Lumen hat geschrieben:Nanna möchte offenbar,
Nanna ist anwesend und erwartet, in einer Diskussion direkt adressiert zu werden. Wenn du diesen Grundrespekt nicht aufbringen kannst, dann geh und komm nicht wieder, denn für so ein Verhalten ist in einem Forum, das Nanna leitet, kein Platz. Klar soweit?
Lumen hat geschrieben: dass Religionen toleriert, also nicht verboten werden. Hier sind wir uns einig. Auch die sogenannten „atheistischen Fundamentalisten“, haben kein Interesse daran, Menschen zu verbieten, oder vorzuschreiben, was sie tun und lassen sollen.
Merkt man nix davon und halte ich für eine reine Schutzbehauptung. Den religiösen Fundamentalisten nehmen die atheistischen Fundamentalisten solche Lippenbekenntnisse ja auch nicht ab. Es hat schon seine Gründe, dass der klassische Liberalismus sich nie nur gegen juristische Einschränkungen der persönlichen Freiheit, sondern auch gegen die der "öffentlichen Moral" gewandt und ironischerweise in diesem Kontext oft - und zu Recht - die Religion attackiert hat. Stellt sich heraus, dass die Religion damit nicht alleine ist.
Lumen hat geschrieben:„I respect you too much to respect your ridiculous beliefs“ – Johann Hari (oft von Dawkins zitiert)
Performativer Selbstwiderspruch, wenn Religiöse pauschal abgewertet werden.
Lumen hat geschrieben:Eine Idee, oder ein Glaubensystem verdient keinen Respekt. Ideen oder Glaubensysteme sind keine Menschen und bedürfen keiner Schonung. Selbst wenn Religionen kompliziert sind, ist das kein Grund, die sonst gültige Unterscheidung aufzuheben. Wir haben auch Ansichten zu verschiedenen politischen Ideologien und sind der Meinung, dass manche objektiv besser (oder schlechter) sind als andere.
Als ob eine Weltanschauung kein integraler Bestandteil einer Persönlichkeit wäre. Wenn ich einem bekennenden Christen gegenüber "Das Christentum ist scheiße" sage, greife ich selbstverständlich auch die vor mir stehende Person an.
Meines Erachtens ist der Aspekt, der hier entscheidend ist, der Ton. Wer ohne einen Funken Taktgefühl brachialste Botschaften über anderer Menschen Überzeugungen in die Welt setzt und sich dann wundert, dass er dafür ausgegrenzt wird, braucht sich nicht zu wundern. Es ist ein Unterschied, ob ich zum Ausdruck bringe, dass Religion mich nicht überzeugt, oder eine Äußerung auf dem Niveau eines Nazivergleichs bringe. Meine Erfahrung, auch aus dem Nahen Osten, ist, dass die Aussage "ich bin nicht gläubig, mich überzeugt das nicht" auch von strikt Religiösen meist ohne Diskussion akzeptiert wird, sofern sie nicht mit einer Abwertung anderer Weltanschauungen verbunden ist.
Lumen hat geschrieben:Religionen auszunehmen, weil sie eine wie auch immer geartete magische Substanz hätten, ist
„Special Pleading“.
Ähm, ja... wer genau hat das hier irgendwo behauptet? Macht das Schattenboxen Spaß?
Lumen hat geschrieben:Jetzt haben manche Menschen erkennbar Probleme zu verstehen, was Atheismus eigentlich ist, über den heute diskutiert wird. [...] Die einflussreichen Leute sind oft Wissenschaftler, und die Leute die da mitmachen vertreten Werte wie gesunden Skeptizismus, kritisches Denken, Belege/Beweise für Behauptungen und so weiter. Man könnte auch sagen: „Gesunder Menschenverstand“. Es gibt also einen Unterschied zwischen Atheismus als generische Kategorie von Weltanschaungen und der, die im Zusammenhang von Dawkins relevant ist.
