Biologiestudium "nutzlos"?

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Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon Nacktmull » Mo 1. Sep 2008, 11:38

Hallo, habe vor Biologie zu studieren, da es mein Interesse von allen Studien am meisten weckt.

Da die Arbeitsmarktsituation für Biologen aber sehr schlecht aussieht, wie ich gelesen habe, bin ich sehr skeptisch
und mach mir auch keine Illusionen.
Deshalb hoffe ich mit diesem Studium, rein arbeitsplatztechnisch meine Zeit nicht zu verschwenden, da es ja doch eine arbeitsintensives Studium ist, wie ich denke und von Luft und Liebe kann man nicht leben.


Hat hier irgendjemand Erfahrung mit einem Biologiestudium ?
Ist man als Biologie automatisch arbeitslos nach dem Bachelorstudium bzw. Masterstudium?
Interessiere mich für verschiedenste Teilbereiche der Biologie (Neurobiologie, Mikrobiologie, Ökologie, Evolutionsbiologie)
sollte man sich trotzdem bereits spezialisieren,etwa durch ein Molekularbiologiestudium, da hier ja bessere Arbeitsplatzchancen vorhanden sind?
Sollte man sich seine Interessen in diesem Fall lieber für die Freizeit beibehalten?
Welchen realen Nutzen, außer natürlich den der Selbstverwirklichung, wenn man Interesse daran hat,
hat ein Biologiestudium jetzt eigentlich?
Gibt es bereits zu viele Biologen?
:skeptisch:


Danke für Antworten.
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon Andreas Müller » Mo 1. Sep 2008, 14:04

Studiere einfach, was dir liegt und lass dir nichts einreden. Das ist mein Tipp (und der Tipp meines früheren Physiklehrers).
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 1. Sep 2008, 14:38

Mehrere Dinge solltest du wissen.
1.) Eine universitäres Studium ist selten ein Zuckerschlecken, ist meistens doch mit Arbeit verbunden und - ganz wichtig - naturwissenschaftliche und technische Uni-Studiengänge haben im Grundstudium (scheinbar) nicht viel mit dem Studienfach zu tun, denn hier werden die Grundlagen gelegt (und außerdem ausgesiebt). Deine Interessen werden u.U. in den ersten Semestern deutlich enttäuscht werden. (Kommt aber auch sehr darauf an, wo du studierst.)
2.) Die Zeiten sind vorbei, in dem man immer exakt die Arbeitsstelle bekommt, die dem Studienfach genau entspräche, mit etwas Flexibilität wirst du bei (erfolgreich) vollendetem Studium aber i.Allg. immer ein entsprechend (entlohnten) Job bekommen.
3.) Wie gut die Chancen für einen Diplom- oder was auch immer -Biologen in 4-6 Jahren sind, weiß man in 4-6 Jahren, aber nicht heute. Studiengänge die heute (auch als Verlegenheitsstudiengang) empfohlen werden, weil so viele Arbeitsplätze unbesetzt wären, sind in 3-4 Jahren ein "guter Weg zum Arbeitsamt. Bio dürfte nicht allzu überlaufen sein, ist kein Absteigerstudiengang, dürfte im Moment kein Modestudiengang sein, also dürfte es so schlecht gar nicht aussehen (wenn du ein bisserl flexibel und allgemein ganz gut bist).
4.) Gehe deinen Weg, besser Diplombiologe mit "nur" fachverwandter Anstellung, als arbeitsloser Studienabbrecher, weil es dir absolut keinen Spaß gemacht und kein Interesse geweckt hat.
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon Kurt » Mo 1. Sep 2008, 20:46

Hallo Nacktmull,

Biologie hätte mich auch interessiert. Hatte das Fach auch schon im Leistungskurs.

Nacktmull hat geschrieben:Sollte man sich seine Interessen in diesem Fall lieber für die Freizeit beibehalten?


Würde ich so machen. Das Argument vom Schweinezyklus stimmt zwar begrenzt, aber das kann kein Grund sein, den Arbeitsmarkt total zu ignorieren. Ein Sozialpädagoge wird nach 100 Zyklen nicht die Jobaussichten haben wie ein Maschinenbauer. Biologie ist zwar nicht nutzlos, aber es gibt doch einen langanhaltenden Überhang an Biologen. Ich kenne einen promovierten Biologen, der jetzt LKW fährt.

