Weltrettung mal anders

Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon Nanna » Sa 1. Feb 2014, 02:47

ganimed hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:sehe ich auch nicht viel Sinn darin, hier weiter zu diskutieren, da wir uns nicht mal über die Ausgangssituation einigen können

Da muss ich zustimmen. Kann mir aber nicht verkneifen, kritisch hinzuzufügen, dass ich es anders formulieren würde. Ich kann nicht sehen, an welcher Stelle wir uns darum bemüht hätten, eine Einigung auf eine Ausgangssituation zu erzielen. Niemand fragte: was ist denn jetzt die richtige Ausgangssituation?

Wir haben da, so scheint es mir, schon unterschiedliche Kriterien, damit fängt es ja schon an. Du tappst meines Erachtens zusammen mit Darth in die Falle, zu glauben, der Determinismus würde irgendeine Form von Objektivität und Festlegung schaffen, an der man sich orientieren und festhalten kann. Das entbindet einen einfach von viel Verantwortung. Der Ansatz von Vollbreit zielt aber gerade darauf ab, in Eigenregie und Verantwortlichkeit für sich und Andere zu entscheiden, was der Ist-Zustand ist und wohin er verbessert werden kann (ja, da sind viele implizite Prämissen enthalten). Dann versucht man im Rahmen des Möglichen und unter nicht allzu krasser Strapazierung der eigenen Komfortzone sich ein Stück in diese Richtung zu bewegen und schaut einfach mal, was passiert. Das ist schon sprachlich so fluide und in viele Richtungen gleichzeitig tastend, dass ich mir es tatsächlich schwer vorstelle, dem mit deiner linear gedachten Schicksalsergebenheit etwas abzugewinnen.

ganimed hat geschrieben:Ich habe eher den Eindruck, man könnte es vielleicht besser so sagen: Niemand außer mir war, aus welchen Gründen auch immer, an einer Diskussion über den Begriff "Verbesserung" interessiert. Was ja vollkommen in Ordnung ist. Man muss ja nun nicht jedes Thema diskutieren.

Nö, aber ich würde mich einem Neuanlauf auch nicht unbedingt verschließen. Nur ich weise von vornherein darauf hin: "Verbesserung" ist ein normativer Begriff, der per definitionem nicht per Letztbegründung vollständig an die Empirie angeleint werden kann, d.h. es sind immer (potentiell willkürliche) Prämissen und Subjektivität im Spiel. Erfahrungsgemäß haben Inkompatibilisten mit normativen Setzungen ihre Probleme, also falls es da Klärungsbedarf gibt, wäre das der Punkt, wo wir anfangen müssten.

ganimed hat geschrieben:Verwunderlich finde ich, dass ihr, nach meinem Eindruck, das vielleicht etwas verschleiern wollt mit Formulierungen wie: "aneinander vorbei schreiben", "alles sinnlos", "können uns nicht einigen", "wir schaffen es einfach nicht". (Mit "ihr" meinte ich jetzt Nanna und Vollbreit. Der gute alte Darth Nefarius redet noch mit mir, allerdings über ein anderes Thema)

Das ist eine Haltungsfrage. Vollbreit und ich sind uns charakterlich recht ähnlich in dem Punkt, dass wir recht schnell umsatteln, wenn wir merken, dass wir ein totes Pferd reiten. Von daher haben wir, glaube ich, beide einfach nur begrenzt Lust, Energie in eine Diskussion zu stecken, die wenig Gewinn verspricht. Es ist meines Erachtens auch für uns beide recht klar, was mit "Verbesserung" gemeint ist, von daher war uns wahrscheinlich von Anfang an nicht ausreichend bewusst, dass Andere da einen Klärungsbedarf haben. Aber das kann man ja auch nachholen.

ganimed hat geschrieben:Wir sind doch unter uns und nicht eine Kommission, die diplomatischen Wortsalat für die Pressemitteilung generieren muss.

Das heißt aber nicht, dass wir uns deshalb automatisch richtig verstehen. ;-)
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon ganimed » Sa 1. Feb 2014, 08:43

Immer wenn es spannend wird, fehlt einem plötzlich ein bisschen Zeit. Sorry, dass ich jetzt schon fast zwei Tage offline blieb.

Vollbreit hat geschrieben:Gut, dann zur „Verbesserung“, ist ja einer der zentralen Begriffe des Ansatzes.
Meinst Du, dass eine Verbesserung der Welt generell möglich ist?
Meinst Du, dass eine Verbesserung der Welt generell darstellbar ist?

Falls ja, meinst Du, dass man eine Verbesserung nur in Gänze bewerten kann?

Es ist verlockend, diese ganzen Fragen jetzt zu beantworten. Ich würde mir dann vermutlich wieder denken: ha, ich kann alle bohrenden Fragen des Gegenübers beantworten. Wenn er jetzt nicht meine beantworten kann, dann habe ich gewonnen.

Ich habe aber das Gefühl, dass eine Beantwortung der Fragen nur eine Umformulierung der Argumente wäre, die ich oben bereits aufgefahren hatte. Möglicherweise beantwortet sich alles, wenn du das nochmal liest. Wobei, nicht einmal ich hätte Lust dazu, um ehrlich zu sein. Da ist halt dieser Gedankengang, dass eine persönliche "Verbesserung" aus diesen zwei Hauptgründen eine Illusion ist:
- der Impuls für jede Änderung des eigenen Verhaltens entsteht durch eine Veränderung der Eingangsimpulse, die ohnehin schon immer agieren und aktiv sind und sich dauernd verändern. Vorher hat man die Eingangsimpulsmenge ABC und hat sich entsprechend verhalten, danach hat man möglicherweise die Eingangsimpulsmenge DEF und verhält sich entsprechend. Es ist völlig unpassend zu sagen, man hätte sein Verhalten "verbessert". Das Verhalten ist immer schon sehr gut auf die Motivator-Menge angepasst. Man hat keinen Fehler gemacht, als man sich gemäß ABC verhalten hat. Es gibt daher nichts zu "verbessern".
- der Begriff "Verbesserung" leitet sich, soweit ich verstehe, von der Illusion ab, dass das eigene Verhalten deshalb besser sei, weil es zu einer besseren Welt beiträgt. Diese Wirkungsrichtung halte ich für eine Illusion. Die Welt stellt die Quelle für unsere Eingangsimpulse dar. Wenn überhaupt, ändert sozusagen die Welt unser Verhalten durch Änderung der Eingangsimpulse. Wir reagieren auf die sich ändernde Welt und ändern uns dabei. Diese Änderungen sind so vielfältig und komplex, dass von einer Zielgerichtetheit oder auch nur einer Richtung keine Rede sein kann. In diesem kausalen Getümmel eine Verbesserung zu erkennen, ist eine naive Illusion.

Nanna hat geschrieben:Vollbreit und ich sind uns charakterlich recht ähnlich in dem Punkt, dass wir recht schnell umsatteln, wenn wir merken, dass wir ein totes Pferd reiten. ... Es ist meines Erachtens auch für uns beide recht klar, was mit "Verbesserung" gemeint ist, von daher war uns wahrscheinlich von Anfang an nicht ausreichend bewusst, dass Andere da einen Klärungsbedarf haben. Aber das kann man ja auch nachholen.

Andere haben da einen "Klärungsbedarf"? Du also nicht? Du möchtest nicht neu über den Begriff "Verbesserung" in Bezug auf Verhalten und Weltverbesserung nachdenken? Dir ist dein Begriff schon recht klar? Du bietest uns anderen aber gerne an, uns über dein Verständnis aufzuklären?
Meinst du das wirklich so einseitig, wie es sich für mich anhört? Oder hast du das nur missverständlich formuliert? Ich hoffe ja, letzteres. Obwohl wiederum ersteres ja dann doch vermutlich besser zu meiner Theorie passte, dass ihr beide nun nicht gerade vor Lust berstet, den Verbesserungs-Begriff so grundsätzlich zu diskutieren, wie ich es wohl gerne gehabt hätte.
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon ganimed » Sa 1. Feb 2014, 09:07

Darth Nefarius hat geschrieben:Das sind sprachliche Präferenzen - bestreiten wirst du aber wohl kaum, dass auch ein Mensch Teil einer Kausalkette sein kann und deswegen auch Bedeutung hat.

Das ist etwas mehr (aber nicht soo viel mehr) als sprachliche Präferenz. Wenn ich Teil einer langen Kette bin und auch gar nichts anderes machen kann, dann finde ich das geradezu bedeutungslos. Je länger die Kette, desto bedeutungsloser. Weil ja die Bedeutung der ganzen Sache sozusagen durch die Anzahl der Kettenglieder geteilt werden sollte. Je größer der Nenner, desto kleiner der Wert.

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber was wäre, wenn sie nicht so gut Tennis gespielt hätten? Am Ende hing es letztlich doch davon ab, dass 2 Personen nicht resignieren.

Das erinnert mich an eine Diskussion mit einem Vegetarier. Eines seiner Argumente: "was wäre, wenn alle Menschen Vegetarier werden würden?". Blödes Argument. Wenn man bei der Überlegung, wie bedeutsam und wirkungsvoll wohl eine individuelle Änderung ist, mit "was wäre wenn <unrealistisches Zeug>" anfangen muss, dann hat man ein großes argumentatives Problem. Denn diese "was wäre wenn"-Sätze sind einfach ungültig. Die Wenn-Bedingung ist nunmal nicht erfüllt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Dann überdenke deine eigenen Beispiele und schau auf Diktatoren und andere Alleinherrscher oder wichtige Erfinder. Sie sind oft genug eben nicht austauschbar und haben nicht einfach als Teil eines bürokratischen Systems funktioniert, sondern einzigartige Entscheidungen getroffen.

Das sind Glieder in diesen langen Kausalketten, deren Namen es in die Geschichtsbücher geschafft haben. Die Geschichtsbücher verschweigen aber massiv (bzw. können es natürlich nicht dokumentieren) wie die gewaltigen Kettenberge aus so vielen anderen Gliedern aussahen, von denen diese berühmten Namen nur ein klitzekleiner Teil waren.

Oder anders formuliert: nenne mir nur einen Menschen, der die Welt verbessern wollte und es dann auch tat. Und ich zerpflücke dir dann dieses Beispiel mit einfachen Hinweisen auf mögliche, affig lange Kausalketten.

Darth Nefarius hat geschrieben:aber wir vergleichen ja nicht Handeln mit Nicht-Handeln, sondern Willensstärke mit Resignation. Worauf du jetzt anspielst, würde ich Geduld nennen, aber nicht Resignation. Selbst die Absicht, im Zweifelsfall Ressourcen zu schonen, ist schon deswegen keine Resignation, weil sie zielgerichtet ist und zumindest in der Zukunft das Handeln ermöglichen soll. Resignation ist das Fehlen jeglicher Motivation - oder eindeutiger: Verzweiflung

Ich widerspreche jedem Halbsatz von dir. Selten war die Konzentration von, aus meiner Sicht, Fehlern so hoch.
Doch, wir vergleichen Handeln mit Nicht-Handeln (remember? 10% Handeln und 90% Nicht-Handeln einerseits und andererseits: 100% Handeln - das war der Ausgangspunkt).
Worauf ich anspiele ist Resignation, sobald man erkennt, dass 100% Handeln nichts bringt (dann mag man verzweifeln oder auch nicht), dann gibt man es auf, lässt andere Motivatoren gewinnen (Bequemlichkeit, gutes Essen) und das ist wiederum ein zielgerichtetes Verhalten: Ziel ist immer und überall in unserem Verhalten: das Beste draus zu machen. Wenn eine Handlung nichts bringt könnte man sie sonst ja trotzdem machen, eigentlich. Aber nein, natürlich hat man bei Resignation immer das Ziel, die Handlungskosten zu sparen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber wenn es unbedingt um die eigenen Ressourcen geht (wenn man mal die weltweiten Energiereserven nicht als "eigen" ansieht), kann ich da nochmal das Problem der Fettleibigkeit nennen - die Resignation würde wieder dazu führen, dass man sich in seine fettleibigkeit ergibt und nicht versucht weniger zu essen und sich mehr zu bewegen. Das würde auch zum größeren Verbrauch führen (sofern du jetzt Lebensmittel wenigstens als eigene Ressourcen ansiehst). Der Punkt ist einfach, dass in bestimmten Situationen auch mit dem Nicht-Handeln einfach nichts gewonnen ist...

Ich verstehe nicht ganz, was hier anders ist? Die Handlung (Diät halten und Sport treiben) verbraucht Kosten (Willenskraft, Überwindung, Hunger aushalten, Kalorien). Wenn man resigniert, dann spart man sich die Kosten, und die sind dann gewonnen. Mit Resignation sind also immer mindestens die Handlungskosten gewonnen.

