(Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Vollbreit » Di 5. Aug 2014, 12:26

@ provinzler:

Überraschend schwer an verbindliche Zahlen für die Größe des Bürgertums zu kommen:
Auch bei der Bundeszentrale für politische Bildung waren ein paar ganz gute Artikel übers Bürgertum, auch über die Höhe der Einkommen der veschiedenen Berufsstände, aber kaum Zahlen, wer nun wozu gehörte. Eine rare Quelle bei wiki:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hochindust ... le_Gruppen
Ich glaube, das waren schon ein paar mehr, als Du annimmst, ist aber vielleicht auch egal.

Im Grunde genommen verbinde ich mit den meisten Ideen des Bürgertums recht warme Gefühle, ein bisschen schlecht wird mir immer bei der Obrigkeitshörigkeit der Bürgerlichen und ihren miefigen Vorurteilen. Aber gleichzeitig bietet genau das natürlich auch eine Nestwärme und die Berechtigung sich mitunter auch in Private zurückzuziehen, finde ich nach wie vor mehr als nur in Ordnung. Eine ganz schöne und ausgewogene Darstellung hierzu:
http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-g ... bewegungen

Ich mag die liebevolle Ironie im Blick und den Bildern eines Carl Spitzweg auf die Welt, der die Biedermeierzeit weder boshaft karikiert noch kritiklos verherrlicht.
Man spürt das Sehnsuchtsvolle aber in meiner Interpretation sehe ich auch, dass die möglicherweise als Ersatzbefriedigungen begonnenen Aktivitäten mehr sind als bloße Ersatzbefriedigungen und mitunter eigene Welten emergieren lassen, in denen man sich verlieren (oder finden) und geborgen fühlen kann.

Ich finde es auch ironisch, dass über den Umweg der Hirnforschung nun exakt wieder jene bürgerlichen Werte und Tugenden in die reaktiviert werden sollen, auf die man so großspurig meinte verzichten zu können. Ob Werteerziehung, gemeinsames Essen oder Hausmusik, so falsch ist das alles nicht, schon allein, weil Traditionen ja nicht einfach nur so tradiert wurden und werden, sondern weil sie gelebtes Wissen beinhalten.

Dass dieses Wissen auch unzeitgemäß werden kann, darf man nicht vergessen, aber ich vermute, dass die basalen Formen des Zusammenlebens sich nicht groß ändern und als kulturell wünschenswert durchaus definiert werden können.

Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, ob eine „Überfremdung“ eine reale Gefahr oder eine irrationale Angst ist, mir fällt nur auf, dass die vermeintliche Rückständigkeit zum Beispiel des Islam in dem was als rückständig deklariert wird, in vielem dem entspricht, was als gut bürgerlich erscheint und nicht im tiefsten Mittelalter, sondern durchaus noch vor 100 Jahren an der Tagesordnung waren. Ganz en passent liest man von religiösem Fundamentalismus im Schwaben um die vorletzte Jahrhundertwende in eienr Hesse-Biographie und dieser skurrile Ehrbegriff der uns bei den Moslems so sauer aufstößt, findet seine Entsprechung in jenen „tapferen“ Soldaten, für die die Vorstellung die Ehre zu verlieren bei weitem schlimmer war, als einen Arm oder gar das eigene Leben.

Das Bürgertum hob sich von den Proleten ab, was irgendwie auch notwendig war, denn die größere Mehrheit im Land der Dichter und Denker war noch bis vor kurzem erschreckend ungebildet, wie Götz Aly, den Du ja kennst, nachweist.
Es muss Dir, als empfindsamem Menschen doch den Magen umdrehen, Dich in der rechten oder meinetwegen konservative Ecke so oft in einem Boot mit Grenzdebilen und pathologisch Verirrten zu finden. Allzuoft ist das stilisierte Bild vom feinen Herren, der, wenn er ein paar Bier zuviel drin hat, mal daneben greift doch verlogen. Die gute Gesinnung im Verein mit primitiven Affekten, das geht nicht auf.

