Nanna hat geschrieben:Und manche Person wird felsenfest behaupten, nie in Film XYZ gewesen zu sein, obwohl es fünf Zeugen gibt, die vor fünf Jahren mit der Person dort waren oder umgekehrt kann man auch nicht wenigen Leuten einreden, Dinge gemacht zu haben, wie z.B. einen bestimmten Film oder Club besucht zu haben, ohne dass sie da je waren.
Was die Interpretation angeht, was z.B. die Botschaft des Films war, oder so, keine Frage, da gehen die Meinungen auseinander. Aber man wird sich handfeste Symptome nicht einfach wegwünschen können und so simple Tatsachen wie die, dass der Straßenverkehr, trotz der großen Zahl sehr unterschiedlicher Teilnehmer gut funktioniert, dass Leuten eigenständig in den Supermarkt, zur Arbeit und in den Urlaub finden und wissen, was sie da tun, zeigt doch, dass wir sehr wohl auch verlässliche Wesen sind.
Wie gesagt, wenn einer sagt: „Findest du nicht, dass Fido irgendwie komisch ist?“ und der andere sagt: „Nö, eigentlich nicht“, ist das ein anderer Fall, als wenn ein Hund nur noch auf drei Beinen läuft oder komplett das Fressen einstellt oder der Katze büschelweise Haare ausfallen. Darüber kann man sich im Normalfall nicht täuschen.
Nanna hat geschrieben:Was die Kopfschmerzen angeht, klar glaube ich der Person, zumal bei Qualia-Erfahrungen eh nichts anderes zählt und relevant ist als die subjektive Wahrnehmung.
Ja, das ist ja inzwischen in der Medizin angekommen. Schmerz ist subjektiv, Stress ist subjektiv und so weiter.
Nanna hat geschrieben:Es stört mich ja auch keineswegs, wenn jemand sagt, der Heilpraktiker habe ihm so gut geholfen. Ich will nur nicht, dass diese Person dann anfängt, in meiner Gegenwart zu behaupten, dass die homöopathischen Mittel gewirkt hätten. Da frage ich mich, gerade als politischer Mensch, halt sehr schnell "Was lasst ihr euch eigentlich noch so alles einreden?".
Ich würde hier auch zwischen Befindlichkeitstörungen (bei Mensch und Tier) unterscheiden und mehr oder minder handfesten Symptomen. Wem so'n bisschen kodderig ist oder wer eine leichte Erkältung hat oder leichte Verspannungskopfschmerzen, okay, nicht der Rede wert.
Aber es gibt eben Fälle die nicht einfach so von selbst verschwinden und zwischen leichtem Magengrummeln und Krebs im Endstadium, gibt es noch die eine oder andere Erkrankung. Ich bin auch sofort bereit einzugestehen, dass es ein Dutzend Möglichkeiten gibt, in denen das Zusammentreffen einer homöopathishen Behandlung und dem Verschwinden von Symptomen alles mögliche war: Zufälliges Zusammentreffen von Einnahme und Spontanheilung oder Heilung aus anderen Gründen, Placeboeffekt und so weiter.
Aber hier macht es die Summe. Es wäre komisch, wenn Zufallsheilungen immer mit der Einnahme hom. Mittel einhergehen. Zudem kann man Wirkung die placebotypisch sind von anderen unterscheiden. Die Placebowirkung ist meist flüchtig. Auch die reale Praxis spricht eine andere Sprache. Es ist ja keinesfalls so, dass der Homöopath immer mit dem ersten Mittel „trifft“. Nach zwei, drei Fehlversuchen ist der Vertrauensvorschuss dann auch mal aufgebraucht, aber in der Praxis bringt dann manchmal das dritte oder sechste Mittel die Wende.
Ich finde, das und mehr, kann und muss man differenzieren.
Nanna hat geschrieben:Das Problem ist die Menge der mitspielenden Faktoren und genau DA sind anekdotische Erfahrungen einer Messung nach wissenschaftlichen Standards klar unterlegen. Hat eine Veränderung eingesetzt? Wann hat sie genau eingesetzt? Was genau hat sich verändert, beim Tier im Umfeld, bei einem selbst?