Jetzt überleg doch nochmal. Eine Handlungsweise, bei der man IMMER was gewinnt. Und die willst du am liebsten abschaffen weil du sie ganz allemein und immer für falsch hälst? Du musst verrückt sein.
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon Vollbreit » Sa 1. Feb 2014, 10:23

ganimed hat geschrieben:Immer wenn es spannend wird, fehlt einem plötzlich ein bisschen Zeit. Sorry, dass ich jetzt schon fast zwei Tage offline blieb.

Vollbreit hat geschrieben:Gut, dann zur „Verbesserung“, ist ja einer der zentralen Begriffe des Ansatzes.
Meinst Du, dass eine Verbesserung der Welt generell möglich ist?
Meinst Du, dass eine Verbesserung der Welt generell darstellbar ist?

Falls ja, meinst Du, dass man eine Verbesserung nur in Gänze bewerten kann?

Es ist verlockend, diese ganzen Fragen jetzt zu beantworten. Ich würde mir dann vermutlich wieder denken: ha, ich kann alle bohrenden Fragen des Gegenübers beantworten. Wenn er jetzt nicht meine beantworten kann, dann habe ich gewonnen.

Vielleicht ist das auch ein wesentlicher Unterschied , der zu Verwirrungen führt: Ich sehe in den seltensten Fällen ein Austausch als Wettstreit an, den man gewinnen oder verlieren kann. Für mich sind gerade Threads wie diese eher mit dem gemeinsamen Bau eines Hauses zu vergleichen, als mit einem Wettrennen oder Boxkampf.

ganimed hat geschrieben:Da ist halt dieser Gedankengang, dass eine persönliche "Verbesserung" aus diesen zwei Hauptgründen eine Illusion ist:
- der Impuls für jede Änderung des eigenen Verhaltens entsteht durch eine Veränderung der Eingangsimpulse, die ohnehin schon immer agieren und aktiv sind und sich dauernd verändern. Vorher hat man die Eingangsimpulsmenge ABC und hat sich entsprechend verhalten, danach hat man möglicherweise die Eingangsimpulsmenge DEF und verhält sich entsprechend. Es ist völlig unpassend zu sagen, man hätte sein Verhalten "verbessert". Das Verhalten ist immer schon sehr gut auf die Motivator-Menge angepasst. Man hat keinen Fehler gemacht, als man sich gemäß ABC verhalten hat. Es gibt daher nichts zu "verbessern".

Da geht es mir anders.
Ich habe für mich den Eindruck, dass es durchaus das eine oder andere gibt, was verbesserungswürdig in der Welt ist, aber ich bin schwer ansprechbar auf dem „Du bist Schuld, dass ...“-Ohr, einfach weil mich die meisten monothematischen Ansätze langweilen und ich sie durchschaubar finde und immer wieder sehe, wie sie in fudamentalistischer Ausdeutung oft jene Versteinerung bis zum Hass hervorrufen, gegen die sie offeoziell antreten.
Da dachte ich, wenn das breiter und moderater geht, klappt es auch besser und entspannter, weil das auch „natürliche“ Stagnationen bestimmerEntwicklungs- und Veränderungsprozesse berücksichtigt, man lässt die Sache dann reifen und macht einfach solange was anderes.

ganimed hat geschrieben:- der Begriff "Verbesserung" leitet sich, soweit ich verstehe, von der Illusion ab, dass das eigene Verhalten deshalb besser sei, weil es zu einer besseren Welt beiträgt. Diese Wirkungsrichtung halte ich für eine Illusion. Die Welt stellt die Quelle für unsere Eingangsimpulse dar. Wenn überhaupt, ändert sozusagen die Welt unser Verhalten durch Änderung der Eingangsimpulse. Wir reagieren auf die sich ändernde Welt und ändern uns dabei. Diese Änderungen sind so vielfältig und komplex, dass von einer Zielgerichtetheit oder auch nur einer Richtung keine Rede sein kann. In diesem kausalen Getümmel eine Verbesserung zu erkennen, ist eine naive Illusion.

Schön, hier kommen weitere Unterschiede ans Licht.
Ich sehe nicht, dass „die Welt“ etwas entscheidet, weil sie keine Ort hat, an den sie sich sozusagen innerlich (als Bild gesehen) zur Beratung zurückzieht.
Wenn Du sagst: „Ich habe mich zu/für x entschieden“, dann weiß ich, was Du damit meinst, wenn man sagt, „Die Europäer haben sich entschieden, x zu machen“ weiß ich zwar, wie das gemeint sein könnte (die Mehrzahl der Europäer ist wohl gemeint), aber wenn ganimed sagt, er hasse Fisch und liebe Tennis dann ist das verbindlich, wenn man einen Europäer nach etwas fragt, was „die Europäer“ angeblich entscheidne haben, kann „der einzelne Europäer“ in nahezu allen Punkten eine andere Meinung vertreten.
Darum glaube ich, dass die Welt nicht entscheidet, sondern Individuen in der Welt entscheiden und an die ist der Appell gerichtet.
Du siehst das Ich sehr passiv, als reiner Impulsempfänger, ich sehe es viel aktiver, als Gestalter, der bewusst entscheidet.

Nebenbei finde ich, dass Du Dir an dieser Stelle auch etwas widersprichst, wenn Du einmal darauf verweist, dass die Welt entscheide und das dann gleich kassierst und sagst, diese Änderungen seien so komplex, dass man von einer Verbesserung nicht sprechen kann, denn dann irgendwie niemand entschieden. Dann sind wir alle nur passive Akteure, das halte ich für falsch.
Weiter halte ich für falsch, dass man keine Verbesserung der Welt konstatieren kann. Ich bin zwar ein strikter Anhänger der These, dass vieles, was als Verbesserung gedacht war oder ist, immer auch die andere Seite (oder mindestens die Gefahr des kippens) im Schlepptau hat, aber ich finde schon, dass wir in einer besseren Welt leben.

Ob Du das auch oder ganz anders denkst, dazu gibt es eine schönen Selbsttest, als Gedankenexperiment:
Stell Dir vor, Du könntest per Zeitreise oder wie auch immer, selbst bestimmen, in welchem Zeitalter Du leben möchtest. Land und Zeit darfst Du vollkommen frei wählen, Geschlecht und sozialer Stand sind dem Zufall überlassen. Du könntest also in Ägypten vor ein paar 1000 Jahren zum Pharao werden oder die Steine zum Bau der Pyramiden schleppen. Wann und wo möchtest Du leben?
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon ganimed » Sa 1. Feb 2014, 10:56

Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:der Impuls für jede Änderung des eigenen Verhaltens entsteht durch eine Veränderung der Eingangsimpulse, die ohnehin schon immer agieren und aktiv sind und sich dauernd verändern. Vorher hat man die Eingangsimpulsmenge ABC und hat sich entsprechend verhalten, danach hat man möglicherweise die Eingangsimpulsmenge DEF und verhält sich entsprechend. Es ist völlig unpassend zu sagen, man hätte sein Verhalten "verbessert". Das Verhalten ist immer schon sehr gut auf die Motivator-Menge angepasst. Man hat keinen Fehler gemacht, als man sich gemäß ABC verhalten hat. Es gibt daher nichts zu "verbessern".

Da geht es mir anders.
Ich habe für mich den Eindruck, dass es durchaus das eine oder andere gibt, was verbesserungswürdig in der Welt ist ...

Du weisst aber schon, dass du mit keiner Silbe auf nur eine Silbe meines Beitrags eingegangen bist? Zumindest, so wie du gequotet hast und was du darunter geschrieben hast, ist vollendetes aneinander vorbei schreiben. Insofern ist deine Problemanalyse von vor ein paar Tagen, dass wir hier viel aneinander vorbeischreiben schon richtig. Ich frage mich nur, was ist eigentlich der Grund? Wieso quotest du mein erstes Argument und gehst dann überhaupt nicht darauf ein?

Vollbreit hat geschrieben:Ich sehe nicht, dass „die Welt“ etwas entscheidet

Hier gehst du auf mein Argument ein, wobei du leider ein Wort von mir falsch auffasst und der Rest, soweit ich überblicke, dann unter diesem Missverständnis leidet. Ich meinte nicht, dass die Welt als Akteur absichtsvoll entscheidet. Ich meinte nur, dass die Welt entscheidend ist, was wir dann hinterher als Inputmenge bekommen (ABC oder DEF) und dass es davon (und nur davon) abhängt, was wir dann auf unserer individuellen Ebene entscheiden.

Vollbreit hat geschrieben:Darum glaube ich, dass die Welt nicht entscheidet, sondern Individuen in der Welt entscheiden und an die ist der Appell gerichtet.

Das alles glaube ich auch. Mein Punkt (auf den du noch eingehen müsstest, wenn es irgendwie geht) ist nur, dass die Entscheidung der Individuen von der Welt abhängen. Vor einiger Zeit, als du Bequemlichkeit vorzogst und nichts "verbessert" hast, hast du optimal entschieden, weil die Welt bzw. dein Eingangsimpuls so war. Und heute, mit dem Appell und wer weiß was für anderen Änderungen, entscheidest du wieder optimal und machst, was immer sich daraus ergibt. Zweimal optimal reagiert. Wieso soll das eine Verbesserung sein?

Vollbreit hat geschrieben:Weiter halte ich für falsch, dass man keine Verbesserung der Welt konstatieren kann.

Das hätte ich gesagt? Ich meine, dass eine zielgerichtete Verbesserung der Welt, die auf ein oder weniger Individuen zurückzuführen wären, eine Illusion wären. Die Welt verbessert sich, das streite ich gar nicht ab. Aber sie wird nicht von Individuen verbessert.
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon Vollbreit » Sa 1. Feb 2014, 12:58

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:der Impuls für jede Änderung des eigenen Verhaltens entsteht durch eine Veränderung der Eingangsimpulse, die ohnehin schon immer agieren und aktiv sind und sich dauernd verändern. Vorher hat man die Eingangsimpulsmenge ABC und hat sich entsprechend verhalten, danach hat man möglicherweise die Eingangsimpulsmenge DEF und verhält sich entsprechend. Es ist völlig unpassend zu sagen, man hätte sein Verhalten "verbessert". Das Verhalten ist immer schon sehr gut auf die Motivator-Menge angepasst. Man hat keinen Fehler gemacht, als man sich gemäß ABC verhalten hat. Es gibt daher nichts zu "verbessern".

Da geht es mir anders.
Ich habe für mich den Eindruck, dass es durchaus das eine oder andere gibt, was verbesserungswürdig in der Welt ist ...

Du weisst aber schon, dass du mit keiner Silbe auf nur eine Silbe meines Beitrags eingegangen bist? Zumindest, so wie du gequotet hast und was du darunter geschrieben hast, ist vollendetes aneinander vorbei schreiben. Insofern ist deine Problemanalyse von vor ein paar Tagen, dass wir hier viel aneinander vorbeischreiben schon richtig. Ich frage mich nur, was ist eigentlich der Grund? Wieso quotest du mein erstes Argument und gehst dann überhaupt nicht darauf ein?

In meiner Welt nehme ich direkt Bezug auf Dich, zur Verdeutlichung habe ich das unterstrichen.
Worauf hätte ich denn unbedingt eingehen sollen?

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ich sehe nicht, dass „die Welt“ etwas entscheidet

Hier gehst du auf mein Argument ein, wobei du leider ein Wort von mir falsch auffasst und der Rest, soweit ich überblicke, dann unter diesem Missverständnis leidet. Ich meinte nicht, dass die Welt als Akteur absichtsvoll entscheidet. Ich meinte nur, dass die Welt entscheidend ist, was wir dann hinterher als Inputmenge bekommen (ABC oder DEF) und dass es davon (und nur davon) abhängt, was wir dann auf unserer individuellen Ebene entscheiden.
Anders ausgedrückt: Wir sind determiniert.
Könnte sein. Dass wir deshalb nicht frei sein könnten, halte ich für einen Fehler, den klären wir ja gerade an anderer Stelle.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Darum glaube ich, dass die Welt nicht entscheidet, sondern Individuen in der Welt entscheiden und an die ist der Appell gerichtet.

Das alles glaube ich auch. Mein Punkt (auf den du noch eingehen müsstest, wenn es irgendwie geht) ist nur, dass die Entscheidung der Individuen von der Welt abhängen.
Sicher, zum Teil ist das so. Man steckt halt in gewissen physikalischen, biologischen, soziokulturellen, familiären, psychologischen und zeitgeistmäßigen Umständen, keine Frage. Aber warum sollte einen das abhalten in freier Regie und moderaten Schritten die Welt zu verbessern?
Du siehst Individuen halt als Epiphänomene mit denen etwas gemacht wird, denen Welt passiert. Ich sehe Individuen als Akteure, die zwar in Grenzen, aber doch zugleich als einzige Wesen überhaupt (von denen, die wir kennen) frei sein können.

ganimed hat geschrieben:Vor einiger Zeit, als du Bequemlichkeit vorzogst und nichts "verbessert" hast, hast du optimal entschieden, weil die Welt bzw. dein Eingangsimpuls so war.
Demnach ist das Plankton freier als der Mensch, kommt Dir das nicht selbst komisch vor?
Du hast die Freiheit faul zu sein und das ist mir sympathisch, weil ich hektischen Aktionismus, Getriebenheit usw., als recht unentspannt und als Schwäche oder mindestens als Kompensation einer gefühlten Schwäche ansehe, wer faul sich selbst genügt, muss sich und der Welt meist nicht so viel beweisen. Aber der 10% Ansatz ist doch eher ein gelassener, der Dir mehr entgegenkommen sollte, als den anderen Kritikern.

ganimed hat geschrieben:Und heute, mit dem Appell und wer weiß was für anderen Änderungen, entscheidest du wieder optimal und machst, was immer sich daraus ergibt. Zweimal optimal reagiert. Wieso soll das eine Verbesserung sein?
Ja, ich verstehe, was Du meinst, kann man durchaus so sehen, dann ist die Welt immer schon so gut, wie es gerade geht.
Du könntest Dich halt fragen, ob das nicht gelegentlich zu bequem ist, aber das können wir vielleicht noch diskutieren.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Weiter halte ich für falsch, dass man keine Verbesserung der Welt konstatieren kann.