Nacktmull hat geschrieben:Gibt es bereits zu viele Biologen?


Ja, das ist leider so.

Meine Strategie war, ersteinmal was studieren, womit man Geld verdienen kann. Dann arbeiten (an dem Punkt bin ich gerade), dann kann ich mir später ein bisschen mehr Freizeit leisten und mich mit verschiedensten anderen interessanten Dingen beschäftigen. Die umgekehrte Strategie wäre gewesen, studieren was spaß macht, dann bei mehr Arbeit weniger verdienen und nicht mehr viel Freizeit haben. Das wollte ich nicht. Sorry, dass ich dir jetzt alle Illusionen genommen habe. Vielleicht findest du ja ein angrenzendes Fach, das dich auch interessiert. Pharmazie, Medizin, Tiermedizin, Chemie, Bioinformatik?

Wünsche dir viel Erfolg im Studium, egal was du wählst. :-)

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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon Twilight » Di 2. Sep 2008, 05:43

Mein Onkel ist Diplombiologe und fährt jetzt in der Gegend rum, um Ärzten die Medikamente irgendeines Pharmakonzerns schmackhaft zu machen, damit die diese verschreiben. Also kann man mit so einem Studium sogar Vertreter werden. :/

Andere Möglichkeiten währen Lehrer oder Dozent, von denen es aber schon mehr als genug gibt,vor allem da die Schulen kaum Gewicht in die naturwissenschaftlichen Fächer legen. Im Bereich der Forschung sieht es ähnlich aus. Und langfristige Forschung, die nicht fast sofort zu Profit führt, wird von Unternehmen nur ungern finanziert.
Manche Konzerne stellen eine Art Umweltberater ein. Der ist dann aber auch eher eine Galionsfigur für das Firmenimage. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Kampf gegen Windmühlen Spaß macht.

Und wenn alle Stränge reißen, wirst du eben ein Hausmann von der Sorte, die das dreckige Geschirr im Kühlschrank konserviert, um keine Fliegen anzulocken. :mg:
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon ganimed » Di 2. Sep 2008, 22:34

Hier im Forum nach seiner Zukunft zu fragen und dann etwa aufgrund von ein paar wenigen geschilderten Einzelbeispielen entscheiden?

Ich würde davon ganz allgemein abraten. Folge deinem Herzen, wie es so schön heißt.

Das ist in diesem Fall reeller als irgendwelchen Statistiken zu trauen und tausendmal reeller als die hier genannten Einzelbeispiele zu hören. Man kann doch nicht seine eigenen Interessen verleugnen, nur weil irgendjemand einem die Geschichte von irgendeinem Onkel erzählt hat. Gut gemeint, aber so gehts doch nicht, oder? :^^:
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon Kurt » Di 2. Sep 2008, 23:00

ganimed hat geschrieben:Hier im Forum nach seiner Zukunft zu fragen und dann etwa aufgrund von ein paar wenigen geschilderten Einzelbeispielen entscheiden?


Aufgrund der Einzelfälle sicher nicht, aber aufgrund der Gesamtlage und des eigenen gesunden Menschenverstandes schon.

ganimed hat geschrieben:Ich würde davon ganz allgemein abraten. Folge deinem Herzen, wie es so schön heißt.


Bittesehr. Den einen führt sein Herz in die Kirche, den anderen in ein Studium. Wofür hat uns der liebe Gott nochmal unser Hirn gegeben?

ganimed hat geschrieben:Man kann doch nicht seine eigenen Interessen verleugnen,(...)


Ich musste neben der Biologie auch noch viele andere Interessen "verleugnen", indem ich die Fächer nicht alle studiert hab. Ich hoffe, meine Interessen tragen mir das nicht nach. Den Hahn hab ich jedenfalls noch nicht krähen hören. Hätte ich vor dem Studium im Lotto gewonnen, wäre ich vielleicht Ägyptologe geworden. Ich wundere mich ziemlich, mit welcher Ignoranz manche hier über ihre Zukunft entscheiden. Wenn Statistiken und Fallbeispiele nicht taugen, auf welcher Grundlage soll das "Herz" dann entscheiden?
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon folgsam » Mi 3. Sep 2008, 13:11

Ich studiere Biologie in Göttingen und komme in kürze ins 3. Semester.

