stine hat geschrieben:Die Liebe kann schon angeboren sein, aber sie hört meistens am Rande der Familienclans wieder auf und manchmal reicht sie sogar nicht einmal soweit.
stine hat geschrieben: Und genau deswegen muss der Mensch erzieherisch an die Tatsache herangeführt werden, dass jeder andere seiner Gattung auch ein liebenswerter Zeitgenosse sein kann, auch wenn der sich ständig den Kopf an die Wand haut.
Nanna hat geschrieben: [....] All diese Fähigkeiten sind Kulturkompetenzen, die kulturell vermittelt werden.
Nanna hat geschrieben: Wenn's anders wäre, bräuchten wir keine Lehrer, Polizisten und Richter mehr, sondern könnten Biologen werden, weil wir da lernen, wie Triebe chemisch funktionieren. Bringt nur nichts in 99,9% aller Lebenssituationen.
fopa hat geschrieben:Ebenso kann religiöse Moral dem menschlichen Naturell (damit meine ich nicht nur die niederen Triebe wie den Sexualtrieb) widersprechen, was den Menschen in der Entfaltung seines Potenzials stark einschränken kann und ihn letztendlich unzufrieden, unglücklich und infolge dessen gewaltbereit und unsozial, um nicht zu sagen unmenschlich macht.
Das stimmt nicht, @Darth. Man erreicht schon etwas. Dass sich nicht alle dem beugen wollen ist eine andere Sache. Aber du siehst es doch selbst, dass die Mehrheit der Religiösen sich nach ihrer religiösen Erziehung richten.Darth Nefarius hat geschrieben:Aber eben auf der Basis, dass wir grundsätzlich dazu fähig sind und es seinen evolutionären Nutzen hatte, können wir diese Fähigkeit trainieren, nicht weil wir von einem Gott oder einem Moralapostel gezwungen werden. So erreicht man gar nichts.
fopa hat geschrieben:dass Religionen stets ein nicht-naturalistisches Welterklärungsmodell huckepack haben. Dadurch bekommt eine religiöse Moral immer einen absoluten Status, was schlimme Konsequenzen für denjenigen haben kann, die sie in Frage stellt.
Lumen hat geschrieben:Und da komme ich dir dann entgegen. Ganz genau! Der einzige Unterschied in der Position ist doch, dass ich dem Trost-Schenken oder der Inspiration ein heftiges Preisschild anhänge. Menschen Dinge glauben zu machen, die entweder nicht stimmen (wenn falsifiziert), oder ihnen eine falsche Sicherheit zu geben (die nicht durch Belege gestützt ist), oder eine Position unangreifbar zu machen, weil sie als heilig deklariert wird, halte ich für einen sehr hohen Preis.
stine hat geschrieben:Meine Bedenken, einer Moral gegenüber, die alle menschlichen Naturelle berücksichtigt, ist, dass sie dann keine Moral mehr sein kann.fopa hat geschrieben:Ebenso kann religiöse Moral dem menschlichen Naturell (damit meine ich nicht nur die niederen Triebe wie den Sexualtrieb) widersprechen, was den Menschen in der Entfaltung seines Potenzials stark einschränken kann und ihn letztendlich unzufrieden, unglücklich und infolge dessen gewaltbereit und unsozial, um nicht zu sagen unmenschlich macht.
Die Entfaltung nicht einschränken zu müssen, hieße ja, alle Naturelle unbeschränkt ausleben lassen. Wo siehst du denn da noch einen moralischen Anspruch?
Der Unterschied liegt im Findungsprozess der Ethik. Eine religiöse Moral wird aufoktruiert, denn sie wurde vom Schöpfer oder von seinen Heiligen oder seinen Predigern aufgestellt. Des weiteren ist sie meist absolut und unveränderlich bis in alle Ewigkeit.stine hat geschrieben:Der Unterschied zwischen einer vernunftbasierten allgemeinen Ethik in Abgrenzung zur traditionellen, religiös geprägten Moral ist mir nicht ganz klar. Ich denke, es geht nur darum, bei ersterem immer wieder ein Stück nachzugeben, sobald ein Aufschrei größer wird.
Ich kann mir ehrlich gesagt keine Religion vorstellen, die auf einer naturalistischen Weltvorstellung beruht. Wo wäre dann der Glaube? Eine solche Religion könnte höchstens noch daraus bestehen, dass eine Gemeinschaft Rituale feiert des Gemeinschaftsgefühls wegen. Oder um über philosophische Themen zu sprechen.laie hat geschrieben:fopa hat geschrieben:dass Religionen stets ein nicht-naturalistisches Welterklärungsmodell huckepack haben. Dadurch bekommt eine religiöse Moral immer einen absoluten Status, was schlimme Konsequenzen für denjenigen haben kann, die sie in Frage stellt.
und es wäre anders, wenn Religionen ein naturalistisches Welterklärungsmodell huckepack hätten?