Das hätte ich gesagt? Ich meine, dass eine zielgerichtete Verbesserung der Welt, die auf ein oder weniger Individuen zurückzuführen wären, eine Illusion wären. Die Welt verbessert sich, das streite ich gar nicht ab. Aber sie wird nicht von Individuen verbessert.
Sondern von wem oder wovon?
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon Nanna » Sa 1. Feb 2014, 16:10

ganimed hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Vollbreit und ich sind uns charakterlich recht ähnlich in dem Punkt, dass wir recht schnell umsatteln, wenn wir merken, dass wir ein totes Pferd reiten. ... Es ist meines Erachtens auch für uns beide recht klar, was mit "Verbesserung" gemeint ist, von daher war uns wahrscheinlich von Anfang an nicht ausreichend bewusst, dass Andere da einen Klärungsbedarf haben. Aber das kann man ja auch nachholen.

Andere haben da einen "Klärungsbedarf"? Du also nicht?

Ich und Vollbreit bzw. Vollbreits Konzept verstehen uns intuitiv sehr gut, weil wir einen relativ ähnlichen Sprachgebrauch pflegen. Insofern, nein, ich hatte da keinen (für eine lange Definitionsdiskussion ausreichenden) Klärungsbedarf. Der ist erst dadurch entstanden, dass jemand in die Diskussion eingetreten ist, der die Definition nicht teilt.

ganimed hat geschrieben:Du möchtest nicht neu über den Begriff "Verbesserung" in Bezug auf Verhalten und Weltverbesserung nachdenken? Dir ist dein Begriff schon recht klar?

Ach, ich sage nicht nein zu einem klärenden Gespräch. Aber genauso wenig, wie du beim Verfassen deines Beitrags über dein exaktes Verständnis von "Begriff", "Theorie", "beide", "nicht" usw. nachgedacht haben wirst, habe ich eben auch keinen Grund gesehen ausgerechnet in diesem Moment ausgerechnet über diesen Begriff seitenweise zu diskutieren. Klärungsbedarf entsteht erst durch Dissonanz, mit jemandem, mit dem ich mich verstehe, muss ich nicht andauernd etwas explizieren.

ganimed hat geschrieben:Du bietest uns anderen aber gerne an, uns über dein Verständnis aufzuklären?

Hab ich das nicht so schon begonnen?

ganimed hat geschrieben:Meinst du das wirklich so einseitig, wie es sich für mich anhört? Oder hast du das nur missverständlich formuliert? Ich hoffe ja, letzteres. Obwohl wiederum ersteres ja dann doch vermutlich besser zu meiner Theorie passte, dass ihr beide nun nicht gerade vor Lust berstet, den Verbesserungs-Begriff so grundsätzlich zu diskutieren, wie ich es wohl gerne gehabt hätte.

Wir können das schon machen, nur müsstest du mir für meinen Teil überhaupt erstmal darauf antworten, ob du Probleme mit der Vorstellung hast, dass man einen Ist-Zustand feststellt, einen als besser definierten Alternativzustand imaginiert und sich dann fragt, wie man vom Einen zum Anderen kommt (also Normativität als solche). Solange ich nicht weiß, worin wir uns in unserer Sichtweise genau unterscheiden, kann ich auch nicht überlegen, wie ich dir meine Sicht sinnvoll darlegen soll. Sollte verständlich sein, oder?
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 1. Feb 2014, 18:37

ganimed hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Das sind sprachliche Präferenzen - bestreiten wirst du aber wohl kaum, dass auch ein Mensch Teil einer Kausalkette sein kann und deswegen auch Bedeutung hat.

Das ist etwas mehr (aber nicht soo viel mehr) als sprachliche Präferenz. Wenn ich Teil einer langen Kette bin und auch gar nichts anderes machen kann, dann finde ich das geradezu bedeutungslos. Je länger die Kette, desto bedeutungsloser. Weil ja die Bedeutung der ganzen Sache sozusagen durch die Anzahl der Kettenglieder geteilt werden sollte. Je größer der Nenner, desto kleiner der Wert.

Du könntest als Kettenglied reißen und alles zunichte machen. Die Bedeutung von funktionierenden Gliedern wird manchen erst bewusst, wenn es reißt, aber wenn du dir bewusst machst, dass deine Funktionalität oft gegeben ist, wenn nichts passiert. Gerade die Metapher der Kette zeigt die Bedeutung eines einzelnen Gleides, wenn doch das Funktionieren der ganzen Kette von einem Glied abhängen kann.
ganimed hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Aber was wäre, wenn sie nicht so gut Tennis gespielt hätten? Am Ende hing es letztlich doch davon ab, dass 2 Personen nicht resignieren.

Das erinnert mich an eine Diskussion mit einem Vegetarier. Eines seiner Argumente: "was wäre, wenn alle Menschen Vegetarier werden würden?". Blödes Argument. Wenn man bei der Überlegung, wie bedeutsam und wirkungsvoll wohl eine individuelle Änderung ist, mit "was wäre wenn <unrealistisches Zeug>" anfangen muss, dann hat man ein großes argumentatives Problem. Denn diese "was wäre wenn"-Sätze sind einfach ungültig. Die Wenn-Bedingung ist nunmal nicht erfüllt.

Ja, diese Einstellung vertrete ich oft selbst - sogar ziemlich genau so (jedes Gedankenexperiment ist argumentativ ungültig, da man sich die erdachte Welt immer so hinbiegen kann, dass der eigene Standpunkt schon bestätigt wird). Aber eben nur bei "unrealistischen" Szenarien - in bestimmten Situationen scheint es doch möglich, dass es auch anders hätte kommen können/kommt. Es müssen also nichtmal vergangene Situationen sein; in zukünftigen Szenarien ist es nunmal nicht klar, wie sie ausgehen (auch wenn es meinetwegen schon feststeht) und dann kann eine einzelne Person ein Flaschenhals für verschiedene Kausalketten sein oder ein einzelnes Glied oder was auch immer - dann hängt vieles von der Beschaffenheit der Person ab, was das, was diese Person ausmachte, hervorgebracht hat.
ganimed hat geschrieben:Oder anders formuliert: nenne mir nur einen Menschen, der die Welt verbessern wollte und es dann auch tat. Und ich zerpflücke dir dann dieses Beispiel mit einfachen Hinweisen auf mögliche, affig lange Kausalketten.

Allein die Existenz eines solchen Menschen - gerade weil sie determiniert ist und auch ihre Handlungen - zeigt die Bedeutung dieser. Auch wenn seit dem Urknall feststeht, was Person xyz in 2 Jahren macht, so ist sie eben deswegen nicht austauschbar. Gleichermaßen bedeutend wie jedes andere Glied bedeutet nicht unbedeutend zu sein. Und wenn ich die Glieder in ihrer Bedeutung bewerten will, würde ich eben nicht nur auf die möglichst am weitesten zurückliegenden erfassbaren Ursachen schauen, sondern auch auf Knotenpunkte von kausalen Ketten wie es einzelne Menschen sind. Aufgrund der dynamischen Existenz des Menschen (allein der Stoffwechsel ist schon ein gutes Beispiel dafür) kann man ihn als einen bemerkenswerten Knotenpunkt betrachten.
ganimed hat geschrieben:Doch, wir vergleichen Handeln mit Nicht-Handeln (remember? 10% Handeln und 90% Nicht-Handeln einerseits und andererseits: 100% Handeln - das war der Ausgangspunkt).

Nein, es ging um den Grad an Motivation - die 10% sollten eine schwache Motivation immer noch zu einer ausschlaggebenden Größe machen und zum Handeln führen, anstatt es sein zu lassen. Diese 10% sind nur eine abstrakte Größe einerseits für die Motivation und andererseits den Aufwand und die zufriedenstellenden Ergebnisse (also die Zufriedenheit) - aber nie haben sie sich wirklich auf die Handlung bezogen.
ganimed hat geschrieben:Worauf ich anspiele ist Resignation, sobald man erkennt, dass 100% Handeln nichts bringt (dann mag man verzweifeln oder auch nicht)

Resignation ist ein Synonym zu Verzweiflung, es ist aber kein Synonym zu "Nicht-Handeln".
ganimed hat geschrieben:, dann gibt man es auf, lässt andere Motivatoren gewinnen (Bequemlichkeit, gutes Essen)

Siehst du - Resignation hat nichts mit Handeln oder Nicht-Handeln zu tun. Du selbst sagst jetzt, dass sie auch bedeuten kann, dass man etwas anderes tut (also auch zu "100%" handelt, aber eben anders).
ganimed hat geschrieben: und das ist wiederum ein zielgerichtetes Verhalten: Ziel ist immer und überall in unserem Verhalten: das Beste draus zu machen. Wenn eine Handlung nichts bringt könnte man sie sonst ja trotzdem machen, eigentlich. Aber nein, natürlich hat man bei Resignation immer das Ziel, die Handlungskosten zu sparen.

Nö, einfach "Resignation" googeln und sehen, dass dieses Wort lediglich Motivationslosigkeit, Verzweiflung und dergleichen bedeutet (meinen Link anzuklicken hätte auch was gebracht).
ganimed hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Aber wenn es unbedingt um die eigenen Ressourcen geht (wenn man mal die weltweiten Energiereserven nicht als "eigen" ansieht), kann ich da nochmal das Problem der Fettleibigkeit nennen - die Resignation würde wieder dazu führen, dass man sich in seine fettleibigkeit ergibt und nicht versucht weniger zu essen und sich mehr zu bewegen. Das würde auch zum größeren Verbrauch führen (sofern du jetzt Lebensmittel wenigstens als eigene Ressourcen ansiehst). Der Punkt ist einfach, dass in bestimmten Situationen auch mit dem Nicht-Handeln einfach nichts gewonnen ist...

Ich verstehe nicht ganz, was hier anders ist? Die Handlung (Diät halten und Sport treiben) verbraucht Kosten (Willenskraft, Überwindung, Hunger aushalten, Kalorien).

Ja, aber man kann auch einfach weniger essen und wird dann weniger verbrauchen (zwar nicht unbedingt im Stoffwechsel - aber als "Verbrauch" kann man auch das Essen an sich betrachten - schließlich speichert man die zugenommene Energie nie 1 zu 1. Und genaugenommen beeinflusst auch die Ernährung unseren Umsatz - es bedeutet also tatsächlich in beiden Lesarten, dass man weniger Ressourcen verbraucht). "Die Handlung" bedeutet also nicht per se, dass man mehr Ressourcen verbraucht (auch nicht die abstrakten).
ganimed hat geschrieben:Jetzt überleg doch nochmal. Eine Handlungsweise, bei der man IMMER was gewinnt. Und die willst du am liebsten abschaffen weil du sie ganz allemein und immer für falsch hälst? Du musst verrückt sein.

:irre: Wenn du es so siehst, könntest du auch dem Handeln etwas abgewinnen, da man auch da IMMER etwas gewinnt (man muss nur lange genug abstrahieren, aber dazu scheinst du ja fähig zu sein).
Worauf es aber ankommt, ist, dass auch mehr gewonnen wird. Ich sehe das aus einer anderen Perspektive: Bei manchen Handlungen gibt es einfach nichts zu verlieren: Wenn du mit großer Wahrscheinlichkeit irgendeinen Schaden erleidest, wird der Versuch in abzuwenden (auch wenn dieser wohl kaum zum Erfolg führen wird) den Versuch wert. Es können nicht ewig Ressourcen gespart werden - irgendwann wird das Sparen sinnlos, wenn die Ressourcen am Ende ein Verfallsdatum haben (und JEDE Ressource hat ein Verfallsdatum).
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon ganimed » Sa 1. Feb 2014, 21:37

Vollbreit hat geschrieben:In meiner Welt nehme ich direkt Bezug auf Dich, zur Verdeutlichung habe ich das unterstrichen. Worauf hätte ich denn unbedingt eingehen sollen?

