Wolfgang Huber hat geschrieben:Zu den großen Entdeckungen der Neuzeit gehört, um noch einmal Hans Joas zu zitieren, die „Sakralität der Person“. Die sich ständig steigernden Möglichkeiten dazu, dass Menschen über andere Menschen Macht ausüben, lassen sich nur bändigen, wenn wir jeder menschlichen Person eine Unantastbarkeit zuerkennen, die wir „Würde“ nennen. Doch diese Würde bleibt nur gewahrt, wenn sie nicht als das Ergebnis eigener Leistungen und als Resultat menschlicher Selbstbestimmung verstanden wird. Gerade im Zeitalter der „Reproduktions“-Medizin braucht der Mensch Klarheit darüber, dass er nicht sein eigenes Produkt ist.
Nanna hat geschrieben:Das provoziert mich schon deshalb, weil transzendentale Begründungen aufgrund ihrer Partikularität - sie stehen Anhängern alternativer Religionen und Nicht-Religiösen nicht oder zumindest nicht problemlos als Begründungsstrategien offen - für die Menschenwürde in der Philosophie schwer unter Beschuss stehen, was Huber entweder nicht weiß oder bewusst verschweigt, macht es doch die eigene Argumentation einfacher, wenn man von mehreren Argumenten des Gegners nur die schwachen angreift und dann den Sieg auf ganzer Linie verkündet. Transzendentale Menschenwürde-Begründungen zwingen den Glauben auf (eine im Grunde recht perfide Methode, Leute durch die Hintertür an den Gottesglauben zu nötigen, indem insinuiert wird, man könne nicht gleichzeitig nicht-religiös sein und die Menschenwürde vertreten), während es andere Begründungsformen gibt, die sowohl für religiöse als auch nicht-religiöse Menschen offen stehen.
stine hat geschrieben:Sie trifft zu, weil sie die Wurzel ist.
stine hat geschrieben:Woher oder woraus kreiert denn der Atheist die Menschenwürde?
stine hat geschrieben:Wir müssen uns bis zu einer geeigneten Gegendarstellung damit abfinden, dass alles, was bisher zum Thema erreicht wurde, religiös geprägt ist. Die Menschenrechte sind das Eine, der Mensch als beseeltes Wesen ist das andere. Da müssen die Atheisten dem Menschen schon öffentlich die Seele absprechen und das wird hart.
stine hat geschrieben:Die Frage: was kommt, wenn Gott geht, halte ich durchaus immer noch für berechtigt.
Vollbreit hat geschrieben:Aber davon ab, kenne ich von Joas die Aussage, das Christentum dürfe sich nicht mit fremden Federn schmücken, nicht die Absicht (im Bezug auf Menschenrechte) zähle, sondern deren Umsetzung in die Realität, die Joas als ein Vermächtnis der frz. Revoluiton ansieht, die er als klare Grenze definiert.
Das hat doch nichts damit zu tun, dass spirituelle Menschen am heliozentrischen Weltbild festhalten. Nur, alles Wissen über die Welt schafft nicht die letzte Ecke des Unwissens aus dem Weg. Philosophen machen nichts anderes, als sich das Sein ohne Gott zu erklären, wohingegen die Theologen das Sein an einer höheren Instanz festmachen. Und weil das Nachdenken über das Sein im Menschen angelegt ist, verwurzelt ist, wird es Philosophie und Religion immer geben.Nanna hat geschrieben:stine hat geschrieben:Sie trifft zu, weil sie die Wurzel ist.
Achso... dann ist das heliozentrische Weltbild analog natürlich der modernen Astronomie überlegen, weil es ja die Wurzel ist. stine, bitte...
Was versteht DU unter beseelt? Ich verstehe darunter, dass der Mensch mehr ist, als die Summe seiner Bestandteile. Er ist zur Selbstreflektion fähig und kann sich in der Welt wahrnehmen, er verfügt über ein Verständnis vom "Sein". Religionen sehen das als einzigartig in der "Tierwelt" an und machen den "Menschen" daran fest. Es geht nicht um "Andersdenkende", auch in der Religion nicht. Selbst für Islamisten ist ein Ungläubiger immer noch ein Mensch. Wenn wir diese Erklärung nicht anerkennen wollen, gibt es keinen Unterschied zu anderen Tieren, dann muss der "Würde"-Paragraph auch auf sie angewendet werden.Nanna hat geschrieben:Niemand muss göttlich "beseelt" sein, um Würde zu erhalten.
