ganimed hat geschrieben:Wenn du magst, nenne bitte mal eine Inkompatibilisten-Falle, die er erklärt. Ich würde mir einbilden, dann argumentieren zu können, dass er sich irrt und es eben keine Falle ist.
Oh, das sind sehr, sehr viele. Wir können die alle nochmal im Einzelnen durchgehen, wenn Du magst. ;-)
ganimed hat geschrieben:Und dann sagt Dennett praktisch im geistigen Blindflug: "Wir wollen ja eine Methode, die überprüft, ob freier Wille vorliegt. Und freier Wille ist eine Fähigkeit. Diese Fähigkeit kann man durch Wiederholung unter exakt gleichen Bedingungen aber nicht nachweisen". (Bis dahin stimme ich zu. Ich wette, Harris auch). Aber der merkwürdige Schluss von Dennett ist dann: "ALSO, da man mit 'replaying the tape' die Fähigkeit nicht nachweisen kann, ist es die falsche Methode"!!
Wenn man durch Methode X eine Fähigkeit F nicht prüfen kann, dann ist X wohl offensichtlich die falsche Methode, um F zu prüfen.
Nehmen wir mal ein Beispiel. Franz ist ein Basketball-Trainer. Er sucht immer neue Talente, Verstärkung für sein Team. Nun sei da Tina, die sich als gute Baskettballspielerin bei dem Verein von Franz bewirbt. Franz will sie testen und fordert sie auf, einen Ball aus großem Abstand in den Korb zu werfen. Tina trifft in den Korb. Franz hat das auf Video aufgenommen. Was weiter, was würdest Du an Franz' Stelle tun? Das Videoband noch hundertmal abspielen und sagen: "boah, Tina hat 100 Mal einen Korb geworfen"? Oder würdest Du an Franz' Stelle Tina noch ein paar Mal werfen lassen, um zu prüfen, ob der erste Treffer an Tinas Fähigkeit lag und nicht nur ein zufälliger Treffer war?
ganimed hat geschrieben:So nach dem Motto: alles was meiner These widerspricht, ist der falsche Ansatz. Was sonst als lächerlich ist dieser billige Versuch der Immunisierung gegen den Tatsachenbeweis Tape-Replay?
Siehe mein Beispiel.
ganimed hat geschrieben:Dennett schreibt: "So if you want to know whether some rapist/murderer was “free not to rape and murder,” don’t distract yourself with fantasies about determinism and rewinding the tape; rely on the sorts of observations and tests that everyday folk use to confirm and disconfirm their verdicts about who could have done otherwise and who couldn’t."
Auch hier ein beängstigender logischer Fehler bei ihm. Wenn jemand gemordet hat und vor Gericht steht und man sich fragt, ob der Typ im landläufigen Sinne schuldig ist oder ob er vielleicht gar nicht anders konnte. Wird man dann den "Versuch" wiederholen mit immer mal wieder kleinen Änderungen im Versuchsaufbau? Natürlich nicht.
Natürlich nicht. Man wird hier wohl einen Psychologen zu Rate ziehen, der im besten Falle richtige Auskunft über die Selbstkontrollfähigkeit des Angeklagten geben kann.
ganimed hat geschrieben:Man wird sich einzig und allein fragen, was auf dem Tape ist.
Nein, natürlich nicht, siehe oben. Es kommt dabei darauf an, ob derjenige schuldfähig ist oder nicht. Was man zwar nicht mit 100%-iger Sicherheit wird sagen können, aber dennoch spielt es eine wesentliche Rolle hier.
ganimed hat geschrieben:Gab es in diesem einen Mord, der nun in der Vergangenheit liegt, für den Mörder eine Alternative? Nicht in irgendwelchen "ähnlichen" Situationen, sondern in genau der fraglichen, denn nur diese steht zur Debatte. Und die Antwort ist: "Replay the tape" und siehe da, die "Fähigkeit" des freien Willens ist tatsächlich nicht da. Ich möchte dem Dennett zurufen: eat it! Akzeptier das doch einfach mal und mogel dich nicht damit heraus, dass du andere "Methoden" forderst.
Siehe oben.
ganimed hat geschrieben:Auch das an dieser Stelle gebrachte Beispiel von Dennett ist merkwürdig unlogisch:
"This is as true of the abilities of automobiles as of people. Suppose I am driving along at 60 MPH and am asked if my car can also go 80 MPH. Yes, I reply, but not in precisely the same conditions; I have to press harder on the accelerator. In fact, I add, it can also go 40 MPH, but not with conditions precisely as they are"
Die Frage "kann das Auto auch 80MPH?" soll doch der Frage nach dem freien Willen entsprechen. Kann der Mörder auch das Morden sein lassen? Hat er einen freien Willen?