Ich habe dargelegt, wieso meines Erachtens der Begriff "das eigene Verhalten zu verbessern" absurd ist. Du hast darauf geantwortet mit dem erneuten Hinweis, dass man sein Verhalten besser verbessern kann, wenn man mit nur 10% Ambition etwas den Druck rausnimmt. Dabei scheinst du vollkommen ignoriert zu haben, dass ich vorher diesen Verbesserungs-Begriff in Frage stellte. Eine Antwort, die auf mein Argument eingeht, hätte erwähnen können, wieso du den Begriff aber doch benutzt, also was an meinem Argument so schlecht ist, dass du ihm nicht folgen magst. Ich konnte deinem Argument nur indirekt entnehmen, dass du meinem überhaupt nicht gefolgt bist.

Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Und heute, mit dem Appell und wer weiß was für anderen Änderungen, entscheidest du wieder optimal und machst, was immer sich daraus ergibt. Zweimal optimal reagiert. Wieso soll das eine Verbesserung sein?

Ja, ich verstehe, was Du meinst, kann man durchaus so sehen, dann ist die Welt immer schon so gut, wie es gerade geht.
Du könntest Dich halt fragen, ob das nicht gelegentlich zu bequem ist, aber das können wir vielleicht noch diskutieren.

Das hier gefällt mir schon viel besser. Mein Argument sauber in Erwägung gezogen. Vielen Dank. Mir fehlt noch das Sahnehäubchen: wieso kann man das zwar so sehen, aber wieso siehst du es dann doch nicht so? Was ist die Schwachstelle an meinem Argument? Dass das Leben dann zu bequem ist? Kann nicht dein Ernst sein, oder? Was wäre denn so schlimm daran, wenn das Leben bequem wäre (was es durchaus nicht ist, nur weil man sich keine Vorwürfe macht, bleiben noch genug andere Probleme und Hindernisse). Wieso sollte es ZU bequem werden? Wer oder was bestimmt, was noch eine erlaubte Menge Bequemlichkeit ist und wann es zu viel wird?
Bist du vielleicht tief in dir drin ein Antihedonist, der es sofort mit der Angst zu tun bekommt, wenn es ihm gut geht?

Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Die Welt verbessert sich, das streite ich gar nicht ab. Aber sie wird nicht von Individuen verbessert.

Sondern von wem oder wovon?

Von politischen oder technischen oder gesellschaftlichen Entwicklungen, Strömungen, Modeerscheinungen, solchen Sachen.
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon Vollbreit » Sa 1. Feb 2014, 22:13

ganimed hat geschrieben:Das hier gefällt mir schon viel besser. Mein Argument sauber in Erwägung gezogen. Vielen Dank. Mir fehlt noch das Sahnehäubchen: wieso kann man das zwar so sehen, aber wieso siehst du es dann doch nicht so? Was ist die Schwachstelle an meinem Argument? Dass das Leben dann zu bequem ist? Kann nicht dein Ernst sein, oder? Was wäre denn so schlimm daran, wenn das Leben bequem wäre (was es durchaus nicht ist, nur weil man sich keine Vorwürfe macht, bleiben noch genug andere Probleme und Hindernisse). Wieso sollte es ZU bequem werden? Wer oder was bestimmt, was noch eine erlaubte Menge Bequemlichkeit ist und wann es zu viel wird?
Bist du vielleicht tief in dir drin ein Antihedonist, der es sofort mit der Angst zu tun bekommt, wenn es ihm gut geht?
Nein, eigentlich nicht.
Die Probelmatik des Arguments, ist eine Selbstzufriedenheit, die immer argumentiert: Wenn es mich interessieren würde, würde ich mich wohl drum kümmern, scheint aber ncht den Sprung über meine Reizschwelle zu schaffen und mich wohl auch nicht zu interessieren. Das ist entweder entwaffnend ehrlich, hat aber auch die Gefahr, sehr zynisch werden zu können.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Die Welt verbessert sich, das streite ich gar nicht ab. Aber sie wird nicht von Individuen verbessert.

Sondern von wem oder wovon?

Von politischen oder technischen oder gesellschaftlichen Entwicklungen, Strömungen, Modeerscheinungen, solchen Sachen.

Naja, die wachsen gewöhnlich aber auch nicht auf den Bäumen.
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon ganimed » Sa 1. Feb 2014, 22:22

Vollbreit hat geschrieben:Die Probelmatik des Arguments, ist eine Selbstzufriedenheit,

Aha. Erst war es dir zu bequem. Dann wirst du zu zufrieden. Bequem und Zufriedenheit sind ja erstmal zwei sehr positive Dinge. Was hast du also daran auszusetzen?
Ach was mache ich mir die Arbeit: ich wiederhole einfach meine Fragen, in der Hoffnung, dass du es dir nicht zu bequem machen willst und sie in einer Art geistiger Selbstgeißelung doch mal beantwortest:

Dass das Leben dann zu bequem ist? Kann nicht dein Ernst sein, oder? Was wäre denn so schlimm daran, wenn das Leben bequem wäre (was es durchaus nicht ist, nur weil man sich keine Vorwürfe macht, bleiben noch genug andere Probleme und Hindernisse). Wieso sollte es ZU bequem werden? Wer oder was bestimmt, was noch eine erlaubte Menge Bequemlichkeit ist und wann es zu viel wird?
Bist du vielleicht tief in dir drin ein Antihedonist, der es sofort mit der Angst zu tun bekommt, wenn es ihm gut geht?

Vollbreit hat geschrieben:Naja, die wachsen gewöhnlich aber auch nicht auf den Bäumen.

Du hast wohl gerade nicht viel Zeit oder soll das eine erschöpfende Antwort sein? Eine Art Gegenargument? Versuche es bitte nochmal, wenn dir mehr Zeit und Lust zur Verfügung steht. Vielen Dank.
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon Vollbreit » Sa 1. Feb 2014, 23:02

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Die Probelmatik des Arguments, ist eine Selbstzufriedenheit,

Aha. Erst war es dir zu bequem. Dann wirst du zu zufrieden. Bequem und Zufriedenheit sind ja erstmal zwei sehr positive Dinge. Was hast du also daran auszusetzen?
Nichts, aber versuch doch auch mal den Kontext mitzubeachten.
Warum soll man immer Dich und Deine Lesart verstehen, während Du Dir da aufreizend wenig Mühe gibst?
Du fragstest nach den Gefahren, die ich sehe, ich habe nirgends behauptet Bequemlichkeit oder Zufriedenheit seien schlecht.
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon ganimed » Sa 1. Feb 2014, 23:35

Hast du behauptet, Bequemlichkeit und Zufriedenheit seien Gefahren?
Oder hast du auf meine Frage nach Gefahren (habe ich das wirklich gefragt?) überhaupt schon geantwortet?

Oder anders formuliert: wenn nichts schlechtes an Bequemlichkeit und Zufriedenheit ist, was ist denn dann sonst der Fehler an meinem Argument? Was ist der Grund, warum du es nicht so siehst?
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon Vollbreit » Sa 1. Feb 2014, 23:55

Mal eine Analogie: Ist Essen (Nahrung aufnehmen) gut oder schlecht?
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon ganimed » So 2. Feb 2014, 00:09

Kurz vor meiner kleinen Forumspause ging es (mir) mal eine zeitlang um Diskussionsformen. Wie kann man die Chancen darauf erhöhen, dass Diskussionen wirklich einen Gewinn abwerfen. Eine Möglichkeit schien mir damals, einen halbwegs neutralen Schidsrichter zu haben, der Form und Zielhaftigkeit der Diskussion überwacht und der Argumente und Situationen auch mal bewertet, also Punkte verteilt und ein Zwischenfazit erstellt. Auch wenn das sicher nicht wirklich fair sein kann, so scheint mir, ist die unvermeidliche Unfairness in Maßen immer noch besser, als wenn man ohne Moderation so vor sich hin diskutiert, sich ausweicht, Gegenfragen stellt ohne zu antworten, etc.

Falls es hier einen Schidsrichter gäbe, hätte er jetzt sicher Grund, einzuschreiten.

Du antwortest nicht auf meine Fragen. Du hast bisher nur süffisante Andeutungen in Form von Gegenfragen geäußert, jedoch nicht wirklich meine Argumente kritisiert, geschweige denn widerlegt.

Wäre ich Schidsrichter, würde ich jetzt feststellen:
    1:0 für Ganimed.
    Ganimeds folgende Behauptung bleibt damit unwiderlegt.
    ganimed hat geschrieben: [ich behaupte,] dass eine persönliche "Verbesserung" aus diesen zwei Hauptgründen eine Illusion ist:
    - der Impuls für jede Änderung des eigenen Verhaltens entsteht durch eine Veränderung der Eingangsimpulse, die ohnehin schon immer agieren und aktiv sind und sich dauernd verändern. Vorher hat man die Eingangsimpulsmenge ABC und hat sich entsprechend verhalten, danach hat man möglicherweise die Eingangsimpulsmenge DEF und verhält sich entsprechend. Es ist völlig unpassend zu sagen, man hätte sein Verhalten "verbessert". Das Verhalten ist immer schon sehr gut auf die Motivator-Menge angepasst. Man hat keinen Fehler gemacht, als man sich gemäß ABC verhalten hat. Es gibt daher nichts zu "verbessern".
    - der Begriff "Verbesserung" leitet sich, soweit ich verstehe, von der Illusion ab, dass das eigene Verhalten deshalb besser sei, weil es zu einer besseren Welt beiträgt. Diese Wirkungsrichtung halte ich für eine Illusion. Die Welt stellt die Quelle für unsere Eingangsimpulse dar. Wenn überhaupt, ändert sozusagen die Welt unser Verhalten durch Änderung der Eingangsimpulse. Wir reagieren auf die sich ändernde Welt und ändern uns dabei. Diese Änderungen sind so vielfältig und komplex, dass von einer Zielgerichtetheit oder auch nur einer Richtung keine Rede sein kann. In diesem kausalen Getümmel eine Verbesserung zu erkennen, ist eine naive Illusion.

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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon Vollbreit » So 2. Feb 2014, 10:42

ganimed hat geschrieben:Kurz vor meiner kleinen Forumspause ging es (mir) mal eine zeitlang um Diskussionsformen. Wie kann man die Chancen darauf erhöhen, dass Diskussionen wirklich einen Gewinn abwerfen. Eine Möglichkeit schien mir damals, einen halbwegs neutralen Schidsrichter zu haben, der Form und Zielhaftigkeit der Diskussion überwacht und der Argumente und Situationen auch mal bewertet, also Punkte verteilt und ein Zwischenfazit erstellt. Auch wenn das sicher nicht wirklich fair sein kann, so scheint mir, ist die unvermeidliche Unfairness in Maßen immer noch besser, als wenn man ohne Moderation so vor sich hin diskutiert, sich ausweicht, Gegenfragen stellt ohne zu antworten, etc.

Falls es hier einen Schidsrichter gäbe, hätte er jetzt sicher Grund, einzuschreiten.

Du antwortest nicht auf meine Fragen. Du hast bisher nur süffisante Andeutungen in Form von Gegenfragen geäußert, jedoch nicht wirklich meine Argumente kritisiert, geschweige denn widerlegt.

Den Schiedsrichter kann jeder haben. Man hat ihn in sich.
Du kannst Dich fragen, ob Du versucht hast vollumfänglich Deinen Diskussionspartner zu verstehen.
Wer Diskussionen lediglich als Wettkampf auffasst, hat m.E. schon vor dem Angriff ein Eigentor geschossen, um mal im Bild zu bleiben.
Wenn Du gewinnen willst: Hey ganimed, es steht bestimmt 8:1 für Dich, voll supie. Du liegst geradezu uneinholbar vorne, Glückwunsch.
Und jetzt?

Aber ich sag Dir, wie der Dialog weitergehen sollte, wenn Du geantwortet hättest. Jetzt eben fiktiv:

V: Ist Essen gut oder schlecht?
g: Essen ist gut, sonst verhungert man ja und außerdem macht es Spaß.
V: Aber was ist mit diesem 11-Jährigen Jungen, der 140kg wiegt und kurzatmig ist, Herzprobleme hat, „Altersdiabetes“ hat, dessen Gelenke weh tun und der droht zu sterben wenn er so weiter frisst? Ist Essen wirklich immer immer immer gut?
g. Die Dosis macht das Gift, er müsste vielleicht weniger und gesünder essen und sich versuchen etwas mehr zu bewegen.

Ich weiß ja nicht, ob Du so geantwortet hättest, aber fälls Du Dich irgendwie in die Rolle von g einfühlen kannst, dann würde ich Dich zu einer Transferleistung motivieren wollen, bei der „Essen“ einfach gegen „Bequemlichkeit“ und „Zufriedenheit“ eingetauscht würde. Das war meine Verschleierungstaktik.