Du weißt schon, dass "gesunder Menschenverstand" im universitären Betrieb kurz über der Schimpfwort-Kategorie rangiert, weil sich dahinter meist populärwissenschaftliche Simplifizierungen verbergen? Aber das nur so nebenbei. Mir ist übrigens nicht ganz klar, inwiefern ich für mein ethisches Argument, dass im Rahmen einer pluralistischen Gesellschaft auch unsinnig erscheinende Weltanschauungen akzeptiert werden müssen, sofern ihre Protagonisten keine Bedrohung für Andere darstellen, in irgendeiner Weise Argumente schuldig geblieben bin.
Lumen hat geschrieben:Die Haltung von mir und vielen anderen „Neuen Atheisten“, ist die, dass es objektiv bessere und schlechtere Wege gibt, um an Wissen zu gelangen. Der beste bekannte Weg ist Wissenschaft, wobei unter Wissenschaft kein arkaner, undurchsichtiger Prozess verstanden wird, sondern die alltägliche Herangehensweise an alle möglichen Probleme. Die professionelle Wissenschaft hat diesen Prozess lediglich verfeinert.
Wir reden hier aber nicht darüber, ob man besser mit der Bibel oder dem Pschyrembel Medizin lehrt, sondern um die private Lebensgestaltung von Menschen, deren Privatsphäre dich schlicht einen Sch**ßdreck angeht.
Lumen hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:Kannst du rein hypothetisch für einen Augenblick den Gedanken zulassen, dass du vielleicht genausowenig einen privilegierten Zugang zur Wirklichkeit hast, wie Andere?
Nanna hat es hier geschafft, das Argument gegen religiösen Glauben vollkommen umzudrehen und noch zu beladen, denn nicht ich reklamiere „priviligierten Zugang“ sondern Gläubige tun es. Die Erkenntnisse die zum Beispiel von Wissenschaftlern zutage gefördert werden, sind im Prinzip für jeden einsehbar und nachvollziehbar. Religiöse „Einsichten“ hingegen nicht, die werden und wurden „speziellen Individuen“ offenbart und müssen dann von der Gemeinschaft geglaubt werden (das ist die Krux, die Nanna offenkundig nicht versteht – Belege von Nanna bitte, wie es denn sonst ist!).
Deine persönliche Agenda geht über das, was Wissenschaftler gemeinhin tun, deutlich hinaus und als derzeit praktizierender Wissenschaftler verwahre ich mich dagegen, mit deiner Hassrhetorik in einem Satz genannt zu werden. Mir ist kein einziges Mal bewusst, wo du für einen Augenblick den Gedanken hast an dich ranlassen können, dass in deiner Argumentation möglicherweise Lücken sind, und das ist alles, aber nicht der "gesunde Skeptizismus", den du hier vorgeblich predigst. Überhaupt ist das, was du vertrittst, ganz klar eine politische und keine wissenschaftliche Agenda, denn du machst keine empirischen Aussagen, sondern normative.
Genauso ist meine Position in dieser Debatte übrigens auch eine politische und keine wissenschaftliche, da wir keine Diskussion über wissenschaftliche Methodik führen (also ich zumindest nicht), sondern über den Umgang mit gesellschaftlichem Pluralismus und der Frage, welche Art von "kritischer" (ich würde für deine Äußerungen sagen: "feindlicher") Rhetorik in der Öffentlichkeit angemessen und zielführend ist.
Lumen hat geschrieben:Zum einen ist Nanna die Nennung jedes schwarzen Schwans, von denen es in der Religionsgeschichte reichlich gibt, ein Dorn im Auge. Zum anderen ist sein Einwand wieder mal Blödsinn. Denn Religionen haben keine Methode, für „mehr weiße Schwäne“ zu sorgen.
Ich habe kein Problem mit der Nennung schwarzer Schwäne, sonst hätte ich
hier in der Paralleldiskussion nicht selbst welche genannt. Den letzten Satz halte ich für falsch, weil es genug historische Beispiele gibt, wo religiöse Sittenvorstellungen zu konkreten Verbesserungen geführt haben. Ein Beispiel, das mir jüngst über den Weg gelaufen ist, ist die
Herausbildung des Spitalwesens in Europa.
