Harter atheistischer Determinismus

Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Dr Fraggles » Di 16. Sep 2014, 02:28

@ice: Der Kompatibilismus ist im Strafsystem insofern relevant als er dazu dienen kann die Gefährlichkeit eines Täters einzuschätzen (wobei hier kein notwendiges Bedingungsverhältnis vorliegt). Völlig überflüssig ist er um das Strafmass festzusetzen (willentlich-wissentlich contra unzurechnungsfähig). Da ist NUR der Gesellschaftsschutz massgebend, d.h. wer willentlich-wissentlich handelt muss nicht schon darum mit einer härteren Strafe rechnen als wenn er vermindert zurechnungsfähig gewesen wäre. Dass/Falls letzteres in der Regel wohl auch bei ausschliesslicher Geltung des Gesellschaftschutzes als Straffunktion "straf"mildernd sich auswirken würde, wäre auf Grund einer positiven Korrelation zwischen wissentlich-willentlicher Straftaten und Gefährlichkeit der Täter und nicht weil eine wissentlich-willentliche Straftat als "freier" oder "zurechnungsfähiger" erachtet würde (dies wohl ganz im Gegensatz zur kompatibilistischen Sichtweise die an solchen Freiheits- und Zurechnungsdefinitionen innerhalb des Determinismus festhält bzw. solche konstruiert).
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon AgentProvocateur » Di 16. Sep 2014, 03:38

Dr Fraggles, ich habe mal eine kleine Kompilation Deiner letzten Beiträge zuammengestellt:

mangelnden Reflektion deines Als-ob Zustandes. Das zeigt sich ja daran, dass du dich als "entscheidende" Entität empfindest. Würdest du den Willensbildungsprozess als das Wahrnehmen was er ist: ein determinieter Prozess, würdest du nicht mehr von Entscheiden reden [...] Übrigens implizierte auch eine inkompatibilistische Freiheit keine Allmacht oder Allwissenheit, sondern lediglich die Möglichkeit in derselben Situation relevant anders handeln zu können [...] Eine Definition der inkompatibilistischen Freiheit ist doch bekannt: unter denselben Bedingungen auch anders handeln/sich entscheiden können. Ich behaupte, dass dies verständlich ist. [...] Warum sollte ein auf deterministischem Wege zustande gekommene Entschuldigung wertvoll sein? [...] Wiedergutmachung ist nichts anderes als Vergeltung auf sublimierten Ebene. [...] Verzeihen ist auch dermassen unverträglich mit dem Determinismus [...] Will der Täter Wiedergutmachung leisten, dann will er Vergeltung leisten. [...] etwas bereuen im klarsten Bewusstsein, dass es unausweichlich geschehen musste, in diesem Fall etwas was man getan hat, kann nur ein Ausdruck dessen sein, dass man bedauert dass etwas (eigentlich alles) war wie es war. Keinesfalls kann es implizieren, dass man glaubt man hätte anders handeln können. Genau aber so wird es benutzt: "Mein Gott, hätte ich doch dies oder jenes nicht getan!". Wenn Bereuen moralisch gesehen rational sein soll, dann würde mich interessieren inwiefern. Es ist wie alles Moralische (in einem eigentlichen Sinn) mit einem Determinismus unverträglich. [...] Nicht umsonst behaupte ich, dass der Determinismus der Tod jeglicher Sinnhaftigkeit ist. [...] der Lebensvollzug selber ist ohne ein als inkompatibilistisch erfahrenes und gedeutetes Freiheitsgefühl nicht möglich [...] man muss ja hier fast fürchten wie ein Apostat oder Häretiker diffamiert zu werden wenn man sich gegen den "brightschen Humanismus" wendet und deren Ideologische Scheuklappen benennt) [...] Der Kompatibilismus ist im Strafsystem insofern relevant als er dazu dienen kann die Gefährlichkeit eines Täters einzuschätzen (wobei hier kein notwendiges Bedingungsverhältnis vorliegt). Völlig überflüssig ist er um das Strafmass festzusetzen (willentlich-wissentlich contra unzurechnungsfähig). Da ist NUR der Gesellschaftsschutz massgebend, d.h. wer willentlich-wissentlich handelt muss nicht schon darum mit einer härteren Strafe rechnen als wenn er vermindert zurechnungsfähig gewesen wäre.

Du behauptest viel, aber begründest wenig. Polemik alleine reicht nicht, Begründungen wären statt dessen schön. Es mag ja nun sein, dass Du was auch immer glaubst, aber damit das andere überzeugen könnte, müsstest Du zumindest ansatzweise argumentieren. Polemik derart "X ist richtig und wer X bestreitet, der lügt oder betrügt sich selber" oder derart ist wenig überzeugend.

Insbesondere musst Du nach wie vor erklären, was "anders handeln können unter denselben Umständen" bedeuten soll, was Du damit meinst, Du kannst nicht einfach sagen "weiß doch jeder und wer das nicht weiß, ist doof oder stellt sich doof".

Das zu erklären wäre Schritt 1; Schritt 2 wäre, plausibel zu machen, wieso ein ein "anders handeln können unter denselben Umständen" nach Deinem Verständnis notwendige und unverzichtbare Voraussetzung für Freiheit und/oder Verantwortungs- und Strafzuweisung sein müsse. Eben das ist der Dissens hier, das kannst Du daher nicht einfach als gegeben setzen.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Vollbreit » Di 16. Sep 2014, 10:37

ice hat geschrieben:Der springende Punkt ist der, dass, wenn (fast) alles determiniert ist, Nachdenken, Inne-halten und Reflektieren vor dem Entscheiden auch sehr wahrscheinlich determiniert sind, weil es Gründe/Ursachen geben muss, die zu solchen kognitiven Tätigkeiten führen.

Ja, und das habe ich dabei auch mitbedacht.

ice hat geschrieben:Diese Gründe/Ursachen sind uns zu einem kleinen Teil bewusst - der große Rest läuft unbewusst ab und ist uns meist nicht zugänglich.

Das ist egal, weil Freiheit auf dem gründet, was wir wissen, nicht auf dem, was wir nicht wissen.
Damit wird nicht geleugnet, dass es Bereiche des noch nicht Bekannten oder psychologisch Verdrängten und Verleugneten gibt, denn die gibt es.
Aber, wenn Freiheit sich aus dem Abwägen meiner derzeitigen Informationen und Vorlieben generiert, dann ist es egal wie vollkommen oder unvollkommen mein aktueller Informationsstand ist.
Ins Extrem getrieben würde das nämlich bedeutet, dass Willensfreiheit von Allwissen abhängig wäre und es ist eine eigeen Diskussion, ob ein allwissendes Wesen überhaupt noch etwas wollen kann, es weiß ja, was passiert.
Aber an der Untergrenze erscheint mir die Notwendigkleit des Allwissens eine zu starke Forderung zu sein, denn ich würde gerne die Bahn eines Meteors von der abrupten Richtungsänderung eines Fisches, der auf einen angeborenen Schlüsselreiz reagiert, vom immer stärkeren Eindimmen von Intentionen in das Verhalten von Eichhörnchen, Hauskatzen, Hunden und Affen differenzieren können.
Der Mensch verfügt zusätzlich noch über die Möglichkeit seine Affekte zu beherrschen, Affekt- oider Impulskontrolle und zugunsten kutltureller Fordrunge zurückzustellen. Der Rückgriff auf Triebstrukturen als Erklärung ist schon aus biologischer Sicht falsch, da hier Affekt und Trieb in einen Topf geworfen werden, aber das nur am Rande. Auch das noch mal eine gehörige Differenz.
Man kann das alles als Folge von Naturgesetzen oder -abläufen erklären, wenn man es denn tatsächlich so erklären kann und nicht nur einfach auf Differenzierungen verzichtet.

ice hat geschrieben:Diese bewussten Teile sind der Grund, warum wir meinen, dass wir frei entscheiden können - und das auch ständig im Alltag tun. So wie ich zB hier ganz bewusst und frei einen Beitrag schreibe. Aber die wirklichen Gründe/Ursachen für dieses Schreiben verlieren sich im Dunkeln der Vergangenheit, sobald ich anfange darüber nachzudenken.
Es gibt keinen wirklicheren Grund, als den, dass du mir antworten wolltest.
Selbst wenn man Ursachen in Form von Motiven, Zufällen, früheren Begegnunge, Interessenschwerpunkt bis zum Internetanschluss findet, warum Du mir antworten wolltest, was macht diese Ursachen wirklicher als Deinen freien Wunsch, den Du nun umgesetzt hast?
Warum ist Dein „Ach, dazu möchte ich doch noch was sagen, hier kann ich helfen, aufklären, mitsikutieren.“ unwirklich? Du kannst es doch formulieren und begründen.
Die Geschichte des Internet und der Stromversorgung sind notwendighe Voraussetzungen um mir hier zu antworten, aber nicht spezifisch für die Willensfreiheit.

ice hat geschrieben:Das meint Dr Fraggles wahrscheinlich mit Lebensfluss bzw. Willensbildungspraxis. Wir leben meistens unreflektiert dahin, wollen dies oder das, entscheiden und handeln wie wir eben wollen. Das funktioniert auch soweit ganz gut im Alltag. Sobald man aber anfängt, diesen Lebensfluss zu reflektieren und die These untersucht, wie es wäre, wenn alles determiniert ist, dann schlittert man unweigerlich in eine existentielle Irritation, weil Selbstverständlichkeiten wie Freiheit und Verantwortung plötzlich hinterfragt werden.

