Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon fopa » So 16. Dez 2012, 17:44

Vollbreit hat geschrieben:Du versuchst den missglückten Spagat zwischen einer Bagatellisierung von etwas, was Du zugleich als einzigartig schändlich darstellen möchtest.
Genau das ist es doch, von dem ich hier die ganze Zeit spreche. Einige Werte, die die Bibel vermittelt, sind ja durchaus sinnvoll. Das Problem beginnt damit, dass die Bibel erstens unabänderlich ist und zweitens, wenn jemand anfängt, das zu lesen, was um die 10 Gebote und den Kram von der Liebe Gottes noch so drum herum steht. Es gelingt nämlich leider den Allerwenigsten, einerseits die Sinnhaftigkeit einiger Textstellen anzuerkennen, sich aber trotzdem von dem Rest eine eigene (zweifelnde) Meinung zu machen und sie gegebenenfalls abzulehnen. Damit wären sie nämlich in den Augen derer, die sich für wahrhaft gläubig halten, schon Ketzer. Und wohin das führen kann, wissen wir ja.

Es hilft also nichts, sich die Bibel anhand einiger harmloser Stellen schönzureden. Die Bibel ist die Bibel - und die schönen Stellen haben nun mal die unschönen Stellen mit im Gepäck.

Vollbreit hat geschrieben:Darüber sind wir uns ja einig, aber was ziehst Du nun für Schlüsse daraus?
Die Schlüsse daraus sind, dass man davon ausgehen muss, dass jemand, der überhaupt an irgendetwas Göttliches wie Wunder oder gottgegebene Moral glaubt, schnell dabei ist, auch an eine Rache Gottes zu glauben oder gar (wie George W. Bush) sich von Gott dazu aufgerufen fühlt, einen Kreuzzug gegen die Achse des Bösen antreten zu müssen.
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon Vollbreit » So 16. Dez 2012, 18:02

fopa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Du versuchst den missglückten Spagat zwischen einer Bagatellisierung von etwas, was Du zugleich als einzigartig schändlich darstellen möchtest.
Genau das ist es doch, von dem ich hier die ganze Zeit spreche. Einige Werte, die die Bibel vermittelt, sind ja durchaus sinnvoll. Das Problem beginnt damit, dass die Bibel erstens unabänderlich ist und zweitens, wenn jemand anfängt, das zu lesen, was um die 10 Gebote und den Kram von der Liebe Gottes noch so drum herum steht. Es gelingt nämlich leider den Allerwenigsten, einerseits die Sinnhaftigkeit einiger Textstellen anzuerkennen, sich aber trotzdem von dem Rest eine eigene (zweifelnde) Meinung zu machen und sie gegebenenfalls abzulehnen. Damit wären sie nämlich in den Augen derer, die sich für wahrhaft gläubig halten, schon Ketzer. Und wohin das führen kann, wissen wir ja.


Du meinst ins Feuer der Inquisition, auf die Streckbank?
Ist seit ein paar Monaten abgeschafft.
Ich verstehe Deine Argumentation nicht ganz.
Einerseits behauptest Du – zurecht, wie ich meine – dass es unter gläubigen Katholiken die ganze Palette gibt. Von liberal bis extrem, vom Papierchristen zum Fundi und alles dazwischen.
Dann aber sagst Du, es sei eben doch unmöglich die Graustufen zu leben, weil man dann z.B. ein Ketzer in den Augen der Extremisten ist. Muss einen das denn stören? Warum sollte man sich an Spinnern orientieren? Wenn ich überzeugter Vegetarier bin, aber ein militanter Veganer meint, wer Ledergürtel trägt, sei nur ein noch perfiderer Mörder, der sich ein reines Gewissen verschaffen will aber zu lauwarm ist um alles zu geben… jo gut, es gibt solche Leute.

fopa hat geschrieben:Es hilft also nichts, sich die Bibel anhand einiger harmloser Stellen schönzureden. Die Bibel ist die Bibel - und die schönen Stellen haben nun mal die unschönen Stellen mit im Gepäck.


Geht es denn darum, ob man sich die Bibel schönreden kann oder sollte?
Die einigermaßen absurde Frage ist, ob der Katholizismus, der zu einem nicht unerheblichen Teil die westlichen Werte ausmacht (dafür gibt es inzwischen einen eigenen Thread), zu eben diesen Werten passt.

fopa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Darüber sind wir uns ja einig, aber was ziehst Du nun für Schlüsse daraus?
Die Schlüsse daraus sind, dass man davon ausgehen muss, dass jemand, der überhaupt an irgendetwas Göttliches wie Wunder oder gottgegebene Moral glaubt, schnell dabei ist, auch an eine Rache Gottes zu glauben oder gar (wie George W. Bush) sich von Gott dazu aufgerufen fühlt, einen Kreuzzug gegen die Achse des Bösen antreten zu müssen.