Lumen hat geschrieben:Erstens ist das wieder Bullshit. Eine Religion (hier Christentum) kann nicht zugleich bestimmte Vorschreibungen machen und höchstwichtig sein, wie es für Gläubige ist, und dann wieder selektiv nicht, weil es Nanna nicht in den Kram passt. Sklaverei wird in der Bibel gutgeheißen. Dazu das witzige (und mit Bibelstellen belegte) Video von Nonstampcollector:
Ich habe nicht widersprochen, dass Sklaverei in der Bibel gutgeheißen wird. Trotzdem kann und wird das in Martin Luther Kings persönlicher Religionsinterpretation keinerlei Rolle gespielt haben. Ich hätte ihn vermutlich auch gern gefragt, wie das für ihn zusammen geht, aber wo nehme ich das Recht her, ihn hier zu einer Antwort zu zwingen? Entscheidend für mich als Mensch und Bürger ist, ob Martin Luther King die Sklaverei gutgeheißen hat und nicht, ob sie in einem Buch gutgeheißen wurde, das er mal gelesen hatte. Ich kann nur ansehen, welche Praxis ein konkreter Mensch verfolgt und daran muss ich ihn messen. Wer bist du, dass du King vorschreiben willst, dass er "falsch geglaubt" hat? Lass ihn doch gefälligst selbst entscheiden, wie seine Religion auszusehen hatte. Musst ihm ja nicht folgen.
Lumen hat geschrieben:Zweitens war Martin Luther King ein Baptist. Baptisten haben, als sie im Süden zur Zeit der Sklaverei Fuß fassen wollten, die Bibel so ausgelegt, dass sie Sklaverei (hier im Sinne der vorherrschenden Verhältnisse) unterstützt und waren dann auch gegen die Freilassung von Sklaven – anders als etwa Methodisten oder Quäker. Sie konnten so Sklavenhalter auf den großen Plantagen für sich gewinnen und damit wurden auch sehr viele Sklaven zu Baptisten (und dann deren Nachfahren, wie das bei Religion so ist).
Und ich würde sagen, dass es Sache der Baptisten ist, das aufzuarbeiten. Ich mache hier keine Werbung für den Baptismus, aber es geht mich schlichtweg nichts an, solange heutige Baptisten nicht die Wiedereinführung der Sklaverei fordern. Und wenn sie das täten, würde ich sie für genau das angreifen und nicht dafür, dass sie die Bibel lesen.
Lumen hat geschrieben:Mal kann man Sklaverei befürworten und es dient dann als Rationalisierung, auch wenn es manchen Leuten vielleicht unbehagen bereitete, und dann kann man irgendwann das Gegenteil behaupten, auch wieder wie man möchte. Es gibt aber nichts, worauf sich das stützt, Stichwort Epistemologie. Und deswegen ist dein Einwand kein Gegenbeweis, im Gegenteil.
Du hast so offensichtlich nicht verstanden, was ich geschrieben habe, dass es körperlich weh tut. Wenn ich weniger Fachbegriffe verwenden soll, dann sag halt was.
Lumen hat geschrieben:Wie oben etabliert, geht es nicht darum Religion zu verbieten, sondern zu kritisieren, und den Respekt, der ihnen entgegen gebracht wird zu kassieren. Dabei zeigen die Zahlen warum es nötig ist: Sie zeigen, dass problematische religiöse Ansichten weit verbreitet sind und dadurch geschützt werden, weil „Glaube an Bullshit“ gesellschaftlich anerkannt ist.
Ja, es gibt eine weite Verbreitung problematischer religiöser Ansichten. So stimmt die Formulierung. Die Formulierung "alle religiösen Ansichten sind problematisch" stimmt dagegen nicht. Würdest du die spezifischen Inhalte, die problematisch sind, kritisieren und vor allem überlegen, wie man wirksame Gegenstrategien, die über panisches Herumplärren hinausgehen, entwickeln könnte, würde ich in eine sehr angeregte Diskussion mit dir einsteigen. Aber so müssen wir halt erst mal darüber reden, warum übermäßiges Polarisieren einer demokratischen Öffentlichkeit mehr schadet als nutzt. Schade, die Zeit könnte produktiver investiert werden.