Das Argument von Nanna war doch eher der Zweifel daran, dass die Wurzel, die Frühform, das Ursprüngliche des Wissens, immer besser war. Nein, oft nicht.stine hat geschrieben:Das hat doch nichts damit zu tun, dass spirituelle Menschen am heliozentrischen Weltbild festhalten. Nur, alles Wissen über die Welt schafft nicht die letzte Ecke des Unwissens aus dem Weg.Nanna hat geschrieben:stine hat geschrieben:Sie trifft zu, weil sie die Wurzel ist.
Achso... dann ist das heliozentrische Weltbild analog natürlich der modernen Astronomie überlegen, weil es ja die Wurzel ist. stine, bitte...
Das ist eigentlich beides falsch.stine hat geschrieben:Philosophen machen nichts anderes, als sich das Sein ohne Gott zu erklären, wohingegen die Theologen das Sein an einer höheren Instanz festmachen.
Ist es das? Folgt das wirklich?stine hat geschrieben:Und weil das Nachdenken über das Sein im Menschen angelegt ist, verwurzelt ist, wird es Philosophie und Religion immer geben.
Ich würde das nicht Seele, sondern Reflexionsvermögen oder Vernunft nennen. Warum so einen belasteten Begriff wie Seele strapazieren, der zudem zig Bedeutungen hat? Für einige bedeutet Seele = Leben, für manche Emotion, für andere Gewissen, für manche Gottesfunken im Menschen, für andere Weltseele...stine hat geschrieben:Was versteht DU unter beseelt? Ich verstehe darunter, dass der Mensch mehr ist, als die Summe seiner Bestandteile. Er ist zur Selbstreflektion fähig und kann sich in der Welt wahrnehmen, er verfügt über ein Verständnis vom "Sein".Nanna hat geschrieben:Niemand muss göttlich "beseelt" sein, um Würde zu erhalten.
Also, wenn Du wirklich auf das Reflexionsvermögen abzielst, brauchst Du die Religionen doch nun wirklich nicht.stine hat geschrieben:Religionen sehen das als einzigartig in der "Tierwelt" an und machen den "Menschen" daran fest. Es geht nicht um "Andersdenkende", auch in der Religion nicht. Selbst für Islamisten ist ein Ungläubiger immer noch ein Mensch. Wenn wir diese Erklärung nicht anerkennen wollen, gibt es keinen Unterschied zu anderen Tieren, dann muss der "Würde"-Paragraph auch auf sie angewendet werden.
stine hat geschrieben:Nur, alles Wissen über die Welt schafft nicht die letzte Ecke des Unwissens aus dem Weg. Philosophen machen nichts anderes, als sich das Sein ohne Gott zu erklären, wohingegen die Theologen das Sein an einer höheren Instanz festmachen. Und weil das Nachdenken über das Sein im Menschen angelegt ist, verwurzelt ist, wird es Philosophie und Religion immer geben.
stine hat geschrieben:Was versteht DU unter beseelt? Ich verstehe darunter, dass der Mensch mehr ist, als die Summe seiner Bestandteile. Er ist zur Selbstreflektion fähig und kann sich in der Welt wahrnehmen, er verfügt über ein Verständnis vom "Sein". Religionen sehen das als einzigartig in der "Tierwelt" an und machen den "Menschen" daran fest. Es geht nicht um "Andersdenkende", auch in der Religion nicht. Selbst für Islamisten ist ein Ungläubiger immer noch ein Mensch. Wenn wir diese Erklärung nicht anerkennen wollen, gibt es keinen Unterschied zu anderen Tieren, dann muss der "Würde"-Paragraph auch auf sie angewendet werden.Nanna hat geschrieben:Niemand muss göttlich "beseelt" sein, um Würde zu erhalten.
[Prinzip Nr.8] Die Brights-Bewegung hat geschrieben:Der Mensch hat einen Hang zu Wir/Sie-Aufteilungen, wobei das „sie“ als negativ oder abstoßend erachtet wird. Es kann zwar vorkommen, dass einzelne Brights negativ über Leute denken, die an Übernatürliches glauben; aber die Brights-Bewegung heißt Überheblichkeit oder die Verachtung anderer nicht gut. Es geht uns um soziale Akzeptanz und politisch-rechtliche Gleichheit. Diese Bewegung weist unmissverständlich nicht nur verbale Vergleiche zurück, die die Brights gegenüber den Religiösen als Bürger/Bürgerinnen zweiter Klasse hinstellen, sondern auch solche, die die Religiösen gegenüber den Brights als Bürger/Bürgerinnen zweiter Klasse hinstellen.
