fopa hat geschrieben:Die Sprache (oder besser das Erlernen von Sprache) baut gewisse Denkstrukturen auf, die von Sprache zu Sprache verschieden sind. In verschiedenen Sprachen gibt es verschiedene grammatikalische Strukturen (Fälle, Zeiten, Flexionen etc.), und diese geben auch unserem Denken eine Richtung. Platt formuliert: eine logisch aufgebaute Sprache ermöglicht einen leichteren Zugang zu logischem Denken.
Dennoch haben sie alle eine enorme Flexibilität. Eine noch so komplexe und detaillierte Sprache wie Latein kann sich so verändern, dass ihre Abkömmlinge selbst schon nicht mehr viel gemein haben (zumindest nicht genug, um sich von Anhieb zu verstehen, wie Italienisch, Französisch, Englisch, usw.). Logisch sind sie dann, wenn sie eindeutig genug sind, "unlogisch" werden Sprachen nur von denjenigen genannt, die sie nicht sprechen. Für einen Europäer kann es unlogisch sein, ein Alphabet wie das chinesische zu verwenden; für einen Chinesen mag es unsinnig sein, nur zwischen Vokalen und Konsonanten zu trennen und damit sein Alphabet aufzubauen. Ich denke, dass der Gedanke, dass Sprachen uns benutzen und nicht umgekehrt nur aus einer verzweifelten Schulzeit resultieren, in der das Erlernen der Sprache nicht so spielerisch und intuitiv funktionierte.
fopa hat geschrieben:Anders herum kann es einem Menschen mit einer Muttersprache, in der es eine gewisse Zeitform gar nicht gibt, ziemlich schwer fallen, sich in diese Vorstellung überhaupt hineinzudenken.
Ja aber deswegen ist die Sprache nicht unlogischer als eine, die diese Zeit kennt. Gerade dies zeigt, dass Sprachen nur für das verwendet werden, wofür sie gemacht sind. Wenn eine bestimmte Zeitvorstellung nicht wichtig im Umgang ist, wird sie nicht kommuniziert und etabliert sich nicht in einer Sprache. Gerade solche Fälle zeigen, dass Sprache unsere Diener sind, nicht wir ihre. Dass ein solches Werkzeug aber späteren Benutzern zur Last fallen könnte, sobald es zu solchen Situationen kommt, bedeutet nur, dass sie angepasst oder durch eine nützlichere Sprache ersetzt wird.
fopa hat geschrieben:Diese Zusammenhänge in ein Aktiv-Passiv-Schema zu pressen, ist natürlich nicht sinnvoll. Es gibt eine Abhängigkeit von beiden Seiten: Unsere Sprache beeinflusst unser Denken, und wir beeinflussen (z.B. wiederum beeinflusst durch unsere Umwelt) unsere Sprache.
Das Aktiv-Passiv-Schema zeigt, von wem die Veränderung ausgehen kann. Von einem Kommunikationssystem kann keine Veränderung ausgehen, die Sprache würde uns nicht ändern, wir ändern sie, wenn sie uns unzureichend scheint. Die Annahme, dass die Sprache das Denken beeinflusst,, mag zwar stimmen, aber nur zu einem geringen Grad. Es gab mal eine Zeit, in der französisch in Russland (und auch im Rest Europas) modisch war, die Architektur, die Kultur, alles. Trotzdem wurden die Russen nicht zu Franzosen, ebensowenig wie die Preußen oder andere. Mentalitäten blieben, formelle Details wie das Staatswesen, die Bürokratie oder der militärische Apparat wurden angepasst, aber nur soweit, wie es eine Verbesserung bedeutete. Die Menschen können im Gesamten schon erkennen, was ihnen langfristig nützt und was nur Mode ist.
Man kann also keineswegs davon sprechen, dass die Sprache uns gebraucht (so wie Vollbreit es formulierte). Es ist eine Determinante, die Einfluss, aber keinen Willen hat, um uns zu gebrauchen. Ein Stein hat auch keinen Willen und gebraucht uns nicht, wenn WIR IHN werfen.