Ich kann das, wie gesagt, gut nachvollziehen und verstehen. Trotzdem neige ich zum Kompatibilismus, weil er lebenspraktischer ist - nicht unbedingt weil er mich theoretisch/philosophisch überzeugt.
Dann musstn Du den Thread noch mal durcharbeiten. ;)
Nein, im Ernst, man muss diese Themen nicht spannend finden, ich finde das Thema interessant, mitlerweile merke ich aber, dass mein Interesse etwas verflacht (weil ich die Fragen für weitgehend geklärt halte, die mich umtrieben), zugunsten anderer Themen.
Wie oben ausgeführt, dass wenn alles determiniert ist, auch tatsächlich alles determiniert ist, habe ich wenigstens versucht mitzuberücksichtigen. Da der Kompatibilismus das aber auch so meint, stört das seine Argumentation nicht, es ist auch dort von Anfang an mitbedacht.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Dr Fraggles » Di 16. Sep 2014, 14:47

AgentProvocateur hat geschrieben:Du behauptest viel, aber begründest wenig. Polemik alleine reicht nicht, Begründungen wären statt dessen schön. Es mag ja nun sein, dass Du was auch immer glaubst, aber damit das andere überzeugen könnte, müsstest Du zumindest ansatzweise argumentieren. Polemik derart "X ist richtig und wer X bestreitet, der lügt oder betrügt sich selber" oder derart ist wenig überzeugend.

"Ansatzweise argumentieren"...wenn das nicht polemisch ist. Wenn ich alles bis ins letzte (das heisst entsprechenden deinem nicht verstehen) begründen müsste, käme ich nie an ein Ende. Das sah ich bei der Debatte bezüglich Allwissenheit und inkompat. freiem Willen, welche ich als sich gegenseitig ausschliessend argumentativ (!) darlegte. Selbst nach x Beiträgen konntest du solches nicht nachvollziehen. Im übrigen kannst du ruhig eine Zusammenstellung meiner Argumente auflisten die ich vorbringe um das Verständnis des inkompat. Freiheitsbegriffes zu stützen. Solange du das nicht machst, bist du selbst im Verdacht nur Polemik zu betreiben. Ihr (du und Vollbreit) sagt wie ein sich automatisch vollziehendes Geschehen: definiere den inkompat. Freiheitsbegriff. Ich sage: auch ihr begreift was die Idee dahinter ist. Nirgends sagt ihr explizit, dass ihr das nicht versteht. Vollbreit sagt sogar selber dieser Idee noch bis vor zwei Jahren vertreten zu haben. Wenn ihr ausdrücklich sagt, nicht zu verstehen, was der intendierte Gehalt sei (das ist nicht deckungsgleich mit einer Definition, die ich eh schon gegeben habe und welche seit Jahr und Tag vorliegt), dann werde ich akzeptieren, dass ihr wahrhaftig so denkt. Ich sage, dass ich verstehe was damit intendiert ist und ihr könnt nun mir zu beweisen versuchen, dass ich die Unwahrheit sage oder mich selber belüge. Im schlimmsten Fall haben wir unterschiedliche Verstehenskapazitäten oder -Kriterien womit die Diskussion dann wohl auch ihr Ende finden wird. Denn wo man mit unterschiedlichen Prämissen (Verstehenshorizonten) argumentiert, gibt es keinen gemeinsamen argumentativen Weg.

Insbesondere musst Du nach wie vor erklären, was "anders handeln können unter denselben Umständen" bedeuten soll, was Du damit meinst, Du kannst nicht einfach sagen "weiß doch jeder und wer das nicht weiß, ist doof oder stellt sich doof".

Siehe oben. Und nur weil du behauptest (ohne zu argumentieren warum) ich müsse dies oder das, muss ich noch gar nichts. Deine Polemik ist ja auch daran ersichtlich, dass ich nie das Wort "doof" benutzt habe. Offensichtlich versuchst du damit meine Sprache zu verkindlichen, zu debilisieren.

Das zu erklären wäre Schritt 1; Schritt 2 wäre, plausibel zu machen, wieso ein ein "anders handeln können unter denselben Umständen" nach Deinem Verständnis notwendige und unverzichtbare Voraussetzung für Freiheit und/oder Verantwortungs- und Strafzuweisung sein müsse. Eben das ist der Dissens hier, das kannst Du daher nicht einfach als gegeben setzen.

Zu Befehl! Nein, ich muss gar nichts, nur weil du nicht fähig bist meine Argumente zur Kenntnis zu nehmen. Schritt 2 den du verlangst, folgt ja logisch aus Schritt 1. Wenn du ersteres nicht verstehen kannst, dann natürlich auch letzteres nicht (insofern zeugt die Zweiteilung deiner Aufforderung selbst von mangelndem logischen Denken).
Wie gesagt: ich habe alles schon dargelegt. Ich warte auf eine umfassende Auflistung meiner diesbezüglichen Argumente, mit entsprechenden Widerlegungen, die ich bisher auch nirgends finden konnte.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Dr Fraggles » Di 16. Sep 2014, 15:49

Vollbreit hat geschrieben:
ice hat geschrieben:Der springende Punkt ist der, dass, wenn (fast) alles determiniert ist, Nachdenken, Inne-halten und Reflektieren vor dem Entscheiden auch sehr wahrscheinlich determiniert sind, weil es Gründe/Ursachen geben muss, die zu solchen kognitiven Tätigkeiten führen.

Ja, und das habe ich dabei auch mitbedacht.

UND DAS SOLL EIN ARGUMENT SEIN??? UND MIR WIRFT MAN VOR NICHT ZU ARGUMENTIEREN...

Vollbreit hat geschrieben:
ice hat geschrieben:Diese Gründe/Ursachen sind uns zu einem kleinen Teil bewusst - der große Rest läuft unbewusst ab und ist uns meist nicht zugänglich.

Das ist egal, weil Freiheit auf dem gründet, was wir wissen, nicht auf dem, was wir nicht wissen.

Du sagst es: der epistemische Indeterminismus ist dein Anker der dich davor bewahrt den Determinismus knallhart wahrnehmen zu müssen.

Vollbreit hat geschrieben:Damit wird nicht geleugnet, dass es Bereiche des noch nicht Bekannten oder psychologisch Verdrängten und Verleugneten gibt, denn die gibt es.

Wie willst du um das Verdrängte und Verleugnete wissen? Verdrängung ist per definitionem unbewusst. Wie kann man ein Wissen um das nicht Gewisste haben ohe es damit aufzuheben?

Aber, wenn Freiheit sich aus dem Abwägen meiner derzeitigen Informationen und Vorlieben generiert, dann ist es egal wie vollkommen oder unvollkommen mein aktueller Informationsstand ist.

Richtig, WENN es sich so verhält. Mancher meint bewusst zu handeln, wo die wirklichen Ursachen andere sind (sagst du selber: Verdrängung). Zudem definierst du Freiheit hier als kompatibilistisch wo gerade das doch bestritten wird...und darauf käme es an und nicht wie du in der Lage bist deine Freiheit vor dir selber zu rechtfertigen.

