kennt. Anpassung eben, ohne hierarchischen Anspruch. Was passt, passt. AgentProvocateur hat die Grundaussage der Evolutionstheorie kurz auf den Punkt gebracht: „Wer überlebt, überlebt.“ Das passt gut zur Grundaussage des Naturalismus, der ebenfalls eine fade Variante drauf hat: „Was ist, ist.“
Ein schöner Dreiklang, er hat so was Beruhigendes und ist so wahr.
Soziobiologisch ist also alles in Butter, wenn man sein Milieu gefunden hat. Man verdaut auf intellektueller Ebene nur noch Schonkost, Bekömmliches und die Welt ist in Ordnung. Um mehr geht es nicht, nach der Ansicht der Evolutionstheorie. Und vielleicht geht es wirklich nicht um mehr.
Dann ist man eben Schalke-Fan und wer damit glücklich ist, warum sollte man ihn mit seiner vermeintlich uneigentlichen Lebensführung nerven? Ist denn ein Elfmeterschießen um die deutsche Meisterschaft weniger existenziell als eine Wagnerinszenierung, wenn man Schalke-Fan ist? Da spielen sich doch echte Dramen ab, das fließen Tränen des Glücks und des Entsetzens, da ist mehr Leidenschaft im Spiel als in deutschen Ehebetten, was will man mehr?

Doch seien wir ehrlich, das allein beschriebt den Menschen nicht. Zumindest nicht jeden. Er strebt nach Höherem, will den Mars erobern, nur weil er noch nicht da war, es gibt scheinbar Anzeichen für einen Eros, den Drang nach mehr in uns, vielleicht nicht in jedem gleich stark ausgeprägt, aber der Mensch strebt auch nach Höchstleistungen. Der faustische Drang, er will einfach wissen, was die Welt, im Innersten zusammenhält, er klettert auf Berge ohne Sauerstoffgerät, rast ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit den Gipfeln der Alpen entgegen, auf dem Rad, alle Jahre wieder, springt aus 39 Kilometern Höhe, um als Mensch die Schallmauer zu durchbrechen und koste es das eigene Leben, angetrieben von dem, was Sloterdijk die Vertikalspannung nennt.
Nein, Flachland allein ist seine Sache nicht, der Mensch ist ein Übender, wie Sloterdijk uns wissen lässt und er ist ein Übender, weil er ein Strebender ist. „Du musst dein Leben ändern!“ lautet das lesenswerte Buch, mehr als eine virtuose Interpretation eines Rilke-Gedichtes.

Wer mag, kann ja versuchen diese Vertikalspannung in die horizontale Geschichte der Biologisierung der Welt einzuflechten. Es hat mich nie überzeugt, dass das Komponieren einer Sinfonie nur die etwas ausgeweitete Brautwerbung sein soll, aber bei wem die Vertikalspannung bei unter einem Volt liegt, der wird an dieser Geschichte sicher seine Freude haben und warum auch nicht.

Etwas weniger polemisch gesagt, möchte ich stine einfach zustimmen. Es ist ja nicht falsch, seinen Platz im Leben zu finden und sich zu bescheiden. Warum muss man sich eigentlich fortwährend dafür rechtfertigen „nur Mutter“ geworden zu sein? Ist doch das höchste Ziel der Evolution, Nachkommen zu produzieren, die Nachkommen produzieren. Die Mutter aller Gebote der Biologisten. Seit furchtbar und mehret euch. Warum man’s dann so selten tut…

Aber streben und sich bescheiden können, das ist Lebenskunst. „Ich hab’s versucht, so und so weit bin ich gekommen und jetzt ist es auch gut.“ Wer so spricht, ist mit sich im Reinen. Und ich glaube, Ruhe hat man auch erst, wenn man an die Grenzen gegangen ist, wenigstens dann und wann, aber vielleicht gilt das überwiegend für Männer.
Wer sich gefunden hat, ein ebenso großes wie kontroverses Thema, der kann sich zurücklehnen und da wir alle irgendeine Heimat haben, warum nicht auch den Spießer in sich kultivieren?

Entwicklung zum Höheren heißt doch auch, sich mit immer mehr Rollen auszusöhnen, immer mehr von dem in sich zu finden, was man bisher nur im anderen wähnte. Schatten integrieren, nennen das die Jungianer oder Projektionen zurücknehmen. Das macht ganz von selbst etwas demütig und bescheiden. Ich finde das schon deshalb gut, weil es das Leben weniger anstrengend macht.

