Wikipedia hat geschrieben:Sie wird bei Wörtern eingefügt, welche ungewollte (Falsch-)Informationen über das soziale Geschlecht (Gender) enthalten können (beispielsweise Lehrer_innen). Es ist eine aus dem Bereich der Queer-Theorie stammende Variante des Binnen-I. Der Gender Gap soll ein Mittel der sprachlichen Darstellung aller sozialen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten, auch jener abseits der gesellschaftlich hegemonialen Zweigeschlechtlichkeit sein. In der deutschen Sprache wäre dies sonst nur durch Umschreibungen möglich. Die Intention ist, durch den Zwischenraum einen Hinweis auf diejenigen Menschen zu geben, welche nicht in das ausschließliche Frau/Mann-Schema hineinpassen oder nicht hineinpassen wollen, wie Intersexuelle oder Transgender.
stine hat geschrieben:Heutzutage, wo alle Berufsgruppen mit Menschen beiderlei (oder muss ich sagen mit Menschen vielerlei?) Geschlechts besetzt werden können, genügt mE die Nennung des Berufs, ohne den Zusatz auf das weibliche Geschlecht.
Hast DU es schon mal überlegt? Ich finde den sogenannten Gender-Gap auch ziemlich komisch. Bloß bleibt mir das Lachen irgendwie im Hals stecken - wie bei fast allen deutschen "Komikern".Julia hat geschrieben:Hast du schon mal überlegt Komiker_in zu werden statt Wissenschaftler_in? Du hast ja offensichtlich großes Talent.
fopa hat geschrieben:Bloß bleibt mir das Lachen irgendwie im Hals stecken
Ich finde sowas hat seine Grenzen. Nicht da, wo ich mich persönlich in meiner "Authorität als Mann" getroffen fühle, sondern da wo es sinnlos wird, den Text kaputt und unleserlich_innen macht. Wir unterhalten uns nun mal in einem Sprachraum mit drei Geschlechter, und ich finde spätestens bei Mond_in hört es dann auf. Wer den/die/das Mond eine/n anderen_innen Geschlecht geben möchte kann ja die Sprache wechseln_innen.Julia hat geschrieben:fopa hat geschrieben:Bloß bleibt mir das Lachen irgendwie im Hals stecken
Ja, da kann einem schon ganz schön mulmig werden, wenn Privilegien abgebaut werden sollen.
Julia hat geschrieben:Jörg von Scienceblogs hat hier mal ein paar Studien verlinkt, da war glaube ich auch eine erwähnt, die sich mit dem Leseverstehen beschäftigt hat.
http://scienceblogs.de/diaxs-rake/2010/ ... r-sprache/
AgentProvocateur hat geschrieben:Wiewohl ich weder dem Binnen-I noch dem Gender-Gap (_) etwas angewinnen kann, den das halte ich weder für irgendwie hilfreich, noch für verständnisfördernd und für ein falsches Verständnis darüber, wie mE Sprache funktioniert, (der Unterschied zwischen Genus und Sexus wird dabei nicht berücksichtigt), würde ich bei Stellenausschreibungen eine Ausnahme machen wollen. (Z.B: Professor [m/w]).
Schneider und Hacker ließen 1973 für “Sex-role imagery and use of the generic man.” 306 Soziologie-Studenten Photographien aus Magazinen einschicken, die für ein Buch als Illustrationen für Kapitel wie “Culture”, “Population”, “Race and Minority Groups” oder “Social Theory” dienen sollten. Eine andere Gruppe erhielt Titel wie “Social Man”, “Industrial Man” oder “Urban Man”. 64% der letzten Gruppe schickten Photos mit Männern ein, während nur 50% der ersten Gruppe dies taten. Das ist jetzt auf deutsch etwas schlecht zu übersetzen, da “Man” in der zweiten Gruppe hier eben (angeblich) statt “Mensch” stehen sollte.
Eine ähnliche Studie führte Linda Harrison durch, die Schüler Bilder malen ließ zu Begriffen, die wie im obigen Sinn “man” enthielten, oder stattdessen “human” oder “person”; oder aber explizit “men and women” oder “they”. Im Fall eins malten männliche wie weibliche Schüler deutlich mehr Männerfiguren.
Pincus und Pincus ließen 104 SchülerInnen und LehrerInnen Statements vorlesen die männliche Konstruktionen beinhalteten (“Our forefathers believed in religious freedom.”). In der Diskussion ergab sich, dass diese unabhängig vom Alter als sich auf Männer beziehend empfunden wurden.
Moulton, Robinson und Elias ließen ihre KandidatInnen kurze Erzählungen zu Personen schreiben, über die in vorgelegten Sätzen etwas ausgesagt wurde. Entweder war in diesem Satz ein (his) oder ein neutrales Pronomen. Im Falle des (his) hätte dieses aber auch als neutrales Pronomen verstanden werden sollen, also wie in “A starting student will feel lonely in (his) starting courses.”. Trotzdem schrieben die meisten hier über männliche Studenten.