Vollbreit hat geschrieben:Ins Extrem getrieben würde das nämlich bedeutet, dass Willensfreiheit von Allwissen abhängig wäre und es ist eine eigeen Diskussion, ob ein allwissendes Wesen überhaupt noch etwas wollen kann, es weiß ja, was passiert.

Falsch. Ice macht mit dem Hinweis auf das nicht bewusste Geschehen darauf aufmerksam, warum wir etwas als nicht determiniert erfahren (also wie es wirklich ist). Er sagt nicht: wenn wir alles wüssten, dann wären wir frei, sondern der Determinismus schliesst eine philosophisch überzeugende Freiheitsidee aus! Es ist erstaunlich wie oft du Sachen völlig falsch interpretierst...auf mich wirkt es als ob du gar nicht richtig liest was das Gegenüber sagt.

Vollbreit hat geschrieben:Aber an der Untergrenze erscheint mir die Notwendigkleit des Allwissens eine zu starke Forderung zu sein, denn ich würde gerne die Bahn eines Meteors von der abrupten Richtungsänderung eines Fisches, der auf einen angeborenen Schlüsselreiz reagiert, vom immer stärkeren Eindimmen von Intentionen in das Verhalten von Eichhörnchen, Hauskatzen, Hunden und Affen differenzieren können.
Der Mensch verfügt zusätzlich noch über die Möglichkeit seine Affekte zu beherrschen, Affekt- oider Impulskontrolle und zugunsten kutltureller Fordrunge zurückzustellen. Der Rückgriff auf Triebstrukturen als Erklärung ist schon aus biologischer Sicht falsch, da hier Affekt und Trieb in einen Topf geworfen werden, aber das nur am Rande. Auch das noch mal eine gehörige Differenz.

Letzteres ist alles geredet auf der Basis deines ursprünglichen Missverstehens...also an der Sache vorbei.

Vollbreit hat geschrieben:Man kann das alles als Folge von Naturgesetzen oder -abläufen erklären, wenn man es denn tatsächlich so erklären kann und nicht nur einfach auf Differenzierungen verzichtet.

Wenn du den von Ice intendierten Punkt verstanden hättest, würdest du verstehen dass man durchaus auf Differenzierungen verzichten kann. Ob man es naturgesetztlich erklären kann, ist völlig irrelevant im besprochenen Kontext.

Vollbreit hat geschrieben:
ice hat geschrieben:Diese bewussten Teile sind der Grund, warum wir meinen, dass wir frei entscheiden können - und das auch ständig im Alltag tun. So wie ich zB hier ganz bewusst und frei einen Beitrag schreibe. Aber die wirklichen Gründe/Ursachen für dieses Schreiben verlieren sich im Dunkeln der Vergangenheit, sobald ich anfange darüber nachzudenken.
Es gibt keinen wirklicheren Grund, als den, dass du mir antworten wolltest.

Für dich nicht, dem die Tatsache völlig determiniert zu sein offenbar nicht der Rede wert ist. Da kann man natürlich getrost alle uns nicht bewusst seienden Determinanten für nichtig erklären. Dieses Vernachlässigen, Ausblenden kennzeichnet ja gerade deinen Als-ob Modus (Als-ob ist nicht ad hominem sondern bezeichnet etwas Sachliches) der dir erst deine ZUFRIEDENHEIT mit der kompatibilistischen Freiheitsidee ermöglicht. Du selber nährst dich von einem zentralen Aspekt des inkomp. freien Willens: die (Illusion einer) offenen Zukunft.

Vollbreit hat geschrieben:Selbst wenn man Ursachen in Form von Motiven, Zufällen, früheren Begegnunge, Interessenschwerpunkt bis zum Internetanschluss findet, warum Du mir antworten wolltest, was macht diese Ursachen wirklicher als Deinen freien Wunsch, den Du nun umgesetzt hast?

Und immer noch redest du von deinem ursprünglichen Missverstehen her: Ice hat nicht sagen wollen, dass wenn wir alles wüssten wir freier wären, sondern im Gegenteil: je mehr wir Einblick in die determinierenden Kausalketten haben, desto weniger frei werden wir uns erleben und umso weniger wird der kompat. Freiheitsbegriff überzeugen können (und genau darum ist das was Ice sagt auch ein Hinweis darauf was der inkomp. Freiheitsbegriff an Gehalt intendiert).

Vollbreit hat geschrieben:
ice hat geschrieben:Das meint Dr Fraggles wahrscheinlich mit Lebensfluss bzw. Willensbildungspraxis. Wir leben meistens unreflektiert dahin, wollen dies oder das, entscheiden und handeln wie wir eben wollen. Das funktioniert auch soweit ganz gut im Alltag. Sobald man aber anfängt, diesen Lebensfluss zu reflektieren und die These untersucht, wie es wäre, wenn alles determiniert ist, dann schlittert man unweigerlich in eine existentielle Irritation, weil Selbstverständlichkeiten wie Freiheit und Verantwortung plötzlich hinterfragt werden.
Ich kann das, wie gesagt, gut nachvollziehen und verstehen. Trotzdem neige ich zum Kompatibilismus, weil er lebenspraktischer ist - nicht unbedingt weil er mich theoretisch/philosophisch überzeugt.

Dann musstn Du den Thread noch mal durcharbeiten. ;)
Nein, im Ernst, man muss diese Themen nicht spannend finden, ich finde das Thema interessant, mitlerweile merke ich aber, dass mein Interesse etwas verflacht (weil ich die Fragen für weitgehend geklärt halte, die mich umtrieben), zugunsten anderer Themen.

Grandios! Dass Spässe oft einen Kern Wahrheit enthalten dürfte hier der Fall sein: wer es bisher nicht verstanden hat, dass Vollbreit recht hat, wird's nie begreifen. Dass man eine Fragestellung ad acta legen kann mit der Begründung sie sei insofern geklärt als "sie einem umtrieb" ist einerseits überheblich andererseits bescheiden. Überheblich weil es suggeriert, dass Fragen nicht bei neu auftauchenden Argumenten in einem anderen Licht erscheinen könnten (nebenbei sagt es auch: ich habe alle Argumente verstanden und objektiv bewerten können und insofern steht die Wahrheit fest). Bescheiden weil "insofern es mich Umtrieb" doch eher auf das Persönliche verweist: dein Ziel war es ein Modus vivendi mit einer für dich funktionierenden, dir genügenden Freiheitsidee zu finden (d.h. deinen Bedürfnissen etc. entsprechend). Dass das aber kein philosophies Motiv ist, ist auch klar. Erinnert etwas an Epikurs Weisheit, dass solange man selber noch lebt der Tod nicht ist und wo der Tod ist, man selber nicht mehr ist, ergo: den Tod trifft man nie an. Du mogelst dich ähnlich durch: wo ich bin, ist der Determinismus nicht, wo der Determinismus ist, bin ich nicht.

Sorry, dass ich mir untreu wurde bezüglich meines Urteils, dass die Diskussion sich wohl erübrigt habe und mich dennoch zu Wort melde, aber wie du fast einen ganzen Beitrag hindurch dich von einem ersten Missverständnis leiten lässt (da du offenbar alles nur noch in deinen kompatibilistischen Kategorien zu interpretieren in der Lage bist), ist schon der Mühe wert nochmals einzuhaken, denn dir passiert das dermassen oft (das Missverstehen was der andere schreibt), dass es dich stutzig machen sollte (psychologisch gesehen)...nein, kein Rat oder Befehl, eine nüchterne Feststellung (dass solche "Fehlleistungen" ihre Ursachen, sprich: Determinanten, haben).
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Dr Fraggles » Di 16. Sep 2014, 16:36