Das wichtigste am Biostudium ist die Profilbildung, soll heissen: Spezialisiere dich auf ein Kernthema, dass du dann ganz besonders gut kannst. "Universaldilettanten" werden später kaum gesucht. Auch wenn es dich mehr zu den klassischen biologischen Disziplinen wie Zoologie, Botanik oder Verhaltensforschung zieht sieht die Sache nicht mehr ganz so gruselig aus wie noch vor wenigen Jahren. Fortschritte in der Sequenzierung und Analyse der Genome verschiedenster Organismen erlauben ganz neue Betrachtungs und Sichtweisen, so wird ein Biochemiker sich nicht mehr auf die isolierte Untersuchung spezieller Stoffwechselwege allein verlassen können, zunehmend rückt das gesamte Organ, Tier und sogar dieEntwicklungsgeschichte in den Blickpunkt. Wir erleben gerade einen kleinen Paradigmenwechsel in der Biologie, weg vom vorrherschenden Reduktionismus zu einer ganzheitlicheren Betrachtung der Organismen.

Natürlich haben es momentan Biochemiker und Mikrobiologen einfacher schnell einen Job zu finden, vorallem ausserhalb der Forschung, doch wenn du dich Spezialisierst solltest du keine großen Probleme haben.

Im 3. Semester beginnt übrigens im Bachelorstudiengang die Profilbildung, ich habe mich für Zell/Entwicklungsbiologie, Bioinformatik und Biochemie in diesem Semester entschieden und werde die Module im 4. mit Genetik ergänzen.
Insbesondere in der Entwicklungsbiologie bieten die neuen Systembiologischen Ansätze erstaunliche und hochinteressante Möglichkeiten (Evo-Devo).
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon ganimed » Mi 3. Sep 2008, 20:39

Kurt hat geschrieben:Wenn Statistiken und Fallbeispiele nicht taugen, auf welcher Grundlage soll das "Herz" dann entscheiden?

Dein Herz entscheidet auf der Grundlage von Statistiken und Fallbeispielen? Mein Herz weiß von sowas nix :^^:

Aber mal im Ernst. Ich meinte, wenn die Statistiken wirklich einheitlich sind und wirklich schlechte Chancen vorhersagen in 4 Jahren oder so, ok, dann sollte man das natürlich zumindest bis zu einem gewissen Grad in seine Entscheidung einfließen lassen. Aber gibt es solche Statistiken zum Biologiestudium? Ich bezweifle es ein wenig.

Ich habe das letztens irgendwo hier im Forum gelesen, <such> ah es war dieses ZEIT Interview von Gerhard Roth:
Das Gehirn funktioniert bei Entscheidungen und Verhaltenssteuerung auf vier Ebenen. Es gibt zunächst die untere limbische Ebene. ... In der Ebene darüber, der mittleren limbischen Ebene, finden die Vorgänge der emotionalen Konditionierung sowie unsere individuelle und psychosoziale Erfahrung statt. ...Dann folgt die obere limbische Ebene, die Ebene der bewussten sozialen Erfahrungen und der Verhaltensregeln. ... Darüber gibt es eine vierte, kognitiv-rationale Ebene...


Wenn ich also schrieb: "lass dein Herz entscheiden", dann meinte ich damit wohl die unteren drei Ebenen. Weil die oberste, kognitiv-rationale Ebene in den meisten Fällen keine wirklich verlässlichen und relevanten Statistiken hat und Einzelbeispiele keine Aussagekraft haben.
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon Falk » Fr 5. Sep 2008, 19:31

Also, ich folgte meinem Herzen und lag damit ziemlich falsch. Das Gelaber in germanistischer Literaturwissenschaft und weiten Teilen der Philosophie habe ich bald satt gehabt, obwohl es mich in der Schule am meisten interessiert hatte (und ich im Labern echt gut bin). Bin dann erst spät auf den Trichter gekommen, mich auf Sprachwissenschaft und analytische Philosophie zu konzentrieren, was wesentlich interessanter war. Inzwischen würde ich am liebsten Bio studieren und/oder mich in der Neurowissenschaft versuchen.