Wo sind denn nun Deine Graustufen hin?
Das ist doch ein einziger Selbstwiderspruch.
Nimm als Beispiel Sport. Du behauptest, es gibt Gelegenheitssportler, Wochenendsportler, Hobbysportler, regelmäßige Sportler und Extremsportler. Ja, gibt es.
Und dann sagst Du, dass derjenige der Mal beim Betriebsfest Fußball spielt stark dazu neigt von früh bis spät nur noch Sport zu machen?

Denn im neuen Kreuzzug anzutreten (wirklich eine Befürchtung von Dir?) und irgendwie an Gott zu glauben, das ist zumindest in meiner Wahrnehmung die Einstellung eines harten Extremisten und einem Gelegenheitschristen, der gerade noch so an Gott glaubt zuzutrauen, er würde diesem laffen Glauben dann aber doch gerne sein Leben opfern, erscheint mir etwas weltfremd.
Zuletzt geändert von Vollbreit am So 16. Dez 2012, 18:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon laie » So 16. Dez 2012, 18:34

einen schönen Guten Abend in die Runde! Wow, wie weit das Thema fortgeschritten ist, zumindest quantitativ. Qualitativ sehe ich die Auseinandersetzung mit dem Katholizismus und dem Phänomen Religion allgemein eher von den immergleichen Zerrbildern beherrscht. Meint wirklich einer, dass jemand an die Jungfrauengeburt als als durchaus mögliches, widernatürliches Phänomen glaubt? Das ist schon deshalb lächerlich, weil Jesus in seiner menschlichen Natur "uns allen gleich ist ausser der Sünde". Und mit Sünde ist nicht der Geschlechtsverkehr gemeint! Auf der anderen Seite heisst es im Johannesevangelium, dass jeder Christ nicht von einem Mann gezeugt ist, sondern von Gott. Das, was zunächst wie eine für wahrscheinlich gehaltene Laune der Natur aussah, und ausschiesslich für den Sohn Gottes reserviert zu sein schien, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als etwas völlig anderes: die Jungfrauengeburt ist keine Konkurrenz zur natürlichen Geburt ("in allem uns gleich"), und auf der anderen Seite ist die Jungfrauengeburt nicht reserviert auf den Sohn Gottes.

Wir haben es also hier mit sog. Glaubenswahrheiten zu tun, die nicht als Konkurrenz zu "normalen", empirisch beschreibbaren Weltverhältnissen zu sehen sind.

Ich möchte es so sagen: nichts am Katholizismus zwingt mich, irgendeine wissenschaftliche Aussage, sei es aus der Physik, der Biologie oder auch der Geologie, nicht anzuerkennen oder mich mit ihr rein argumentativ auseinanderzusetzen. Umgekehrt hindert mich keine Wissenschaft daran, katholisch zu werden.
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon fopa » So 16. Dez 2012, 18:44

Vollbreit hat geschrieben:Ich verstehe Deine Argumentation nicht ganz.
Einerseits behauptest Du – zurecht, wie ich meine – dass es unter gläubigen Katholiken die ganze Palette gibt. Von liberal bis extrem, vom Papierchristen zum Fundi und alles dazwischen.
Dann aber sagst Du, es sei eben doch unmöglich die Graustufen zu leben, weil man dann z.B. ein Ketzer in den Augen der Extremisten ist. Muss einen das denn stören? Warum sollte man sich an Spinnern orientieren? Wenn ich überzeugter Vegetarier bin, aber ein militanter Veganer meint, wer Ledergürtel trägt, sei nur ein noch perfiderer Mörder, der sich ein reines Gewissen verschaffen will aber zu lauwarm ist um alles zu geben… jo gut, es gibt solche Leute.
[...]
Wo sind denn nun Deine Graustufen hin?
Das ist doch ein einziger Selbstwiderspruch.
Nimm als Beispiel Sport. Du behauptest, es gibt Gelegenheitssportler, Wochenendsportler, Hobbysportler, regelmäßige Sportler und Extremsportler. Ja, gibt es.
Und dann sagst Du, dass derjenige der Mal beim Betriebsfest Fußball spielt stark dazu neigt von früh bis spät nur noch Sport zu machen?
Du nimmst weltliche Dinge als Gegenbeispiel. Das möchte ich nicht gelten lassen, weil diese nicht "von oben" kommen, sondern auf einem realen Fundament stehen und deswegen bezweifelbar und relativierbar sind. Man kann sozusagen darüber debattieren, und das macht eben den qualitativen Unterschied aus.
Die Graustufen bestehen innerhalb des Glaubens. Mathematisch könnte man es so ausdrücken, dass der Glauben ein zum Nicht-Glauben orthogonaler Raum ist. Stell dir ein x-y-Achsensystem vor. Wenn du eine senkrechte Gerade ("der Glauben") zeichnest, ist der x-Wert immer derselbe, während der y-Wert ("die Glaubensintensität") von 0 bis sehr, sehr groß sein kann. OK, das ist etwas heruntergebrochen dargestellt, aber ein besseres Bild ist mir gerade nicht eingefallen.