Wenn Du Dich wirklich mal auf die Psychologie stürzten solltest, dann findest Du unter amderem sowas:
Otto Kernberg hat geschrieben:„In Übereinstimmung mit Green vertrat ich die Ansicht, dass die Unfähigkeit, sich einem Wertesystem verpflichtet zu fühlen, das über Grenzen selbstsüchtiger Bedürfnisse hinausgeht, gewöhnlich eine schwere narzisstische Pathologie wiederspiegelt. Die Verpflichtung gegenüber einer Ideologie, die sadistische Perfektionsansprüche stellt und primitive Aggression oder durch konventionelle Naivität geprägte Werturteile toleriert, gibt ein unreifes Ich-Ideal und die mangelnde Integration eines reifen Über-Ichs zu erkennen. Die Identifizierung mit einer "messianischen" Ideologie und die Akzeptanz gesellschaftlicher Klischees und Banalitäten entspricht daher einer narzisstischen und Borderline-Pathologie. Dem gegenüber steht die Identifizierung mit differenzierten, offenen, nicht totalistischen Ideologien, die individuelle Unterschiede, Auotnomie und Privatheit respektieren und Sexualität tolerieren, während sie einer Kollusion mit der Äußerung primitiver Aggression Widerstand leisten - all diese Eigenschaften, die das Wertesystem eines reifen Ich-Ideals charakterisieren. Eine Ideologie, welche die individuellen Unterschiede und die Vielschichtigkeit menschlicher Beziehungen respektiert und Raum für eine reife Einstellung zur Sexualität läßt, wird den Personen mit einem höher entwickelten Ich-Ideal attraktiv erscheinen. Kurz, Adorno, Green und ich stimmen darin überein, dass Ich- und Über-Ich-Aspekte der Persönlichkeit das Individuum zu übergroßer Abhängigkeit von konventionellen Werten prädisponieren. Es ist berechtigt zu sagen, dass der spezifische Inhalt des Konventionellen durch soziale, politische und ökonomische Faktoren beeinflusst wird: Die Universalität der Struktur der Konventionalität in der Massenkultur jedoch und ihre Attraktivität für die Massen sind nach wie vor erklärungsbedürftig.“
(Otto F. Kernberg, Ideologie, Konflikt und Führung, Klett-Cotta, 1998, S.297f )


Du wirst dann vielleicht erleben, und ich würde es Dir von Herzen wünschen, dass man kleinkarierte Stereotypisierungen wie rechts oder links, atheistisch oder gläubig, samt affektiver Verstrickung und den dabei nicht ausbleindenden Verschwörungsideen (von denen man natürlich nicht denkt, dass, während man sie vertritt, es sich um Verschwörungsideen handeln könnte) wirklich komplett hinter sich lassen kann. Etwas, was Du derzeit bei Nanna mitverfolgen kannst, der mit einem Thema einfach durch ist.
Und „durch“ heißt hier nicht, dass man komplett anders denkt und nun die Fronten wechselt oder alle alten Einstellungen verliert oder verrät, sondern die affektive Komponente ist einfach raus.

Das Denken dahinter ist einfach eine andere Liga, aber in der spielen eben gerade nicht die, die sich gezwungen sehen fortwährend zu betonen, dass sie in einer anderen Liga spielen. Diese pseudoelitäre Herabsetztung anderer zeigt, dass es jemand nötig hat. Manchmal kann man das als Stilmittel einsetzen, aber muss dann auch erkenen, wo man wieder umschaltet und wer das nicht kann der mutiert zum McGeifer, wir ahnen,wer alles gemeint sein könnte.
Das klingt zwar etwas hanseatisch, aber Du hast da ja eine emotionale Nähe und viele Händler und Ökonomen folgten damals einem Ethos der heute flöten gegangen ist.
Vielleicht kannst Du Dich ja sogar der These von Nida-Rümelin anschließen, das ganze Interview finde ich lesenswert, auch wenn es Dir bei der Formulierung „Regulierung der Finfnanzmärkte vermutlich kalt den Rücken runterläuft. Aber versuch mal den ganzen Kontext zu erfassen, das ist nicht aus Primitivfloskeln wie: „Die Linken wollen ja immer die Märkte regulieren, damit die von der Leistungsfähigkeit anderer profitieren und sich als Gutmenschen generieren können“. Klar, kann man das auch so lesen:

Julian Nida-Rümelin hat geschrieben:Auch hier spielt die Philosophie eine zentrale Rolle. Aus der Beschäftigung mit diesem Thema ist ein Buch entstanden, das in diesen Tagen auf den Markt kommt, die „Optimierungsfalle". Darin geht es um eine Philosophie einer humanen Ökonomie. Ich bin nicht so blauäugig anzunehmen, dass allein eine andere Einstellung, eine anders motivierte Praxis ausreicht. Natürlich braucht es Institutionen, Regeln, braucht auch Regulierung auf den Weltfinanzmärkten, dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass ein wesentlicher Teil dieser Weltfinanzkrise, auch was uns möglicherweise jetzt noch bevor steht, damit zusammenhängt, dass sich die Ökonomie als System aus allen kulturellen und moralischen Kontexten zunehmend, vor allem die Weltfinanzmärkte, herausgelöst – oder zumindest versucht hat sich herauszulösen.
Um ein konkretes Beispiel zu nehmen, das derzeit vor vielen Gerichten verhandelt wird und daher nicht uninteressant ist: Sie gehen zu einem Bankschalter und bitten als ganz normaler Bürger um Beratung, wie ihr Geld mit einem gewissen Zinsertrag angelegt werden kann. Sie bekommen eine Auskunft: Und hier müssen sie davon ausgehen können, dass diese erstens wahrhaftig ist, dass die Person, die ihnen die Auskunft gibt, das glaubt, was sie sagt und nicht nur danach Auskunft gibt, was sie als Belohnung erhält, wenn es zum Vertragsabschluß kommt. Zweitens muss das, was gesagt wird übereinstimmen mit dem, was am Ende im Kleingedruckten steht. Niemand kommt in einer humanen Ökonomie auf die Idee, dass man jeden Nebensatz lesen und zum Anwalt laufen und sich beraten lassen muss, was dort drin steht – wenn man also damit einverstanden ist, geht man davon aus, dass das, was gesagt wurde mit dem Vertragsinhalt übereinstimmt. Das ist aber offenkundig nicht selbstverständlich. Deswegen wird gegenwärtig in Tausenden von Fällen vor Gericht gestritten.
Das heißt aber: Grundregeln der menschlichen Verständigungspraxis, Wahrhaftigkeit, Vertrauen, Verläßlichkeit sind systematisch verletzt worden und zwar mit zunehmender Tendenz. Von älteren Bankern hört man oft, dass es einen Generationswechsel gegeben hat – mit Hinblick auf das Ethos des anständigen Kaufmanns. Dieses Ethos war für diese Generation noch unverzichtbar gewesen – für eine neue Generation aber, die anderes sozialisiert wurde, ist dies nicht mehr selbstverständlich.
Es ist eine Illusion zu meinen, man könnte alles rechtlich regeln. Man kann viel rechtlich regeln, aber wie schwierig dies ist, zeigt sich zum Beispiel beim Strafrecht. Wir als Normalbürger kennen die Bestimmungen des Strafrechts nicht, nur ganz wenige vielleicht. Wir verhalten uns im Alltag anständig nicht deswegen, weil wir befürchten, eine bestimmte Norm im Strafrecht zu übertreten und deswegen bestraft zu werden. Dennoch brauchen wir das Strafrecht, weil es genügend Menschen geben würde, die Regeln verletzten, und andere, die dann davon betroffen und in ihren Rechten verletzt werden, die ihrerseits dann wieder die Rechte anderer verletzen. Man braucht das Strafrecht, aber die Vorstellung, dass das Strafrecht steuert, die primäre Steuerungsinstanz ist, ist völlig abwegig. Zuerst muss es ein Ethos anständigen Verhaltens im Alltag geben. Und wir hoffen alle, wenn wir uns anständig verhalten, dann auch keine strafrechtlichen Normen zu verletzen. Und so ähnlich ist es mit der ökonomischen Praxis. Gerade im Bankenwesen, in der Finanzkrise 2008 und möglicherweise 2011, gab es zu viele unsittliche Verträge, selbst wenn diese rechtsförmig waren. Es bedarf also institutioneller Regelungen, aber es ist eine Illusion zu meinen, eine humane, ökonomische Praxis funktioniert ohne Tugenden wie Anständigkeit, Verläßlichkeit, Vertrauenskultur und Kooperationsbereitschaft.
http://www.tabularasa-jena.de/artikel/artikel_3705/


Mit der Forderung dieser Tugenden, über das was rechtsgültig ist hinaus, knüpft man dann natürlich wieder an einen Bereich durchaus bürgerlicher Moralvorstellungen an.
Wie gesagt man kann sich das auch von Manfred Spitzer erklären lässen, wenn man den Zusatz „hat die Wissenschaft herausgefunden“ für sein Seelenheil dringend benötigt.