Bio solltest du studieren, wenn du a) Lehrer werden willst oder b) wirkliches wissenschaftliches Interesse an irgendwas hast oder entwickeln magst. Aus bloßem Interesse ohne Lust auf wissenschaftliche Arbeit zu studieren - davon würde ich hingegen abraten.

Bio-Lehrer werden übrigens durchaus gesucht, sogar sehr. Aber das kann in 5 Jahren schon wieder ganz anders aussehen.
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 6. Sep 2008, 19:07

Um Biolehrer zu werden sollte man aber nicht in erster Linie (schon aber auch) an Biologie interessiert sein, sondern am Beruf des Lehrers. Und dies nicht, weil man dann meint man könne wenigsten dort dann als Klugscheißer und Superkluger über ein paar arme Zuhörer herrschen. :kg:
Ist man zum Lehrer geeignet und hat Spaß an Biologie, dann kann man eventuell aber tatsächlich seine Schüler auch für Biologie interessieren.
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon Laborfisch » Di 26. Mär 2013, 19:26

STUDIERT KEIN BIO !!!
Das ist ein Weg in die Verzweiflung und Arbeitslosigkeit (im Bio-Sektor)
Mein Weg: Master of Science, Regelstudienzeit 10 Semester, Abschluss 1,0, Schwerpunkte Zellbio, Molekularbio, Entwicklungsbio. 3 monatiger Auslandsaufenthalt und momentan arbeitslos!!!
Ich WOLLTE promovieren, lasse es aber sein und werde Humanmedizin studieren.
Die Situation ist einfach schrecklich:
Im Falle, dass man promoviert, was in der Biologie absolut üblich ist, hat man folgendes post-doc Leben:
- VERTRÄGE auf maximal 2 Jahre begrenzt, verlängert wird nur selten
- Man muss, wenn man wie üblich nicht übernommen wird UMZIEHEN
- Arbeitszeiten sind MINIMAL 50-55 Stunden die Woche, ÜBLICH/NORM sind 60-70, ÜBERSTUNDEN WERDEN NICHT BEZAHLT UND AUCH ERST GAR NICHT REGISTRIERT/VERMERKT. Es wird von einer Arbeitszeit von 8 Stunden ausgegangen.
- Wochenendarbeit wird vorausgesetzt, dh 6-7Tage Woche, ohne Bezahlung--> Dazugehöriger Fall: Er hat es mir persnönlich berichtet: Männlicher Post-doc (40 jahre alt, Zellbiologie/neurobio/ Mausmodell/Zebrafischmodell etc) muss aufgrund des Publikationsdruck und finanzieller Neuantragsstellung nun für 3-4 monate durchgehend 7 Tage die Woche 10-11 Stunden am Tag arbeiten gehen! Im gleichen Institut werden die nächsten Post-doc verträge aug 75% gekürzt!!!!
- Urlaub wird kaum genommen, da Publikationsdruck enorm hoch
- Bezahlt wird oftmals nicht 100%, sondern nur 75 oder 50% bei 100%+++ Arbeitszeit
- Man lebt STÄNDIG mit der Gefahr nach Ablauf des Vertrages auf der Straße zu sitzen! Das ist nicht übertrieben sondern Realität!
- Auf 1 freien Platz (Post-doc-position ) kommen im Schnitt 300-500 Bewerber...

Wie sieht es bei meinen Kollegen und Freunden aus?:

Fall 1: Weiblich, 25 Jahre alt: 1,5 MSc. Abschluss in Mikrobio/Zellbio/Molbio, seit 6 Monaten auf der Suche nach einer Promotionsstelle;

Fall 2: Männlich, 25 Jahre alt: 1,0 MSc. Abschluss Biochemie/Zellbio/Virologie, auch nach 4 Monaten immernoch auf der Suche nach einer Promotionsstelle.