Ich sage ja nicht, dass es unmöglich wäre, alle Graustufen der Glaubensfestigkeit zu leben ohne gleich zum Kreuzritter zu werden. Ich meine nur, dass die Gefahr dazu überhaupt erst entsteht, wenn man überhaupt glaubt. Und wenn man sich auf diesen Pfad des Glaubens begeben hat, wird man leichter beeinflussbar. Mal ein dahingesponnener Dialog zwischen einem Priester und einem "schwach" gläubigem Christen:
Priester: "Du glaubst an Gott?"
Christ: "Ja, im Grunde schon."
Priester: "Glaubst du, dass Gott uns die 10 Gebote gegeben hat, und willst du dich nach ihnen richten?"
Christ: "Ja, das will ich."
Priester: "Ist es dann nicht Gottes Gebot, dass du dich nicht sollst vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation; bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld."
Christ: "Äh, ja."

Ist meine Argumentation damit klarer geworden? Wenn jemand im Prinip schon gläubig ist, ist es nur noch eine Frage der Konsequenz (im Sinne von Folgerichtigkeit). Die allermeisten Christen in Deutschland stellen sich dieser Frage bloß leider gar nicht. Würden sie sie sich ihr stellen, kämen sie entweder dazu, ihrem Glauben ganz abzuschwören oder die Bibel als Wort Gottes anzuerkennen. Ganz oder gar nicht. Die Graustufen lassen sich sehr wohl ausleben - solange man seinen Glauben nicht konsequent durchdenkt.

laie hat geschrieben:Ich möchte es so sagen: nichts am Katholizismus zwingt mich, irgendeine wissenschaftliche Aussage, sei es aus der Physik, der Biologie oder auch der Geologie, nicht anzuerkennen oder mich mit ihr rein argumentativ auseinanderzusetzen. Umgekehrt hindert mich keine Wissenschaft daran, katholisch zu werden.
Das sehe ich, wie oben beschrieben, anders. Ein Gläubiger kann sich natürlich sehr wohl Argumenten bedienen - aber diese Argumente beziehen sich letztendlich auf Gott, womit sie jeder weltlichen Grundlage entbehren. Solange es nur um Naturwissenschaften geht, mag es harmlos erscheinen, aber Gott hat eben mehr getan als "zu sehen, dass es gut war". Wie gesagt, da hängt immer der ganze restliche Rattenschwanz hinten dran, von dem die Moralvorgaben für das gesellschaftliche Zusammenleben eben die entscheidenden Punkte sind.
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon Vollbreit » So 16. Dez 2012, 18:54

laie hat geschrieben:Meint wirklich einer, dass jemand an die Jungfrauengeburt als als durchaus mögliches, widernatürliches Phänomen glaubt?


Papst Benedikt XVI hat geschrieben:Weihnachten ist bereits die Erstlingsfrucht des »sacramentum-mysterium paschale«, also der Beginn des zentralen Heilsgeheimnisses, das im Leiden, im Tod und in der Auferstehung seinen Höhepunkt hat, denn Jesus beginnt seine Selbsthingabe aus Liebe vom ersten Augenblick seines menschlichen Lebens im Schoß der Jungfrau Maria an.
http://www.vatican.va/holy_father/bened ... 05_ge.html


Papst Johannes Paul II hat geschrieben:18. In der Tat behaupten die Evangelien nicht, eine nach Maßgabe moderner Geschichtswissenschaft verfaßte vollständige Biographie Jesu zu sein. Aus ihnen tritt jedoch mit sicherem historischem Grund das Angesicht des Nazareners hervor, da die Evangelisten in ihrem Bemühen zuverlässige Zeugnisse sammelten (vgl. Lk 1,3) und anhand von Dokumenten arbeiteten, die man der wachsamen kirchlichen Unterscheidung unterzogen hatte. Auf Grund dieser Zeugnisse der ersten Stunde erfuhren sie unter dem erleuchtenden Wirken des Heiligen Geistes die aus menschlicher Sicht befremdliche Tatsache der Jungfrauengeburt Jesu durch Maria, die mit Josef verlobt war.
http://www.vatican.va/holy_father/john_ ... te_ge.html
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon Vollbreit » So 16. Dez 2012, 19:10

fopa hat geschrieben:Du nimmst weltliche Dinge als Gegenbeispiel. Das möchte ich nicht gelten lassen, weil diese nicht "von oben" kommen, sondern auf einem realen Fundament stehen und deswegen bezweifelbar und relativierbar sind. Man kann sozusagen darüber debattieren, und das macht eben den qualitativen Unterschied aus.


Das ist in dem Fall kein Argument, weil sie lediglich als Analogie zur unterschiedlichen Intensität einer Anhängerschaft galten und diese in Deinem und meinem Beispiel nicht von Anspruch haben übernatürlich oder von Gott oder sonst ewas zu sein.

fopa hat geschrieben:Die Graustufen bestehen innerhalb des Glaubens. Mathematisch könnte man es so ausdrücken, dass der Glauben ein zum Nicht-Glauben orthogonaler Raum ist. Stell dir ein x-y-Achsensystem vor. Wenn du eine senkrechte Gerade ("der Glauben") zeichnest, ist der x-Wert immer derselbe, während der y-Wert ("die Glaubensintensität") von 0 bis sehr, sehr groß sein kann. OK, das ist etwas heruntergebrochen dargestellt, aber ein besseres Bild ist mir gerade nicht eingefallen.