@ Gandalf:

Na, hauste wieder kräftig auf die Brechtrommel?
Du bist für Ironie völlig verloren, wie alle notorischen Rechthaber.
Zuletzt geändert von Vollbreit am Di 5. Aug 2014, 12:58, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon xander1 » Di 5. Aug 2014, 12:30

Jetzt sind wir aber arg vom Thema abgekommen.
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Vollbreit » Di 5. Aug 2014, 12:34

Das erlauben wir uns, so kurz vor Pfortenschluss. :kg:
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon provinzler » Di 5. Aug 2014, 13:21

Vollbreit hat geschrieben:Überraschend schwer an verbindliche Zahlen für die Größe des Bürgertums zu kommen:
Auch bei der Bundeszentrale für politische Bildung waren ein paar ganz gute Artikel übers Bürgertum, auch über die Höhe der Einkommen der veschiedenen Berufsstände, aber kaum Zahlen, wer nun wozu gehörte.

Karl Mays in Deutschland spielende Geschichten darf man da glaub ich schon getrost, als durchaus repräsentativ annehmen, zumal er selbst ja auch sich sehr wohlwollend über (gute) Hausfrauen äußerte, ganz als Kind seiner Zeit. In ländlichen Regionen war es da beispielsweise noch so, das selbst ein Volksschullehrer unter Umständen bei den umliegenden Bauern noch betteln gehen musste. Wenn man berücksichtigt wieviele Menschen damals noch in der Landwirtschaft und Kleinsthandwerk oder Kleinstgewerbe tätig waren, wo das "Hausfrauenmodell" wegen der fehlenden Trennung von Arbeitsplatz und Wohnort ohnehin nicht existiert, denke ich schon, dass ich mit meinen obigen Zahlen nicht weit weg bin. Wie gesagt, das bezog sich auf die Gesamtbevölkerung 1850 und 1900. In wohlhabenderen Großstädten oder etwas später (30er Jahre) sah das sicherlich shcon etwas anders aus.


Vollbreit hat geschrieben:Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, ob eine „Überfremdung“ eine reale Gefahr oder eine irrationale Angst ist,

Ich glaube nicht, dass Überfremdung auf aggregierter Basis hierzulande ein Problem darstellt, sondern allenfalls ein lokales Problem ist, wenn die Fremden sehr konzentriert irgendwo aufeinandersitzen. Denn dann ist die Umgebung erstens damit überfordert, diese Leute zu integrieren, und zweitens sind diese Leute nicht so drauf angewiesen. Wenn du drei Leute in ein 800-Seelendorf bringst, ist das kein Problem. Wenn du dreihundert Leute auf hundert solcher Dörfer verteilst, ist das auch kein Problem. Aber wenn du dreihundert Leute ins eine Dorf bringst und die 99 umliegenden Dörfer unter sich bleiben können, dann ist es erstens für die Migranten deutlich attraktiver unter sich zu bleiben, weil sie als Gruppe eh groß genug sind und das Verhältnis ist so, dass das Dorf mit der Integration zahlenmäßig überfordert ist.

VOllbreit hat geschrieben:Es muss Dir, als empfindsamem Menschen doch den Magen umdrehen, Dich in der rechten oder meinetwegen konservative Ecke so oft in einem Boot mit Grenzdebilen und pathologisch Verirrten zu finden. Allzuoft ist das stilisierte Bild vom feinen Herren, der, wenn er ein paar Bier zuviel drin hat, mal daneben greift doch verlogen. Die gute Gesinnung im Verein mit primitiven Affekten, das geht nicht auf.