Ansosnten können wir gerne über den Hedonismus reden. Epikur war ein klugeer Kopf, kennst Du seine Version vom Hedonismus?
Wenn ich aus dem Nähkästchen plaudern darf, ich sehe Zufriedenheit als höchstes Gut an und wenn das eigene Über-Ich (Gewissen) milde gestimmt ist, ist man im besten Sinne selbstzufrieden, je sadistischer das Über-Ich ist, umso mehr muss man sich den Arsch aufreißen und wird zwischen Träumen eigener Grandiosität und frustrierenden Versagensgefühlen hin und hergerissen. Nix gut.
Wer ohne großes Übungsprogramm allein dadurch, dass er lebt, zufrieden ist, der hat im besten Sinne eine phantastische Kinderstube gehabt und ist dafür geliebt worden, dass er da ist und nicht nur für besondere Leistungen und ansonsten weitgehend unbeachtet geblieben. Leider ist das nicht so häufig, wie es sein sollte.
Auch denkbar, dass jemand eine tiefe Erleuchtungserfahrung hatte, danach ist alles anders und eine nie gekannte Zufriedenheit stellt sich ein.

Würdest Du in die zweite Gruppe fallen, hättest Du vermutlich noch eine gewisse Empathie, für die Schwerarbeiter des Lebens, die sich Zufriedenheit erarbeiten müssen, was, wenn die Ziele relaistisch sind, kein Makel ist, nur etwas anstrengender, als die anderen Varianten.
Vielleicht fällst Du aber ganz einfach in die erste Gruppe, dann, mein aufrichtiger Glückwunsch. Du bist dann schnell zufrieden und genügst Dir selbst, in einem guten Sinn.
Das würde mich freuen.

Die Alternative wäre, dass Du Dir etwas vormachst, aber das hängt davon ab, wie Deine Mitwelt auf Dich reagiert. Das ist aber privat und gehört m.E. eher nicht in ein öffentliches Forum und wird ohnehin immer verzerrt dargestellt.

Deinen Diskussionsstil finde ich umständlich. Aber es kann einfach sein, dass er nicht zu meinem passt, mir ist vollkommen klar, dass ich da auch polarisiere. Wenn ich weiß, worum es geht, setzte ich manchmal zu viel voraus, wenn ich nicht weiß, worum es geht, schreibe ich eher tastend und bin da mehr assoziativ als logisch zielgerichtet unterwegs, was manche meiner Diskussionspartner lieben, während es für andere eine Zumutung ist.

Was mir bei Dir fehlt, ist das Signal, dass ein Erkenntnisfortschritt da ist. Vermutlich ist der da, nur sehe ich ihn nicht. Ich mache dann mit Dir, regelmäßig, die für mich frustrierende Erfahrung, dass wir über Begriffe diskutieren, die m.E. schon 20 mal diskutiert wurden, aber für Dich mag das eine Art der Gründlichkeit sein, keine Ahnung. Wie erlebst Du das denn?

Aber ich will dennoch versuchen in Deinem Sinne zu diskutieren:
ganimed hat geschrieben: [ich behaupte,] dass eine persönliche "Verbesserung" aus diesen zwei Hauptgründen eine Illusion ist:
- der Impuls für jede Änderung des eigenen Verhaltens entsteht durch eine Veränderung der Eingangsimpulse, die ohnehin schon immer agieren und aktiv sind und sich dauernd verändern.
Nicht nur.
Es geht ja auch darum, inwieweit man bereit ist, aktiv diesen Impulsen nachzugehen. Für mich ist Leben kein passives Spiel, bei dem man zuschaut, was so mit einem geschieht und auf einmal „beobachtet“ man an sich: „Huch, mein Gehirn hat sich wohl gerade entschlossen Architektur zu studieren. Erstaunlich.“ Neben der Geschmacksfrage der Bewertung kommt damit eine Homunkulusproblematik ins Spiel, die schwer aufzulösen ist, worauf Dich Agent glaube ich hingewiesen hat und da ihr reibungsfreier kommuniziert, würde ich Dich bitten, das mit ihm zu bereden.

ganimed hat geschrieben:Vorher hat man die Eingangsimpulsmenge ABC und hat sich entsprechend verhalten, danach hat man möglicherweise die Eingangsimpulsmenge DEF und verhält sich entsprechend. Es ist völlig unpassend zu sagen, man hätte sein Verhalten "verbessert".
Ich finde das überhaupt nicht unpassend.
Vollkommen richtig liegst Du m.E. mit der Auffassung, dass man immer „unschuldig“ auf die Welt kommt und allerlei Blödsinn macht, den man in dem Moment, wo man ihn macht, nicht so richtig einschätzen kann. Keiner ist frei davon. Reflektiert man das Jahre später, ist das für manche peinlich und es entsteht hier und da ein Wunsch nach Wiedergutmachung. Dass man früher nicht einen so umfassenden Blick hatte, ist nicht zu ändern, aber aus der Perspektive von heute, wenn man diesen Blick ggf. hat (den aber nicht jeder hat) erscheint mir das klar als eine Verbesserung, auch wenn ich „mein früheres Ich“ dafür nicht verdammen würde.

ganimed hat geschrieben:Das Verhalten ist immer schon sehr gut auf die Motivator-Menge angepasst. Man hat keinen Fehler gemacht, als man sich gemäß ABC verhalten hat. Es gibt daher nichts zu "verbessern".
Ich weiß nicht wie emotionslos das bei Dir abläuft. So, rein technisch, wie Du es darstellst, ist das zwar richtig, aber m.E. ist der Mensch einfach keine Rechenmaschine, die es bei einem einfachen „würde ich heute anders machen“ belässt. Es ist für mich schwer vorstellbar, dass Dein Leben so perfekt verlief, dass Du nirgendwo einen Anlass siehst Reue, Schuld, Bedauern, den Wunsch nach Wiedergutmachung zu spüren, aber ich bin psychologisch genug geschult um zu wissen, dass es Menschen gibt, die diese Empfiindungen nicht haben. Das ist für mich aber wieder privat und geht mich nichts an. Ich schreibe es hier nur, um meine Gedanken zu illustrieren, damit Du mir folgen kannst, so Du es möchtest.
Rein argumentativ ist das für mich also unterkomplex, weil es entscheidende Aspekte des Menschseins ausklammert und der 10% Ansatz richtet sich ja an den Einzelnen, nicht an eine Gesellschaft oder Erfindung oder den Zeitgeist.

ganimed hat geschrieben:- der Begriff "Verbesserung" leitet sich, soweit ich verstehe, von der Illusion ab, dass das eigene Verhalten deshalb besser sei, weil es zu einer besseren Welt beiträgt.
Ich finde den wertenden Begriff Illusion hier vorschnell. Deine These, dass ein einzelner an der Welt nichts ändern kann, wird doch eigentlich durch jeden bahnbrehenden Erfinder, herausragenden Denker, mitreißenden Revolutionär widerlegt. Und auch im kleineren Rahmen verändern einzelne Menschen die Welt. Ich stimme Dir da nicht zu, weil ich Deine Prämisse schlicht für falsch halte, damit rechne ich dann auch nicht weiter.
Der Ansatz versucht übrigens einen Kompromiss zu finden zwischen Individualentscheidung und kollektiver Bewegung.

ganimed hat geschrieben:Diese Wirkungsrichtung halte ich für eine Illusion.
Und irrst Dich damit. Gezeichnet: Einstein, Gates, Kant, Castro, Archimedes, Descartes, Watt... plus 500 andere. Besonders zu erwähnen Stanislaw Jewgrafowitsch Petrow, dem Du Dein Leben verdankst, auch wenn Du ihn möglicherweise gar nicht kennst.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stanislaw ... sch_Petrow

ganimed hat geschrieben:Die Welt stellt die Quelle für unsere Eingangsimpulse dar. Wenn überhaupt, ändert sozusagen die Welt unser Verhalten durch Änderung der Eingangsimpulse.
Grenzwertige Formulierung, da „die Welt“ nichts tut (hatten wir eigentlich besprochen, Du stimmtest zu und hast revidiert, nur um hier hinter die einmal gewonnene Erkenntnis – oder war es dan doch keine? – zurückzufallen). Zweiter Fehler. Die Prämisse des rein passiven Spiels ist m.E. falsch. Eine Denkleistung, eine Reflexion ist ein aktiver Vorgang, der passiert Dir nicht einfach. Wenn einem Denken einfach passiert, dann handelt es sich dabei um präreflexive Menschen. Wem Reflexuionsleistungen zru zweiten Naturgeworden sind, der spielt ein anderes als da konventionelle Spiel.
Ob Du nun ein rein moralisch konventionelles „Ich folge ganz einfach dem Strom, das ist so schön bequem“, gut findest (wenn es um Dich geht wohl schon) oder nicht so gut (wenn es umhomophobe Ägypter geht wohl nicht), da bist Du recht inkonsistent unterwegs und es ist an Dir zu klären, ob Du für andere gelten lassen möchtest, was Du für Dich in Anspruch nimmst. Und glaub mir: Auch Menschenverachtung kann sich „gut“ anfühlen, wenn man der Verachtende ist. Blöd sieht es nur für den Verachteten aus, aber wenn Du lapidar gelten lässt, heute ist heute und gestern war gestern und wenn ich heute anders handeln könnte/wollte würde ich es wohl tun, dann gilt das eben für alle, auch für Selbstmordattentäter, Folterknechte und Sadisten. Warum sollten die sich ändern, wenn die Bequemlichkeit in der ganimed Variante das erste und letzte Wort hat?
Erklär das mal bitte.

ganimed hat geschrieben:Wir reagieren auf die sich ändernde Welt und ändern uns dabei. Diese Änderungen sind so vielfältig und komplex, dass von einer Zielgerichtetheit oder auch nur einer Richtung keine Rede sein kann. In diesem kausalen Getümmel eine Verbesserung zu erkennen, ist eine naive Illusion.
Ich weiß es nicht, wie kommst Dudenn in diesem Getümmel zu der Auffasung, dass die Welt sich durchaus verbessert hat. Wieso beanspruchst Du über Fähigkeiten zu verfügen, die Du gleichzeitig anderen absprichst?
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon ganimed » So 2. Feb 2014, 12:41

Vielen Dank Vollbreit für deinen ziemlich souveränen Umgang mit meiner Schidsrichter-Nerverei. Es gibt bestimmt viele, die da zu gemacht hätten und außer ein paar Zuweisungen und Kritik dann nicht mehr an einer Weiterführung des Dialogs interessiert gewesen wären. Im Grunde wollte ich halt meinem Eindruck Ausdruck geben, dass du auf meine Argumente wenig eingingst, meine Fragen nicht alle bearbeitet hast und dass mir das wie ein Ausweichmanöver erschien.

Vollbreit hat geschrieben:Wenn ich weiß, worum es geht, setzte ich manchmal zu viel voraus, wenn ich nicht weiß, worum es geht, schreibe ich eher tastend und bin da mehr assoziativ als logisch zielgerichtet unterwegs, was manche meiner Diskussionspartner lieben, während es für andere eine Zumutung ist.

Zumutung ist ein hartes Wort, aber ich fürchte, ich bin einer von diesen letzteren, der es zumindest als schwierig empfindet. Meine Idealvorstellung von einer Diskussion ist es, Argumente vorzustellen, die dann vom anderen zerflückt oder zumindest angegriffen werden. Halten die Argumente stand, dann darf sich der Inhaber einbilden, dass die Argumente vielleicht gar nicht so schlecht sind. Ansonsten erfährt er vielleicht, was mit ihnen nicht stimmt. Wenn du jetzt assoziativ vorgehst, von meinem Höcksken auf dein Stöcksken wechselst, dann sehe ich diesen beschriebenen Diskussionsgewinn davon schwimmen. Dann weiß ich immer noch nicht, was von meinem Argument zu halten ist. Mir gefällt daher der Logik-Kampf mit Messer, Haken und Ösen etwas besser. Wobei ich diesen Wettbewerb eben eher vordergründig sehe. Er klappt natürlich nur, wenn beide einvernehmlich mitspielen und dadurch beide gemeinsam Erkenntnisfortschritt erzielen wollen bzw. sie dem anderen gönnen. So weit liegen unsere Vorstellungen über eine gute Diskussion also vielleicht gar nicht auseinander.

Vollbreit hat geschrieben:V: Ist Essen gut oder schlecht?
g: Essen ist gut, sonst verhungert man ja und außerdem macht es Spaß.
V: Aber was ist mit diesem 11-Jährigen Jungen, der 140kg wiegt und kurzatmig ist, Herzprobleme hat, „Altersdiabetes“ hat, dessen Gelenke weh tun und der droht zu sterben wenn er so weiter frisst? Ist Essen wirklich immer immer immer gut?
g. Die Dosis macht das Gift, er müsste vielleicht weniger und gesünder essen und sich versuchen etwas mehr zu bewegen.

Ich weiß ja nicht, ob Du so geantwortet hättest, aber fälls Du Dich irgendwie in die Rolle von g einfühlen kannst, dann würde ich Dich zu einer Transferleistung motivieren wollen, bei der „Essen“ einfach gegen „Bequemlichkeit“ und „Zufriedenheit“ eingetauscht würde. Das war meine Verschleierungstaktik.