Das hilft mir jetzt nicht wirklich weiter.

fopa hat geschrieben:Ich sage ja nicht, dass es unmöglich wäre, alle Graustufen der Glaubensfestigkeit zu leben ohne gleich zum Kreuzritter zu werden. Ich meine nur, dass die Gefahr dazu überhaupt erst entsteht, wenn man überhaupt glaubt.


Schon klar. Der Fleischesser wird nie ein militanter Veganer sein, warum aber der gelassene Vegetarier ein militanter Veganer werden muss, ist damit auch noch nicht erklärt.
Weil eine Frau schlecht mit einem eigenen Penis eine Vergewaltigung durchführen kann, ist noch lange nicht jeder sexuell aktive Mann ein Vergewaltiger oder sehr nahe dran.

fopa hat geschrieben:Und wenn man sich auf diesen Pfad des Glaubens begeben hat, wird man leichter beeinflussbar. Mal ein dahingesponnener Dialog zwischen einem Priester und einem "schwach" gläubigem Christen:
Priester: "Du glaubst an Gott?"
Christ: "Ja, im Grunde schon."
Priester: "Glaubst du, dass Gott uns die 10 Gebote gegeben hat, und willst du dich nach ihnen richten?"
Christ: "Ja, das will ich."
Priester: "Ist es dann nicht Gottes Gebot, dass du dich nicht sollst vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation; bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld."
Christ: "Äh, ja."

Ist meine Argumentation damit klarer geworden?


Eigentlich nicht.
Die Behauptung dahinter ist, wer glaubt, ist leichter beeinflussbar.
Die Empirie lehrt uns, dass das Gegenteil richtig zu sein scheint:
http://de.wikipedia.org/wiki/Resilienz_ ... n_Religion

fopa hat geschrieben:Wenn jemand im Prinip schon gläubig ist, ist es nur noch eine Frage der Konsequenz (im Sinne von Folgerichtigkeit).


Aha. Wer Frauen sexuell begehrt ist also ein Vergewaltiger, das ist eine Frage der Folgerichtigkeit.

fopa hat geschrieben:Die allermeisten Christen in Deutschland stellen sich dieser Frage bloß leider gar nicht.


Vielleicht ist das in dem Fall auch tatsächlich besser, oder?

fopa hat geschrieben: Würden sie sie sich ihr stellen, kämen sie entweder dazu, ihrem Glauben ganz abzuschwören oder die Bibel als Wort Gottes anzuerkennen. Ganz oder gar nicht. Die Graustufen lassen sich sehr wohl ausleben - solange man seinen Glauben nicht konsequent durchdenkt.


Es lebe der unbeschwerte Selbstwiderspruch, willkommen im Club. :santagrin:
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon laie » So 16. Dez 2012, 19:23

fopa hat geschrieben:Das sehe ich, wie oben beschrieben, anders. Ein Gläubiger kann sich natürlich sehr wohl Argumenten bedienen - aber diese Argumente beziehen sich letztendlich auf Gott, womit sie jeder weltlichen Grundlage entbehren


Diese Störrigkeit ist wirklich unglaublich! Das ist wirklich faszinierend, dass stramme Atheisten an ihren Zerrbildern von Gott, Glaube, Wissen, Vernunft auch dann noch festhalten, wenn man ihnen erklärt, wie etwas gemeint ist. Das nennt man wohl "verbohrt". Gut. Du bist also der Meinung, dass beispielsweise der Jesuit Francesco Lana Terzi seine Idee, eine Blindenschrift zu entwickeln nicht an den Bedürfnissen und Fähigkeiten von Blinden, mithin an rein empirischen, weltlichen Bedingungen, ausgerichtet hat?
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon Zappa » So 16. Dez 2012, 19:29

laie hat geschrieben:Ich möchte es so sagen: nichts am Katholizismus zwingt mich, irgendeine wissenschaftliche Aussage, sei es aus der Physik, der Biologie oder auch der Geologie, nicht anzuerkennen oder mich mit ihr rein argumentativ auseinanderzusetzen. Umgekehrt hindert mich keine Wissenschaft daran, katholisch zu werden.

Du meinst also, dass der Katholizismus nichts über die Wirklichkeit (Kosmos, Erden, Natur, Gesellschaft, Ethik etc.) aussagen möchte?
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon laie » So 16. Dez 2012, 19:39

Natürlich tut er das. Aber das sind keine Aussagen, die in unmittelbarer Konkurrenz zur Wissenschaft stehen. Ansonsten könnte es keine katholischen Wissenschaftler geben. Oder? Die Wissenschaft nimmt dem Glauben kein Gramm weg. Beides geht wunderbar zusammen. So gibt es von Isaac Newton (ok, kein Katholik, aber immerhin) eine vielbändige Bibelauslegung.