Letztlich sind das doch alles Wunschbilder, wie sich die Menschen gern selber sehen. Wie wohlmeinend der typische Gutmensch ist, merkt man auch meistens erst, wenns nicht mehr um andrer Leute GEld geht, also beispielsweise das Asylantenheim in die eigenen Nachbarschaft gebaut wird, und die Bank zusätzliche Sicherheiten verlangt, weil der Wert des Grundstücks damit um 20% gefallen ist. Gute Menschen verteilen ihr eigenes Geld, Gutmenschen das andrer Leute.

Vollbreit hat geschrieben:Vielleicht kannst Du Dich ja sogar der These von Nida-Rümelin anschließen, das ganze Interview finde ich lesenswert, auch wenn es Dir bei der Formulierung „Regulierung der Finfnanzmärkte vermutlich kalt den Rücken runterläuft. Aber versuch mal den ganzen Kontext zu erfassen, das ist nicht aus Primitivfloskeln wie: „Die Linken wollen ja immer die Märkte regulieren, damit die von der Leistungsfähigkeit anderer profitieren und sich als Gutmenschen generieren können“. Klar, kann man das auch so lesen:

Mir stellen sich da deswegen die Nackenhaare auf, weil das letztlich Euphemismen sind. Politik ist letztlich ein anderer Begriff für organisierte Kriminalität. Das erkennt man auch an den Eckpfeilern dessen, was bei solch Regulierungsbestrebungen faktisch immer rauskommt. Künstliche Markteintrittshürden durch mehr Bürokratie stärken den Branchenkonsolidierungsprozess und schaffen damit politische Renten, für die Politiker dann mit allerlei Zuckerl (Beraterverträge, Aufsichtsratsposten, Ehrungen, hochbezahlten VOrträgen) belohnt werden. Zweiter Effekt ist immer die eigene Machtausweitung (Stichwort: Financial Repression)
Der Zunder für die FInanzkrise wurde übrigens von der Amerikansichen Regierung selber geschaffen. Per Community Reinvestment Act, der unter Carter beschlossen und seither immer weiter verschärft wurde, wurden Banken gesetzlich verpflichtet, bestimmte Kreditvolumina an Negeranten zu vergeben. Im Geschäftsbericht der Firma JP Morgan von 2005 findest du beispielsweise einen Hinweis, dass allein diese Bank unterschreiben musste Kredite in Höhe von 800 Milliarden Dollar an Leute zu vergeben, die diese Kredite nicht bedienen konnten.

VOllbreit hat geschrieben:
Um ein konkretes Beispiel zu nehmen, das derzeit vor vielen Gerichten verhandelt wird und daher nicht uninteressant ist: Sie gehen zu einem Bankschalter und bitten als ganz normaler Bürger um Beratung, wie ihr Geld mit einem gewissen Zinsertrag angelegt werden kann. Sie bekommen eine Auskunft:

Das ist auch sachlich falsch. Du bekommst da genausowenig eine echte Beratung wie im Bekleidungsgeschäft. Eine echte Beratung würde sich dadurch auszeichnen, dass sie Geld kostet. Daran, dass dies nicht der Fall ist, ist zweifelsfrei erkennbar, dass es sich um ein Verkaufsgespräch handelt.
Wenn du dich beim Anwalt beraten lassen willst, kostet das ja auch mal paar Mark fuffzich...
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Vollbreit » Mi 6. Aug 2014, 13:50

@ provinzler:

Nee, da kommen wir nicht zusammen, müssen wir aber auch nicht.
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Gandalf » Do 7. Aug 2014, 09:13

@Vollbreit
"Der ideale Untertan ist historisch ahnungslos, hysteriebereit und unbewaffnet." -- Michael Klonovsky
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Vollbreit » Do 7. Aug 2014, 09:53

Ich würde sagen, der ideale Untertan ist zutiefst überzeugt davon, dass er mit Sicherheit kein Untertan ist.
Inzwischen hat die Werbebranche den Individualisten von der Stange schon löngst im Visier, von der passenden Biersorte bis zur Automarke und natürlich der Paarvermittlung.

Wirkliche Individualisten erkennt man daran, dass sie es sich erlauben können, gelegentlich auch das gut zu finden, was viele gut finden und nicht immer zwanghaft ihre Besonderheit betonen müssen. Mal ist man im Mainstream, mal in einer Randgruppe, mal der Einzige, der so denkt und fühlt und dann wieder in der Masse. Gerade so, wie es einem gefällt, weil man allzu seichte Ideale erkannt und hinter sich gelassen hat.