Man erhebt sich über die Milieukämpfe, wenn man sich vorstellen kann, dass das Milieu des anderen auch das eigene sein könnte – aber es nun mal aus irgendwelchen Gründen nicht ist.
Erst dann kommt man m.E. zu der Frage, was denn eigentlich über das Milieu hinaus, uns alle verbindet und ob es sowas wie die conditio humana wirklich gibt.
Vielleicht ist es das Geben und Nehmen/Verlangen von Gründen so sehr, wie unser Streben.

Aber wie um alles in der Welt ist es zu erreichen, die goldene Mitte zu finden?
Die einen sagen, man solle seinen Verstand benutzen, sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, andere, man solle sich hingeben – dem Herzen, der Stimme der Intuition, dem Karma, dem lieben Gott. Die Mischung macht’s, in meinen Augen. Ob man verschlagen, schlau, klug oder weise genannt wird, ist keine Frage allein des Intellekts, aber ohne geht es auch nicht.
Es bringt das reichste Leben nichts, wenn man aus den Erfahrungen keine Erkenntnisse keltern kann, weil es am Intellekt mangelt.

Es hat mich immer beeindruckt und das tut es bis heute, wie zuverlässig die Welt uns auffordert den nächsten Schritt zu tun. Die Angebote sind ja immer da und verdichten sich ständig, wir sind nur gut darin wegzuhören. Insofern brauchen wir nicht wie besessen zu suchen, sondern nur dem Fluss des Lebens zu folgen und wenn er mal gelassen, breit und ruhig mäandert, das einfach hinzunehmen. Man muss ja nicht in allem die Probleme suchen und meiner Erfahrung nach, kommen die schon von selbst. Die Themen sind offensichtlich, wir wollen sie nur oft genug nicht war haben.

Wer gerade seine Lösungen zur Weltrettung in die Weiten des www hinausruft, der wird vielleicht wenig Zeit für solche Banalitäten wie die Socken haben, die hier oder da rumliegen.
Anderen macht das keine Mühe, die haben schon vor dem Morgenkaffee die eigene Wohnung auf ein Niveau gebracht, bei dem jeder OP-Saal vor Neid erblassen würde, ihr rastlose Suche nach einem perfekten Leben treibt sie an und bei allem was sie mehr haben und besser können, werden sie doch den Neid auf diejenigen nie los, die weniger haben und damit, ausgerechnet, auch noch zufrieden sein können.

Ein genialer Mechanismus der sich in 1000 Facetten spiegelt und den man evolutionsbiologisch erklären könnte, psychologisch als Widerholungszwang oder als karmisches Geschehen. M.E. ist es sogar wichtiger das Muster erkennen zu können, als über seine Herkunft zu spekulieren.
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Van » So 21. Okt 2012, 14:27

vielen Dank.
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon Zappa » So 21. Okt 2012, 15:28

@Vollbreit: Nur mal so als spontanes Feedback (konnte hier die vielfachen Beiträge der letzten Tage nur querlesen): Vielleicht gründet deine harte Kritik am "Szientismus" auch darin, dass Du versuchst die Dinge all zu sehr mit Sinn aufzuladen?

Wenn man die Dinge mit Distanz sieht, nicht immer nach dem Sinn suchen muss, vielleicht sogar zugeben kann, dass all das hier gar keinen Sinn macht und voranging auf Fakten schaut, dann relativiert sich die Kritik Am Szientismus meiner Meinung nach relativ stark, denn mal ehrlich: Was ist die Alternative?
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Re: Manfred Lütz 'Bluff'

Beitragvon stine » So 21. Okt 2012, 15:40

@Vollbreit: Wieso schreibst du eigentlich kein Buch?
"Weil wir nicht anders können, als wir selbst zu sein" z.B..
Ich finde deine eigene Rezension auf dein ungeschriebenes Buch schon gut gelungen, obwohl es noch gar nicht geschrieben ist :wink: .

Gerade weil du so ein Menschenkenner bist verrate ich dir meine Supererkenntnis: Man muss viel erlebt, gelesen, gehört und nachgedacht haben, um bei seiner Nasenspitze anzukommen!
Gut andere denken von hausaus nur soweit, sie sind aber nicht immer die Unglücklichsten oder Erfolglosesten.

:mg: stine
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