So, ich möchte mich jetzt auf die Teilnahme an der Adventsmesse vorbereiten (wenn's interessiert: Lesejahr C, aus dem Lukasevangelium. Macht's gut, bis zum nächsten Mal...
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon fopa » So 16. Dez 2012, 19:58

@Vollbreit
Wir müssen uns ja nicht einig werden, aber irgendwie scheine ich meine Argumentation nicht deutlich machen zu können.
Vegetarismus ist nun mal nicht Katholizismus, auch wenn manche Vegetarier versuchen, vegetarische Dogmen aufzustellen und sich danach zu richten.
Wenn ein Christ sagen würde: "OK, ich glaube an Gott, aber nicht so, wie es in der Bibel steht. Statt dessen bastel ich mir meinen eigenen Glauben zusammen, der auf Teilen der Bibel aufbaut, aber andere Teile negiert. Statt dessen denke ich mir selbst etwas aus." Dann wäre er per Definition kein Christ mehr.
Das Problem würde aber gundsätzlich weiterhin bestehen, wenn solch ein gläubiger Mensch sich nicht zweifelnd mit seinen Ansichten auseinandersetzen würde, sondern dogmatisch daran festhalten würde. Das würde aber der (oben genannten) Definition des Glaubens (=zweifelsfrei Überzeugtsein) widersprechen.
Jetzt müsste ich mir selbst die Frage stellen, ob ich an den Zweifel als oberste Prämisse glaube oder auch daran zweifle. :explodieren:
Ich sags mal so: Bisher habe bin ich noch nicht davon überzeugt worden, dass irgendwo grundsätzlich kein Zweifel angebracht wäre. Aber wer weiß, vielleicht gelingt es ja mal jemandem. :)

laie hat geschrieben:Diese Störrigkeit ist wirklich unglaublich! Das ist wirklich faszinierend, dass stramme Atheisten an ihren Zerrbildern von Gott, Glaube, Wissen, Vernunft auch dann noch festhalten, wenn man ihnen erklärt, wie etwas gemeint ist. Das nennt man wohl "verbohrt". Gut. Du bist also der Meinung, dass beispielsweise der Jesuit Francesco Lana Terzi seine Idee, eine Blindenschrift zu entwickeln nicht an den Bedürfnissen und Fähigkeiten von Blinden, mithin an rein empirischen, weltlichen Bedingungen, ausgerichtet hat?
Erstmal danke für die Blumen. :kg:
Wie kommst du darauf? Ich habe doch bereits gesagt, dass Religionen durchaus sinnvolle Werte und Vorstellungen vermitteln können. Nicht umsonst sagt man ja auch "christliche Werte" und meint damit solidarisches und friedliches Zusammenleben.
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon fopa » So 16. Dez 2012, 20:11

Vollbreit hat geschrieben:Die Behauptung dahinter ist, wer glaubt, ist leichter beeinflussbar.
Die Empirie lehrt uns, dass das Gegenteil richtig zu sein scheint:
http://de.wikipedia.org/wiki/Resilienz_ ... n_Religion
Das war nicht meine Behauptung.
Wer religiös ist, ist deshalb schwieriger zu beeinflussen, weil er weniger Zweifel an der Richtigkeit seiner Überzeugungen hat. Das geht/ging ja schließlich so weit, dass selbst offensichtliche naturwissenschaftliche Erkenntnisse weginquiriert wurden.
Dein Link zur Resilienz unterstützt meine Argumentation sogar. Mein Punkt war nämlich, dass ein Mensch, der grundsätzlich an Gott glaubt (also zweifelsfrei), auch leicht dazu gebracht werden kann, an Dinge zu glauben, die Gott angeblich gebietet. Genau dafür sind Geistliche ja da, nämlich die Gläubigen in ihrem Glauben zu unterstützen (was für ein Wort!).
Der Gläubige kann also innerhalb der Dimension / des Raumes seines Glaubens (oder besser seiner Religion) sehr leicht beeinflussbar sein, obwohl seine Resilienz und seine Resistenz gegenüber weltlichen Einflüssen oder Einflüssen anderer Glaubensrichtungen extrem hoch ist.
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon Vollbreit » So 16. Dez 2012, 20:14

fopa hat geschrieben:@Vollbreit
Wir müssen uns ja nicht einig werden, aber irgendwie scheine ich meine Argumentation nicht deutlich machen zu können.
Vegetarismus ist nun mal nicht Katholizismus, auch wenn manche Vegetarier versuchen, vegetarische Dogmen aufzustellen und sich danach zu richten.
Wenn ein Christ sagen würde: "OK, ich glaube an Gott, aber nicht so, wie es in der Bibel steht. Statt dessen bastel ich mir meinen eigenen Glauben zusammen, der auf Teilen der Bibel aufbaut, aber andere Teile negiert. Statt dessen denke ich mir selbst etwas aus." Dann wäre er per Definition kein Christ mehr.