@Agentprovocateur:
Da wir andere Verstehenshorizonte haben, könnte man ja z.B. eine Umfrage machen mit z.B. folgenden Fragen: "Was verstehen sie unter Freiheit?", "Was verstehen sie darunter wenn man sagt, jemand hätte auch anders handeln können, macht das für sie Sinn?".
Was wäre dein Kommentar wenn sagen wir 30% der Personen angeben würden unter der Idee "anders handeln zu können" etwas Sinnvolles, Verständliches zu verstehen?
Würdest du denken: na, die haben ein wenig philosophische Aufklärung nötig und gesetz den Fall, dass danach immer noch 10% sagen würden, dass sie zwar verstünden, dass eine solche inkomp. Freiheitsdefinition rational nicht explizierbar ist (und also auch nicht so existieren kann), aber für sie dennoch immer noch etwas Sinnvolles intendiere, würdest du dann denken: "Na ja, nicht jeder kann`s begreifen...". Mir scheint, dass du einfach ihr angebliches Verstehen des Intendierten abtun würdest als irrelevant und dich wieder der Definitionsfrage zuwenden würdest. Letztlich bleibt die nur dieser Weg oder aber einzugestehen dass es sich für manche Menschen eben sich so verhält, dass sie den inkomp. Freiheitsbegriff zugleich als nicht explifizierbare Sache ansehen und ihm dennoch gleichwohl einen sinnvollen intendierten Gehalt zusprechen (d.h. das der Horizont dessen was man als Verständlich begreift unterschiedlich sein kann).
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Dr Fraggles » Di 16. Sep 2014, 17:47

@Agentprovocateur:

Warum Verantwortung und Determiniertsein sich ausschliesen. Ganz einfach weil für mich evident ist, dass rationales Wollen keine hinreichende Bedingung ist. Dass jemand der keine Chance hatte anders handeln zu können, schuldig sein soll, ist für mich schlicht abstrus. Es widerspricht einer grundlegenden Intuition bzw. Evidenz: dass Schuldfähigkeit impliziert, dass die Tat auch anders hätte ausfallen können, dass ein Täter sich schuldig hätte machen können oder aber auch nicht. Ein Dachziegel der im Fallen jemanden verletzt ist auch nicht schuldfähig. Und der menschliche Zustand ist bezüglich der Wahlunfreiheit identisch. Wer dieses Kriterium zugunsten von irgendwelchen kompatibilistischen austauscht, mag damit zufrieden sein...für mich ich es an sich eine völlige Absurdität und hat bestenfalls den Status einer aus pragmatischen Gründen geforderte oder ind. Bedürfniskonstellationen gutgeheissene ad hoc-Argumentation.
Wir werden keinen Konsens finden: das was für dich o.k. ist, ist für mich absurd und widersinnig und allenfalls von pragmatischer Bedeutung (aber bestimmt nicht weil es eine überzeugende Freiheitsidee liefert).
Es gibt intelligente Menschen, auch Philosophen, die wohl aus ähnlichen Überzeugen den Kompatibilismus ablehnen (harte Deterministen oder inkomp. Freiheitstheoretiker, wobei letztere dummerweise (weil wohl nie einlösbar) das anstreben was ihr zu unrecht verlangt: eine explizierte Definition des inkomp. freien Willens. Na, wie auch immer...offenbar gibt es grundsätzliche Positionen die einen Konsens schlicht verunmöglichen (andere wären Grundhaltungen dem Dasein gegenüber wie Nihilismus, Pessimismus und Verwandtes).

PS: Ich hätte einen Kompromissvorschlag für die Strafpraxis: bei Eintritt gibt jeder an ob er Kompatibilist oder harter Determinist oder welche Position auch immer er vertritt (allenfalls auch seine Einstellung zu Straftheorien etc.). Das Strafverfahren erfolgt dann genau unter jenen Bedingungen die der Angeklagte als die seinigen angab. Der harte Determinist wird keine Vergeltungsstrafe erhalten, Strafe und Strafmass müssen bei ihm nicht notwendig korrelieren etc.etc.
Wäre doch ein hübsch pluralistisches System wo jeder das Gefühl haben dürfte gemäss seinen Überzeugungen gerecht behandelt worden zu sein. :lachtot:
Auch wenn obiges natürlich wenig ernst gemeint ist, so gibt es durchaus den Täter mit seinen Ansichten zur Strafwürdigkeit etc. So waren ja Hegel und Kant der Ansicht, dass der Täter ein Anrecht habe auf seine Strafe habe, ihm eine solche (angemessene) vorzuenthalten, hiesse ihn den Status eines autonomen Subjektes abzusprechen.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ice » Di 16. Sep 2014, 19:37

Vollbreit hat geschrieben:
ice hat geschrieben:Trotzdem neige ich zum Kompatibilismus, weil er lebenspraktischer ist - nicht unbedingt weil er mich theoretisch/philosophisch überzeugt.
Dann musstn Du den Thread noch mal durcharbeiten. ;)


Naja, ich war/bin ein sehr aufmerksamer Leser und habe, denk ich, alle Beiträge gelesen - ob ich auch alles verstanden habe, ist eine andere Sache ;)
Ich bleibe jedenfalls weiterhin harter atheistischer Determinist - habe aber nun vom Begriff Freiheit eine differenziertere Ansicht und werde auch weiterhin über dieses (für mich) spannende Thema nachdenken...

PS: Da das Forum leider bald schließt, möchte ich mich als Threaderöffner bei dieser Gelegenheit bei allen Teilnehmern für die rege und interessante Diskussion bedanken - es hat alle meine Erwartungen übertroffen und ich habe sehr viel gelernt dabei :thumbs:
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Dr Fraggles » Di 16. Sep 2014, 19:55

Folgende Aspekte sehe ich beim Kompatibilisten selber als den inkomp. Freiheitsbegriff indirekt als etwas Verstehbares ausweisend:
1) Dass der Kompatibilist erst mit dem epist. Indeterminismus (d.h. er weiss nicht schon im vornherein wie sein Entscheidung ausfällt, zugleich hat er aber die Sicherheit, dass er berechnend genug handeln wird, sich selber also nicht übertölpeln wird). Dieses nicht wissen (was heisst: ich weiss nicht wie mein Entscheid ausfallen wird) ist unabdingbar für das positive Gefühl welches der Kompatibilist beim Entscheidungsprozess hat: er wird getragen von der Illusion eine offene Zukunft vor sich zu haben, welchen erst sein "Entscheid" Form verleihen wird. Realität ist aber: dass sein Entscheid feststeht bevor er nur schon begonnen hat die Argumente hin und her zu wägen. Würde er den Determinismus so erleben, würde er seine Freude am Kompatibilismus schnell einbüssen...was könnte ihm die Freude wiedergeben? Die wirkliche und nicht nur die illusionäre Offenheit der Zukunft, sprich: der Sinngehalt des inkomp. Freiheitsbegriffes würde ihm begegnen. Und das heisst wiederum, dass der Kompatibilist selber immer schon diesen Aspekt des inkomp. Freiheit für die Tragfähigkeit seines Konzeptes mitbeanspruchen muss (dies gilt natürlich allgemein für alle die frei entscheiden zu können meinen).
2) Wenn der Kompatibilist zurückschaut und einen Entscheid bereut, was bereut er dann? Bereut er wie der Entscheidungsprozess im speziellen Fall determiniert war (das würde bedeuten, dass ihm der Determinismus zumindest retrospektiv bewusst werden müsste)? Oder was bereut er da genau, dass die Welt insgesamt in ihrem Sosein so ist wie sie ist? Oder bezieht sich die Reue lediglich auf die damals intendierten Folgen einer Handlung?
Ich behaupte (wieder einmal): dass wenn die Reue sich auf die Tat bezieht, der Kompatibilist in "Gefahr gerät" dem Kompatibilismus fremde Ansichten als Prämissen zu verwenden.
3) Was ist gemeint mit Aussagen der Art: "Hätte ich doch anders gehandelt, ich Idiot." "Das werde ich mir nie verzeihen, dass ich das tat." Ich behaupte, dass in manchen solchen Aussagen genau der intendierte Gehalt der inkomp. Freiheit mit eine Rolle spielt.
4) Oder angenommen man könnte die Entscheidungsfindung eines Menschen einem Computer bei entsprechender Programmierung und Eingabe der relevanten Informationen übergeben. 5 Minuten nach Eingabe würde der Entschluss feststehen. Würde der Betreffende dies als seinen Entscheid verstehen (auch wenn klar wäre, dass das Ergebnis identisch ist wie das von ihm eruierte)? Würde es ihn befriedigen? Würde er einen Mangel an "Freiheit" empfinden? Da liessen sich noch weitere Szenarien ausdenken, die offenlegen was alles dem Kompatibilisten wichtig ist und das ist mehr als er meint oder behauptet.
5)Wie auch immer: ich weiss, dass die Kompatibilisten alles in ihrem Sinn zu erklären versuchen werden...aber für den neutralen Beobachter scheint doch gegeben zu sein, dass sich die Kompatibilisten sich stärker an Aspekte des inkomp. Freiheitsbegriffes anlehnen als sie es ihrer eigenen Theorie gemäss eigentlich dürften. Wäre das der Fall, scheint es wiederum so, dass sie selber zumindest Aspekten der inkomp. Freiheit mit Verständnis begegnen.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Vollbreit » Di 16. Sep 2014, 20:35