Das ist postkonventionelle Freiheit, der Gegenentwurf, bei allem was die Masse, die dumme, gut findet, "Verführung" zu rufen und sich demonstrativ abzuwenden ist allenfalls pubertär und vor allem viel zu angestrengt.
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Gandalf » Do 7. Aug 2014, 18:24

@Vollbreit!

,..und Du weist natürlich ganz genau, was "wirkliche Individualisten" sind - gelle? ...'seichter' geht's wohl nimmer -lol-

Da halte ich mich doch weiter an Ayn Rand:

"Gerechtigkeit ist die Anerkennung der Tatsache, das es moralsicher Betrug ist, euere Verachtung für die Laster der Menschen zu verheimlichen und moralische Unterschlagung, eure Bewunderung für ihre Tugenden nicht zu zeigen."
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Gandalf » Do 7. Aug 2014, 18:29

Wieder mal was von einem Wirtschaftskriminellen, der sich "(Sozial-)Wissenschaftler" nennt mit "überraschenden Erkenntnissen":

Man hätte es ahnen können, - die Nazis waren's (und sind's, natürlich, die das abstreiten). Adolf persönlich hat wahrscheinlich Mann und Frau 'konstruiert'.

"Bis in die 1920er Jahre sprach man von ­Geschlechtervielfalt. Mit den Nazis kam die Theorie einer weitgehend klaren biologi­schen Zweiteilung, die auch immer noch im Biologiestudium vermittelt wird, obwohl die aktuelle Forschung längst weiter ist. Solche einfachen Thesen machten mich stutzig, und ich erkannte, dass die vermeintlich natür­liche Zweiteilung viel Leid mit sich bringt."
http://chrismon.evangelisch.de/artikel/ ... frau-19543
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Vollbreit » Do 7. Aug 2014, 21:48

Gandalf hat geschrieben:
,..und Du weist natürlich ganz genau, was "wirkliche Individualisten" sind - gelle?

Ich kenne zumindest die Motive derer recht gut, die versuchen sich krampfhaft "die Masse" vom Leib zu halten.
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon stine » Fr 8. Aug 2014, 16:55

stine hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Übrigens stine, ich argumentiere nicht biologistisch, insofern brauchst Du mir mit Insektenstaaten nicht zu kommen.

Vollbreit hat geschrieben:Tja, dumm gelaufen, denn die biologische Aufgabe des Männchens ist nun mal, seine Gene breit zu streuen, also absamen und weg. Insofern läuft alles prächtig in Richtung der Wiederbelebung biologischer Rollen. ;-)


Vollbreit hat geschrieben:Ich will nicht glauben, dass ich das wirklich erklären muss.

Und wieso willst du das nicht?
Ich habe wirklich nicht verstanden was der Hinweis auf die breite Samenstreuung soll, wenn das nicht ein biologistischer Hinweis auf die Aufgabe des Männchens ist.
Erklär doch das bitte aus soziologischer Sicht und aus Gendervielfaltsicht nochmal etwas genauer.

LG stine
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon xander1 » Fr 8. Aug 2014, 19:24

Und gibt es dafür auch esoterische Erklärungen?
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Vollbreit » Sa 9. Aug 2014, 07:58

@ stine:

Meine ganze Antwort an Dich war in dem Sinne ironisch, als ich damit Deine Biologismen kritiserte, ausgedrückt in dem Satz:
stine hat geschrieben:Weil ich finde, dass die Gleichberechtigung der Frau, sofern sie nur dieselbe Vertragsmündigkeit und das Berufsrecht beinhalten, an der Tatsache vorbeigeht, dass Frauen und Männer eine biologische Rolle innehaben, derer sie nicht mehr gerecht werden können.


Du machst da kurzerhand etwas zur „Tatsache“, was man nicht also solche sehen muss und darauf ist meine Antwort im Grunde nur: Wer A sagt, muss auch B sagen.
Tust Du aber nicht, sondern Du berufst Dich selektiv – wenn es Dir in den Kram passt – auf die Natürlichkeit von Mann und Frau, die eben so sind, wie sie sind, basta und daran gibt’s auch nichts zu rütteln, hast Du ja nicht erfunden, sondern die Natur hat es so eingericht (um nicht gewollt zu sagen), machst dann aber – wenn es Dir in den Kram passt – einen Schlenker in die Richtung, zu biologisch sollte es dann doch bitte auuch nicht zugehen.