Vermutlich ja.
Das kenne ich ziemlich wortgetreu aus der Esoterik.

fopa hat geschrieben:Das Problem würde aber gundsätzlich weiterhin bestehen, wenn solch ein gläubiger Mensch sich nicht zweifelnd mit seinen Ansichten auseinandersetzen würde, sondern dogmatisch daran festhalten würde. Das würde aber der (oben genannten) Definition des Glaubens (=zweifelsfrei Überzeugtsein) widersprechen.


Und dass die Definition nicht stimmt, ist keine denkbare Option?

fopa hat geschrieben:Jetzt müsste ich mir selbst die Frage stellen, ob ich an den Zweifel als oberste Prämisse glaube oder auch daran zweifle. :explodieren:


Das wäre eine gute Frage, viele Philosophen haben sie so beantwortet, dass der Zweifel um des Zweifels Willen nichts wert ist, dem würde ich mich anschließen.

fopa hat geschrieben:Ich sags mal so: Bisher habe bin ich noch nicht davon überzeugt worden, dass irgendwo grundsätzlich kein Zweifel angebracht wäre. Aber wer weiß, vielleicht gelingt es ja mal jemandem. :)


Robert Brandom hat geschrieben:Eine der Lehren, die wir aus dem übertriebenen Cartesischen Zweifel gezogen haben, lautet, dass Zweifel auch manchmal gerechtfertigt werden müssen, um die Berechtigung zu doxastischen [behauptenden – V.] Festlegungen anfechten zu können. Welche Festlegungen rechtfertigungsbedfürftig sind (also ohne Berechtigungsnachweis als defizitär gelten), ist selbst eine Sache der sozialen Praxis, der praktischen Einstellung, die die Beteiligten ihnen gegenüber einnehmen.

Die unterschiedlichen Umstände, unter denen verschiedene Behauptungen als Rechtfertigungen (oder nach Vindikation durch Berufung) verlangend betrachtet oder behandelt werden, gehören zu dem, was den sie ausdrückenden Sätzen ihre verschiedenen Bedeutungen verleiht. Es ist Teil ihrer inferentiellen Rolle im weiten praktischen Sinne dieses Ausdrucks, zu der die Bedingungen zählen, unter denen inferentielle Akte vielfältiger Art angebracht oder erforderlich sind. Behautpungen wie "Es hat schon schwarze Hunde gegeben" oder "Ich habe zehn Finger" sind solche, zu denen die Gesprächspartner als pirma facie berechtigt behandelt werden. Sie sind zwar nicht immun gegen Fragen, die ihre Berechtigung anzweifeln, aber solche Fragen müssen selbst irgendwie gerechtfertigt werden. Berechtigung ist in erster Linie ein sozialer Status, den ein Akt oder eine Festlegung innerhalb einer Gemeinschaft hat. Praktiken in denen dieser Status nur auf Basis tatsächlicher Rechtfertigung durch Verweis auf Vererbung von anderen Festlegungen zuerkannt wird, sind einfach nicht praktikabel; es kommt schlicht zu keinem Spiel des Gebens und Verlangens von Gründen, wenn Rechtfertigungen an kein Ende kommen dürfen."
(Robert Brandom, Expressive Vernunft, 194, dt. Suhrkamp 2000, S.267)


Von der Formulierung her immer ein wenig harter Stoff, die Mühe lohnt bei Brandom aber.
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon fopa » So 16. Dez 2012, 21:04

Vollbreit hat geschrieben:
fopa hat geschrieben:Das Problem würde aber gundsätzlich weiterhin bestehen, wenn solch ein gläubiger Mensch sich nicht zweifelnd mit seinen Ansichten auseinandersetzen würde, sondern dogmatisch daran festhalten würde. Das würde aber der (oben genannten) Definition des Glaubens (=zweifelsfrei Überzeugtsein) widersprechen.
Und dass die Definition nicht stimmt, ist keine denkbare Option?
Darauf wollte ich mit meiner Formulierung hinaus. Zwischendurch gilt es, die Voraussetzungen zu prüfen, auf deren Basis man diskutiert. Ändert man die Definition von "glauben" und "Glauben", ändern sich auch die Argumente und Schlussfolgerungen. Hast du eine andere Definition?

Vollbreit hat geschrieben:Das wäre eine gute Frage, viele Philosophen haben sie so beantwortet, dass der Zweifel um des Zweifels Willen nichts wert ist, dem würde ich mich anschließen.
Ich sehe auch einen Unterschied zwischen ständigem Zweifel einerseits und dem Hinterfragen bei konträren Gegenargumenten andererseits. In diesem Sinne schließe ich mich ebenfalls an. :^^:

Vollbreit hat geschrieben:Von der Formulierung her immer ein wenig harter Stoff, die Mühe lohnt bei Brandom aber.
Ich sehe eine Pflicht zur Rechtfertigung nicht als notwendige Folge von Zweifel. Auf Fragen muss es nicht immer eine Antwort geben. Entscheidend ist doch, dass man die Frage stellt und die Antwort eben auch sein darf, dass es (noch) keine Antwort gibt. Möglicherweise ziehen Religionen ihre Macht unter anderem (oder auch gerade) daraus, dass viele Menschen mit einer Welt, an deren Rand (noch) keine Antworten stehen, nicht klar kommen.
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon stine » So 16. Dez 2012, 23:17

fopa hat geschrieben:Ich meine nur, dass die Gefahr dazu überhaupt erst entsteht, wenn man überhaupt glaubt. Und wenn man sich auf diesen Pfad des Glaubens begeben hat, wird man leichter beeinflussbar. Mal ein dahingesponnener Dialog zwischen einem Priester und einem "schwach" gläubigem Christen:
Priester: "Du glaubst an Gott?"
Christ: "Ja, im Grunde schon."
Priester: "Glaubst du, dass Gott uns die 10 Gebote gegeben hat, und willst du dich nach ihnen richten?"
Christ: "Ja, das will ich."
Priester: "Ist es dann nicht Gottes Gebot, dass du dich nicht sollst vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation; bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld."
Christ: "Äh, ja."
Ein christlicher Priester sollte aber nicht vom Neuen ins Alte Testament wechseln.
Das macht einen Christen doch aus, dass er Jesus Worte anerkennt. Mit ihm ist die Botschaft übermittelt, dass der Vater ein liebender Vater ist und wer anders denkt, denkt falsch von Gott. (heißt es...)
Für einen Christen ist das NT Grundlage seines (erlösten) Glaubens.

Vollbreit hat geschrieben:
Papst Johannes Paul II hat geschrieben:18. In der Tat behaupten die Evangelien nicht, eine nach Maßgabe moderner Geschichtswissenschaft verfaßte vollständige Biographie Jesu zu sein. Aus ihnen tritt jedoch mit sicherem historischem Grund das Angesicht des Nazareners hervor, da die Evangelisten in ihrem Bemühen zuverlässige Zeugnisse sammelten (vgl. Lk 1,3) und anhand von Dokumenten arbeiteten, die man der wachsamen kirchlichen Unterscheidung unterzogen hatte. Auf Grund dieser Zeugnisse der ersten Stunde erfuhren sie unter dem erleuchtenden Wirken des Heiligen Geistes die aus menschlicher Sicht befremdliche Tatsache der Jungfrauengeburt Jesu durch Maria, die mit Josef verlobt war.
http://www.vatican.va/holy_father/john_ ... te_ge.html
Schon so manches Fräulein (altdeutsch für: unverheiratete Frau) hat ihre Frucht vom Heiligen Geist empfangen. Das war aus menschlicher Sicht früher schon immer ziemlich befremdlich. :mg:
Ich denke, der Papst ist intelligent genug, das zu wissen.

LG stine
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon mat-in » Mo 17. Dez 2012, 08:40

Liebe (im Sinne von Mitgefühl und der Bestrebung das es allen gut geht) und Vernunft sind mit Sicherheit ein guter Weg... aber diesen Weg findest du eben nur zwischen viel anderem Mist in den "heiligen Büchern" und wenn du ihn nicht finden willst steht das alles auch nicht so drin. Daher sind diese Bücher nur Machthilfen der Leute die gerade Interpretationshoheit für sich beanspruchen und keinen cent Wert, was Ethik angeht. Und das hier in Europa gerade für einen kurzen Zeitraum (unter Blutzoll von der Aufkälrung) gemäßigte Interpretatoren vorherrschen macht es auch nicht gerade besser, denn wir sitzen in einer kleinen Blase, in der "alles nicht so schlimm" zu sein scheint und projezieren das auf den Rest der Welt wo schon mal Frauen hingerichtet werden wegen Ehebruch oder Kinder weil sie vom Teufel besessen sind mit Rasierklingen gefoltert und aus der Familie ausgestoßen werden - um jetzt mal nahe stehende Beispiele aus gleich zwei religionen zu nehmen die sicher nichts mit Weltpolitik zu tun haben.
Zuletzt geändert von mat-in am Mo 17. Dez 2012, 08:44, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon laie » Mo 17. Dez 2012, 08:41

an alle einen schönen Guten Morgen!

fopa hat geschrieben:Erstmal danke für die Blumen.
Wie kommst du darauf? Ich habe doch bereits gesagt, dass Religionen durchaus sinnvolle Werte und Vorstellungen vermitteln können. Nicht umsonst sagt man ja auch "christliche Werte" und meint damit solidarisches und friedliches Zusammenleben.


da nicht für :^^: . Aber das hast du nicht gesagt: du hast gesagt, wer an Gott glaubt, der landet bei seinem Weltverständnis immer zwangsläufig bei Gott und dass sei für die Beurteilung weltlicher Gegebenheiten völlig unangemessen. Und weisst du was? Da gebe ich dir recht. Ich wollte dich ein wenig dazu zum Nachdenken darüber bewegen, wie der Fall des von mir zitierten Jesuiten mit dem zu vereinbaren ist, was du für Katholiszismus und vermutlich für Religion im allgemeinen hälst. Ich sehe da nur zwei Möglichkeiten: entweder hast du recht, dann hat der Jesuit bei der Idee, eine Blindenschrift zu entwickeln, sich mindestens in einem "Erkenntniskonflikt" mit dem befunden, was deiner Meinung nach Lehrmeinung ist. Vielleicht war er also ein Rebell, weil er sich es angeschaut hat, wie es wirklich ist, ein Blinder zu sein. Oder er war ein Schizophrener. Dann ist die katholische Kirche voll von schizophrenen Rebellen.