Ich habe ja gar nicht behauptet, dass Geisteswissenschaften Absolutheitsansprüche stellen würden. Mit dem Wort Wissenschaft ist nach heutigem Verständnis der Zweifel und die Möglichkeit der Widerlegbarkeit und Revidierbarkeit ja schon impliziert. Naturalistisch bedeutet auch nicht unbedingt naturwissenschaftlich. Wenn man wollte, könnte man auch Gedanken als nicht-physikalische und dennoch natürliche Ebene ansehen (nicht meine Ansicht). In jedem Fall schließt ein naturalistisches Welterklärungsmodell übernatürliche Mächte wie einen Gott oder Wunder aus. Wenn eine Geisteswissenschaft dies ebenfalls tut, so kann man sie sicher als naturalistisch bezeichnen.laie hat geschrieben:Wie kommst du darauf, dass nur naturwissenschaftliche Welterklärungsmodelle einen relativen Status haben, Betonung auf "Natur"? Haben etwa geisteswissenschaftliche Interpretationen keine relativen Status?
(Hervorh. von mir)fopa hat geschrieben:Ich kann mir ehrlich gesagt keine Religion vorstellen, die auf einer naturalistischen Weltvorstellung beruht. Wo wäre dann der Glaube? Eine solche Religion könnte höchstens noch daraus bestehen, dass eine Gemeinschaft Rituale feiert des Gemeinschaftsgefühls wegen.
fopa hat geschrieben:Einige sind jedoch wahrhaft gläubig, auch in Bezug auf das Welterklärungsmodell. Dazwischen gibt es wiederum alle denkbaren Graustufen, zu denen jene Christen zählen, die irgendwie an einen Gott glauben, sich aber nicht gegen die Evolutionstheorie sperren und vielleicht auch sonst nicht jede Bibelzeile wörtlich nehmen.
Das Problem der Religion besteht in jedem Fall weiterhin, nämlich dass die moralischen Werte und die Rituale (dazu gehört das Glaubensbekenntnis) untrennbar mit dem absoluten Welterklärungsmodell verbunden sind, aus welchem die Religionen ihre Daseinsberechtigung überhaupt erst begründen.
fopa hat geschrieben:Um noch einmal auf die Ausgangsfrage des Threads zurückzukommen: Was sind denn eigentlich "die westlichen Werte"? Habt ihr das schon im Islam-Thread erörtert? (den ich mir jetzt nicht vollständig durchlesen wollte ^^ )
fopa hat geschrieben:Der Unterschied liegt im Findungsprozess der Ethik. Eine religiöse Moral wird aufoktruiert, denn sie wurde vom Schöpfer oder von seinen Heiligen oder seinen Predigern aufgestellt. Des weiteren ist sie meist absolut und unveränderlich bis in alle Ewigkeit.
Eine Ethik kann aber ihre Basis auch in der wirklichen Welt haben, nämlich als Konglomerat der ethischen Vorstellungen aller Mitglieder dieser Ethik-suchenden Gesellschaft. Damit ist sie sehr wohl verbindlich, aber nicht unveränderlich. Genau so wie Gesetzestexte von gewählten Vertretern verabschiedet werden können, kann auch eine Ethik sich mit den Wertvorstellungen der Gesellschaft verändern. Eine solche Ethik müsste auch nicht von der Kanzel gepredigt werden, weil sie nämlich sowieso auf einer breiten gesellschaftlichen Basis stünde.
Die Graustufen bestehen in der Quantität und der Qualität des Glaubens an die (absoluten) Weltbilder und moralischen Werte der jeweiligen Religion. Ein durchschnittlicher Christ könnte z.B. bloß daran glauben, dass es irgendwo einen Gott gibt und dass er in Form Jesu Christi auf die Erde gekommen ist. Der Priester könnte darüber hinaus auch an die tatsächliche Auferstehung, an die Schöpfungsgeschichte oder ähnliches glauben. Das Wort Glauben bedeutet im religiösen Zusammenhang m.E. jedoch immer ein zweifelsfreies Überzeugtsein von "Wahrheiten", die möglicherweise über den menschlichen Erkenntnisfähigkeiten hinausgehen.Vollbreit hat geschrieben:Im ersten Teil skizzierst Du, m.E. zurecht, dass es „alle denkbaren Graustufen“ beim Gläubigen gibt.
Im zweiten Teil kassierst Du das dann aber wieder, wenn Du sagst, jeder würde auf absolute Erklärungsmodelle abfahren. Wo sind denn nun all die denkbaren Graustufen hin?
Ich gebe dir insofern Recht, als deine Aussage insbesondere auf die Zeit der Aufklärung und danach zutrifft.stine hat geschrieben:Ich persönlich (siehe Bild rechts oben) bin ja der Ansicht, dass sich Moral sowieso über viele Generationen hinweg so entwickelt hat.. Sie ist durchaus kein statisches Element.