In der feministischen Linguistik wird angenommen, daß maskuline Bezeichnungen, die generisch benutzt werden (Bezeichnungen von Personen beiderlei Geschlechts durch die maskuline Form, wie z.B. die Wissenschaftler, die Studenten), weibliche Personen weniger vorstellbar oder sichtbar machen als männliche Personen. Verschiedene experimentelle Untersuchungen konnten diese Annahme für den englischen Sprachraum bestätigen. Für die deutsche Sprache existieren dagegen bislang sehr wenige Studien zu dieser Frage. Es werden vier Experimente vorgestellt, die untersuchen, ob unterschiedliche Sprachversionen - ,Beidnennung‘ (Studentinnen und Studenten), ,Neutral‘ (Studierende), ,Generisches Maskulinum‘ (Studenten) und “Großes I“ (StudentInnen) - den gedanklichen Einbezug von Frauen beeinflussen. Über alle Experimente hinweg zeigte sich, daß bei Personenreferenzen im generischen Maskulinum ein geringerer gedanklicher Einbezug von Frauen zu beobachten war als bei alternativen Sprachformen wie der Beidnennung oder dem “Großen I“ (z.B. seltenere Nennungen von beliebten weiblichen Persönlichkeiten oder von politischen Kandidatinnen für das Amt des Bundeskanzlers/der Bundeskanzlerin der BRD).
Julia hat geschrieben:AgentProvocateur hat geschrieben:Wiewohl ich weder dem Binnen-I noch dem Gender-Gap (_) etwas angewinnen kann, den das halte ich weder für irgendwie hilfreich, noch für verständnisfördernd und für ein falsches Verständnis darüber, wie mE Sprache funktioniert, (der Unterschied zwischen Genus und Sexus wird dabei nicht berücksichtigt), würde ich bei Stellenausschreibungen eine Ausnahme machen wollen. (Z.B: Professor [m/w]).
"Nicht berücksichtigt" ist falsch, würde ich sagen, es wird gezeigt, dass trotz aller Behauptungen, derart wie du sie in deinem Post gemacht hast, die Wahrnehmung der Menschen eben eine andere ist.
Es geht weniger darum, wie Sprache funktioniert, sondern wie Menschen funktionieren.
Nanna hat geschrieben:Das ist auch mein Problem mit dem Binnen-I oder der Anrede als "Studentinnen und Studenten", dass nämlich dadurch dauernd die Botschaft reproduziert wird, dass es zwei Geschlechter gibt
Verständlichkeit und Lesbarkeit. Wie steht es nun mit der angeblich schlechteren Verständlichkeit von geschlechtsneutralen oder geschlechtergerechten Formulierungen im Vergleich zum „generischen Maskulinum“? Auch zur Beantwortung dieser Frage gibt es eine Reihe von Studien, von denen ich stellvertretend eine auswähle, die methodisch sehr sorgfältig ist. Braun et al. (2007) ließen drei Gruppen von Versuchspersonen drei verschiedene Versionen einer Packungsbeilage für ein Medikament lesen: die erste verwendete das „generische Maskulinum“ (z.B. Diabetiker, Patienten), die zweite neutrale Formen oder Beidnennungen (Personen, Diabetikerinnen und Diabetiker) und die dritte das Binnen-I (DiabetikerInnen, PatientInnen). In jeder der drei Gruppen waren gleichviele Männer und Frauen. Die Forscherinnen erhoben dann erstens, wie gut die Versuchspersonen sich an den Inhalt des Gelesenen erinnern (ein objektives Maß für die Verständlichkeit) und zweitens, wie „verständlich“ und „lesbar“ die Versuchspersonen den Text fanden (ein subjektives Maß für die Verständlichkeit).
Beim Erinnerungstest waren im direkten Vergleich der Geschlechter die Erinnerungsleistungen der Männer bei der Beidnennung besser als die der Frauen, die der Frauen war beim „generischen Maskulinum“ und beim Binnen-I besser als die der Männer. Die Effekte waren aber relativ schwach und innerhalb der Geschlechtergruppen auch nicht signifikant.
Bei der subjektiven Bewertung sah es anders aus: Während die Frauen alle drei Textfassungen im wesentlichen als gleichermaßen verständlich und lesbar werteten, bewerteten die Männer die Fassung mit dem „generischen Maskulinum“ (die sie objektiv am schlechtesten verstanden hatten) am besten.
Mit anderen Worten: Geschlechtergerechte Sprache hat keinen negativen Einfluss auf die Verständlichkeit und Lesbarkeit von Texten. Wohl aber hat sie einen Einfluss auf die Einbildung männlicher Leser.
Julia hat geschrieben:Wenn ich von Wissenschaftler_innen spreche, dann empfinde ich das nicht als trennend, in dem Sinn, dass ein männlich definierter Wissenschaftler etwas anderes ist als ein weiblich definierter, sondern ich weiße darauf hin, dass auch nicht-männliche Wissenschaftler_innen gemeint sind und mache sie damit sichtbar. Ich denke das bewirkt etwas in den Köpfen.
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