Oder aber du hast Unrecht, dann ist es Zeit, dein Verständnis von Glauben zu revidieren.
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon fopa » Mo 17. Dez 2012, 09:32

laie hat geschrieben:Dann ist die katholische Kirche voll von schizophrenen Rebellen.
Du führst mich in Versuchung, Ja zu sagen. :mg:
laie hat geschrieben:Oder aber du hast Unrecht, dann ist es Zeit, dein Verständnis von Glauben zu revidieren.
Nee, im Ernst: Ich möchte niemandem seinen Glauben verbieten. Religionsfreiheit ist ein hohes Gut und sollte es auch bleiben. Man muss aber differenzieren zwischen dem An-Etwas-Glauben und dessen Auswirkung (über die Gläubigen) auf die Welt. Durch Glauben kann Gutes bewirkt werden, denn einige religilöse Moralvorgaben sind ja, wie gesagt, durchaus sinnvoll für's Zusammenleben. Das Gegenteil kann jedoch ebenso geschehen, da andere Glaubensvorstellungen wiederum äußerst unfreiheitlich und zerstörerisch sind. Insofern liegt die Schizophrenie in der Religion selbst: "Tue Gutes deinen Mitgläubigen gegenüber, rotte die Ungläubigen aus, die es wagen, sich gegen den einzig wahren Gott zu stellen."
Das mag in sich konsistent sein, passt aber nicht zum "westlichen Wert" Pluralismus.

Nachtrag: Wie mat-in ausgeführt hat, sollten wir nicht in der Illusion leben, die grausamen Seiten der Religionen endgültig überwunden zu haben, bloß weil die christliche Kirche sich hierzulande als zahmes Lamm darstellt. Die Fähigkeit zur Grausamkeit steckt im Menschen drin, und Religionen sind ein hervorragendes Werkzeug, sie zum Vorschein zu bringen. Die "guten" Seiten sind gewissermaßen der Schafspelz, in den sich der Wolf gern kleidet.
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon laie » Mo 17. Dez 2012, 09:58

Ich denke da genau so. Religiösität allein macht den Menschen nicht gut. Denn die Pharisäer, die Jesus letztlich zum Tod brachten, waren ja äusserst gläubige Menschen.

Aber eines interessiert mich noch.

fopa hat geschrieben: "Tue Gutes deinen Mitgläubigen gegenüber, rotte die Ungläubigen aus, die es wagen, sich gegen den einzig wahren Gott zu stellen."


Eine solche Vermessenheit ist in der Tat entsetzlich. Da fällt mir einer wie Pol Pot und seine Roten Khmer ein, die kurzerhand ganz Kambodscha einer "Umerziehung" unterzogen. Die haben auf den killing fields wirklich ausgerottet. Wer war wohl der "Gott", dem diese Teufel so viele Menschenleben geopfert haben?
Zuletzt geändert von laie am Mo 17. Dez 2012, 10:05, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon stine » Mo 17. Dez 2012, 10:01

fopa hat geschrieben:Die Fähigkeit zur Grausamkeit steckt im Menschen drin...,

Könntest du das mal mit @Darth Nefarius abklären? Der ist nämlich der Meinung, dass Altruismus im Menschen drinsteckt und der Mensch aus natürlichen Trieben heraus gar nicht anders kann, als gut zu sein.

fopa hat geschrieben:...und Religionen sind ein hervorragendes Werkzeug, sie zum Vorschein zu bringen.
Aber eben auch das Gegenteil kann bewirkt werden. Es kommt halt darauf an, was die Lehrmeinung einer Religion ist und von wem sie gebraucht oder missbraucht wird.

fopa hat geschrieben:Die "guten" Seiten sind gewissermaßen der Schafspelz, in den sich der Wolf gern kleidet.
Der Wolf kleidet sich auch gern in alle möglichen Gewänder, alles was Macht verleiht eben.

LG stine
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Re: Passt der Katholizismus zu den "westlichen" Werten?

Beitragvon fopa » Mo 17. Dez 2012, 13:48

stine hat geschrieben:
fopa hat geschrieben:Die Fähigkeit zur Grausamkeit steckt im Menschen drin...,

Könntest du das mal mit @Darth Nefarius abklären? Der ist nämlich der Meinung, dass Altruismus im Menschen drinsteckt und der Mensch aus natürlichen Trieben heraus gar nicht anders kann, als gut zu sein.
Widerspricht sich das denn? :)
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