Auch da stimme ich dir zu: Religiöse Moralvorstellungen haben sich selbstverständlich aus gemeinschaftlichen Vorstellungen entwickelt. Die Frage ist aber, worauf man sich dabei beruft. Religionen geben Gottesgebote bekannt ("Du sollst nicht töten"). Eine dynamische gemeinschaftliche Ethik sagt: "Wir wollen nicht, dass man tötet". Ich finde, das ist ein großer Unterschied.stine hat geschrieben:Und wahrscheinlich nicht einmal ein religiöses
Ganz genau! Wären wir allesamt (die Gesellschaft) mit allen religiös geprägten Moralvorstellungen unzufrieden, hätte es schon längst gekracht. Viele davon sind ja auch durchaus sinnvoll. Bloß wenn eine Margot Käßmann behauptet, aufklärerische und humanistische Gedanken wären auf den 10 Geboten begründet, kommt der ganze Rest der Bibel eben huckepack dazu, ob es uns nun gefällt oder nicht. Und die Bibel ist nun mal unabänderlich, der Papst ist der Vertreter Gottes auf Erden und zur Beichte zu gehen wird bürgerliche Pflicht. Etwas überspitzt formuliert, aber Ansätze dazu finden sich in Wolfgang Thierses und Joachim Gaucks Äußerungen wieder.stine hat geschrieben:Eine Ethik, die ihre Basis in der wirklichen Welt hat, als Konglomerat der ethischen Vorstellungen aller Mitglieder dieser Ethik-suchenden Gesellschaft, wäre höchstwahrscheinlich nur eine Fortsetzung der heutigen moralischen Vorstellungen. Man würde vielleicht höchstens Abweichungen, die wir heute schon als selbstverständlich einstufen, herausnehmen. Es wäre ein höchstdehnbares Kostrukt.
Vollbreit hat geschrieben:Das mit dem Glauben als zweifelsfreiem Wissen halte ich eher für eine Chimäre.
Der Durchschnittschrist wird nicht glauben, dass er oder sein Nachbar übers Wasser gehe und das Meer teilen können, weil in ihrem Mythos behauptet wird, Jesus und Moses hätten es gekonnt.
stine hat geschrieben:Meine Bedenken, einer Moral gegenüber, die alle menschlichen Naturelle berücksichtigt, ist, dass sie dann keine Moral mehr sein kann.
stine hat geschrieben:Das stimmt nicht, @Darth. Man erreicht schon etwas.
stine hat geschrieben:Dass sich nicht alle dem beugen wollen ist eine andere Sache.
stine hat geschrieben: Aber du siehst es doch selbst, dass die Mehrheit der Religiösen sich nach ihrer religiösen Erziehung richten.
laie hat geschrieben:Mag sein, dass Empathie angeboren ist. Dieser Umstand ist ebenso richtig wie trivial. Jedoch ist Undank der Welt Lohn wie jeder von uns schon einmal erfahren hat: wir kommen nicht "auf unsere Kosten". Beispiele sind nicht schwer zu finden: Kinder klagen ihre Eltern an, die ihr Leben ihren Kindern geschenkt haben, zuwenig bekommen zu haben, wieder andere haben von der Gesellschaft nicht genug bekommen,. usw.
laie hat geschrieben:Religion und Spiritualität bieten hier eine Möglichkeit, sich von weltlichen Enttäuschung zu befreien, ohne in Pessimismus ("die Welt ist schlecht") und Fatalismus ("so sind die Menschen, kann man nichts machen") zu verfallen.
Noch einmal:Vollbreit hat geschrieben:Das mit dem Glauben als zweifelsfreiem Wissen halte ich eher für eine Chimäre.
Der Durchschnittschrist wird nicht glauben, dass er oder sein Nachbar übers Wasser gehen und das Meer teilen kann, weil in ihrem Mythos behauptet wird, Jesus und Moses hätten es gekonnt.
Ich glaube auch nicht, dass ein christlicher Mann, dessen Frau während seine Abwesenheit schwanger wird, ihr ernsthaft glauben wird, wenn sie behauptet, ihr Kind sei vom heiligen Geist.
Was gläubige Menschen glauben, ist wohl eher, dass Gott oder das Schicksal oder einer der Sendboten von Zeit zu Zeit ins Leben eingreifen, nur weiß man nicht so genau, welchen Knopf man dafür drehen muss, also ist es auch hier besser sich aufs „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ zu verlassen.
ujmp hat geschrieben:Das eigentliche Problem daran ist doch, dass sie es überhaupt für wahrscheinlich halten, dass ein Mensch übers Wasser gehen kann. Damit halten sie potentiell alles für wahrscheinlich.
fopa hat geschrieben:Die Qualität, also "Glauben = nicht Zweifeln", ist beiden (nämlich allen religiösen Menschen) gemeinsam.
Vollbreit hat geschrieben:ujmp hat geschrieben:Das eigentliche Problem daran ist doch, dass sie es überhaupt für wahrscheinlich halten, dass ein Mensch übers Wasser gehen kann. Damit halten sie potentiell alles für wahrscheinlich.
Eben nicht. Sie reklamieren da einen nicht sehr konsistenten christlichen Exklusivitätsanspruch.
Es kann nur einen Sohn Gottes geben, jeder der behauptet er wäre auch Gottes Sohn bekommt schwersten Ärger mit der Kirche.
Prinzipiell gibt es das nicht, aber einmal ist es vorgekommen, das ist ja gerade das Wunder.
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