So gut hätte es dir nun auch wieder nicht gefallen, wenn ich da mitgemacht hätte. Tut mir leid, dass ich erst Antworten haben wollte und deshalb keine Lust hatte, auf deinen Gedankengang einzugehen. Ich sehe jetzt ein, dass das ein Argument sein sollte, wieso zuviel Bequemlichkeit und zuviel Zufriedenheit schlecht sind (wenn ich recht verstehe).
Essen ist gut, aber wenn man zu viel davon hat, dann verfettet man, kriegt massive gesundheitliche Probleme und stirbt früher als man müsste. Genau so ist es mit Bequemlichkeit und Zufriedenheit (und mit allem), denn zu viel von etwas ist einfach schlecht. So meinst du doch, oder? So ganz verstehe ich das aber noch immer nicht. Was passiert mir denn, wenn ich zu viel Bequemlichkeit und Zufriedenheit "zu mir nehme"? Verfetten und krank werden ist es nicht, so weit geht die Analogie ja nun nicht. Was also sind die negativen Folgen von zu viel Bequemlichkeit?

Vollbreit hat geschrieben:Aber ich will dennoch versuchen in Deinem Sinne zu diskutieren

Ausgesprochen nett von dir. Vielen Dank!

Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:der Impuls für jede Änderung des eigenen Verhaltens entsteht durch eine Veränderung der Eingangsimpulse, die ohnehin schon immer agieren und aktiv sind und sich dauernd verändern.

Nicht nur.
Es geht ja auch darum, inwieweit man bereit ist, aktiv diesen Impulsen nachzugehen.

Du scheinst da eine willkürliche Gruppierung vorzunehmen. Die Eingangsimpulse, die unser Handeln bestimmen, von denen ich rede. Und dann andere Impulse, interne Variablen, zum Beispiel wie bereit man ist, diesen Impulsen nachzugeben. Ich sehe nicht, wieso das zwei Gruppen von Faktoren sind. Für mich ist das alles eine große Faktormenge. Auch meine Bereitschaft, Impulsen nachzugeben (man könnte es vielleicht auch Offenheit, Beeinflussbarkeit oder Entscheidungsfreudigkeit nennen) ist einer der Faktoren, die ich Eingangsimpuls nenne. (Vielleicht ist "Eingangsimpuls" unglücklich gewählt, vielleicht könnte man besser "Entscheidungsfaktor" sagen?). Ich meine einfach alle Faktoren, die mein Verhalten bestimmen. Die Faktoren, welche gestern vorlagen, haben mein Verhalten von gestern bestimmt. Wenn ich heute "besser" handele, dann nur, weil meine heutigen Faktoren mein heutiges Verhalten bestimmt haben, welches ich vielleicht als "besser" empfinde. Aber ich sehe das nicht als Verbesserungsleistung, als willentlichen Akt der Verbesserung. Das ist mein Punkt. Die Faktoren haben sich (zufällig oder warum auch immer) so geändert, dass das resultierende Verhalten von mir (unter irgendeinem willkürlichen Maßstab) als besser empfunden wird. Wenn ich nun bewusst die Entscheidungsfaktoren bestimmen könnte, ich also selber dafür gesorgt hätte, dass sie sich heute so angeordnet haben, dass mir ein besseres Verhalten möglich wurde, dann hätte ich das Recht, das eine von mir durchgeführte Verbesserung zu nennen. Allein es ist nicht der Fall.

Vollbreit hat geschrieben:Ich weiß nicht wie emotionslos das bei Dir abläuft. So, rein technisch, wie Du es darstellst, ist das zwar richtig, aber m.E. ist der Mensch einfach keine Rechenmaschine, die es bei einem einfachen „würde ich heute anders machen“ belässt.

Völlig richtig. Ich möchte durchaus zu Protokoll geben, dass meine Sicht der Dinge eine gewisse Denkleistung erfordern, fast bin ich ein wenig stolz darauf. Ich glaube schon, dass die Illusion, wie ich sie bezeichne, eher der Normalzustand ist, auch bei mir. Ich mache mir diese Inkompatibilisten-Sicht nicht immer zurecht, aber durchaus hin und wieder. Und bilde mir ein, dass es mir damit auch durchaus etwas besser geht, indem ich mir nutzlose und unberechtigte Vorwürfe ersparen kann. Diesen Punkt muss ich mir übrigens merken, wenn Nanna im anderen Thread zur Willensfreiheit noch einmal fragen sollte, was denn der Reiz am Freiheitsbegriff der Inkompatibilisten ist. Weniger Schuldempfinden, mehr konstruktives nach vorne denken. Weniger Verbesserungs-Illusionen.

Vollbreit hat geschrieben:Deine These, dass ein einzelner an der Welt nichts ändern kann, wird doch eigentlich durch jeden bahnbrehenden Erfinder, herausragenden Denker, mitreißenden Revolutionär widerlegt. Und auch im kleineren Rahmen verändern einzelne Menschen die Welt. ...
Und irrst Dich damit. Gezeichnet: Einstein, Gates, Kant, Castro, Archimedes, Descartes, Watt

Im Nachhinein sind die Beiträge von Einstein gigantisch, umwerfend, Weltbild verändernt. Hätte man ihn 189x irgendwann in Zürich (glaube ich) gefragt, lieber junger Freund im Patentamt, was wollen sie morgen denn machen? Hätte er da wirklich reinen Herzens geantwortet: "Ich will morgen und die nächsten 20 Jahre die Welt verbessern, das Grundverständnis der Physik entscheidend voranbringen, die Quantentheorie vorbereiten helfen und die Atombombe möglich machen. Sofort nach dem Frühstück morgen geht es los". NEIN.
Ich bestreite nicht seine Leistungen. Aber seine Motivation dafür war nicht der Gedanke: ich ändere mich und durch diese Änderung rette ich die Welt. Seine Motivation war: ich habe unglaublich viel Spaß an logischem, wissenschaftlichen Denken und diesem Spaß gebe ich einfach immer nur nach. Dass er dabei zufällig ziemlich genial war, zufällig in dieser Zeit des physikalischen Umbruchs sich befand und die richtigen Ideen hatte, hat all das ermöglicht, wurde aber nicht aktiv vom ihm beeinflusst. Gleiches und Ähnliches gilt sicher für alle 500 Namen, die du noch impetto hast.

Vollbreit hat geschrieben:Grenzwertige Formulierung, da „die Welt“ nichts tut (hatten wir eigentlich besprochen, Du stimmtest zu und hast revidiert, nur um hier hinter die einmal gewonnene Erkenntnis – oder war es dan doch keine? – zurückzufallen).

Versteckt sich in deinem Argument mehr als Wortklauberei? Ich räume bereitwillig ein, dass ich mit Begriffen sicher nicht sehr sorgfältig und immer fehlerfrei umgehe. Du müsstest noch einmal näher erläutern, warum die Welt nichts tut, wenn sie mich doch beeinflusst. Dass ich zu etwas zugestimmt und dann revidiert habe, daran erinnere ich mich nicht. Vielleicht ist dieser Eindruck nur zufällig entstanden?

Vollbreit hat geschrieben:Ich weiß es nicht, wie kommst Du denn in diesem Getümmel zu der Auffasung, dass die Welt sich durchaus verbessert hat.

Meine Behauptung ist doch, dass es unmöglich ist, die Verbesserung zu quantifizieren. Die ganze 10% Idee ist deshalb völlig ohne Grundlage. Ich habe nie behauptet, dass man eine Verbesserung der Welt oder wenigstens eine Tendenz nicht diagnostizieren könnte. Es gibt da ja, wie erwähnt, jede Menge Statistiken, Wirtschaftsdaten, soziale Erhebungen, Amnesty International Reports, etc. Auch in seinem eigenen Verhalten kann man selbstverständlich über gewisse Zeiträume Veränderungen und Verbesserungen beobachten und feststellen. Das sind aber eben keine aktiven, zielgerichteten Verbesserungen und es sind keine in Prozent quantifizierbaren.
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon Vollbreit » So 2. Feb 2014, 16:27

ganimed hat geschrieben:Meine Idealvorstellung von einer Diskussion ist es, Argumente vorzustellen, die dann vom anderen zerflückt oder zumindest angegriffen werden. Halten die Argumente stand, dann darf sich der Inhaber einbilden, dass die Argumente vielleicht gar nicht so schlecht sind. Ansonsten erfährt er vielleicht, was mit ihnen nicht stimmt. Wenn du jetzt assoziativ vorgehst, von meinem Höcksken auf dein Stöcksken wechselst, dann sehe ich diesen beschriebenen Diskussionsgewinn davon schwimmen. Dann weiß ich immer noch nicht, was von meinem Argument zu halten ist. Mir gefällt daher der Logik-Kampf mit Messer, Haken und Ösen etwas besser. Wobei ich diesen Wettbewerb eben eher vordergründig sehe. Er klappt natürlich nur, wenn beide einvernehmlich mitspielen und dadurch beide gemeinsam Erkenntnisfortschritt erzielen wollen bzw. sie dem anderen gönnen. So weit liegen unsere Vorstellungen über eine gute Diskussion also vielleicht gar nicht auseinander.

Mich strengt das Kleinteilige an. Manchmal ist es wichtig penetrant auf einer Begriffsbestimmung rumzureiten (z.B. „Freiheit“), meinetwegen bis Blut kommt., ich bin da völlig schmerzfrei – aaaaber, im Großen und Ganzen stehen ja Theorien gegen Theorien und nicht Begriffe gegen Begriffe und da will ich nicht bei Adam und Eva beginnen.
Das klappt ja oft genug auch gut, so dass ich wirklich sehr viele, sehr gute, sehr konstrutive Diskussionen führen durfte, manchmal geht es halt etwas schief, das gehört wohl einfach dazu.

ganimed hat geschrieben:Ich sehe jetzt ein, dass das ein Argument sein sollte, wieso zuviel Bequemlichkeit und zuviel Zufriedenheit schlecht sind (wenn ich recht verstehe).
Jepp.

ganimed hat geschrieben:Was also sind die negativen Folgen von zu viel Bequemlichkeit?
Die Welt könnte Dir komplett am Arsch vorbei gehen, was druchaus eien Möglichkeit ist, aber wie ich finde, kein schöner Zug. Ich würde jemanden wie Dich dann nicht gerne als Freund haben wollen.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:der Impuls für jede Änderung des eigenen Verhaltens entsteht durch eine Veränderung der Eingangsimpulse, die ohnehin schon immer agieren und aktiv sind und sich dauernd verändern.

Nicht nur.
Es geht ja auch darum, inwieweit man bereit ist, aktiv diesen Impulsen nachzugehen.

Du scheinst da eine willkürliche Gruppierung vorzunehmen. Die Eingangsimpulse, die unser Handeln bestimmen, von denen ich rede. Und dann andere Impulse, interne Variablen, zum Beispiel wie bereit man ist, diesen Impulsen nachzugeben. Ich sehe nicht, wieso das zwei Gruppen von Faktoren sind. Für mich ist das alles eine große Faktormenge. Auch meine Bereitschaft, Impulsen nachzugeben (man könnte es vielleicht auch Offenheit, Beeinflussbarkeit oder Entscheidungsfreudigkeit nennen) ist einer der Faktoren, die ich Eingangsimpuls nenne.
Sehe ich keinen Sinn drin, das alles zusammenzumanschen.
Gewöhnlich teilt man in Reize (Impulse) und Impulskontrolle, aus gutem Grund, da Impulskontrolle ein sehr wichtiger Faktor ist.

ganimed hat geschrieben:(Vielleicht ist "Eingangsimpuls" unglücklich gewählt, vielleicht könnte man besser "Entscheidungsfaktor" sagen?). Ich meine einfach alle Faktoren, die mein Verhalten bestimmen.
Das sind dann schon noch ein paar mehr. Das Temperament und die Impulskontrolle sind da recht wichtig.

ganimed hat geschrieben:Die Faktoren, welche gestern vorlagen, haben mein Verhalten von gestern bestimmt. Wenn ich heute "besser" handele, dann nur, weil meine heutigen Faktoren mein heutiges Verhalten bestimmt haben, welches ich vielleicht als "besser" empfinde.
Ja, den Gedanken habe ich verstanden und auf der Ebene teile ich ihn auch.

ganimed hat geschrieben:Aber ich sehe das nicht als Verbesserungsleistung, als willentlichen Akt der Verbesserung. Das ist mein Punkt.
Ich bin auch der Meinung, dass die meisten Entsicklungen so en passent verlaufen, man bemüht sich da nicht extra. Dennoch gibt es auch Situationen in denen man sich willentlich bemüht, z.B. ein Handwerk zu erlernen oder eine Fremdsprache oder nicht sofort zuzuschlagen.

ganimed hat geschrieben:Die Faktoren haben sich (zufällig oder warum auch immer) so geändert, dass das resultierende Verhalten von mir (unter irgendeinem willkürlichen Maßstab) als besser empfunden wird.
Nicht immer. Das passiert einem nicht einfach so. Einfach so geschieht es im Rahmen der Evolution, doch unsere wechselseitigen Unterrichtungen sind sehr zielgerichtet.

ganimed hat geschrieben:Wenn ich nun bewusst die Entscheidungsfaktoren bestimmen könnte, ich also selber dafür gesorgt hätte, dass sie sich heute so angeordnet haben, dass mir ein besseres Verhalten möglich wurde, dann hätte ich das Recht, das eine von mir durchgeführte Verbesserung zu nennen. Allein es ist nicht der Fall.
Doch.
Das was wir Erziehung oder Therapie nennen, beruht zentral auf dieser Auffassung.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ich weiß nicht wie emotionslos das bei Dir abläuft. So, rein technisch, wie Du es darstellst, ist das zwar richtig, aber m.E. ist der Mensch einfach keine Rechenmaschine, die es bei einem einfachen „würde ich heute anders machen“ belässt.