Lumen hat geschrieben:Zum Beispiel beim Glauben, im Sinne von „Faith“. Es ist hierbei nicht wichtig, worin jemand „Faith“ hat, sondern es geht hier um die Struktur von „Faith“ (auch insbesondere zu Wissen). Dann ignoriert Nanna Kontexte, wo sie wichtig sind. Warum Dawkins unter Beschuss von Kreationisten gekommen ist und wie das wohl mit seinem „atheistischen Fundamentalismus“ zusammenhängen könnte.
Ich ignoriere das nicht, ich glaube nur nicht, dass Dawkins meine persönliche Hilfe braucht, der kann sich ganz gut selbst wehren. Bei den Kreationisten, die ihre Dogmen in den Schulunterricht einführen wollen, sind wir ohnehin alle auf einer Seite.
Lumen hat geschrieben:Schließlich ist der Autor des Artikels selbst heftig persönlich motiviert, und wie Nanna „gläubig in Glauben“.
Ich bin nicht gläubig an den Glauben. Ich habe nur nicht so viel Angst vor ihm wie du, bin von Vielfalt generell fasziniert und außerdem der festen Überzeugung, dass mich die persönliche Kosmologie meiner Mitbürger nur dann etwas angeht, wenn sie daraus ableiten, mir schaden zu dürfen, was ich eher selten erlebe.
Lumen hat geschrieben:Ein bisschen mehr Ehrlichkeit könnte euch nicht schaden. Ich muss zwar schon ein bisschen grinsen, es am Ende mit einem PoMo/
Poststrukturalismus Studenten und einem Reinkarnationsgläubigen zu tun zu haben, aber so ist es eben (siehe auch die
Sokal Affäre)
Ich bin recht ehrlich, glaube ich. Ich glaube auch, dass du ehrlich bist, was auch ein bisschen traurig ist, weil das heißt, dass du das, was du da von dir gibst, tatsächlich so siehst.
Ich könnte dir auch auf Grundlage des Poststrukturalismus sehr viel über Ein- und Ausschlüsse erzählen, die du vornimmst und darüber, wie Feindbilder entstehen und Reihen gegen äußere Feinde geschlossen werden, so wie du es hier permanent zu veranlassen versuchst.
Übrigens kann ich mit meinem Astralkörper in die Zukunft sehen: Ich war mir sicher, dass innerhalb von drei Beiträgen die Sokal-Affäre genannt würde, so viel wie du den Postmodernismus erwähnt hattest. Aber Sokal ist so 90er. Die Fehlentwicklungen, die es damals gab und die sich einem radikalen Kontextualismus äußerten (was aber auch kein schlechtes Experiment war, das mal auf die Spitze zu treiben), sind u.a. im sich mittlerweile durchsetzenden practical turn längst kassiert worden.
Lumen hat geschrieben:Ich würde trotzdem den besseren Argumenten den Vorzug geben, und die habt ihr nicht gebracht. Und vergessen wir hierbei nicht, wie die Stoßrichtung ist: Woo-Meister möchte gern seine „other ways of knowing“ akzeptiert wissen, und bezeichnet dann Neue Atheisten als „fundamentalistisch“.
Ich habe nie von "other ways of knowing" gesprochen. Ich habe auch nie gesagt, dass ich Religionen für besonders wahr und überzeugend halte und bin auch kein Kulturrelativist (aus theoretischen und praktischen Erwägungen heraus, die ich notfalls auch noch erläutere, wenns nötig ist). Ich bin einfach nur der Meinung, dass in einer freien Gesellschaft erst mal jeder das Recht hat, so viel Bullshit zu glauben, wie er will und verträgt. Das nimmt dir nicht das Recht, öffentlich zu widersprechen und Ansichten zu kritisieren, aber das ist nicht das, was du tust. Du dämonisierst Gläubige und verhältst dich damit strukturell (da du das Wort ja so liebst) nicht besser als ein stockkatholischer Exorzist. Ich glaube dir auch nicht, dass du besonders viel Lust hättest, wirklich konkret bestimmte Ansichten zu untersuchen und fundiert zu kritisieren, dafür sind deine Ekelgefühle viel zu stark und dein Desinteresse an Religionswissenschaft viel zu ausgeprägt. Ich glaube, du stehst einfach nur auf diese Endzeitkampfstimmung.