Nein, das glaube ich nicht. Der Mensch ist doch oft noch das feinste Messinstrument. Vielleicht nicht jeder, aber für ein generelles Misstrauen besteht m.E. kein Grund, zumal es ja oft nicht um Nuancen geht. Es gibt da recht aufschlussreiche Experimente aus der Psychologie, in dem man „ganz normale“ Menschen mit psychotisch erkrankten Menschen zusammenbrachten, die sich über eine völlig unbelastetes Thema austauschen sollten (die Normalos, wussten nicht, was der Test sollte, oder dass die anderen psychotisch sind). Nachher wurden beide Gruppen befragt und durch die Bank sagten die „Normalen“, ihre Gesprächspartner seien irgendwie seltsam gewesen. Sie konnten nicht genau benennen, was seltsam war, aber alle merkten, dass etwas seltsam war. Und diese Menschen sollen nicht erkennen, oder der Hund einen vereiterten Fuß hat?
Nanna hat geschrieben:Du weißt doch selbst, wie mächtig Erwartungshaltungen sind. Behaupte als Stewardness an Bord eines Flugzeugs, dass das Essen verdorben war und du kannst schonmal zehn Krankenwagen zum Rollfeld vorbestellen, auch wenn die Speisen in perferktem Zustand waren. Führe jemanden, der von Schulmedizin überzeugt ist, in einen Raum mit modernen medizinischen Geräten und er wird sich schon gesünder fühlen.
Ja, aber die Tatsache, dass man Menschen täuschen kann, heißt ja nicht, dass sie sich immer täuschen. Und natürlich spielen Erwartungen und Placeboeffekt immer eine Rolle, aber beim Tier schon weniger.
Nanna hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Wenn aber ein Hund Fell verliert, meinetwegen eine handtellergroße kahle, schuppende Stelle zu sehen ist, kann man sich darüber täuschen?
Wenn ein Hund deutlich sichtbar humpelt, kann man sich darüber täuschen? (Wir sind ja wahrnehmungstechnisch gerade auf Abweichungen von der Norm geeicht, Normalität fällt uns nicht auf, Abweichungen i.d.R.. sofort.)
Wenn ein Tier tatsächlich nichts mehr frisst, kann man sich darüber täuschen?
Nein, aber das belegt doch nicht die Wirksamkeit dieser Methoden. Und sorry, es ist schon höchst auffällig, dass solche Geschichten von unheimlich begabten Heilern durch die Gegend geistern, wobei die Ergebnisse wie von Zauberhand in dem Moment nicht mehr reproduzierbar sind, in dem die Wissenschaft mal ein genaueres Auge darauf wirft.
Ich finde gar nicht so sehr die Geschichten von unheimlich begabten Heilern interessant – auch, aber nicht in dem Kontext – sondern einfach die praktische tägliche Arbeit. Wenn der Homöopath einfach der Arzt um die Ecke ist und viele von den Patienten nicht aus tiefster Ehrfurcht vor der Homöopathie kommen, sondern oft gar nicht oder nicht genau wissen, was Homöopathie ist. Das gibt es durchaus.
Einige Tierärzte sind da recht praxisorientiert. Die geben, ohne überzeugte Homöopathen zu sein, einfach das eine oder andere Mittel, weil es sich in der Praxis bewährt hat. Es gibt auch Tierheilpraktiker mit tollen Erfolgen, ich kenne welche, zu denen die Tierärzte mit ihren Tieren hingehen.
Nanna hat geschrieben:Das schreit doch fürmlich danach, sich die Wahrnehmung der Betroffenen mal genauer anzusehen. Und wenn eine tatsächliche Besserung bemerkt wird, es aber - wie in der Homöopathie - keinen Wirkstoff gibt, dann ist es doch nicht nur legitim, sondern die unabdingbare Pflicht eines Wissenschaftlers, den Wirkmechanismus zu ergründen. Und da landen wir seit Jahren immer und immer wieder beim Placebo-/Nocebo-Effekt.
Würde ich für Tiere erst mal weitgehend zurückweisen. Zumal, wenn man jahrelang den Homöopathen nutzt, die positive Erregung, die sich dann aufs Tier übertragen soll, auch mal schwindet, zumal, wenn man vielleicht nur mal per Telefon kommuniziert.
Nanna hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Ich wüsste nicht, mit welchen Recht man jemandem diese Fähigkeit hierzu absprechen sollte, wenn er nicht den ganzen Tag merkwürdige Dinge erzählt.
Die meisten Menschen in meinem Umfeld erzählen den ganzen Tag merkwürdige Dinge.
Klar, wenn man sich mit Brights umgibt.

Nanna hat geschrieben:Es ist erstaunlich, wie selbstverständlich vielen Leuten Dinge vorkommen, über die ich - und andere die ich kenne - ein vollkommen verschiedene Meinung habe/n. Manchen scheint nicht mal klar zu sein, dass man zu einem bestimmten Thema überhaupt auch nur theoretisch anders denken könnte, weil die Dinge ja so offensichtlich genau SO sind, wie diejenige Person sie wahrnimmt.