Dr Fraggles hat geschrieben:Wie willst du um das Verdrängte und Verleugnete wissen? Verdrängung ist per definitionem unbewusst. Wie kann man ein Wissen um das nicht Gewisste haben ohe es damit aufzuheben?
Das finde ich hier ganz schön erklärt: http://www.psyheu.de/5068/psychologische-deutungen/

Dr Fraggles hat geschrieben:Mancher meint bewusst zu handeln, wo die wirklichen Ursachen andere sind (sagst du selber: Verdrängung).
Das ist egal, denn für meine Begründung ist nur relevant und kann nur relevant sein, was ich einsehe.
Der Satz: „Ich berücksichtige bei meinen Einstscheidungen auch das, was ich nicht weiß“, ist zutiefst sinnlos.


ice hat geschrieben:Ich bleibe jedenfalls weiterhin harter atheistischer Determinist - habe aber nun vom Begriff Freiheit eine differenziertere Ansicht und werde auch weiterhin über dieses (für mich) spannende Thema nachdenken...

Hier möchte ich noch mal einhaken und sagen, dass auch der Kompatibilismus den härtest möglichen Determinismus unterstellt.

Ansonsten hast Du das nach meinem Empfinden sehr schnell und gut verstanden und es freut mich wirklich, dass Dir und Zappa die Diskussion so viel gebracht hat, mir hat sie auch viel Spaß gemacht und ich habe zuvor von der großen Geduld und klugen Argumentation von AgentProvocateur profitiert, der mich an anderer Stelle dazu gebracht hat meinen inkompatibilistischen Standpunkt aufzugeben und bei dem ich dafür auch noch einmal bedanken möchte.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Dr Fraggles » Mi 17. Sep 2014, 00:15

Vollbreit hat geschrieben:
Dr Fraggles hat geschrieben:Wie willst du um das Verdrängte und Verleugnete wissen? Verdrängung ist per definitionem unbewusst. Wie kann man ein Wissen um das nicht Gewisste haben ohe es damit aufzuheben?
Das finde ich hier ganz schön erklärt: http://www.psyheu.de/5068/psychologische-deutungen/

Doch, ganz interessant. Wobei ich dabei bleibe: Verdrängungen sind allenfalls an Symptomen erkennbar, direkt zeigen sie sich nie (auch im Traum nicht). Und symptomfrei zu sein kann auch kein Garant dafür sein, dass nichts Verdrängtes mehr existiert.

Vollbreit hat geschrieben:
Dr Fraggles hat geschrieben:Mancher meint bewusst zu handeln, wo die wirklichen Ursachen andere sind (sagst du selber: Verdrängung).

Das ist egal, denn für meine Begründung ist nur relevant und kann nur relevant sein, was ich einsehe.
Der Satz: „Ich berücksichtige bei meinen Einstscheidungen auch das, was ich nicht weiß“, ist zutiefst sinnlos.

Hm, aber befriedigend ist das ja nun nicht gerade, sprich: genau so lange wie Verdrängtes zu keinen leiderzeugenden Symptomen führen. In der Regel würde der Psychoanalytiker wohl sagen, dass je weniger Verdrängtes desto mehr Wahrheit und Realitätsprinzip. Ich werfe dem Kompatibilismus wie du ja mittlerweile weisst vor, blind zu sein für das deterministische Geschehen, nicht nur grundsätzlich sondern auch im Speziellen wie eben in diesem Beispiel. Zudem sollte man sich doch eher daran orientieren was man wissen kann/könnte und nicht daran das was man nun mal weiss. Unwissen schützt vor Strafe nicht, wie es so heisst, zumindest dann nicht wenn man das Wissen in Erfahrung hätte bringen können. Falls ich dich richtig verstehe ist auch der, der gar nichts versteht ("ich muss nichts verstehn und entscheide legitim auf Grund meines Nichtwissens!") oder der völlig neurotische Mensch ein Kandidat um die kompatibilistischen Kriterien zu erfüllen.

Vollbreit hat geschrieben:
ice hat geschrieben:Ich bleibe jedenfalls weiterhin harter atheistischer Determinist - habe aber nun vom Begriff Freiheit eine differenziertere Ansicht und werde auch weiterhin über dieses (für mich) spannende Thema nachdenken...

Hier möchte ich noch mal einhaken und sagen, dass auch der Kompatibilismus den härtest möglichen Determinismus unterstellt.

Unterstellt...den härtest möglichen (ich dachte du glaubtest auch an nicht-determiniertes Geschehen?), den härtest möglichen...das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, klingt wie eine zu keinem Kompromiss bereite Kampfansage...und dann ist man so enttäuscht, dass es nur Schall und Rauch war. Wenn du ihn dir härtest im Bewusstsein präsent halten würdest (das würde ich als härtest bezeichnen...wäre als Übung doch eine recht nette Idee), dann wird dir nur schon das Wort Kompatibilismus nicht mehr verständlich erscheinen, mit Sicherheit aber nicht als adäquaten philosophischen Freiheitsbegriff.

Vollbreit hat geschrieben:Ansonsten hast Du das nach meinem Empfinden sehr schnell und gut verstanden...

...er hat verstanden, dass der Kompatibilismus philosophisch nicht hält was er verspricht, meintest du das?
Vollbreit hat geschrieben:...und es freut mich wirklich, dass Dir und Zappa die Diskussion so viel gebracht hat, mir hat sie auch viel Spaß gemacht und ich habe zuvor von der großen Geduld und klugen Argumentation von AgentProvocateur profitiert, der mich an anderer Stelle dazu gebracht hat meinen inkompatibilistischen Standpunkt aufzugeben und bei dem ich dafür auch noch einmal bedanken möchte.

Aha, von daher diese Busenfreundschaft, wusste jeweils nicht ob du nun sein Sprachrohr warst oder das reiner Zufall war. Na, wie auch immer, manche brauchen eben ihren Meister, daran ist auch nichts Verwerfliches (dumm nur wenn der Meister selber Scheuklappen trägt oder man dermassen im Sog des Meisers ist, dass das Selberdenken auf der Strecke bleibt)...würde das Forum nicht bald dicht machen, hättest du bei mir Unterweisungen in knallhartem Hinschauen beziehen können, gratis und franko.
Interessieren würde mich noch, wie du an den inkompat. Freiheitsbegriff glauben konntest ohne ihn zu verstehen? Ich meine du musst dir doch etwas darunter vorgestellt haben, etwas was dir vernünftig oder verständlich schien...finde das etwas rätselhaft, da du ja jetzt dem inkomp. Freiheitsbegriff rein gar nichts an Verständlichem zubilligen magst. D.h. warst du damals irgendwie nicht ganz bei Trost, mangelte es dir an etwas oder ging es dir schlecht, dass du an einem solch unverständlichen Nonsense etwas Verständliches wahrzunehmen glaubtest. War es ein Wahnzustand in dem du dich befandest? Oder der völlige Mangel an Reflektion, also keine bewusst-reflektierte Stellungsnahme dem Freiheitsproblem gegenüber? War es mehr eine gänzlich unphilosophische Alltagsintuition die dich da leitete?
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Dr Fraggles » Mi 17. Sep 2014, 02:26