Ja, das ist die Frage hier. Jemandem mit Tourette-Syndrom, der keine Kontrolle über sein Verhalten hat, kann man wohl kaum sein Verhalten vorwerfen. Die Frage: "kann dieser Mörder das Morden sein lassen?" ist so sinnvoll wie die Frage: "kann dieser Mensch seine Beleidigungen sein lassen", (was ein normaler Mensch kann, jemand mit Tourette-Syndrom aber nicht).
ganimed hat geschrieben:Die lächerliche Antwort von Dennett: nur, wenn man die Bedingungen ändert. Wenn ich also dem Auto per Gaspedal einen anderen Willen aufzwinge, dann fährt es auch mal 40MPH. FALSCH das Beispiel, Herr Dennett. Hier wird ja geradezu bewiesen, dass das Auto eben keine Freiheit hat, sondern von außen über das Gaspedal kontrolliert wird.
Das Auto hat keine Freiheit, weil es das tut, was ihm sozusagen befohlen wird, es kann nicht denken, nicht abwägen, nicht reflektieren. Menschen sind da jedoch oft anders, Menschen sind keine Autos. Wann immer ein Inkompatibilist damit argumentiert, dass Menschen wie Autos, Billardbälle, eine Marionette, Blätter am Baum oder dergleichen seien, dann hat er schon verloren, dann ist er nicht über den hier unstrittig ungültigen Appell an die Intuition hinausgekommen. (Siehe dazu auch
dort.) Menschen können denken, überlegen, entscheiden, Autos, Billardbälle, Marionetten, Blätter am Baum nicht. Das ist ein für Freiheit wesentlicher Unterschied, wenn das nicht berücksichtigt wird, dann ist was grundsätzlich faul. (Es sei denn, Du könntest solche nachvollziehbaren notwendigen und hinreichenden Bedingungen für Freiheit nennen, bei denen das keine Rolle spielt.)
ganimed hat geschrieben:Oder im Mörder-Fall: wenn ich dem Mörder kurz vor der Tat die Pistole wegnehme, dann schießt er nicht.
Ja.
ganimed hat geschrieben:Und das soll einen freien Willen darstellen?
Nein, das lag dann ja nicht in seiner Entscheidung, nicht an ihm, darauf hatte er keinen Einfluss, keine Kontrolle.
ganimed hat geschrieben:Sowohl Auto als auch Mörder können selber nichts ändern, sondern nur durch Änderungen der Conditions zu einer Änderung gezwungen werden.
Nein, ein Mörder in spe könnte von seinem Vorhaben aus eigener Überlegung abrücken. Das Auto nicht.
ganimed hat geschrieben:Mein Fazit: Dennett sitzt überraschend ahnungslos in der überraschend simplen Falle: er geht davon aus, dass es einen freien Willen gibt. Und er definiert Freiheit mit "kann anders reagieren, WENN die Bedingungen anders sind" nur deshalb, weil seine Annahme sonst nicht bestätigt wird. Das ist logisch unredlich. Er biegt sich die Freiheitsdefinition zurecht, bis sie eine nicht leere Menge ist.
Nein, es ist hier vielmehr so, dass
Du mal eben willkürlich eine unplausible und nicht nachvollziehbare Freiheitsdefiniton als petitio principii hinklatschst: "P ist genau dann frei, wenn P machen kann, dass Situation S != S". Niemand kann aber so etwas machen und ich behaupte jetzt mal ganz dreist, dass niemand, der seine sieben Zwetschgen noch im Schrank hat, so etwas ernsthaft behauptet und auch niemand außer Harten Deterministen das als Voraussetzung für Freiheit ansieht - und mit Determinismus hat das übrigens nichts, aber auch nicht mal im Allergeringsten zu tun, Determinismus ist dabei ein red herring, denn zu machen, dass gilt: S != S ist schlicht und einfach logisch unmöglich, in jeder logisch möglichen Welt.
Eine Argumentation, die zuviel zeigt, hat wohl ein kleines Problem. Das andere Problem ist: wie kommst Du auf dieses Verständnis, wie entweichst Du dem Vorwurf, das sei eine Setzung, die von Dir nur deswegen getroffen wurde, damit Dein gewünschtes Ergebnis herauskommt? Und: natürlich und selbstverständlich gibt es keine Freiheit in Deinem Sinne, niemand (noch nicht mal Gott) kann machen, dass eine Situation anders ist, als sie ist, denn das ist logisch unmöglich. Aber: who cares? Wofür sollte das auch nur im Ansatz interessant sein?
Ist so wenig interessant wie andere Tautologien auch. Niemand ist frei in Deinem Sinne, das erzeugt aber vielleicht ein müdes Schulterzucken, aber sicher nicht mehr, daraus folgt nichts weiter.
Du musst begründen, warum Du diese Freiheitsdefinition zugrunde legst. Warum sie wünschenswert sei oder wofür sie gut sein soll. Und was daraus folgt, wenn sie nicht zutrifft. Und wenn Du meinst, dass Determinismus Freiheit widerspricht, dann musst Du auch das begründen.
Aber eigentlich hatten wir das hier alles schon.