ujmp hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Der Unterschied wird genau in dem Moment relevant, wo man Theorien darüber entwirft, wie und warum der ganze Quatsch funktioniert.
Es ging ja nicht darum wie Theorien entstehen, sondern darum, ob theorieunabhängige Beobachtung möglich ist. Das geht in kontrollierten Experimenten.
Ausgerechnet darum geht es nun überhaupt nicht. Jedes kontrollierte Experiment versucht Theorien zu verifizieren/falsifizieren.
Theorieunabhängige Beobachtung versucht ein Zen-Schüler zu erreichen.
ujmp hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Sozialwissenschaften, Geisteswissenschaften, Philosophie, all das wirkt suspekt. Begriffe wie Metaphysik, Religion, Esoterik, Spiritualität, Mystik sind zwar emotional besetzt, aber werden, vermutlich deshalb, als eine einzige, undifferenzierbare Katastrophe erlebt.
Du schmeißt alles in einen Topf. Ich würde Sozial- und Geisteswissenschaften nicht in eine Reihe mit Religion und Esoterik stellen. Der Knackpunkt ist einfach, ob eine wissenschaftliche Methodik dahinter steht.
Natürlich, wie ausgerechnet so ein klar und sachlich argumentierender Mensch wie Du überhaupt in den Verdacht kommt... Vielleicht deshalb?:
ujmp hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Das heutige Topmodell ist der quasiautonome Bioroboter mit leistungsstarkem Prozessor, mit Evolutionsschleifen und Selbstoptmierungsprogramm. Sehen, verarbeiten, lernen, besser werden, alles ganz logisch, effektiv und algorithmisch, alles andere ist Schnickschnack. Wie hübsch man sich das auch immer hinphantasiert, am Ende bleiben die immer gleichen Fragen offen, deshalb würde ich erneut gerne ganz praktisch wissen wollen, was Deinen Pragmatiker de facto von Darths dunkler Egomaschine unterscheidet.
Wenn du so eine beschränkte Phantasie hast, ist es für dich evtl. tatsächlich besser, dass dich ein Priester zum Leben anleitet.
Du hast Dich jetzt schon zum zweiten Mal vor einer Antwort gedrückt und ob meine Phantasie beschränkt ist, ist für Deine Antwort unerheblich.
Ich sehe halt nur größere Ähnlichkeiten einer auf kurzfristigen Nutzen angelegten Strategie mit einer anderen solchen.
Nanna hat geschrieben:Mich erinnert von der grundlegenden Idee dieser Kontextualismus irgendwie ein bisschen an die Relativitätstheorie, die ja auch nur noch Gegenstände in Bezug aufeinander und nicht mehr in Bezug auf einen statischen Hintergrund betrachtet. Von daher wundert es mich auch ein bisschen, dass dieses Denken vielen Naturwissenschaftlern so fremd erscheint.
Der reine Kontextualismus verliert sich und braucht einen Ankerpunkt. Dieser ist die Praxis.
Die Praxis hat den Vorteil, dass man erkennt, wie jemand eine Theorie konkret interpretiert. Die praktische Festlegung kann dann wieder kritisiert werden.
Der übliche Glaube, Sprache benenne etwas, was schon da ist und von dem jeder weiß, was gemeint ist, dem ujmp anhängt, ist naiv. Auf diese Idee kann man kommen, weil jeder von uns in bereits funktionierende, weit differenzierte Sprachspiele eingebunden ist.
Geht man jedoch an die Sprachübersetzung, wir die Schwierigkeit dieses Ansatzes offensichtlich. Quine stellt dies im Rahmen seines Gedankenexperiments vor:
Angenommen ein Forscher bewegt sich in einem Eingeborenenstamm, dessen Sprache der nicht spricht. Plötzlich hoppelt ein Kaninchen vorbei, worauf einer der Stammesmitglieder auf das Tier deutet und „gavagai“. Damit ist klar, „gavagai“ bedeutet „Kaninchen“.
Wobei, könnte es nicht auch „Kaninchenbein“ bedeutet haben oder „Kaninchenauge“? Oder vielleicht sollte es auch „niedlich“ heißten, oder „Abendessen“, „böses Ohmen“ oder den „Ahnengeist des Kaninchens“ bezeichnen. Das sind die Fälle, in denen man normalerweise nachfragt, was genau denn nun mit „gavagai“ bezeichnet wird.
Das kann man aber erst, wenn man die Sprache beherrscht.
Dasselbe Problem besteht am Anfang der Sprache. Ob jemand etwas mit einer Geste verknüpft oder ein Ereignis (vielleicht einen Donner) kommentiert, und „hago“ sagt, der andere kann nur eine Theorie darüber aufstellten, was der andere meint. Nachfragen kann er nicht, wenn „hago“ das erste gesprochene Wort ist.
So entstehen im Grunde parallele Theorien darüber, was mit Begriffen gemeint ist und bei einer genügend großen Anzahl an Mitspielern, setzt sich ein Gebrauch durch. Es sagt eben nicht das Kind „Hund“ zu einem Hund, sondern kriegt diesen Begriff beigebracht, antrainiert. Jedoch schwingen in Begriffen individuelle Assoziationen mit, abhängig davon, ob man bspw., Hunde liebt oder Angst vor ihnen hat, sie als Freund oder Mittagessen betrachtet.
Beliebig können die Begriffe jedoch nicht gewählt werden, eine Katze „Hund“ zu nennen, gilt ganz einfach als falsch. Man kann natürlich seine individuellen Deutungen haben, muss aber schauen, dass und ob die anderen noch mitkommen. Wenn nur ich diese Sprache spreche, stirbt sie, wenn ich sterbe. Allerdings gibt es immer wieder Wortneuschöpfungen und Bedeutungsverschiebungen.