Der Kompatibilismus und seine Ansicht, dass determiniertes Verhalten strafwürdig sei, lässt sich mit der Prädestinationlehre vergleichen. Bei letzterer gibt es nichts was ein Mensch tun könnte um seinem Los zu entkommen, es steht in keinem Zusammenhang mit seinem Wollen oder Tun welcher Art auch immer. Der Kompatibilismus meint nun, dass Menschen deren Leben (allfällige Zufälle ignorierend da an der Sache nichts ändernd) im Grunde bei ihrer Geburt oder schon früher bis zu ihrem Tod determiniert sind, also an sich wissbar wäre, weil ein unabänderlich determiniert Vorgegebenes, für uns aber sich in der Zeit nur Stück für Stück manifestierend, wobei ihr Schuldigwerden natürlich ebenso Teil dieses Determiniertseins ist, also bei Geburt schon feststeht (noch bevor die Person überhaupt existiert!), dass ein solches Determiniertsein Strafe zulässt, dass solche Schuldfähigkeit , wäre die Welt deterministisch (was sie wohl nicht ist), beim Urknall schon existiert hätte, die Person also bereits schuldig war, Milliarden Jahre bevor sie überhaupt existierte. Das ist der faktische Rahmen, innerhalb dessen der Kompatibilist meint Schuld und Strafwürdigkeit rational einen Platz zuweisen zu können. Das ist doch eine Abartigkeit sondergleichen, nicht weniger abartig als es die Prädestinations- oder Erbsündenlehre ist. Menschen die vor ihrer faktischen Existenz bereits dazu (prä)determiniert sind schuldig zu sein und keine Möglichkeit welcher Art auch immer besitzen um solche prädeterminiertes Schuldigwerden zu verhindern. Man wird schuldiggesprochen obwohl man weder auf sein Dasein noch auf sein Sosein in irgendeinem Moment irgendeinen Einfluss hat.
Und dann wird man noch von oben herab gefragt, warum man denn nun um Himmels willen, der Ansicht sei, dass der Determinismus und Schuldfähigkeit nicht kompatibel seien!? Da muss man schon sehr tief im Alltagstrott sein Leben verbringen, sich den Sachzwängen beugend ein Loblied auf den Pragmatismus singend, um dermassen basalste Gefühle und/oder Reflektionen bezüglich Schuldfähigkeit ignorieren zu können.
Meine Gleichung ist da schnell gefunden: Kompatibilismus = härtest möglicher Irrationalismus. Nicht nur irrational, sondern auch ekelhaft in seiner Verlogenheit (da selber sich nährend vom epist. Indeterminismus und einem radikalen Ausblenden des unterstellen "härtest möglichen Determinismus", diese Sachverhalte aber natürlich ebenso verleugnend und abstreitend).
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon AgentProvocateur » Mi 17. Sep 2014, 02:47

Dr Fraggles hat geschrieben:Wie gesagt: ich habe alles schon dargelegt. Ich warte auf eine umfassende Auflistung meiner diesbezüglichen Argumente, mit entsprechenden Widerlegungen, die ich bisher auch nirgends finden konnte.

Eine umfassende Darlegung Deiner Argumente solltest Du leisten. Damit könntest Du auch meine Ansicht und Behauptung, dass Du bisher nicht hineichend argumentiert hast, widerlegen.

Dr Fraggles hat geschrieben:@Agentprovocateur:
Da wir andere Verstehenshorizonte haben, könnte man ja z.B. eine Umfrage machen mit z.B. folgenden Fragen: "Was verstehen sie unter Freiheit?", "Was verstehen sie darunter wenn man sagt, jemand hätte auch anders handeln können, macht das für sie Sinn?".

Eine solche Studie habe doch oben bereits verlinkt: Klick. Ab Seite 12 wird dazu Stellung genommen, bzw. entsprechende Studien gennannt.

Dr Fraggles hat geschrieben:Was wäre dein Kommentar wenn sagen wir 30% der Personen angeben würden unter der Idee "anders handeln zu können" etwas Sinnvolles, Verständliches zu verstehen?

Meine Frage wäre dann, was sie darunter verstehen.

Jedoch die verlinkte Studie stützt nun mal Deine Ansicht nicht. Was nun?

Was würdest Du tun, wenn solche Studien Deine Ansicht nicht stützen? Die einfach ignorieren und als falsch bezeichnen oder für Deine Ansicht auf andere Art und Weise argumentieren, nicht mehr mit Rückgriff auf eine angebliche, aber gar nicht vorhandene Mehrheihtsmeinung, die Deine Ansicht unterstützt?

Dr Fraggles hat geschrieben:@Agentprovocateur:

Warum Verantwortung und Determiniertsein sich ausschliesen. Ganz einfach weil für mich evident ist, dass rationales Wollen keine hinreichende Bedingung ist. Dass jemand der keine Chance hatte anders handeln zu können, schuldig sein soll, ist für mich schlicht abstrus. Es widerspricht einer grundlegenden Intuition bzw. Evidenz: dass Schuldfähigkeit impliziert, dass die Tat auch anders hätte ausfallen können, dass ein Täter sich schuldig hätte machen können oder aber auch nicht.

Es mag ja sein, dass Dir das abstrus erscheint und/oder das Deiner Intuition widerspricht. Aber anderen erscheint es nicht abstrus und/oder widerspricht nicht deren Intuitionen. Was dann?

Dr Fraggles hat geschrieben:Ein Dachziegel der im Fallen jemanden verletzt ist auch nicht schuldfähig.

Ein Ziegelstein ist kein Mensch, der unterscheidet sich von einem Menschen dadurch, dass er keine internen Zustände hat, wie Absichten, Wünsche, Ziele, Überlegungen, rationale Fähigkeiten etc.

Dr Fraggles hat geschrieben:Und der menschliche Zustand ist bezüglich der Wahlunfreiheit identisch.

Ein Ziegelstein unterscheidet sich, wie gesagt, wesentlich von Wesen, die leben, Absichten, Wünsche etc. haben.

Dr Fraggles hat geschrieben:völlige Absurdität [...] ad hoc-Argumentation. [...] ist für mich absurd und widersinnig und allenfalls von pragmatischer Bedeutung (aber bestimmt nicht weil es eine überzeugende Freiheitsidee liefert).

Wo sind Deine Argumente? Es wäre, wie gesagt, ganz gut, wenn Du die mal zusammenfassen würdest.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon AgentProvocateur » Mi 17. Sep 2014, 03:01

Dr Fraggles hat geschrieben:Folgende Aspekte sehe ich beim Kompatibilisten selber als den inkomp. Freiheitsbegriff indirekt als etwas Verstehbares ausweisend:
1) [...] Dieses nicht wissen (was heisst: ich weiss nicht wie mein Entscheid ausfallen wird) ist unabdingbar für das positive Gefühl welches der Kompatibilist beim Entscheidungsprozess hat: er wird getragen von der Illusion eine offene Zukunft vor sich zu haben, welchen erst sein "Entscheid" Form verleihen wird.

Epistemischer Indeterminismus spielt eine große Rolle, das stimmt: man weiß nicht, wie man entscheiden wird. Diese Wissenslücke ist eine prinzipielle: man kann nicht vorab wissen, wie man entscheiden wird. Insofern ist die Zukunft offen und das ist keineswegs eine Illusion. Ein anderer Sinn von "offener Zukunft" (welcher nicht lediglich definitionsgemäß unbeeinflussbaren Zufall enthält, der als solcher keinen Beitrag zu einer wie auch immer gearteten Freiheit beitragen kann) müsste a) erst mal dargelegt werden und b) müsste gezeigt werden, dass dies unabdingbar für einen wesentlichen Freiheitsbegriff sei.

Dr Fraggles hat geschrieben:Realität ist aber: dass sein Entscheid feststeht bevor er nur schon begonnen hat die Argumente hin und her zu wägen.

Alles wird so kommen, wie es kommen wird, egal, ob es unbeeinflussbare Zufälle gibt oder nicht. Und, was ist Dein Punkt hier?

Dr Fraggles hat geschrieben:2) Wenn der Kompatibilist zurückschaut und einen Entscheid bereut, was bereut er dann? Bereut er wie der Entscheidungsprozess im speziellen Fall determiniert war (das würde bedeuten, dass ihm der Determinismus zumindest retrospektiv bewusst werden müsste)?

Wenn man eine Handlung bereut, bedeutet das wohl kaum, dass man meint, man könne die Handlung nachträglich ändern. Für andere ist Reue ein Anzeichen dafür, dass man sich zukünftig anders verhalten wird.

Dr Fraggles hat geschrieben:3) Was ist gemeint mit Aussagen der Art: "Hätte ich doch anders gehandelt, ich Idiot." "Das werde ich mir nie verzeihen, dass ich das tat." Ich behaupte, dass in manchen solchen Aussagen genau der intendierte Gehalt der inkomp. Freiheit mit eine Rolle spielt.

Weil?