Völlig richtig. Ich möchte durchaus zu Protokoll geben, dass meine Sicht der Dinge eine gewisse Denkleistung erfordern, fast bin ich ein wenig stolz darauf. Ich glaube schon, dass die Illusion, wie ich sie bezeichne, eher der Normalzustand ist, auch bei mir. Ich mache mir diese Inkompatibilisten-Sicht nicht immer zurecht, aber durchaus hin und wieder. Und bilde mir ein, dass es mir damit auch durchaus etwas besser geht, indem ich mir nutzlose und unberechtigte Vorwürfe ersparen kann.
Ich sehe da zwar keinen direkten Zusammenhang, will Dir das aber auch nicht ausreden.

ganimed hat geschrieben:Diesen Punkt muss ich mir übrigens merken, wenn Nanna im anderen Thread zur Willensfreiheit noch einmal fragen sollte, was denn der Reiz am Freiheitsbegriff der Inkompatibilisten ist. Weniger Schuldempfinden, mehr konstruktives nach vorne denken. Weniger Verbesserungs-Illusionen.
Vielleicht so?:
Christian Geyer hat geschrieben:„Versuchshalber könnte man den Spieß natürlich auch umdrehen und der Frage nachgehen: Was macht die Idee unser Wille sei unfrei eigentlich so sexy? Welche psychischen Disposition ist nötig, um die Psyche zu verabschieden, um die Evidenz seiner Erlebens-Perspektive („Ich kann auch anders“) zu den Akten nehmen und stattdessen die Perspektive des Labors übernehmen zu wollen („Freiheit ist eine Illusion“)? Vermutlich ist es die Abstraktion selbst, die exakte Entlastung vom Konkreten, die attraktiv wirkt. Wie viele Enttäuschungen mit der Konkretion des eigenen Ichs müssen vorangegangen sein, bevor man geneigt ist, dieses Ich in den Abstraktionen der Hirnforschung zu Verschwinden zu bringen?“
[...]
„Fragt man nach der Attraktivität der erfahrungsfreien Perspektive, dann stößt man auf die Verheißung eines umfassenden Ruhiggestelltseins. Sie ist der Witz der neurobiologischen Anthropologie und gibt ihr das Aussehen einer therapeutischen Maßnahme. Unversehens weiß man sich entlastet von den tausend Gründen, die einem täglich durch den Kopf rauschen und nun, da sie sich in neuronale Kausalbeziehungen übersetzen lassen, ihr drückendes Gewicht verlieren. Das Mentale ist bloß ein Epiphänomen des Neuronalen, so heißt dieser Entlastungsvorgang in der Sprache der Gehirnforschung. Worte, Schrift und Gedanken sind demnach ohne jede kausale Relevanz für irgendeinen Lebensvollzug. Relevant sind lediglich ihre materiellen Substrate, die Schallwellen oder Lichtfrequenzen, die als Materie auf die Neuronen wirken – gemäß den Energieerhaltungssätzen der Physik, wonach nur Materie auf Materie Energie ausüben kann. Die soziokulturelle Welt als neuronales Makrogeschehen.“
(Christian Geyer, in Hirnforschung und Willensfreiheit, Suhrkamp 2004, S.14 f)


ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Deine These, dass ein einzelner an der Welt nichts ändern kann, wird doch eigentlich durch jeden bahnbrehenden Erfinder, herausragenden Denker, mitreißenden Revolutionär widerlegt. Und auch im kleineren Rahmen verändern einzelne Menschen die Welt. ...
Und irrst Dich damit. Gezeichnet: Einstein, Gates, Kant, Castro, Archimedes, Descartes, Watt

Im Nachhinein sind die Beiträge von Einstein gigantisch, umwerfend, Weltbild verändernt. Hätte man ihn 189x irgendwann in Zürich (glaube ich) gefragt, lieber junger Freund im Patentamt, was wollen sie morgen denn machen? Hätte er da wirklich reinen Herzens geantwortet: "Ich will morgen und die nächsten 20 Jahre die Welt verbessern, das Grundverständnis der Physik entscheidend voranbringen, die Quantentheorie vorbereiten helfen und die Atombombe möglich machen. Sofort nach dem Frühstück morgen geht es los". NEIN.
Es ging aber nicht darum, ob Einstein hellsehen konnte, sondern Deine These war, ein einzelner Mensch könne die Welt ohenhin nicht ändern.
Das wäre damit widerlegt, ganz einfach.

ganimed hat geschrieben:Ich bestreite nicht seine Leistungen. Aber seine Motivation dafür war nicht der Gedanke: ich ändere mich und durch diese Änderung rette ich die Welt.
Nur, dass es darum nicht ging.

ganimed hat geschrieben:Seine Motivation war: ich habe unglaublich viel Spaß an logischem, wissenschaftlichen Denken und diesem Spaß gebe ich einfach immer nur nach. Dass er dabei zufällig ziemlich genial war, zufällig in dieser Zeit des physikalischen Umbruchs sich befand und die richtigen Ideen hatte, hat all das ermöglicht, wurde aber nicht aktiv vom ihm beeinflusst. Gleiches und Ähnliches gilt sicher für alle 500 Namen, die du noch impetto hast.
Die Welt wurde nachhaltig durch Einstein beeinflusst... und 500 bedeutende andere. Darum ging es. Nun bist Du assoziativer als ich, bleib einfach bei Deiner Behauptung die lautet, der einzeln könne eh nichts machen. Ist halt falsch.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Grenzwertige Formulierung, da „die Welt“ nichts tut (hatten wir eigentlich besprochen, Du stimmtest zu und hast revidiert, nur um hier hinter die einmal gewonnene Erkenntnis – oder war es dan doch keine? – zurückzufallen).

Versteckt sich in deinem Argument mehr als Wortklauberei?
Nein, nur das was Du gerne hast.

ganimed hat geschrieben:Ich räume bereitwillig ein, dass ich mit Begriffen sicher nicht sehr sorgfältig und immer fehlerfrei umgehe.
Was mich wundert, weil es doch das ist, was Du möchtest.

ganimed hat geschrieben:Du müsstest noch einmal näher erläutern, warum die Welt nichts tut, wenn sie mich doch beeinflusst.
Die Welt, Bayern München, Niedersachsen haben kein Zentrum, es kann sein, dass der einzelne Niedrsachse ganz andere Auffasungen hat, als die Niedersachsen. Aber wenn Du keinen Fisch magst, dann magst Du keinen Fisch.

ganimed hat geschrieben:Dass ich zu etwas zugestimmt und dann revidiert habe, daran erinnere ich mich nicht. Vielleicht ist dieser Eindruck nur zufällig entstanden?
Jetzt bin ich mal zu faul zum Blättern. ;-)

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ich weiß es nicht, wie kommst Du denn in diesem Getümmel zu der Auffasung, dass die Welt sich durchaus verbessert hat.

Meine Behauptung ist doch, dass es unmöglich ist, die Verbesserung zu quantifizieren. Die ganze 10% Idee ist deshalb völlig ohne Grundlage. Ich habe nie behauptet, dass man eine Verbesserung der Welt oder wenigstens eine Tendenz nicht diagnostizieren könnte. Es gibt da ja, wie erwähnt, jede Menge Statistiken, Wirtschaftsdaten, soziale Erhebungen, Amnesty International Reports, etc. Auch in seinem eigenen Verhalten kann man selbstverständlich über gewisse Zeiträume Veränderungen und Verbesserungen beobachten und feststellen. Das sind aber eben keine aktiven, zielgerichteten Verbesserungen und es sind keine in Prozent quantifizierbaren.
Darum geht es abeer doch gar nicht. Du hast die Idee im Kern völlig verfehlt, weil der Ansatz zwar 10% heißt, aber das nur ein symolischer Aufhänger ist. Es ging und geht nie darum etwas zu messen und mal eine blöde Frage: Hast Du Dir das tatsächlich durchgelesen?

Es kommt mir vollkommen seltsam vor, wie man diese Idee so fundamental missverstehen kann, selbst meine Mutter versteht ihn und das heißt was, denn die ist mit Angaben wie: eine Prise Salz oder eine Messerspitze Zimt heillos überfordert, für sie muss da 0,1673963 Gramm stehen, das versteht sie.
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon ganimed » So 2. Feb 2014, 20:39

Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Was also sind die negativen Folgen von zu viel Bequemlichkeit?

Die Welt könnte Dir komplett am Arsch vorbei gehen, was druchaus eien Möglichkeit ist, aber wie ich finde, kein schöner Zug. Ich würde jemanden wie Dich dann nicht gerne als Freund haben wollen.

Du verwechselst Bequemlichkeit mit Apathie und sagst dann noch, dass du das an mir nicht gutieren würdest. Na wenn es mehr nicht ist. Es gibt also keine wirklichen negativen Folgen wie Krankheit, Tod oder irgendwas substanzielles. Du sagst wirklich nur noch, dass du es nunmal nicht mögen würdest? Ein Zuviel an Bequemlichkeit und Zufriedenheit legen wir dann mal unter versucht aber nicht überzeugt zu den Akten. Wenn jemand es schafft, mit sich im Reinen zu sein, wenn jemand es sich bequem macht indem er nicht ständig das vergangene Verhalten in Frage stellt, sondern sich sagt, dass es unter den vorhandenen Umständen schon das richtige gewesen sei, dann lassen wir ihm ruhig diesen Vorteil, würde ich vorschlagen. Ohne Neid.

Vollbreit hat geschrieben:Gewöhnlich teilt man in Reize (Impulse) und Impulskontrolle, aus gutem Grund, da Impulskontrolle ein sehr wichtiger Faktor ist.

Wenn Wichtigkeit wirklich dein Aufteilungskriterium wäre, würdest du die Reize also als unwichtig erachten? Immerhin teilst du sie ja in eine andere Gruppe als die "wichtige" Impulskontrolle. Ich würde das Kriterium "Wichtigkeit" als unsinnig empfinden, da ja beides nunmal immer da ist und es ohne gar nicht geht. Deine Aufteilung in zwei Gruppen kommt mir daher nach wie vor völlig willkürlich vor.

Vollbreit hat geschrieben:Ich bin auch der Meinung, dass die meisten Entsicklungen so en passent verlaufen, man bemüht sich da nicht extra. Dennoch gibt es auch Situationen in denen man sich willentlich bemüht, z.B. ein Handwerk zu erlernen oder eine Fremdsprache oder nicht sofort zuzuschlagen.

Schon wieder so eine willkürliche Unterscheidung, wo es dir gerade passend zu sein scheint. Das willentliche ist doch auch nur wieder ein Faktor. Machst du für den etwa schon wieder eine neue besondere Gruppe auf? Da droht ja fast die Übersicht verloren zu gehen. Die Entscheidung, mehr Gemüse zu essen, ist Folge aller Faktoren an diesem Tag. Wenn am nächsten Tag sich die Faktoren geändert haben, nun dann isst man wieder weniger Gemüse aber lernt dafür Pferde beschlagen. Wieso sind das für dich zwei unterschiedliche Situationen? Im ersten Fall kann niemand ernsthaft behaupten, ich esse monokausal mehr Gemüse, weil ich es nunmal wollte. Und im zweiten Fall kann das für das Pferdebeschlagen auch niemand behaupten. Und genau um diese Gemeinsamkeit geht es mir. Niemand kann eine solche Verhaltensänderung als Verbesserungsleistung geltend machen.

Vollbreit hat geschrieben:Das passiert einem nicht einfach so.

Das behauptet auch niemand. Die Faktoren ändern sich als Folge von neuen Erfahrungen, geändertem Bewusstsein, neuen Regeln des Bundesamts für Pferde, usw. Alles deterministisch, wenn du verstehst, was ich meine.

Vollbreit hat geschrieben:Das was wir Erziehung oder Therapie nennen, beruht zentral auf dieser Auffassung.

Ich erziehe oder therapiere mich nicht über Nacht selber, einfach so, ohne Grund. Erziehung und Therapie fallen ebenfalls unter die von mir genannten Bereiche. Die Faktoren ändern sich, nicht einfach so, sondern aus irgendwelchen Gründen. Aber niemals aus dem Grund, weil sich jemand Abends vor dem Schlafen gehen einfach so, ohne vorherige Gründe, überlegt hat, sich zu verbessern.