Fall 3: Promovierter Biologe (DKFZ Heidelberg, Lungenkrebs); jetzt PHARMABERATER der arme Kerl. Er war 6 Monate auf der Suche und hat lediglich zwei Stellen in Aussicht gehabt (2-Jahresvertrag, 50% TV-L = 1600€ Brutto) bei über 100% Arbeitszeit WTF!?!? Da er verheiratet ist will er nicht ins Ausland.

Fall 4: Promovierte Biologin (Neurobio, Karlsruhe); Hat drei Paper publiziert während ihrer Promotion (sehr gute Journals!) und ist nun Pharmaberaterin (bei ca 2300€ Lohn, befristeter Vertrag), da sie keine Aussicht auf eine Postdoc-Stelle hatte (3/4 Jahr Suche) und sie es nicht mehr einsah ------70 Stunden------ in der Woche im Institut zu verbringen

Fall 5: Postdoc, 34 jahre alt (Heidelberg, Entwicklungsbiologie); 4 Paper!, 4 Jahre postdoc (2 davon in Japan). Wieder in Deutschland da er geheiratet hat. Nun leider auch in der endlosen Reihe arbeitsloser Biologen! Er arbeitet momentan auf 400€ in einem Supermarkt, da er nirgendwo als Laborassistent auf Teilzeit angenommen wurde (während er auf der suche nach einer postdoc-stelle ist!!!)

Das ist die Realität
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon stine » Di 26. Mär 2013, 19:48

Hallo Laborfisch,willkommen hier!
Das liest sich ja alles sehr depremierend. Es gibt allerdings auch in anderen Studienfächern Absolventen, die hinterher Taxi fahren müssen.

Abiturienten werden heute schon vor ihrem Schulabschluss darüber aufgeklärt, dass es später mal keine Garantie mehr auf langfristige Arbeitsverträge gibt, selbst nach Abschluss eines erfolgreichen Studiums nicht. Es wird aber immerhin noch behauptet, dass Akademiker mittelfristig leichter eine Anstellung in der Industrie bekommen könnten, als Nichtakademiker. Man müsse eben "flexibel" sein. Das Wichtigste wäre, dass man bewiesen hat, wissenschaftlich arbeiten zu können und damit würde man immer irgendwo unterkommen.
Ich denke, man muss sich heute von dem Gedanken verabschieden, dass ein abgeschlossenes Studium ein automatischer Türöffner ist. Die Reihe der Doktoren wird immer länger. Der Trend geht zum Zweitstudium.

Ich hätte dazu geraten, Installateur zu werden, oder Maler oder Elektriker, um dann als selbständiger Unternehmer eine Firma zu gründen.

LG stine
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon Nanna » Di 26. Mär 2013, 20:59

Bei den extrem niedrigen Arbeitslosenzahlen für Akademiker kommt es mir irgendwie seltsam vor, dass angeblich niemand einen Biologen haben will (auch wenn es mir natürlich leid tut für diese Leute). Fast alle Leute, selbst in den Geisteswissenschaften, kommen nach dem Studium innerhalb der ersten ein bis zwei Jahre irgendwo unter. Selbstverständlich spielt dabei eine gewisse Flexibilität eine Rolle, insbesondere was den Wohnort angeht. Die richtige Strategie bei der Jobsuche kann auch eine Rolle spielen, von größter Wichtigkeit sind dabei persönliche Verbindungen, die man idealerweise schon während des Studiums hergestellt hat (über Praktika, Jobmessen, wo man einfach mal unverbindlich mit Leuten ins Gespräch gekommen ist, Kongresse etc.).

Man kann das nicht klar genug sagen: Beziehungen sind Trumpf. Wer sich nach Abschluss des Studiums in anonymisierten formalen Verfahren bewirbt, braucht einen erstklassigen Lebenslauf UND Glück. Wer schon jemanden kennt, der einen für frei werdende Stellen im Blick behält, hat einen großen Vorteil. Allerdings gilt das in erster Linie für die freie Wirtschaft, wobei auch einen Prof. kennen und einen guten Eindruck hinterlassen zu haben schon mal ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung ist.