Dr Fraggles hat geschrieben:4) Oder angenommen man könnte die Entscheidungsfindung eines Menschen einem Computer bei entsprechender Programmierung und Eingabe der relevanten Informationen übergeben. 5 Minuten nach Eingabe würde der Entschluss feststehen. Würde der Betreffende dies als seinen Entscheid verstehen

Nein, die Entscheidung, ob man das dann machen will oder nicht, würde zusätzlich getroffen werden.

Dr Fraggles hat geschrieben:5)Wie auch immer: ich weiss, dass die Kompatibilisten alles in ihrem Sinn zu erklären versuchen werden...aber für den neutralen Beobachter scheint doch gegeben zu sein, dass sich die Kompatibilisten sich stärker an Aspekte des inkomp. Freiheitsbegriffes anlehnen als sie es ihrer eigenen Theorie gemäss eigentlich dürften. Wäre das der Fall, scheint es wiederum so, dass sie selber zumindest Aspekten der inkomp. Freiheit mit Verständnis begegnen.

Du bist jedoch kein neutraler Beobachter. Es wäre schön, wenn Du nicht einfach immer wieder lediglich Behauptungen aufstellen würdest, sondern die jeweils auch begründen würdest.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon AgentProvocateur » Mi 17. Sep 2014, 03:17

Dr Fraggles hat geschrieben:Der Kompatibilismus und seine Ansicht, dass determiniertes Verhalten strafwürdig sei, lässt sich mit der Prädestinationlehre vergleichen.

Nein.

Dr Fraggles hat geschrieben:Bei letzterer gibt es nichts was ein Mensch tun könnte um seinem Los zu entkommen, es steht in keinem Zusammenhang mit seinem Wollen oder Tun welcher Art auch immer.

Das ist der wesentliche Unterschied. Determinismus bedeutet nicht Prädestination/Fatalismus. In einer determinierten Welt kommt es - im Unterschied zu einer Prädestination/einem Fatalismus - sehr wohl darauf an, was der Einzelne tut.

Das passt übrigens ganz gut zu der im obigen Link vertretenen Fehler-Theorie: inkompatibilistische Intuitionen von Menschen kann man gut damit erklären, dass fälschlich Determinismus mit Fatalismus (= die Überlegungen, Entscheidungen und Handlungen von Menschen haben keinerlei Auswirkung auf die Welt und das Geschehen darin) gleichgesetzt wird.

Dr Fraggles hat geschrieben:Und dann wird man noch von oben herab gefragt, warum man denn nun um Himmels willen, der Ansicht sei, dass der Determinismus und Schuldfähigkeit nicht kompatibel seien!?

Die Frage nach einer Begründung dessen sollte erlaubt sein. Denn das ist ja nun keineswegs einfach so selbstverständlich, wie Du immer tust.

Dr Fraggles hat geschrieben:Da muss man schon sehr tief im Alltagstrott sein Leben verbringen, sich den Sachzwängen beugend ein Loblied auf den Pragmatismus singend, um dermassen basalste Gefühle und/oder Reflektionen bezüglich Schuldfähigkeit ignorieren zu können. Meine Gleichung ist da schnell gefunden: Kompatibilismus = härtest möglicher Irrationalismus. Nicht nur irrational, sondern auch ekelhaft in seiner Verlogenheit (da selber sich nährend vom epist. Indeterminismus und einem radikalen Ausblenden des unterstellen "härtest möglichen Determinismus", diese Sachverhalte aber natürlich ebenso verleugnend und abstreitend).

Du magst Dich zwar auf Deine eigenen Intuitionen beziehen, aber das reicht leider nicht als Argument. Insbesondere auch deswegen nicht, weil Deine Intuitionen nicht verallgemeinerbar sind - siehe dazu nochmal die Studie oben. Und - mit Verlaub - sich gegenseitig Irrationalismus vorzuwerfen, bringt es auch nicht.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Vollbreit » Mi 17. Sep 2014, 08:45

Dr Fraggles hat geschrieben:Doch, ganz interessant. Wobei ich dabei bleibe: Verdrängungen sind allenfalls an Symptomen erkennbar, direkt zeigen sie sich nie (auch im Traum nicht). Und symptomfrei zu sein kann auch kein Garant dafür sein, dass nichts Verdrängtes mehr existiert.
Ich glaube, was unsere Ansätze allgemein unterscheidet, ist, dass ich weniger Wert auf Garanten lege.
Theorien starten immer irgendwo und man schaut, ob sie und die mit ihnen einhergehenden Praktiken funktionieren, oder nicht.
Verdrängungen zeigen sich natürlich empirisch, das was sich zeigt als Verdrängtes zu deuten, dazu bedarf es allerdings einer Theorie.
Historisch ist es so, dass Freud auf die Idee der Verdrängung aufgrund empirischer Beobachtungen bei Charcots Hypnose-Experimenten kam.

Dr Fraggles hat geschrieben:Ich werfe dem Kompatibilismus wie du ja mittlerweile weisst vor, blind zu sein für das deterministische Geschehen, nicht nur grundsätzlich sondern auch im Speziellen wie eben in diesem Beispiel.
Was soll das denn konkret heißen? Dass Du tatsächlich das mitbedenkst, dass Du nicht kennst? Wie geht das?

Dass die Welt in vollstem Umfang detertminiert ist, ist ja ebenfalls nur eine Annahme, der Du folgst.
Ich finde es nebenbei auch inkonsequent, sich darüber aufzuregen, dass andere angeblich nicht verstehen, was Du verstanden zu haben meinst.
Wenn wir willenlose Automaten sind, lediglich unfähig den Grad ihrer Willenlosigkeit zu reflektieren oder psychsich zu ertragen und in einer fatalistischen Weise, ohne jede Einflussmöglichkeit auf die Welt, die eigene Psyche, andere Personen, wie Du es annimmst, leben, dann ist doch Dein Engagement wollkommen sinnlos. Ich könnte ja nicht mal anders, selbst wenn ich wollte. Du allerdings auch nicht insofern wärst Du gezwungen immer wieder anzurennen und Dich zu ärgern.
Ansonsten wäre Dein Ärger auch so zu deuten, dass Du davon ausgehst, dass Menschen doch zu überzeugen sind und sich im Kontakt mit geeignet Argumenten freiwillig umentscheiden können.

Dr Fraggles hat geschrieben:Zudem sollte man sich doch eher daran orientieren was man wissen kann/könnte und nicht daran das was man nun mal weiss.
Nö. Das bringt nun gar nichts. Ich kann mich nicht an dem orientieren, was ich nicht weiß. Wie soll das gehen? Ich plane normal zur Arbeit zu fahren, gehe aber davon aus, dass ich von UFOs entführt werden könnte, aber auch, dass es eventuell gar keine UFOs gibt, dass meine Firma abgebrannt sein könnte, aber auch, dass sie nie abbrennen wird, dass es eine massiven außergewöhnichen Stau gibt, weshalb ich besser eine Umgehung fahre, aber auch, dass dieser Stau nicht stattfindet und so weiter und so fort. Das ist im besten Fall vollkommen überflüssig.

Dr Fraggles hat geschrieben:Unwissen schützt vor Strafe nicht, wie es so heisst, zumindest dann nicht wenn man das Wissen in Erfahrung hätte bringen können.
Das gilt juristisch, aber doch nicht ontologisch.
Erst willst Du das Konzept Strafe ganz abschaffen, weil Du meinst dies sei unhaltbar und würde nur niedere Instinkte bedienen (was ich nicht glaube), hier willst Du nun das Konzept Strafe ontologisch ausweiten, was, wenn man tatsächlich keine Wahl hätte, ein Ausdruck einer grundlegend sadistischen Auslegung der Welt wäre.
Keiner versteht die Spielregeln, aber für den Verstoß gegen sie wird man grausam bestraft. Im besten Fall kann man darauf hoffen, zufällig so programmiert zu sein, dass man den Spielregeln entsprechend unfrei denkt und handelt, ansonsten muss man ohne Einsichtsmöglichkeit in die Verfehlung büßen.
Das klingt nach Kafkas „Prozess“.