Absamen und weg, durchaus ein biologisch sinnvoller Ansatz, solange die Brut durchkommt – und wenn nicht, samt man eben doppelt so viel ab, irgendwer kommt schon durch -, das soll dann doch nicht, sondern statt dessen forderst Du auf einaml das Biedermeieridyll ein. Sicher ist auch das irgendwie biologisch zu rechtfertigen, einfach weil alles irgendwie biologisch zu rechtfertigen ist, das macht den Biologismus zur Ideologie, für den Biologie nur noch ein Aufhänger für die pasenden Mythen ist.

Lebenslange Treue, lieb sein und „Nestbau“ ist biologisch ebenso zu rechtfertigen, wie das breite streuen der Gene durch zahllose Affären und auch Vergawaltigungen sind ein biologsich sinnvoller Ansatz. Nicht nur auf der Ebene Verhalten des Männchens in der Partnerschaft gibt es diese Palette von aus dem natürlichen Sosein abgeleiteten Pesudolegitimationen (Spielverderber nennen es auch den naturalsitschen Fehlschuss), immer nach dem gleichen Strickmuster: Was hier und heute exsitert muss gut sein, schließlich hat es sich evolutionär durchgesetzt.
Ein salomonisches „Tja, die Natur kennt eben viele Spielarten“, kommt der Lösung schon näher, denn tatsächlich sagt die Natur uns nicht und nie, was gut und richtig ist, was wir tun und lassen sollen. Das müssen und können wir selbst entscheiden, sollten bei dieser unser Entscheidung dann aber nicht auf „die Natur“ (und am besten noch was sie will und uns vorschreibt) zurückgreifen.

Das Problem ist, dass auch viele die ansonsten den Ansatz haben, zu erklären, dass „die Natur“ gar nichts will, sondern doof, tot, ungerichtet, zufällig (nur im Sinne akuteller, kurzfristiger Anpassungen funktionierend) ist, gerne darauf zurückgreifen – wenn es ihnen in den Kram passt – den Willen oder die Wahl der Natur zu bemühen.
Man kann sein persönliches Lieblingsverhalten damit schon erklären, aber nur weil man eben alles damit erklären kann. Und etwas, mit dem man alles erklären kann, erklärt was nochmal? Genau … nichts!


@ xander1:

xander1 hat geschrieben:Und gibt es dafür auch esoterische Erklärungen?

Natürlich, ich bau Dir gerne eine.

„Ist eben Karma“ ist das Äquivalent zu „hat die Natur so eingerichtet/gewollt“.
Ansonsten kannst Du das Samenspenden als den expansiven Ausdruck der Widder/Mars-Energie deuten, der eben, astrologisch gesehen, ein ganz normaler Baustein der Welt ist.

Man kann auch sagen, dass Yin und Yang in einem harmonsichen Verhältnis stehen müssen und dass die „natürliche“ Reaktion auf die vereinnahmenden Tendenzen des weiblichen Prinzips, vermehrte Yangaktivitäten sind. Also, schnell weg.

Du kannst natürlich auch das Gegenteil herleiten und magisch/altgriechisch argumentieren: Die Elemente Feuer und Wasser bedürfen eines Ausgleichs, das ist das Luftprinzip und die Erde ist die Materialisierung dieses Prinzips, also Familie.

Du kannst das belibig genau machen und in einem individuellen Geburtshoroskop schauen, wie hoch der Anteil an Mond/Krebs-Kräften ist (der familiäre Archetypus) und das ist wahlweise genau so (un)wissenschaftlich, wie man bereit ist, konkrete Aussagen zu formulieren, die dann auch prinzipiell falsifizierbar sind und deshalb verifiziert werden können. Die Sinn/Unsinn Grenze verläuft nicht dort, wo man den Blick entweder an den Sternenhimmel oder auf Graugänse, Bonobos oder Löwenrudel richtet, sondern dort, wo man immer noch eine Erklärung dafür findet, dass die vorlgelegte Deutung auch dann noch stimmt, wenn sie nicht widerlegt ist.