Vollbreit hat geschrieben:Es ging aber nicht darum, ob Einstein hellsehen konnte, sondern Deine These war, ein einzelner Mensch könne die Welt ohenhin nicht ändern.
Das wäre damit widerlegt, ganz einfach.

Dein Argument stimmt nur so lange wie du dich weigerst, meine Definition von "etwas verbessern" zu benutzen. Die lautet: zielgerichtete Verbesserung, die man sich wirklich um der Verbesserung willen vornimmt und nicht wegen irgendwelcher Entscheidungsfaktoren, auf deren Auftauchen man keinen Einfluss hat. Wenn du aber eine eigene Definition benutzt, die du meines Wissens noch nicht einmal dargelegt hast, mag dein Statement ja vielleicht sogar Sinn ergeben. Nur müsstest du mir kurz noch erklären, wieso die in dieser Diskussion relevant sein sollte.

Vollbreit hat geschrieben:Die Welt wurde nachhaltig durch Einstein beeinflusst... und 500 bedeutende andere. Darum ging es.

Es ging vielmehr darum, ob Einstein und die 500 die Welt in meinem Definitionssinn verbessert haben. Nein haben sie nicht. Niemand hat das. Niemand kann das. Weil diese Art der Verbesserung eine Illusion und unmöglich ist. Dennoch ruft der Appell zu genau dieser Art der Verbesserung auf. Genau darum geht es (mir).

Vollbreit hat geschrieben:Du hast die Idee im Kern völlig verfehlt, weil der Ansatz zwar 10% heißt, aber das nur ein symolischer Aufhänger ist.

Habe ich das wirklich falsch verstanden? Ich dachte, die 10% sind ein symbolischer Aufhänger für die Idee, nur einen Teil von etwas anderem zu machen, als Beispiel nur 10% von 100%. Ich verstehe dies als Symbol für Quantifizierung. Es wird dabei zugrundegelegt, dass man messen oder wenigstens einschätzen könnte, ob man sich viel oder wenig, nur zu Teilen oder in Gänze verbessert. Diese Quantifizierungen, so mein Argument, halte ich ebenfalls für eine Illusion. Ich kann nicht recht glauben, dass ein Symbol, welches den Titel 10% trägt, nichts mit Quantifizierung zu tun hätte. Wofür, wenn nicht Quantifizierung, ist 10% ein Symbol?
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Re: Weltrettung mal anders

Beitragvon Vollbreit » Mo 3. Feb 2014, 00:00

ganimed hat geschrieben:Du verwechselst Bequemlichkeit mit Apathie und sagst dann noch, dass du das an mir nicht gutieren würdest.
Möglich, dass ich das verwechsle.
Wo ist für Dich der Unterschied?

ganimed hat geschrieben:Na wenn es mehr nicht ist. Es gibt also keine wirklichen negativen Folgen wie Krankheit, Tod oder irgendwas substanzielles. Du sagst wirklich nur noch, dass du es nunmal nicht mögen würdest?
Für mich ist das kein „nur“.

ganimed hat geschrieben:Ein Zuviel an Bequemlichkeit und Zufriedenheit legen wir dann mal unter versucht aber nicht überzeugt zu den Akten. Wenn jemand es schafft, mit sich im Reinen zu sein, wenn jemand es sich bequem macht indem er nicht ständig das vergangene Verhalten in Frage stellt, sondern sich sagt, dass es unter den vorhandenen Umständen schon das richtige gewesen sei, dann lassen wir ihm ruhig diesen Vorteil, würde ich vorschlagen. Ohne Neid.

Das gönne ich jedem, wie ich ja selbst ausführte, aber Du hast nach den Gefahren gefragt.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Gewöhnlich teilt man in Reize (Impulse) und Impulskontrolle, aus gutem Grund, da Impulskontrolle ein sehr wichtiger Faktor ist.

Wenn Wichtigkeit wirklich dein Aufteilungskriterium wäre, würdest du die Reize also als unwichtig erachten? Immerhin teilst du sie ja in eine andere Gruppe als die "wichtige" Impulskontrolle. Ich würde das Kriterium "Wichtigkeit" als unsinnig empfinden, da ja beides nunmal immer da ist und es ohne gar nicht geht. Deine Aufteilung in zwei Gruppen kommt mir daher nach wie vor völlig willkürlich vor.
Nicht zwei Gruppen. Impulse sidn immer da. Sie zur Not beherrschen zu können, ist ein Faktor, der Menschen oft weiter hilft und der uns (als Mitmenschen) sehr wichtig ist.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ich bin auch der Meinung, dass die meisten Entsicklungen so en passent verlaufen, man bemüht sich da nicht extra. Dennoch gibt es auch Situationen in denen man sich willentlich bemüht, z.B. ein Handwerk zu erlernen oder eine Fremdsprache oder nicht sofort zuzuschlagen.

Schon wieder so eine willkürliche Unterscheidung, wo es dir gerade passend zu sein scheint. Das willentliche ist doch auch nur wieder ein Faktor. Machst du für den etwa schon wieder eine neue besondere Gruppe auf?
Natürlich, eine bewusste Entscheidung treffen zu können, ist das was uns auszeichnet. Äußerst wichtig, da besteh ich drauf.

ganimed hat geschrieben:Da droht ja fast die Übersicht verloren zu gehen. Die Entscheidung, mehr Gemüse zu essen, ist Folge aller Faktoren an diesem Tag. Wenn am nächsten Tag sich die Faktoren geändert haben, nun dann isst man wieder weniger Gemüse aber lernt dafür Pferde beschlagen. Wieso sind das für dich zwei unterschiedliche Situationen?
Nicht alle Entscheidungen sind der Willkür oder der Tagesform unterworfen und bei dem dsas der Fall ist, dem vertrauen wir in der Regel nicht.
Wenn ich Dich frage, ob Du 14 Tage auf meine Wohnung aufpassen kannst und Du kannst mir sageb, dass heute alles gut geht, aber in drei Tagen... wer weit, dann würe ich Dich nie wieder dnach fragen (und Du würdest ein Stück in meinem Ansehen sinken).

ganimed hat geschrieben:Im ersten Fall kann niemand ernsthaft behaupten, ich esse monokausal mehr Gemüse, weil ich es nunmal wollte. Und im zweiten Fall kann das für das Pferdebeschlagen auch niemand behaupten. Und genau um diese Gemeinsamkeit geht es mir. Niemand kann eine solche Verhaltensänderung als Verbesserungsleistung geltend machen.
Es gibt Menschen, die etwas beschließen und es auch durchhalten. Das macht uns an, Prinzipientreue. Das kann auch nerven oder des Guten zuviel werden, aber dass jemand zu seinem Wort steht, komme, was da wollen, das nötigt vielen Menschen Respekt ab. Mir zum Teil auch und zwar auch dann, wenn ich das Vorhaben als solches gaga finde. Bitte auf die Formulierung „zum Teil“ achten.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Das passiert einem nicht einfach so.

Das behauptet auch niemand. Die Faktoren ändern sich als Folge von neuen Erfahrungen, geändertem Bewusstsein, neuen Regeln des Bundesamts für Pferde, usw. Alles deterministisch, wenn du verstehst, was ich meine.
Der Determinismus muss hier nicht bezweifelt werden, aber der freie Entschuluss eben auch nicht. Das Bewusstsein ändertsich nicht einfach so, vor allem bleibt es nicht auf Kurs, ohne aktive Eigenleistung.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Das was wir Erziehung oder Therapie nennen, beruht zentral auf dieser Auffassung.
Ich erziehe oder therapiere mich nicht über Nacht selber, einfach so, ohne Grund.
Das machter keiner, sondern manmuss mit einer Situation unzufrieden sein. Therapie ist für viele eine hohe Hürde, da muss schon massive Unzufriedenheit vorliegen. Ein altbekanntes Spiel, Freud nannte es Leidesndruck.

ganimed hat geschrieben:Erziehung und Therapie fallen ebenfalls unter die von mir genannten Bereiche. Die Faktoren ändern sich, nicht einfach so, sondern aus irgendwelchen Gründen. Aber niemals aus dem Grund, weil sich jemand Abends vor dem Schlafen gehen einfach so, ohne vorherige Gründe, überlegt hat, sich zu verbessern.
Ich glaube da irrst Du Dich. Du ahnst nicht, wie viel Leute von brennendem Ehrgeiz beseelt oder zerfressen sind, bei denen Optimierung, Effketivität und dergleichen zum Selbstzweck mutiert ist.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Es ging aber nicht darum, ob Einstein hellsehen konnte, sondern Deine These war, ein einzelner Mensch könne die Welt ohenhin nicht ändern.
Das wäre damit widerlegt, ganz einfach.

Dein Argument stimmt nur so lange wie du dich weigerst, meine Definition von "etwas verbessern" zu benutzen. Die lautet: zielgerichtete Verbesserung, die man sich wirklich um der Verbesserung willen vornimmt und nicht wegen irgendwelcher Entscheidungsfaktoren, auf deren Auftauchen man keinen Einfluss hat. Wenn du aber eine eigene Definition benutzt, die du meines Wissens noch nicht einmal dargelegt hast, mag dein Statement ja vielleicht sogar Sinn ergeben. Nur müsstest du mir kurz noch erklären, wieso die in dieser Diskussion relevant sein sollte.
Ich glaube Revolutionäre wollen genau das, was Du leugnest.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Die Welt wurde nachhaltig durch Einstein beeinflusst... und 500 bedeutende andere. Darum ging es.

Es ging vielmehr darum, ob Einstein und die 500 die Welt in meinem Definitionssinn verbessert haben. Nein haben sie nicht. Niemand hat das. Niemand kann das. Weil diese Art der Verbesserung eine Illusion und unmöglich ist. Dennoch ruft der Appell zu genau dieser Art der Verbesserung auf. Genau darum geht es (mir).

Wenn Du definitorisch festlegst, dass niemand die Welt verbessern kann und nur diese Defintion gelten lässt, dann kann natürlich (da per def) niemand die Welt verbessern.
Ich glaube nur, dass Deine Defintion exotisch ist und am allgemein Sprachverständnis vorbei.

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Du hast die Idee im Kern völlig verfehlt, weil der Ansatz zwar 10% heißt, aber das nur ein symolischer Aufhänger ist.

Habe ich das wirklich falsch verstanden?
Ja, total.
Das siehst Du schon daran, dass auch die, die dem Ansatz nichrt abgewissen können, für fopa (an andere denkend) zu viel, für Darth zu wenig, diese Problem alle nicht hatten. Mir kommt die Kritik auch maximal gekünstelt vor, aber nun bin ich in dem Spiel drin und ziehe es auch durch.

ganimed hat geschrieben:Ich dachte, die 10% sind ein symbolischer Aufhänger für die Idee, nur einen Teil von etwas anderem zu machen, als Beispiel nur 10% von 100%. Ich verstehe dies als Symbol für Quantifizierung.
Das auch, ja. Man könnte sagen: Ab heute werde ich Vegetarier (sofern man gut findet Vegetarier zu sein) oder ich höre mit dem Rauchen auf oder werde mich nie mehr mit meiner Frau streiten oder was auch immer. Wenn man nach drei Wochen süchteln dann
frustirert doch wieder ruacht ist es vielleicht besser einfach erst mal weniger zu rauchen oder mal einen vegetarischen Tag einzulegen oder was man eben will.
Halt bei allen Ideen, von denen man meint: Eigentlich könnte ich mal, aber bislang immer abgeschreckt war.
Aber wenn Du sagst, dass Du mit dem, was Du machst total zufrieden bist und wenn Du es nicht mehr bist sofort anders handelst, dann übererfüllst Du den Ansatz und er hat Dir nichts zu sagen.

ganimed hat geschrieben:Es wird dabei zugrundegelegt, dass man messen oder wenigstens einschätzen könnte, ob man sich viel oder wenig, nur zu Teilen oder in Gänze verbessert.
Nein, das ist ein Spiel. Es geht nei um eine echte Quantifizierung, das ist es, was Du nicht verstehst.

ganimed hat geschrieben:Diese Quantifizierungen, so mein Argument, halte ich ebenfalls für eine Illusion. Ich kann nicht recht glauben, dass ein Symbol, welches den Titel 10% trägt, nichts mit Quantifizierung zu tun hätte. Wofür, wenn nicht Quantifizierung, ist 10% ein Symbol?
Ehrlich? Wenn Du bisher nicht drauf gekommen bist, dann wirst Du es auch in Zukunft nicht. Entweder Du bist völlig kernentspannt, dann meinen Glückwunsch, denn die Metabotschaft ist irgendwie auch, sich mal locker zu machen, das ist dann bei Dir Eulen nach Athen tragen oder Du bist ein pendantischer Erbesenzähler, dann kann Dich so ein Ansatz niemals befriedigen.
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