Und wenn man genauer liest, scheint es eigentlich in allen Fällen um eine Promotionsstelle zu gehen. Dass es da anders aussieht als bei der Jobsituation insgesamt, ist klar. Und dass nicht jeder am Ende da arbeitet, wofür er genau studiert hat, auch. Erwartungen an die Realität anpassen macht möglicherweise auch etwas zufriedener. Ansonsten, Suchradius erweitern. Ab ins Ausland, dort Referenzen erwerben, nach 5-10 Jahren zurückkommen.
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon Laborfisch » Mi 27. Mär 2013, 02:46

@Nanna

Mag sein, dass die Arbeitslosenzahlen für Akademiker gering sind.....jedoch lässt du dabei etwas aus den Augen:

"Nicht arbeitslose Akademiker" beinhaltet auch eine MENGE LEUTE, welche nicht adäquate Jobs machen müssen, dh. nicht in der Forschung sind, noch etwas in der Industrie machen, wozu ihr Studium gerbaucht werden könnte

Im Bereich der Biologen bedeutet das folgendes:
- Pharmaberater: Man bewirbt sich als Berufseinsteiger und verdient 2200-2600€ brutto und tut etwas das mit "Biologe" NIX zu tun hat. Pharmareferent ist ein Verkäuferjob... kenne keinen der damit bisher glücklich wurde (2 Fälle sind mir bekannt!) Zudem kann JEDER den Beruf mit entsprechender IHK-Ausbildung machen -_-
- Zeitarbeit: Ich kenne 1 Postdoc der mir extrem leid tut, da er keine postdoc-Stelle mehr findet und nun als lagerarbeiter für 9,50 € arbeitet (zunächst auf 1 Jahr befristet). Ich kann sagen, dass er
-- Mitte 30 ist
-- eine promotion mit 1,0 hat
--"Krebsforscher" ist (Lungenkrebsforschung, patientenproben, viel zellkultur...)
-- 2 jahre in den USA gefroscht hat
-- 2 Jahre am Deutschen Krebsforschungszentrum war
-- Fließend Englisch und chinesisch spricht
--> toll oder?

Er war 1 Jahr auf der Suche nach eine Stelle und hat es vorerst aufgegeben. Auch ihn kotzt es an, so zu leben.
- "400€-job: Mein bester Kumpel (Masterstudent Biologie) hat mir letzten erzählt, das ein Post-doc (Neurobiologie) aus seinem Institut zu nach Vertragsablauf was anderes suchen musste und bisher nichts gefunden hat (6 MONATE SUCHE BISHER!). Er lebt von seinem ersparten und jobt auf 400€ basis bis er etwas gefunden hat...
- Putzfrau: Weibliche Post-doc im bereich Neurobio, hat in Nature publiziert und nach Vertragsablauf musste sie irgendwo was anderes suchen.....wurde nix, sie ist nun seit ca. 4 Monaten Putzfrau
- Industrie: ES GIBT KEINEN "ARBEITSMARKT" FÜR BIOLOGEN! !!!
ZUDEM: Möchte man etwas "niederes" machen, wie zb. Laborassistent hat man 0,0000% Chancen, da man 1. überqualifiziert ist, 2. das unternehmen einen mehr zahlen müsste, 3. es dafür den Beruf der Labor/Biotechnologsichen Assistenten gibt
- Jobbörsen: Ich selbst war auf zwei Veranstaltungen: Es gibt nur einen Platz für Biologen: Pharmaberater -_-

DAS SIND KEINE EINZELFÄLLE!!! Ich hab dies schon sehr oft hören müssen und könnte damit ein Buch füllen...

Glaub mir, dass es wirklich so extrem ist.
Die Arbeitsgruppen bestehen nur noch aus:
1 Prof
1 Postdoc "richtiger" Wissenschaftler
10 Doktoranden
2-3 Technsiche Assistenten
--> Doktoranden machen die Forschung und werden in ihren 3-4 Jahren lächerlich bezahlt
--> Postdoc's arbeiten wie geisteskranke und leben in der Angst alle 2 jahre umziehen zu müssen, da sie nichts in der "Nähe " finden können
--> Bitte nicht das wissenschaftszeitvertragsgesetz vergessen!:

Mein letzter Betreuer (PI, gruppenleiter, 45 Jahre im bereich "Biomedizin/Zellbiologie") hat mir klar gemacht,dass die situation immer schlimmer wird und ich doch noch etwas anderes studieren sollte.
Dazu sei gesagt, dass er mich nicht für "unfähig" hält, sondern er wirklich ein guter Kollege und Freund geworden ist und er mir in meiner karriere helfen will, da er von meinem Können wirklich überzeugt ist.