„Dann lebst du eben noch nicht dein volles Löwe-Potential“ ist nicht schlechter als der „unbewusste, aber dennoch zutiefst egoistischen Drang“ der jedem Gefallen biologistisch zugrundeliegen muss.

Die Immunisierungsstrategien der Esoteriker und Biologisten gleichen sich bis aufs Haar. Funny, isn't it?
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Zappa » Sa 9. Aug 2014, 15:01

Vollbreit hat geschrieben: Die Immunisierungsstrategien der Esoteriker und Biologisten gleichen sich bis aufs Haar. Funny, isn't it?

Immunisierungsstrategien brauche ich nur, wenn ich keine Daten habe und Unsinn trotzdem behaupten möchte.
Diesbezüglich unterscheiden sich Esoteriker und Biologen (Biologisten) schon fundmetal, gell?
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Vollbreit » Sa 9. Aug 2014, 16:08

Finde ich nicht.
Daten zu haben und Unsinn zu erzählen oder nicht, hat nichts miteinander zu tun.
Ich unterscheide übrigens Biologen und Biologisten.
Über Daten verfügen Astrologen auch.
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon xander1 » Sa 9. Aug 2014, 18:39

Hast du auch eine phantastische fiktive Erklärung, so im Stil von Harry Potter oder so oder irgendwas abgespacestes?
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Zappa » So 10. Aug 2014, 07:45

Vollbreit hat geschrieben: Daten zu haben und Unsinn zu erzählen oder nicht, hat nichts miteinander zu tun.
... Über Daten verfügen Astrologen auch.

Naja, ich meinte "echte" Daten, d.h. korrekt interpretierte, mit anerkannten Methoden gewonnene Ergebnisse, die von einem Expertenkollektiv ernst genommen werden. Ein Astrologe hat in diesem Sinn eben keine Daten und muss notwendig Unsinn erzählen.
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Vollbreit » So 10. Aug 2014, 11:20

Ach so, "echte" Daten.
Ich dachte immer Daten seien Daten.
Dass sie erst als "echt" durchgehen müssen und alles "unechte" zurückgewiesen wird, könnte Teil genau jener Immunisierungsstrategie sein, die ich meine.

Dir persönlich unterstelle ich das nicht, weil ich Dich als im besten Sinne sauber und konsistent argumentierend erlebe, wenngleich ich Dein Gottvertrauen in die Wissenschaft, ihre Methode und Redlichkeit nicht teile.
Du zuckst halt immer zurück, wenn es grundsätzlicher wird und Dein Zauberwort wäre wohl sowas wie überinterpretiert.
Ich bin auch da anderer Ansicht, kann es aber akzeptieren und ertragen, dass man so denken und glücklich und erfolgreich leben kann.

Ich könnte nicht z.B. Kahneman lesen und dann einfach weitermachen wie bisher, ich finde gerade da auch die echten Daten erdrückend.
Ist aber vielleicht einfach auch zu spät - und wohl auch nicht der richtige Ort - um das grundsätzlich auszudiskutieren.
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Nanna » So 10. Aug 2014, 13:43

Gandalf hat geschrieben:@Vollbreit
"Der ideale Untertan ist historisch ahnungslos, hysteriebereit und unbewaffnet." -- Michael Klonovsky

*schmunzel*
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Re: (Die heutige) Soziologie ist keine Wissenschaft

Beitragvon Zappa » So 10. Aug 2014, 18:01

Vollbreit hat geschrieben:Ich dachte immer Daten seien Daten.
Das ist naiv.
Vollbreit hat geschrieben:Du zuckst halt immer zurück, wenn es grundsätzlicher wird und Dein Zauberwort wäre wohl sowas wie überinterpretiert.
Den Angriff auf meine persönliche Position versteh ich nicht.
Vollbreit hat geschrieben:Ich könnte nicht z.B. Kahneman lesen und dann einfach weitermachen wie bisher.
Macht ja auch keiner, ich schon mal gar nicht. Aber es sind halt lediglich die Daten (im meinem Sinne) die belastbar und seine Interpretation derselben die interessant sind.
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