Das sehe ich ebenso. Aber egal, wie kooperativ sich Religionen zueinander verhalten, eines wird ihnen immer gemeinsam bleiben und sie von weltlichen Kooperationsverbänden unterscheiden: Sie sind Sinngebungssysteme ohne die manche Menschen nicht leben mögen, können, wollen.Nanna hat geschrieben:Religion muss nicht verschwinden, aber die Religionsgemeinschaften müssen ihre Partikularität erkennen und sich, zumindest was ihre irdische Existenz angeht, dem Universalismus der Gleichberechtigung und der Freiheit der Andersdenken unterordnen, sprich, die Würde des Anderen achten.
Die Kutsche mag alt sein, aber sie ist der erste Versuch Mobilität zu erweitern. Der Zweck war vorwärts zu kommen und das erfüllt sie auch heute noch, auch wenn das Auto schneller ist und weiter kommt. Das Beispiel ist übrigens gar nicht schlecht, um aufzuzeigen, dass der Sinn einer Entwicklung nicht abhanden kommt, selbst wenn sich das Modell ändert.Nanna hat geschrieben:Weiterhin kann ein neueres Konzept besser sein, als ein älteres. Die Philosophie mag selbst auf griechischen Konzepten aufbauen, aber nur weil das ihre Wurzeln sind, ist dennoch vieles heute nicht mehr gültig oder zumindest weiterentwickelt. Oder um es anschaulicher zu halten: Ein Auto mag Elemente der Kutsche beinhalten und hat sich auch aus derselben entwickelt, aber es ist keine Kutsche mehr und wir müssen uns nun wirklich nicht jedes Mal auf's Pferd beziehen, wenn wir über Motorenöl oder einen Stau auf der A3 reden.
Und wie ist es richtig?Vollbreit hat geschrieben:Das ist eigentlich beides falsch.stine hat geschrieben: Philosophen machen nichts anderes, als sich das Sein ohne Gott zu erklären, wohingegen die Theologen das Sein an einer höheren Instanz festmachen.
[/quote]stine hat geschrieben:Das sehe ich ebenso. Aber egal, wie kooperativ sich Religionen zueinander verhalten, eines wird ihnen immer gemeinsam bleiben und sie von weltlichen Kooperationsverbänden unterscheiden: Sie sind Sinngebungssysteme ohne die manche Menschen nicht leben mögen, können, wollen.Nanna hat geschrieben:Religion muss nicht verschwinden, aber die Religionsgemeinschaften müssen ihre Partikularität erkennen und sich, zumindest was ihre irdische Existenz angeht, dem Universalismus der Gleichberechtigung und der Freiheit der Andersdenken unterordnen, sprich, die Würde des Anderen achten.
stine hat geschrieben: Woher oder woraus kreiert denn der Atheist die Menschenwürde?
stine hat geschrieben:Wenn es nach mir ginge, würde ich mir überall das Beste heraussuchen und eine bunte Mischung machen. Humanistische Religion oder sowas. Ich meine, ich tu das ja sowieso aber damit bin ich eben auf Niemandsland und werde nirgends ernst genommen. Ich kann aber gut damit leben.
stine hat geschrieben:Ich habe den Artikel von Wolfgang Huber jetzt aber nicht so verstanden, dass er auf eine religiöse Welt abzielen würde. Er sagt ja genau, dass wir den Pluralismus brauchen. Wo genau an welcher Stelle sitzt denn jetzt der Aufreger? Kann mir das mal einer erklären?
Wikipedia hat geschrieben:Die Theologien im Christentum verstehen sich als wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit den Quellen des Glaubens (Biblische Theologie und Historische Theologie) und der Glaubenspraxis (Praktische Theologie) sowie als systematische Analyse und Darstellung des Glaubens (Systematische Theologie, unter anderem Fundamentaltheologie, Dogmatik und Ethik).
http://de.wikipedia.org/wiki/Theologie# ... _Theologie
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