Das ist kein Jammern auf hohem Niveau, sondern leider schreckliche Realität!

Zum Nachlesen:
1. scienceblogs.de/weitergen/2011/03/gebt-den-postdocs-eine-karriere/
2. http://www.nature.com/news/2011/110302/ ... 1007a.html
3. http://www.fu-berlin.de/sites/promovier ... index.html
Bezieht sich auf USA, in Deutschland sieht es definitiv schlechter aus; trotzdem hier: "As Nature reported, in 1973 about 55 percent of people with doctorates in the biological sciences got stable academic jobs; in 2008, the National Science Foundation pegged that number at 14 percent."
... nur ein ganz kleiner auszug
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon Vollbreit » Mi 27. Mär 2013, 07:47

@ Laborfisch:

Herzlich Willkommen.

Da hier ja ein arbeitender und ein angehender Biologe im Forum schreiben, wirst Du sicher noch spezifische Reaktionen hören.
Eine Bekannte von mir studiert Biochemie und da sieht es jobmäßig wohl auch nicht so toll aus.
Wir hatten das Thema in allgemeinerer Form hier schon mal, kannst Du ja mal überfliegen:
viewtopic.php?f=29&t=4173

Was ich so allgemein erlebe, ist, dass es Akademiker insgesamt viel schwerer haben, als früher.
Ich kenne akademisch hochdekorierte Leute, die für einen Hungerlohn arbeiten.
Es gibt schon eine Gruppe von Akademikern, die sich zusammengeschlossen hat, Doktoren, Privatdozenten, die sich dafür einsetzen ich glaube 30 oder 50% Lohnerhöhung zu bekommen, was zunächst maßlos klingt, aber dann wäre sie noch immer bei einem Stundenlohn von etwas über 10 Euro.

Es trifft durchaus auch Leute aus den MINT-Fächern. Eine RWE-Studie gibt als Trendszenario 2020 aus:

RWE-Studie hat geschrieben:Arbeitnehmer mit abgeschlossener Berufsausbildung

Sobald die Generation der heute 40- bis 45-Jährigen in Rente geht, werden die Fachkräfte mit abge-
schlossener Berufsausbildung Mangelware sein. Ein massiver Personalmangel ist die Folge, schließ-
lich ist der Anteil derer, die eine Lehre absolviert haben, in der Gruppe der älteren Arbeitnehmer
besonders hoch. Experten gehen davon aus, dass sich gegenüber der aktuellen Lage ein zusätzliches
Überangebot an 2,2 Millionen offenen Stellen ergeben wird. Vor allem Dienstleistungsberufe und
technische Berufe werden von dieser Verknappung betroffen sein. In den Fertigungsberufen werden
dagegen erwartungsgemäß mehr Arbeitsplätze abgebaut als frei werden. Neben diesem struktu-
rellen Arbeitskräftemangel verändern sich zudem die Tätigkeitsanforderungen in vielen Bereichen.
Potenzielle Bewerber werden gefordert sein, sich auf neue Aufgabenbereiche einzustellen und ent-
sprechende Fachkenntnisse zu erwerben.