Dr Fraggles hat geschrieben:Falls ich dich richtig verstehe ist auch der, der gar nichts versteht ("ich muss nichts verstehn und entscheide legitim auf Grund meines Nichtwissens!") oder der völlig neurotische Mensch ein Kandidat um die kompatibilistischen Kriterien zu erfüllen.
Ja, zu einem gewissen Teil ist das so.
Was uns willensfrei macht, ist, dass wir unserem eigenen Willen, unseren Prämissen folgen können, nicht, dass wir allwissend sind, das sind wir nämlich nicht.
Wenn ich einer Theorie folge, die vollkommener Murks ist, dann irre ich mich, bezogen auf die Richtigkeit der Theorie, aber ich folge ihr freiwillig.
Da ich glaube, dass wir tatsächlich über freien Willen verfügen, würde ich, wenn ich sehe, dass eine Theorie nicht funktioniert (ich folge ihr, es tut sich aber nicht, was ich erwarte) die Theorie entweder modifizieren oder verwerfen, wenn ich glaube, dass ich gemäß der Theorie alles richtig gemacht habe.
Ich würde eine neue, verbesserte, erweiterte Theorie verfolgen. Ich glaube, dass man die Geschichte der Menschheit in weiten Teilen so deuten kann.

Dr Fraggles hat geschrieben:Unterstellt...den härtest möglichen (ich dachte du glaubtest auch an nicht-determiniertes Geschehen?), den härtest möglichen...das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, klingt wie eine zu keinem Kompromiss bereite Kampfansage...und dann ist man so enttäuscht, dass es nur Schall und Rauch war.

Noch mal: 1) Ich glaube nicht an eine lückenlos determinierte Welt, in der alles bereits feststeht, sei es aus göttlichem Willen oder einem vorgeschriebenem Ablauf der Natur, den man bereits ab dem Urknall hochrechnen könnte. Physikalisch ausgedrückt heißt das, dass ich nicht an ein realistisches Universum glaube, indem jedes Teilchen seinen festen, bestimmten Platz hat, da das Universum nicht lokal zu sein scheint, jedenfalls deuten die Experimente das an, was die Bellsche Ungleichung verletzt, wie oben im link dargestellt: https://de.wikipedia.org/wiki/Bellsche_Ungleichung
2) Ich kann aber eine lückenlos determinierte Welt als Gedankenexperiment zulassen und fragen, welche Folgen das für die Willensfreiheit hätte und bei diesem Gedankenexperiment überzeugt mich der Kompatibilismus als logisch konsistent, der gedanklich die härtesten deterministischen Bedigungen (an deren Existenz ich aber nicht glaube) voraussetzt und selbst unter diesen Bedigungen sehe ich Willensfreiheit als möglich an, woraus für mich folgt, dass dies unter schwächeren Bedigungen erst recht möglich ist (jedoch scheint es sogar so zu sein, dass zu wenig Determinismus, die Willensfreiheit gravierend einschränkt).

Ich sehe nicht, das Punkt 1) und 2) sich logisch ausschließen.
Dass Du von ganz anderen Prämissen ausgehst, ist ja eine andere Geschichte.

Dr Fraggles hat geschrieben:Wenn du ihn dir härtest im Bewusstsein präsent halten würdest (das würde ich als härtest bezeichnen...wäre als Übung doch eine recht nette Idee), dann wird dir nur schon das Wort Kompatibilismus nicht mehr verständlich erscheinen, mit Sicherheit aber nicht als adäquaten philosophischen Freiheitsbegriff.
Weil ich dann was erkennen müsste?
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ice » Mi 17. Sep 2014, 11:49

Vollbreit hat geschrieben:Wenn wir willenlose Automaten sind, lediglich unfähig den Grad ihrer Willenlosigkeit zu reflektieren oder psychsich zu ertragen und in einer fatalistischen Weise, ohne jede Einflussmöglichkeit auf die Welt, die eigene Psyche, andere Personen, wie Du es annimmst, leben, dann ist doch Dein Engagement wollkommen sinnlos. Ich könnte ja nicht mal anders, selbst wenn ich wollte. Du allerdings auch nicht insofern wärst Du gezwungen immer wieder anzurennen und Dich zu ärgern.
Ansonsten wäre Dein Ärger auch so zu deuten, dass Du davon ausgehst, dass Menschen doch zu überzeugen sind und sich im Kontakt mit geeignet Argumenten freiwillig umentscheiden können.


Auch wenn der Beitrag nicht an mich gerichtet ist, will ich kurz darauf antworten:

Diese Einsicht bzw. dieses Argument gehört für mich zu den seltsamen Paradoxa bei den Überlegungen zum harten Determinismus. Der, der ihn vertritt ist ebenso festgelegt wie der, mit dem man diskutiert. Engagement in der Diskussion und Ärger wären somit sinnlos, wie du richtig schreibst, weil keiner aus seiner Haut heraus kann. Der Determinismus ist für mich keine falsifizierbare Theorie, sondern eine "metaphysische Erkenntnis", an die man glauben kann - oder auch nicht. Es deuten - rational betrachtet - zwar viele Fakten darauf hin, dass wir in einer komplexen dynamischen Welt leben, die vollkommen kausal geordnet und (zum Großteil) unausweichlich festgelegt ist, aber aus dieser Einsicht folgt nichts. Es ist völlig unerheblich für den Fortgang dieser festgelegten Welt, ob man den Determinismus dahinter erkennt oder nicht. Es ist sinnlos, sich dafür zu engagieren und andere davon zu überzeugen oder sich zu ärgern, wenn jemand nicht daran glaubt.

Wir sind, denke ich, vielleicht wirklich komplexe "Bioautomaten" in einer komplexen Umwelt, die sich dynamisch unvorhersehbar verändern/verändert. Wir haben offensichtlich einen Willen, den wir erkennen können und der uns antreibt - in welche Richtung auch immer - darauf haben wir keinen Einfluss. Ich kann nicht nicht wollen. Wenn ich etwas will, dann tue ich es, wenn ich kann. Wenn ich etwas nicht will, dann tue ich es nicht, soweit das geht. Von Freiheit in diesem Szenario zu reden hat nur insofern einen Sinn, dass wir unterscheiden können zwischen Denk-, Entscheidungs- und Handlungsfreiheit. Denk- und Entscheidungsfreiheit sind bedingt durch unzählige innere und äußere Einflussfaktoren. Handlungsfreiheit ist schön, wenn man sie hat, aber auch sie ist festgelegt und eingeschränkt durch unzählige Faktoren, auf die man meist keinen Einfluss hat.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon stine » Mi 17. Sep 2014, 12:26

Oh, welch schönes Schlusswort! :2thumbs:
Ich denke, weil das fast alle genauso sehen, könnte mit diesem Beitrag das Forum zum Thema Determinismus beruhigt geschlossen werden.

LG stine
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon xander1 » Mi 17. Sep 2014, 18:14

Wer sich mit Determinismus auseinandersetzen, sollte sich auch mal mit Quantenphysik beschäftigen und außerdem Determinismus in anderen Fachbereichen. Es gibt da ein Buch Quantenphysik für Dummies. Das ist so geschrieben, dass man es versteht. Aber ohne tiefgreifendes mathematisches Wissen kommt man da auch nicht so weit: Integration, Differnziation, Differenzialgleichungen, Hilbertraum.

Wichtig für die Erkenntnis ist außerdem zu begreifen, warum in der Quantenphysik mit Wahrscheinlichkeiten gerechnet wird. Stichwort: Beamen von Photonen.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ice » Mi 17. Sep 2014, 20:26

Hier in diesem Forum sind offenbar leider keine Theoretischen Physiker, die etwas zum Thema sagen könnten. Wir haben aber irgendwann Anfang Jänner die Quantentheorie thematisiert und sind zum Schluss gekommen, dass sie nicht unbedingt einen harten kausalen Determinismus ausschließt.

AgentProvocateur schrieb damals: "...zusammengefasst würde ich sagen, dass Determinismus auch nach heutigen Erkenntnissen in der Physik eine nicht widersprüchliche Auffassung ist...".

Außerdem ist mir nicht klar, wie ein mathematisches Wissen (Integration, Differnziation, Differenzialgleichungen, Hilbertraum, Wahrscheinlichkeitsrechnung) oder Experimente mit Photonen zum Verständnis des Problems Determinismus Ja/Nein bzw. menschliche (Un-)Freiheit und Verantwortung beitragen soll. Vielleicht kannst du ja noch etwas dazu sagen -
ein paar Tage sind noch Zeit :up:
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