Ja, aber Du bist m.E. schon einen Schritt zu weit, bei der Interpretation. Ich bin noch bei der Wahrnehmung. Ist da Eiter oder nicht? Humpelt Fido oder nicht? Ist da Durchfall oder nicht. Ist da Haarausfall oder nicht. Ist das eine blutende Wunde oder nicht? Jault das Tier, wenn man es berührt oder nicht? Das meine ich.
Das erkennen zu können, würde ich ohne guten Grund niemandem absprechen.
Ich glaube, dass man ferner wissen kann, welche Krankheiten potentiell von selbst verschwinden und welche nicht.
Ein Akutgeschehen ist einfach anders, als eine seit Jahren bestehende Allergie oder eine Pilzerkrankung oder eine degenerative Erkrankung.
Nanna hat geschrieben:Wir sind schon sehr subjektive Wesen und die Zahl der Menschen, die ihre eigene Subjektivität wirklich wirkungsvoll hinterfragen können (ohne daran zu zerbrechen und verrückt zu werden), ist arg begrenzt. Deshalb, nein, ich habe wenig Vertrauen in Tatsachenberichte von Personen. Erzählt mir eine andere Person etwas über denselben Sachverhalt, kriege ich nie dieselbe Geschichte. Und dann soll ich Leuten, die ich nicht kenne, bei hochemotionalen Themen Vertrauen schenken, wenn diese Dinge behaupten, die dem allgemeinen wissenschaftlichen Verständnis widersprechen?
So hoch emotional ist das Thema bei den meisten Leuten gar nicht besetzt. Manche halten nichts von Alternativmedizin, würden nie auf die Idee kommen dort hinzugehen und damit ist das Thema für sie auch durch.
Manche gehen mit der gleichen Selbstverständlichkeit einfach hin und das ist für sie auch nicht sonderlich emotional besetzt.
Emotional wird die Debatte mit denen die für oder gegen die Sache kämpfen oder, wenn die bewährte Strategie versagt. Ich kenne da beide Varianten, Menschen, die voll auf Alternativmedizin gesetzt haben, bis ihnen nicht mehr zu helfen war, das gibt es. Es gibt aber auch die anderen Fälle, bei denen Menschen auf de Schulmedizin vertrauten und hier Schiffbruch erlitten oder, dann wechselten, mal mit, mal ohne Erfolg. Da ist es dann natürlich sehr emotional.
Ich finde übrigens, dass gerade beim Hinterfragen die Geschichte interessant wird. Ich finde es bspw. Geradezu paradox, dass aus den Skeptikerkreisen, gerade auf die Erklärungen zurückgegriffen wird, die man sonst zurückweisen würde. Wie genau übertragt sich denn meine Euphorie auf meinen Hund? Warum wächst dann von „guter Laune“ das Fell wieder? Riecht der Hund das (und der Sittich?), ist das Körpersprache oder Reiki?
Auf den Menschen bezogen würde mich das durchaus auch interessieren. Was einfach m.M.n. nicht passt, ist, dass längst nicht immer dar erste Mittel wirkt (also man dann keine subjektive Besserung verspürt). Was mich, wie schon erwähnt auch nicht überzeugt, ist Behauptung, dass die Homöopathie einen gewaltigen Placeboeffekt erzeugt. Wie und warum denn? Erstanamnese in Ehren, aber die Homoöpathen geben höchst selten Spritzen, die haben aber den besten Placeboeffekt. Den nächstbesten Effekt haben Tabletten, aber die müssen (je nach Beschwerdebild) klein und gemein aussehen oder riesige Granaten sein. Das langweilige Weiß der immer gleichen Größe oder die „Zuckerkügelchen“ oder die Tropfen, haben einen lausigen Placeboeffekt. Die exotischen Namen sollen eine Rolle spielen, aber was ist an Sulfur exotischer als an Tavor? An Mercurius solubilis als an Beloc zoc mite? An Allium cepa als an Allopurinol? Finde ich auch kein gutes Argument. Dass man nun beim Homöopathen ständig größte Aufmerksamkeit bekommt, kann ich nun auch nicht bestätigen. Wenn der Laden voll ist, muss es schnell gehen, wie bei anderen auch. Viele Homöopathen verzichten übrigens auch auf die umfassende Erstanamnse, die kommt eher ins Spiel, wenn man sein sog. Konstitutionsmittel sucht.