Akademiker

Aus Sicht der Unternehmen wird sich der Arbeitsmarkt für Akademiker eher entspannen, obwohl auf
den ersten Blick mehr Arbeitsplätze für immer weniger Hochschulabsolventen zur Verfügung stehen.
Während das Angebot an Bewerbern aus den Naturwissenschaften sowie den Rechts-, Wirtschafts-
und Sozialwissenschaften die Zahl freier Arbeitsplätze übersteigen wird, zeigen sich nur in wenigen
Bereichen leichte Engpässe, etwa bei den Ingenieurwissenschaften. Beispielsweise rund 22.000
Bauingenieure werden zu diesem Zeitpunkt laut Expertenschätzungen fehlen. Eine größere Lücke
reißt der Personalengpass lediglich in den Bereichen Sprach- und Kulturwissenschaften sowie vor
allem in der Humanmedizin, wo qualifizierte Kräfte fehlen werden. Ein höheres Bildungsniveau und
die Alterung der Bevölkerung verursachen hier ein Missverhältnis von 169.000 (Sprach- und Kultur-
wissenschaften) bzw. 72.000 (Medizin) fehlenden Erwerbstätigen. Insgesamt ist also mit einer
Abnahme der arbeitslosen Akademiker zu rechnen, auch wenn in einigen wenigen Berufssparten
Personallücken unvermeidbar sind.

Ungelernte Hilfskräfte

Erwerbstätige ohne spezielle berufliche Ausbildung stehen prinzipiell für jede Tätigkeit zur Ver-
fügung. Durch den zu erwartenden Boom der Dienstleistungsberufe ergeben sich für ungelernte
Kräfte zahlreiche Beschäftigungsmöglichkeiten mit ganz neuen Anforderungsprofilen. Insbesondere
im Sozial- und Gesundheitswesen, wie auch in der Gastronomie, dem Reinigungs- und Entsorgungs-
bereich oder dem Warenverkauf, werden sich bis zum Jahr 2020 viele Türen öffnen, so dass diese
Arbeitnehmergruppe vermutlich beinahe ebenso gefragt sein wird wie die der Fachkräfte.
Natürlich gibt es sehr unterschiedliche Expertenmeinungen zur Zukunft des deutschen Arbeitsmarktes.
In einem sind sich jedoch die Fachleute einig: Das Potenzial zur Bewältigung von Personalengpäs-
sen ist vorhanden. Es ist an den Unternehmen, sich auf Veränderungen einzustellen und frühzeitig
Gegenstrategien zu entwickeln und umzusetzen.

Thomas Raffeiner, Andreas Bausch, Michael Frese, Den demografischen Wandel in Deutschland bewältigen, RWE 2007, S.7
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 27. Mär 2013, 12:08

Tja, nach den Aussagen fühle ich mich gestätigt, dass ich nicht Biologie, sondern etwas spezifischeres angefangen habe zu studieren. Was Biochemie/Molekularbiologie betrifft, höre ich ganz andere Sachen. An meiner Uni sind es ohnehin wesentlich weniger "Molecular-Life-Sciences"-Studenten als Biologen (etwa 1 zu 6). Es scheint sich wohl (entgegen dieser weitverbreiteten Wischi-Waschi-Haltung) zu lohnen, sich sehr früh zu spezialisieren anstatt mit einem allgemeineren Studium anzufangen. Klar wird uns auch gesagt, dass wir höchstens in der Wirtschaft mit einer längerfristigen Einstellung rechnen können, der Leistungsdruck wird hoch sein, aber in den Fachbereichen Chemie, Biologie und ihren Derivaten mit Physikzusatz oder Zwischenformen ist man mit unserem Studium sehr zuversichtlich. Und ein Uniklinikum vor der Haustür ist für uns ein größerer Vorteil als für Biologen.
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon Darth Nefarius » Do 28. Mär 2013, 09:27

Übrigens bekommen wir immer mal wieder vor einem neuen Semester Jobangebote durchgereicht per Mail. Keine Ahnung, ob das bei Biologen auch so ist. :mg:
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon provinzler » Do 28. Mär 2013, 11:39

Darth Nefarius hat geschrieben:Übrigens bekommen wir immer mal wieder vor einem neuen Semester Jobangebote durchgereicht per Mail. Keine Ahnung, ob das bei Biologen auch so ist. :mg:

Bei uns haben die Firmen immer Stände im Eingangsbereich. Fehlt bloß noch, dass die mit nem Lasso ankommen... :lachtot:
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Re: Biologiestudium "nutzlos"?

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 29. Mär 2013, 18:27

Du bist Biologe? Oder was studierst du nochmal?
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